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LG München, Urt. v. 12.1.2012 – 17 HK O 1398/11: Keine Pflicht zur Erhebung von identifizierenden Daten beim Betrieb eines kostenlosen WLAN-Hotspot

Heute ist ein Urteil des Landgerichts München veröffentlicht worden, das sich mit der Pflicht zur Erhebung und Speicherung von Bestandsaten beim Betrieb eines kostenlosen WLAN-Hotspot beschäftigt – und solche Pflichten im Ergebnis verneint (Volltext hier und hier).

Hintergrund des Urteils war offenbar ein Rechtsstreits zwischen zwei Betreibern und Anbietern von öffentlichen WLAN-Hotspots, denn die Klägerin stützte sich insbesondere auf wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche. Ziel der Klägerin war, es der Beklagten zu untersagen

(1) Netzwerke, insbesondere WLAN-Netzwerke zur Internetnutzung zu betreiben oder betreiben zu lassen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind und von jedermann genutzt werden können, ohne das die Nutzer vor Zugang zum Internet identifiziert werden und ohne deren Verkehrsdaten im Sinne. von § 3 Nr. 30 TKG während der Nutzung zu speichern,

(2) identisch oder sinngemäß damit zu werben, „einen Vorratsdatenspeicherungsservice zu leisten, der allen zutreffenden Absätzen des jeweiligen Telekommunikationsgesetzes bzw. der EU-Richtlinie 2006/24/EG entspricht“ und mit der Aussage zu werben „das hoch entwickelte Back-End-System von f…-h…com ermöglicht uns, sowohl die Anforderungen der EU-Richtlinie als auch die der lokalen Gesetze der EU-Mitgliedsländern zu erfüllen oder sogar zu übertreffen“, soweit die Beklagte in den von ihr eingerichteten Netzwerken im Sinne von Ziffer 1 keine Nutzeridentifikation und Verkehrsdatenaufzeichnung im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG durchführt.

Das LG München hat sich anschließend mit allen möglichen, von der Klägerin angebrachten Normen beschäftigt, die eine Speicherpflicht hergeben sollten – und diese sämtlich abgelehnt (siehe im Übrigen zu der Thematik Mantz, Rechtsfragen offener Netze, 2008, S. 268-277, online verfügbar):

1. § 111 TKG

Keine Pflicht soll sich danach aus § 111 TKG ergeben, nach dem Daten für Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehördender gespeichert werden müssen. Allerdings erfasst § 111 TKG nur „Anschlusskennungen“ – und die (dynamische) IP-Adresse ist gerade keine solche „Anschlusskennung“.

Dabei verweist das LG München auch auf den Wortlaut der (durch das BVerfG für unwirksam erklärten) §§ 113a und 113b TKG.

2. §§ 95, 96 TKG

Ebenso wenig sieht § 95 TKG eine Pflicht zur Speicherung von Bestandsdaten vor. Denn nach § 95 „darf“ gespeichert werden – praktisch das Gegenteil von „müssen“. Ebenso ist § 96 TKG ein Erlaubnis- und kein Verpflichtungstatbestand.

Interessant und völlig korrekt ist, dass eine Erhebung und Speicherung auch nach § 95 TKG nur gestattet ist, wenn die Daten erforderlich sind. Und bei einem kostenlosen Angebot ist eine Erforderlichkeit nicht zu ersehen.

3. §§ 113a, 113b TKG

Diese Normen wurden vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und können daher eine Speicherpflicht nicht rechtfertigen.

4. §§ 112, 113 TKG

Regeln nur eine Auskunftspflicht über Daten, die bereits erhoben wurden, nicht aber eine Pflicht zur Erhebung und Speicherung.

5. § 109 TKG

Diese Norm betrifft technische Schutzmaßnahmen des Providers. Nach dem LG München trifft § 109 TKG

taber keine Aussage darüber, ob und ggf. in welchem Umfang ein Zugangsanbieter die Nutzung seiner Telekommunika1ionsanlagen durch berechtigte Nutzer zu rechtswidrigen Zwecken verhindern muss.

Hinzu kommt, dass unklar bleibt, wie die Identifizierung der Nutzer technischen Schutz vermitteln soll. Es ist also hier auch eine Frage der Erforderlichkeit.

6. § 101 UrhG

Interessant wird es noch einmal, wenn das LG München auf die behauptete Speicherpflicht nach § 101 UrhG eingeht. Das LG München sieht darin eine reine Auskunfts- aber keine Erhebungs- oder Speicherungspflicht. Damit dürfte sich das LG München auf einer Linie mit der übrigen Rechtsprechung befinden.

So hat beispielsweise das OLG Düsseldorf geurteilt (und ebenso schon das OLG Frankfurt):

Vor diesem allgemeinen Hintergrund teilt der erkennende Senat in Bezug auf die vorliegend zur Entscheidung stehende Frage die Auffassung der Oberlandesgerichts Frankfurt (GRUR-RR 2010, 91), dass es mangels gesetzlicher Grundlage keinen Anspruch des Auskunftsgläubigers nach § 101 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UrhG auf die die Auskunft erst ermöglichende Speicherung gibt (vgl. auch OLG Hamm GRUR-Prax 2011, 61). Einer gesetzlichen Grundlage bedarf die Annahme einer Pflicht zur Speicherung dynamischer IP-Adressen in Interesse der Inhaber gewerblicher Schutzrechte und Urheberrechte gerade vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur „Vorratsdatenspeicherung“. Es kommt dem Gesetzgeber zu, einen Ausgleich herzustellen zwischen den Interessen dieser Inhaber privater Rechte, die von Verfassung wegen zu schützen sind, und den datenschutzrechtlichen Belangen der Internetnutzer, die ihrerseits verfassungsrechtlich geschützt sind.

7. Vermeidung der Störerhaftung

Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, dass eine Speicherung „zur Vermeidung der Störerhaftung“ erforderlich sei. Hierauf ist das Landgericht München mit keinem Wort eingegangen. Aber auch aus der „Vermeidung der Störerhaftung“ ließe sich ein solcher Anspruch nicht herleiten. Denn für jede Erhebung und Speicherung ist ein Erlaubnistatbestand erforderlich (§ 4 Abs. 1 BDSG). Ein solcher ist – wie das Gericht richtigerweise ausführt – nicht ersichtlich. Solange ein Dienst kostenlos angeboten wird, ist eine Erhebung von Bestandsdaten daher nicht erforderlich – und damit auch nicht gerechtfertigt. Ein Gericht, das eine solche Pflicht dennoch im Rahmen der Prüfungs- und Überwachungspflichten aus § 1004 BGB schafft, verpflichtet daher den Provider zu einer datenschutzwidrigen Erhebung und Speicherung von Daten. Dies haben z.B. das LG Leipzig und das OLG Düsseldorf so formuliert (LG Leipzig MMR 2004, 263; ebenso OLG Düsseldorf MMR 2006, 553, 556; OLG Düsseldorf MMR 2006, 618, 620; Strömer/Grootz, K&R 2006, 553, 556).

 

Weitere Anmerkungen und Näheres unter

 

83. Konferenz der JustizministerInnen: Rechtssicherheit für Inhaber von WLAN-Netzen und mobilen Internetzugängen

Die 83. Konferenz der JustizministerInnen vom 13. und 14. Juni 2012 hat – unter Federführung von Hamburg – beschlossen, dass das Justizministerium im Sinne der Schaffung von Rechtssicherheit der Inhaber von WLAN-Netzen (und mit Wirkung zur Eindämmung des Abmahnmissbrauchs) die Störerhaftung (bzw. wohl deren Voraussetzungen) einer Überprüfung unterziehen möge (Volltext hier):

Die Justizministerinnen und Justizminister halten es für erforderlich, die sog. „Störerhaftung“ für Inhaber von WLAN-Internetanschlüssen und mobilen Internetzugängen einer Überprüfung zu unterziehen. Sie bitten das Bundesministerium der Justiz, sich dieser Problematik anzunehmen.

Damit ist auf der Justizminister-Konferenz ein Anliegen zur Sprache gekommen, das schon in Hamburg (s. dazu hier; Antragstext) und Berlin (zur Berliner Bundesratsinitiative; Antragstext) zu entsprechenden Anträgen geführt hat. Im Hinblick auf den genauen Text der Anträge ist allerdings (berechtigte) Kritik aufgekommen (s. dazu bei RA Stadler). Man wird abwarten müssen, ob sich das Bundesjustizministerium der Frage annehmen wird – und mit welchem Ergebnis.

 

(via @MichaelSeidlitz)

Funktion und Bedeutung des WLAN-Access Providers – Italien fordert in Erdbebengebieten Bürger zur Öffnung ihres WLAN auf

Wie Spiegel Online meldet, haben Städte und Gemeinden der von schweren Erdbeben betroffenen Region ihre Bürger aufgefordert, ihr WLAN zu öffnen. Grund dafür ist, schnell eine einfache Kommunikationsstruktur wieder aufzubauen. Diese kann sowohl Bürgern wie Rettungskräften zu Gute kommen, bis die Folgen der Erdbeben für das Kommunikationssystem wieder behoben sind.

Der Fall wirft ein deutliches Schlaglicht auf die Relevanz des Zugangs zum Internet und allgemein des Zugangs zu Kommunikationssystemen. Und letztlich ist dieser Punkt auch in rechtlicher Hinsicht beachtlich:

Wenn eine Kommunikationsstruktur zur Begehung von Rechtsverletzungen genutzt wird, greift potentiell das deutsche Konstrukt der Störerhaftung: Der Anschlussinhaber soll als Mitwirkender an der Rechtsverletzung des (möglicherweise unbekannten) Dritten wenigstens auf zukünftige Unterlassung haften. Nun zeigt das Beispiel der italienischen Städte und Gemeinden, dass ein offenes WLAN nicht Gefahrenquelle ist (dazu näher Mantz, JurPC 95/2010, Abs. 11 ff.; Garcia, Grundrecht auf Freifunken, Telepolis v. 19.4.2010, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32466/1.html = http://delegibus.com/2010,2.pdf), sondern eine wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllt.

Die gesellschaftliche Funktion eines Dienstes, der für Rechtsverletzungen genutzt werden kann, hat der BGH schon früh in seine Überlegungen und die Einzelfallabwägung im Rahmen der Störerhaftung einbezogen (BGH NJW 2001, 3265, 3267 – ambiente.de; BGH GRUR 2003, 969, 970 f.; vgl. BGH NJW 1997, 2180, 2181 – Architektenwettbewerb; BGH GRUR 1997, 909, 911 – Branchenbuch-Nomenklatur; BGH GRUR 1999, 418, 429 – Möbelklassiker, jeweils m.w.N.). Im Ergebnis leuchtet dies sofort ein: Niemandem ist zu vermitteln, dass die Post als neutraler Dienstleister für die durch ihre Kunden in rechtsverletzender verschickten Pakete haften soll – oder die Telekom für die Verwendung ihrer Telefonzelle. Nicht anders ist es zu beurteilen, wenn ein – ebenfalls neutraler – Zugang zum Internet eröffnet wird.

Auch wenn der Aufruf der italienischen Städte nur der vorübergehenden Öffnung von WLANs dienen soll, zeigt er doch, wie wichtig heutzutage der freie Zugang zu Kommunikationsstruktur ist, nicht nur zur Überbrückung des sog. Digital Divide (dazu Autengruber, Freie Netze, 17; Dobusch, in: Lutterbeck/Bärwolff/Gehring, Open Source Jahrbuch 2007, 523, 525; Hiesmair/Dobusch, in: Dobusch/Forsterleitner, Freie Netze.Freies Wissen, 13, 16 f.; Zwingenberger, Soziales Kapital: Communities und die Bedeutung sozialer Netzwerke in den USA, München 2003, S. 287 f.).

Vortrag „Entwicklung des Rechts offener Netze 2012“ auf dem Wireless Community Weekend

Vom 18.-20. Mai 2012 fand in Berlin in der c-base wieder das Wireless Community Weekend (WCW) statt. Am Samstag, 19. Mai 2012, durfte ich dort einen Vortrag mit dem Titel „Update Recht – Entwicklung des Rechts offener Netze“ halten. Die Folien für diesen Vortrag sind jetzt online (PDF, ca. 5 MB).

Der Vortrag beschäftigt sich zum weitaus größten Teil mit Entwicklungen im Bereich der Störerhaftung, wobei ich insbesondere eine Recherche zu Urteilen mit Bezug zu „WLAN“ durchgeführt und dargestellt habe. Zur Erläuterung für diejenigen, die nicht dabei waren: Ich habe im Vortrag die „Entwicklungsschritte“ an den Zeitpunkten meiner Vorträge auf dem WCW festgemacht, also 2008, 2009 (die Folien zu diesen Vorträge können hier (auf der Seite unten) abgerufen werden) und jetzt 2012.

Außerdem bin ich auf aktuelle Entwicklungen rund um offene Netze, ein paar Einzelheiten zum Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG sowie den aktuellen Stand in der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie eingegangen.

Der Vortrag war ursprünglich für 18h angesetzt, wir hatten ihn dann am Tag vorher auf 20h verschoben. Durch das wahnsinnig gute Wetter hat sich dann alles noch ein wenig verzögert, so dass ich meinen Vortrag (teilweise aufgrund des Champions League-Finales, das ohne Ton nebenher lief) gegen t+6h begonnen habe. Statt einer geplanten Dauer von ca. 30min für den Vortrag und ca. 15min für Fragen entwickelten sich (wohlgemerkt mitten in der Nacht) mehrere rege, konstruktive und nur teilweise wahnsinnige Fragerunden und  Diskussionen um die betroffenen Themen.

Alles in allem hat das WCW wieder gehalten, was ich 2008 und 2009 schon erlebt hatte: Eine sehr angenehme und konstruktive Atmosphäre, interessante Vorträge und Diskussionen – und das alles gepaart mit einer extrem guten Vorbereitung und einem großen Maß an Entspanntheit und Flexibilität.

Auf diesem Wege noch einmal vielen Dank an alle – wir sehen uns im nächsten Jahr zum WCW 2013 (nach bisheriger Planung vom 10.-12. Mai 2013).

Finnisches Gericht: Betreiber eines offenen WLAN-Netzes haftet nicht für Urheberrechtsverletzung eines Dritten über das WLAN

Wie die finnische Anwaltskanzlei Turre Legal berichtet, hat ein finnisches Gericht („District Court“) eine Entscheidung zur Haftung des Betreibers eines offenen und ungeschützten WLAN gefällt (Zusammenfassung auf Englisch).

In dem Fall konnte die Betreiberin darlegen, dass sie zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung über ihren Internet-Anschluss nicht zu Hause war, so dass dem Kläger der Beweis, dass sie die behauptete Rechtsverletzung begangen hatte, nicht gelang.

Im Anschluss daran behandelte das Gericht die Frage, ob bereits die Bereitstellung eines ungeschützten WLAN eine Urheberrechtsverletzung darstelle:

The court thus examined whether the mere act of providing a WiFi connection not protected with a password can be deemed to constitute a copyright-infringing act.

Dies verneinte das Gericht. Dabei bezog es insbesondere die dem finnischen Recht zu Grunde liegenden (und auch in Deutschland umgesetzten) EU-Richtlinien ein.

Leider liegen bisher weder der Volltext noch eine Übersetzung des Urteils vor. Von daher bleibt unklar, was das Gericht genau entschieden und wie es seine Entscheidung begründet hat. Aus diesem Grunde ist eine Analyse kaum möglich. Es steht zu vermuten, dass das Gericht der Frage nachgegangen sein wird, ob die Bereitstellung eines offenen und ungeschützten WLAN-Netzes eine Beteiligung (in welcher Form auch immer) an der Rechtsverletzung des Nutzers darstelle – und diese Frage verneint hat.

Nach deutschem Recht wäre in einem solchen Fall eine Haftung als Teilnehmer nicht gegeben. Allerdings sieht der BGH die sogenannte Störerhaftung in einem solchen Fall als gegeben an (BGH MMR 2010, 565 – Sommer unseres Lebens). Ob sich dies vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des BGH (insbesondere „Stiftparfüm“, s. hier) und des EuGH (insbesondere „Scarlet vs. Sabam“, s. hier) in Zukunft ändern wird, bleibt noch abzuwarten.

Nach den Informationen von Turre Legal kann der Kläger noch Berufung einlegen. Eventuell hören wir also bald wieder etwas Neues aus Finnland …

(via netzpolitik.org)

heise-online: US-Studie: WLAN-Nutzer überschätzen die eigene Sicherheit

heise-online berichtet über eine US-Studie, in der Wahrnehmung und Wirklichkeit der Sicherheit von WLAN-Netzen untersucht wurde: http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Studie-WLAN-Nutzer-ueberschaetzen-die-eigene-Sicherheit-1359025.html

Und hier der direkte Link zur Pressemitteilung über die Studie: http://www.wi-fi.org/news_articles.php?f=media_news&news_id=1085

Und wieder: Vorkonfigurierte WPA-Passwörter in WLAN-Routern teilweise unsicher

Wie heise-security meldet, sind viele voreingestellte WPA-Passwörter in WLAN-Routern unsicher.

Das ist grundsätzlich nichts Neues (s. dazu schon hier). Allerdings haben zwei Studenten nun weitere Details herausgefunden.

So leiten einige Hersteller, z.B. die Telekom bei ihrem Router W-700V ) das Passwort von der MAC-Adresse ab, die bei Broadcast-Nachrichten des Routers veröffentlicht wird.

So beginnt etwa der voreingestellte WPA-Key des Modells Speedport W 700V der Telekom-Hausmarke Speedport immer mit „SP-„, gefolgt von neun hexadezimalen Ziffern. Fünf davon lassen sich aus dem ebenfalls voreingestellten WLAN-Namen (SSID) und der MAC-Adresse der WLAN-Schnittstelle ableiten. Von den restlichen vier Stellen sind zwei stets gleich, sodass ein Angreifer insgesamt nur drei Stellen des WPA-Keys selbst erraten muss. Da nur hexadezimale Ziffern erlaubt sind, reduziert sich der Schlüsselraum auf 16 hoch 3, also 4096 Schlüssel.

Nun haben zwei Studenten ein Reverse-Engineering der Speedport-Firmware herausgefunden, dass zusätzlich drei Stellen der Seriennummer bei der Generierung der Seriennummer verwendet werden. Außerdem ist eine Stelle der Seriennummer fast immer eine 3. Im Ergebnis reduziere dies die Anzahl der möglichen Schlüssel auf 100. Das führt selbstverständlich zu einer erheblichen Unsicherheit des Netzwerks gegenüber Attacken.

Im Test konnten sie sich an einem Speedport W700V schon nach weniger als 4 Minuten anmelden. Betroffen sind nach Untersuchungen von Müller und Viehböck auch Speedport-Modelle W 303V (Typ A), W 500, W 502V, W 503V (Typ C) , W 504V, W 720V, W 722V (Typ B) und W 723V (Typ B).

Obwohl das Problem bereits seit rund einem Jahr bekannt ist (s. dazu hier), scheinen viele Besitzer dieser Router noch immer auf das alte Kennwort zu setzen:

 Müller und Viehböck haben bei Flächentests die Probe aufs Exempel gemacht. Bei der Überprüfung von knapp 14.000 Access Points in Stuttgart, München, Coburg und Berlin fanden die beiden heraus, dass zwischen 17 und 25 Prozent noch auf eine Speedport- oder Easybox-Standard-SSID eingestellt waren.

Der BGH hatte in seinem Urteil „Sommer unseres Lebens“ (BGH MMR 2010, 568 m. Anm. Mantz) vom Inhaber eines WLAN-Routers verlangt, dass er das Standard-Kennwort neu setzt. Dass der damalige Beklagte dies bei seinem WLAN-Router nicht gemacht hatte, sah der BGH als Verletzung seiner Prüfungs- und Überwachungspflichten an und verurteilte den Beklagten nach den Grundsätzen der Störerhaftung. Dies ist vielfach auf Kritik gestoßen. Denn der vom Beklagten verwendete WLAN-Router war ein Router der Marke AVM, der nach Aussagen des Herstellers mit einem vollständig zufälligen und damit vermutlich sicheren Standard-Passwort versehen war (s. dazu hier).

Mit Blick auf die größere Anzahl schlecht vorkonfigurierter WLAN-Router (auch wenn es sich bisher nur um diejenigen des Herstellers Arcadyan handelt), stellt sich das Urteil des BGH im Nachhinein als zumindest nachvollziehbar heraus. Streng genommen hätte der BGH (entsprechenden Vortrag und Beweisangebot der Parteien vorausgesetzt) allerdings klären müssen, ob der WLAN-Router des Beklagten tatsächlich unsicher war.

Es ist vor diesem Hintergrund allerdings allen Besitzern von WLAN-Routern zu raten, das Standardkennwort abzuändern. Dafür ist eine zufällige Folge mit mind. 20 Zeichen empfehlenswert, wie sie sich z.B. bei http://www.freepasswordgenerator.com generieren lässt.

 

S. auch:


Lesetipp: Danckwerts, Neues vom Störer: Was ist ein „von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell“?, GRUR-Prax 2011, 319071

Danckwerts beschäftigt sich in seinem aktuellen Beitrag in der GRURPrax mit dem Begriff des gebilligten Geschäftsmodell. Dieses hat der BGH bereits mehrfach in seinen Entscheidungen zur Störerhaftung als Hilfe genutzt.

Nach einer Einführung in die Problematik nennt Danckwerts „anerkannt“ gebilligte Geschäftsmodelle:

  • denic
  • eBay
  • Zugangsanbieter wie die Deutsche Telekom oder 1&1 Internet
  • Internet-Suchmaschine, die Presseartikel nach Suchkriterien auflistet und mittels eines Deep-Links den Zugriff auf die jeweiligen Artikel ermöglicht (BGH, GRUR 2003, 958, 961 – „Paperboy“)
  • Portal zum entgeltlichen Einstellen von Fotos (BGH, GRUR 2011, 321 – Preußische Gärten)
  • Update: auch Domain-Parking-Angebote sieht der BGH als gebilligtes Geschäftsmodell an (BGH, Urt. v. 18.11.2010 – I ZR 155/09 – Sedo m. Anm. Engels, GRURPrax 2011, 318817).

Als nicht gebilligte Geschäftsmodelle sieht Danckwerts u.a.:

  • Software zur kostenlosen Nutzung von Bezahlfernsehen (BGH GRUR 2009, 841 – Cybersky)
  • Usenet

Als Grenzfall, dem sich Danckwerts näher widmet, bezeichnet Danckwerts Sharehoster wie Rapidshare und geht dabei auf die divergierende Rechtsprechung von OLG Düsseldorf und OLG Hamburg ein (s. dazu ausführlich hier).

Sehr interessant ist der Lösungsansatz von Danckwerts unter Verweis auf BGH, GRUR 1960, 340, 344 – Tonbandgeräte; BGH GRUR 1965, 104, 106 – Personalausweise; BGH GRUR 1984, 54, 55 – Kopierläden: Ein Geschäftsmodell kann nach dem Ansatz als billigenswert anzusehen sein, wenn es weit überwiegend auf legale und nur in sehr geringen Anteilen auf illegale Nutzung abstellt. Dieser Ansatz ist bereits mehrfach in der Literatur angedacht (vgl. Mantz, Rechtsfragen offener Netze, 2008, S. 251 (Download hier); Gietl, ZUM 2007, 407, 409; Grosskopf , CR 2007, 122; Sieber in: Hoeren/Sieber, Kap. 1 Rn. 141; Raabe/Dinger/Hartenstein, K&R Beilage 1/2007, 1, 11), aber bisher selten so deutlich dargelegt worden.

Schlussfolgerung

Wenn man den Ansatz von Danckwerts ernst nimmt, dann dürften offene Netze wie Freifunk ganz klar ein gebilligtes Geschäftsmodell darstellen. Denn die Nutzung für Rechtsverletzungen ist die absolute Ausnahme und wird von den Betreibern ganz offen missbilligt.

S. näher auch hier.

Open Wireless Movement (EFF)

Die Eletronic Frontier Foundation (EFF) hat ein Open Wireless Movement angekündigt.

In dem Beitrag von Peter Eckersley legt die EFF dar, dass das Öffnen der Netze der Allgemeinheit nütze und aus diesem Grunde etwas „gesellschaftlich Verantwortliches“ sei und bedauert den Rückgang der offenen Netze.

Most of us have had the experience of tremendous inconvenience because of a lack of Internet access. Being lost in a strange place with no way to find a map; having an urgent email to send with no way to do so; trying to meet a friend with no way to contact them. Even if we have data plans for our mobile phones, we’ve probably had these experience in cities or countries where our phones don’t have coverage or don’t have coverage for less-than-extortionate prices. We may even experience this problem at home, when our Internet connection dies while we urgently need to use it.

Finding yourself in one of these binds is a bit like finding yourself parched and thirsty while everyone around you is sipping from nice tall glasses of iced water, or finding yourself cold and drenched in a rain storm because nobody will let you under their umbrella. At those moments when you are lost, or missing a deadline, or failing to meet your friend, it is almost always true that Internet data links are traveling through your body in the form of electromagnetic wireless signals — it’s just that people have chosen to lock those networks so that you can’t make use of them. …

The gradual disappearance of open wireless networks is a tragedy of the commons, with a confusing twist of privacy and security debate.

Eckersley geht auch auf die verschiedenen Gründe ein, warum Netze nicht geöffnet oder wieder geschlossen werden und fordert technische Entwicklungen, um dem zu begegnen:

The problem that’s really killing open WiFi is the idea that an unlocked network is a security and privacy risk. … This idea is only partially true. …

But an Open Wireless Movement will also need to do technical work: we need to build new technologies to ensure that people have an easy way to share a portion of their bandwidth without affecting the performance of their own network connections while at the same time ensuring that there is absolutely no privacy downside to running an open wireless network.

There is currently no WiFi protocol that allows anybody to join the network, while using link-layer encryption to prevent each network member from eavesdropping on the others. But such a protocol should exist. There are some technical details to work through, but they are manageable.

Die EFF lädt nun zum Mitmachen und Teilnehmen ein:

EFF will be working with other organizations to launch an Open Wireless Movement in the near future. In the mean time, we’re keen to hear from technologists with wireless expertise who would like to help us work on the protocol engineering tasks that are needed to make network sharing easier from a privacy and bandwidth-sharing perspective. You can write to us at .

(via Golem)

Anmerkung zu LG Frankfurt, Urt. vom 18.8.2010 – 2-6 S 19/09: Ersatz für Anwaltskosten zur Verteidigung bei Abmahnung, MMR 2011, 403

In eigener Sache: In Heft 6 der Multimedia und Recht (MMR) ist ein Urteil des LG Frankfurt (Urteil vom 18.8.2010 – 2-6 S 19/09, MMR 2011, 401) mit einer Anmerkung von mir (S. 403) erschienen.

Kläger war der (zuvor abgemahnte) Inhaber eines Hotels, der seinen Gästen ein mit aktueller Technik verschlüsseltes WLAN zur Verfügung gestellt hatte. Einer der Hotelgäste hatte offenbar Filesharing betrieben und dabei Urheberrechte verletzt, woraufhin die Beklagte den Hotelinhaber abmahnte und Zahlung ihrer Anwaltskosten sowie Schadensersatz verlangte. In der Klage vor dem AG Frankfurt/M. und mit der Berufung vor dem LG Frankfurt/M. verfolgte der Kläger die Erstattung seiner Verteidigungskosten.

In der Anmerkung gehe ich u.a. auf folgende Punkte ein

  • Zur Störerhaftung des Klägers
  • Prozessuale Umstände und Folgen
  • Waffenungleichheit der Parteien bei Abmahnung
  • Auswirkungen/Fazit

Ich werde die Anmerkung nach Möglichkeit in einiger Zeit online stellen.