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OLG Frankfurt: Kein Zueigenmachen durch Teilen eines Beitrags auf Facebook

Ich möchte auf eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt hinweisen, in dem sich das OLG Frankfurt mit der Frage befasst hat, ob derjenige, der einen Beitrag eines Dritten bei Facebook „teilt“, für den Inhalt dieses Beitrages einzustehen hat, weil er sich diesen „zu eigen“ macht (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.11.2015 – 16 U 64/15).

Das OLG Frankfurt sieht im Teilen eines Beitrages eher einen Hinweis an andere Nutzer auf den geteilten Inhalt. Insoweit führt es u.a. aus:

„Der Verfügungsbeklagte kann ferner nicht mit seinem Vortrag überzeugen, dass nach ständiger Rechtsprechung das „Verlinken“ zu einem „zu Eigen machen“ des verlinkten Beitrags führe.

Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Senats nicht auf die Funktion „Teilen“ bei Facebook anwendbar. Soweit erkennbar, waren die angerufenen Gerichte regelmäßig mit wettbewerbsrechtlichen, urheberrechtlichen und presserechtlichen Problemstellungen befasst (vgl. Hoeren, GRUR 2011, 503; Hoffmann in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rdnr. 16 ff. m.w.N.). Sie hatten zu entscheiden, ob der „illegal“ Verlinkende urheberrechtlich, wettbewerbsrechtlich oder presserechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist.

Im vorliegenden Fall geht es aber gerade nicht um eine solche Verantwortlichkeit des Verfügungsklägers, sondern vielmehr um die Frage, ob er durch das Teilen des Beitrags der Tierschützerin … dänische Hunde mit Juden verglichen hat.

Bei der Funktion „Teilen“, die zwar dem „Verlinken“ in technischer Sicht ähnlich ist, handelt es sich vielmehr um eine Möglichkeit, auf private Inhalte anderer Nutzer hinzuweisen. Anders als bei der Funktion „gefällt mir“ (vgl. hierzu z.B. Bauer, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook, NZA 2013, 67, 71) ist dem „Teilen“ für sich genommen keine über die Verbreitung des Postings hinausgehende Bedeutung zuzumessen.

Abgesehen davon ist auch nach der oben genannten Rechtsprechung mit einer Verlinkung nicht zwingend ein „zu-Eigen-machen“ des verlinkten Inhalts verbunden. Der „Verlinkende“ als Verbreiter des Inhalts macht sich eine fremde Äußerung vielmehr regelmäßig erst dann zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung im Einzelfall zu prüfen (vgl. BGH, Urteil v. 17.12.2013, NJW 2014, 2029, 2032).

Nach Auffassung des Senats wollte der Verfügungskläger das Posting der Frau … durch das Teilen des Beitrags weiter verbreiten, ohne sich allerdings zugleich mit dem gesamten Inhalt des Postings, insbesondere mit dem von Frau … vorgenommenen Vergleich, zu identifizieren.“

Der bei Twitter häufiger anzutreffende Hinweis „Retweet is not endorsement“ (RT? endorsement) ist – wenn man die Äußerungen des OLG Frankfurt zu Grunde legt – also unnötig. Man kann nämlich auch einen Post eines Dritten „teilen“ oder „retweeten“, um andere auf eine Diskussion oder auf eine bestimmte Position in einer Diskussion hinzuweisen, selbst wenn man die in dem geteilten Beitrag vertretene Auffassung gerade nicht teilt oder unterstützt. Dem OLG Frankfurt ist auch beizupflichten, dass es einen Unterschied zwischen „Teilen“ und „Gefällt mir“ gibt (wobei dies übertragen auf Twitter problematischer ist, da die „Like“-Funktion dort bis vor kurzem als „Favorite“ bezeichnet wurde und von einigen nicht als Ausdruck des Gefallens, sondern als eine Art „Bookmark“ für sich selbst genutzt wurde/wird).

„RT? endorsement“ ist daher nach Auffassung des OLG Frankfurt der Standard, nicht die Ausnahme.

OLG Frankfurt: Keine Begehungsgefahr bei Host Provider, der nach Kenntnis von Rechtsverletzung angegriffenen Inhalt entfernt und ankündigt, den Sachverhalt zu prüfen

Ich möchte nur kurz auf einen aktuellen Beschluss des OLG Frankfurt am Main (Beschl. v. 18.6.2015 – 16 W 29/15; vorgehend LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 13.5.2015 – 2-03 O 198/15) hinweisen:

Im zugrundeliegenden Fall hatte sich die Antragstellerin wegen persönlichkeitsrechtsverletzender Inhalte eines Nutzers an gegen eine Bewertungsplattform gewandt. Der Betreiber der Bewertungsplattform entfernte daraufhin den Inhalt und teilte mit, dass er den Sachverhalt prüfen werde. Das werde ca. 2-3 Wochen in Anspruch nehmen.

Nach Ablauf dieser Frist beantragte die Antragstellerin beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach Ablauf dieser Frist und begründete dies u.a. damit, dass eine Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr vorliege, da jederzeit drohe, dass der Host Provider den Inhalt erneut einstellen werde.

Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main wiesen dieses Ansinnen zurück.

Die Haftung des Host Providers als Störer konnte erst entstehen, wenn die Antragsgegnerin den Inhalt nicht entfernt und/oder kein Prüfungsverfahren durchführt (vgl. BGH GRUR 2012, 311 – Blog-Eintrag). Mit anderen Worten: Zum Zeitpunkt der Anzeige der Rechtsverletzung haftete der Host Provider noch nicht als Störer, so dass insbesondere keine Wiederholungsgefahr indiziert wird. Durch die Entfernung des angegriffenen Inhalts fehlte es damit an einer die Haftung begründenden Rechtsverletzung durch den Host Provider.

LG und OLG sahen auch bei Ablauf der vom Host Provider angegebenen Frist keine (neu entstehende) Erstbegehungsgefahr. Eine konkrete Absicht des Host Providers, den Beitrag nach der Prüfung wieder online zu stellen, sei nicht zu erkennen gewesen.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.10.2013 – 11 W 39/13: Prüfungspflichten des Admin-C erst ab Kenntnis

OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.10.2013 – 11 W 39/13: Prüfungspflichten des Admin-C erst ab Kenntnis von der konkreten Rechtsverletzung

Leitsätze (des Verfassers):

1. Es ist dem Admin-C nicht zuzumuten, jeden Inhalt der Domains, bei denen er die Stellung und Funktion eines Admin-C übernommen hat, auf urheberrechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Eine Vorabprüfung kann daher nicht verlangt werden.

2. Eine Prüfungspflicht des Admin-C im Hinblick auf geschützte Werke kann erst entstehen, nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf das konkrete Werk hingewiesen wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt ist der Admin-C dazu verpflichtet, die konkreten Angebote auf der Domain unverzüglich zu sperren.

3. Nach Kenntnis hat der im Rahmen dessen, was ihm technisch und wirtschaftlich zumutbar ist, dafür Sorge zu tragen, dass weder der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Domaininhaber, noch andere Domaininhaber, bei denen er als Admin-C fungiert, auf ihren Websites die ihr konkret benannten urheberrechtlich geschützten Werke anbieten.

4. Diese Prüfungspflicht bezieht sich nur auf gleichartige Rechtsverletzungen. Im Sinne der Störerhaftung sind Verletzungshandlungen gleichartig, durch die das Urheberrecht erneut verletzt wird. Dabei kommt es nicht auf die Person desjenigen an, der durch das Zugänglichmachen des geschützten Lichtbilds den Verletzungstatbestand erfüllt.

Volltext des Urteils zum Download

Anmerkung:

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 21.10.2013 zu den Prüfungspflichten des Admin-C Stellung genommen. Dabei hat sich das OLG Frankfurt insbesondere der neueren BGH-Rechtsprechung angeschlossen, dass Prüfungspflichten des Internet Service Providers erst ab Kenntnis von der konkreten und klaren Rechtsverletzung entstehen können (ebenso BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, MMR 2013, 535 – Google-Autocomplete; BGH, Urt. v. 27.3.2012 – VI ZR 144/11, MMR 2012, 623 – RSS-Feeds; BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 – Alone in the Dark). Vor diesem Zeitpunkt ist dementsprechend ein Anspruch aus Störerhaftung nicht begründet. Wer also nach Hinweis das rechtsverletzende Werk unverzüglich entfernt, der haftet nicht nach den Grundsätzen der Störerhaftung (so auch zum Portalbetreiber OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.10.2013 – 4 W 78/13).

Anschließend hat das OLG Frankfurt sich mit dem konkreten aus den Grundsätzen der Störerhaftung resultierenden Pflichtenprogramm des Admin-C beschäftigt:

Auf der einen Seite zieht das OLG Frankfurt die Prüfungspflichten sehr weit. Der Admin-C, der auf eine konkrete klare Rechtsverletzung (hier: eines Urheber- bzw. Lichtbildrechts) hingewiesen wird, muss nicht nur dafür Sorge tragen, dass das geschützte Werk von der betroffenen Domain entfernt wird, er muss „im Rahmen des ihm technisch und wirtschaftlich zumutbaren“ auch dafür Sorge tragen, dass das konkrete Werk auf allen von ihm betreuten Domains (auch von anderen Domain-Inhaber) entfernt wird. Diese Pflicht ist extrem weit. Es stellt sich die Frage, wie der Admin-C die von ihm betreuten Domains prüfen soll. Denn häufig hat der Admin-C auf die Inhalte der von ihm betreuten Domains keine unmittelbaren Zugriffsmöglichkeiten, sondern kann diese wie ein normaler Nutzer nur „von außen“ einsehen. Er könnte dies z.B. durch eine auf die von ihm betreuten Domains eingeschränkte Websuche („site: abc.de“) versuchen.

Allerdings schränkt das OLG Frankfurt die Pflichten des Admin-C durch den Begriff der technischen und wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Bei einem Admin-C, der nur eine relativ geringe Anzahl an Domains betreut, wird eine Prüfung nach den Maßstäben des OLG Frankfurt daher noch zumutbar sein. Von einem Admin-C, der mehrere hundert oder tausend Domains betreut, wird eine solche Prüfung aber nicht zu verlangen sein. In diesem Fall dürfte aber nach dem OLG Frankfurt eine Pflicht zur Prüfung aller Domains des betroffenen Domain-Inhabers bestehen.

Auf der anderen Seite schränkt das OLG Frankfurt – wohl im Hinblick auf den oben dargestellten weiten Rahmen – ebenfalls unter Rückgriff auf die neuere BGH-Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 – Alone in the Dark) den Begriff der „kerngleichen Rechtsverletzung“ deutlich ein. Eine kerngleiche Rechtsverletzung soll sich nämlich allein auf das konkrete Werk beziehen. Andere, auch ähnliche Werke, sind davon nicht mehr umfasst. Im vorliegenden Fall ging es um ein Lichtbildwerk, das vermutlich den Antragsteller zeigte. Der Admin-C musste hier nicht alle Werke entfernen, die die betroffene Person zeigen, sondern nur und ausschließlich das konkret benannte Werk, das durch die angezeigte Rechtsverletzung betroffen ist (ebenso BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 Rn. 32 – Alone in the Dark).

Anmerkung zu OLG Frankfurt, Urt. v. 21.12.2010 – 11 U 52/07 (WLAN)

Das OLG Frankfurt hat nach Zurückverweisung durch den BGH (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08, MMR 2010, 565 – Sommer unseres Lebens) nun zum zweiten Mal über den WLAN-Fall zu entscheiden gehabt.

Mit Urteil vom 21.12.2010 (Volltext hier) hat es der Klage weitgehend stattgegeben und den WLAN-Inhaber als Störer zur Unterlassung (wenn auch eingeschränkt, s.u.) und zum Ersatz der Abmahnkosten verurteilt.

Das Urteil des OLG Frankfurt offenbart leider eine gewisse Mutlosigkeit des erkennenden Senats. Das Urteil des BGH, das in der Literatur eines der am intensivsten diskutierten Urteile des Jahres 2010 gewesen sein dürfte (praktisch jede namhafte Zeitschrift mit Medienrechtsbezug hatte eine Besprechung, s. Übersicht dazu hier), wies mehrere Ansatzpunkte auf, die dem OLG Frankfurt auch bei Bindung an den Urteilsspruch des BGH durchaus ein differenziertes Urteil gestattet hätten.

Das OLG Frankfurt hat sich jedoch dahingehend gebunden gefühlt, dass feststehe, dass der Beklagte als Störer hafte:

Nach dem Revisionsverfahren des BGH vom 12.5.2010 ist für den Senat verbindlich davon auszugehen, dass der Beklagte als verantwortlicher Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Die entsprechende Regelung findet sich in § 563 Abs. 2 ZPO:

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Davon ausgehend führte das OLG Frankfurt lediglich die Vorgabe des BGH aus, den Unterlassungsanspruch enger zu fassen und erlegte die Kosten grob zu 2/3 dem Beklagten und zu 1/3 der Klägerin auf (im Einzelnen s. Volltext): Dem Beklagten wird nunmehr untersagt, das streitbefangene Werk nicht mehr dadurch öffentlich zugänglich zu machen, dass er sein WLAN nicht durch ein ausreichend sicheres, selbst eingestelltes Passwort sichere.

An genau dieser Stelle hätte das OLG Frankfurt ansetzen können bzw. müssen. Denn der BGH war offenbar fälschlich davon ausgegangen, dass der Beklagte ein unsicheres Passwort verwendet hatte. Dies entsprach aber nicht der Tatsachenlage. Denn der vom Beklagen eingesetzte WLAN-Router wies ein zwar vom Hersteller voreingestelltes, aber dennoch sicheres Kennwort auf (s. hier).

Eine Bindung nach § 563 Abs. 2 ZPO liegt nur im Rahmen der rechtlichen Feststellungen vor. Zur rechtlichen Beurteilung gehören die Rechtsausführungen des Revisionsgerichts in ihrer Gesamtheit (Thomas/Putzo, § 563 ZPO Rn. 4). Bei Tatsachenfeststellungen gilt die Bindung nur soweit wie das Revisionsgericht ausnahmsweise die Tatsachenentscheidung selbst zu treffen hatte (BGH NJW 1995, 3115; Thomas/Putzo, § 563 ZPO Rn. 3). Die rechtliche Bindung gilt auch nicht, soweit zu beurteilende Tatbestand wegen neuen Vorbringens von dem abweicht, der dem Revisionsgericht vorgelegen hat (BGH NJW 1951, 524).

Danach zu urteilen hätte das OLG Frankfurt dem Vorbringen des Beklagten, dass sein WLAN-Router durch das individuelle Herstellerkennwort ausreichend gesichert war, durchaus folgen können und hätte nicht von vornherein von einer Bindung an den Ausspruch des BGH ausgehen müssen. Es ist allerdings unbekannt, ob der Beklagte entsprechend vorgetragen hat.

Außerdem war bis zum Schluss strittig, ob der WLAN-Router des Beklagten zum Zeitpunkt der „Tathandlung“ überhaupt angeschaltet war (s. hierzu im einzelnen hier) – auch dies eine durchaus relevante Frage, denn ohne Strom kann der WLAN-Router des Beklagten auch nicht genutzt worden sein. RAin Neubauer weist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des BVerfG hin (BVerfG NJW 1994, 2279)

„Grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, daß tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295 f.>; 70, 288 <293>; st. Rspr.). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so läßt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 86, 133 <146>).”

Bei Anwendung der vom BGH aufgestellten Kriterien hätte der Senat des OLG Frankfurt also durchaus auf Tatsachenbasis zu einem anderen Ergebnis kommen können.

Der BGH hat schließlich nur die Rechtsfrage geklärt, dass jemand, der ein Herstellerpasswort nicht ändere (und dadurch ein unsicheres Kennwort verwendet, Anm. d. Verf.), als Störer in Anspruch genommen werden könne – und die Frage, ob der Router ausgeschaltet war, vollkommen unberücksichtigt gelassen. Unter Einbeziehung des Routermodells und der Aussagen des Herstellers AVM hätte das OLG erneut – unter Beachtung der Vorgaben des BGH – unter den Sachverhalt subsummieren und trotz der Rechtsfeststellung ein anderes Urteil fällen können…

Sehr lesenswert hierzu übrigens die Besprechung von Oliver Garcia auf Delegibus.

Weitere Links:

Lesetipp: Moos/Gosche: Das „Quick Freeze”-Verfahren zur Sicherung von Verkehrsdaten bei Access-Providern für Zwecke der Auskunftsverfahren nach § 101 UrhG, CR 2010, 499

Moos und Gosche (RAe von DLA Piper, Vertreter im einschlägigen Verfahren vor LG und OLG Hamburg) haben in der CR einen Aufsatz über das sogenannte „Quick Freeze“-Verfahren, also die fortgesetzte Speicherung von IP-Adressen auf Zuruf veröffentlicht (CR 2010, 499-505).

Ausgangspunkt des Aufsatzes ist die divergierende Rechtsprechung zwischen (u.a.) OLG Hamburg (Pflicht zu Quick Freeze, kritisch dazu Schulze zur Wiesche, MMR 2009, 547; Maaßen, MMR 2009, 511; Hoffmann, NJW 2009, 2649 (2653); Moos, K&R 2010, 166, 172) und OLG Frankfurt (keine Verpflichtung zum Quick Freeze) sowie OLG Köln und OLG Karlsruhe (Quick Freeze möglich):

Die Gerichte sahen sich deshalb mit der Frage konfrontiert, ob aus § 101 Abs. 2 UrhG nicht nur ein Auskunftsanspruch des Rechteinhabers, sondern auch eine Verpflichtung der Access-Provider zur Datenspeicherung folgt, um eine spätere Beauskunftung nach § 101 Abs. 2 UrhG überhaupt zu ermöglichen.

In der Folge legen die Autoren § 101 Abs. 9 UrhG nach Wortlaut, Systematik, Historie und Sinn und Zweck aus. Als letzten Punkt nehmen sie eine Auslegung anhand der zugrundeliegenden Richtlinie 2002/58/EG vor.

Anschließend gehen sie auch auf das WLAN-Urteil des BGH (Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens, s. dazu hier, hier, hier und hier; Übersicht der Besprechungen hier) ein und stellen die Frage, ob das Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG nun entbehrlich wird (ebenso Mantz, MMR 2010, 568; Hornung CR 2010, 461).

Dies wirft unmittelbar die Frage auf, ob künftig das richterliche Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG – und damit auch darauf gerichtete Datenspeicherungsverlangen auf Zuruf – evtl. obsolet sein könnten, da sich das Erfordernis der richterlichen Gestattung ja gerade auf die Verwendung von Verkehrsdaten gründet.

Weiter weisen sie die Auffassung des BGH zurück, dass IP-Adressen Bestands- und nicht Verkehrsdaten darstellen (ebenso kritisch Mantz, MMR 2010, 568 mwN; a.A. wohl Schaefer, ZUM 2010, 699):

Dies ist auch in der Sache unzutreffend. So sind etwa in § 113a Abs. 4 TKG als vom Anbieter von Internetzugangsdiensten zu speichernde Verkehrsdaten ausdrücklich die Internetprotokoll-Adresse sowie der Beginn und das Ende der Internetnutzung unter der zugewiesenen IP-Adresse nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone genannt. Auch wenn die Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in der bisherigen Form als verfassungswidrig angesehen worden ist und in dieser Form deshalb derzeit keine Geltung beansprucht, spricht aufgrund auch dieser gesetzlichen Festlegung erheblich mehr dafür, dass IP-Adressen grundsätzlich Verkehrsdaten sind.
Zur Frage der Entbehrlichkeit des Verfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG schreiben Moos/Gosche:
Die Ausführungen in der WLAN-Entscheidung des BGH sollten deshalb nach richtiger Lesart keine Auswirkungen auf die Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG haben. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Vorschriften bezüglich der Auskunft über Name und Anschrift des hinter einer IP-Adresse stehenden Anschlussinhabers nach StPO (die Gegenstand der WLAN-Entscheidung waren) einerseits und UrhG andererseits einen signifikanten Wortlautunterschied aufweisen.

Anders als die StPO-Vorschriften erfordere § 101 Abs. 9 UrhG nämlich nur, dass „die Auskunft unter Verwendung von Verkehrsdaten erfolge.“

Wenn man allerdings der Gegenauffassung folge, so seien Internetprovider nach § 109 Abs. 2 UrhG bereits zur Auskunft verpflichtet und müssten das Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht mehr durchlaufen. Eine Folge, die der Gesetzgeber nach meiner Ansicht bei der Schaffung von § 101 Abs. 9 UrhG gerade ausschließen wollte. Andererseits konstatieren Moos/Gosche in der Folge, dass eine Auskunft an der fehlenden datenschutzrechtlichen Erlaubnisvorschrift scheitern müsste, da konsequenterweise § 95 TKG und nicht § 96 TKG Anwendung finde und damit die Verwendung der Bestandsdaten auf die Diensterbringung beschränkt sei.

Als Fazit heißt es daher:

Die Annahme einer Datenspeicherung auf Zuruf ohne vorherige richterliche Anordnung ist nur unter Missachtung aller herkömmlichen Auslegungsmethoden und damit unter Verbiegung der urheber- und datenschutzrechtlichen Vorschriften zu begründen. … Die Argumentation, dass sich der Richtervorbehalt in § 101 Abs. 9 UrhG lediglich auf die Auskunftserteilung beziehe und nicht auf die (vom Wortlaut der Vorschrift gar nicht erfasste) Datenspeicherung, stellt sich als „Rosinenpicken” dar …

Lesetipp, Schaefer, Anm. zu BGH WLAN-Urteil, ZUM 2010, 699

Und doch noch ein Nachzügler, den ich gerade erst entdeckt habe. Schaefer hat in der ZUM 2010, 699 das Urteil des BGH (Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens) auch besprochen.

Zunächst beschäftigt sich Schaefer mit der Klarstellung gegenüber dem Konstrukt über Verkehrssicherungspflichten und dem Urteil „Jugendgefährdende Medien bei eBay“, und kritisiert das Ergebnis:

Diese Unsicherheit hat der Erste Zivilsenat nun ausgeräumt und einer generellen Begründung der Haftung über die Figur der Verkehrspflichten auch bei Verletzung absoluter Schutzrechte eine Absage erteilt (Tz. 13). … So lange ihm (=dem notorisch unaufmerksamen Störer, Anm. des Verf.) nicht (bedingter) Vorsatz hinsichtlich der durch Dritte begangenen Taten vorgeworfen werden kann (auf dieses Erfordernis weist der Senat in Tz. 16 nochmals ausdrücklich hin), hat ein fortgesetzt unaufmerksamer Störer wenig mehr zu fürchten als die Kostentragungspflicht bezüglich Abmahnungen. Dies ist für Inhaber absoluter Schutzrechte immer dann äußerst unbefriedigend, wenn der eigentliche Verletzter – wie übrigens auch im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – nicht ermittelbar ist. Solche Fälle dürften im Anwendungsbereich der Störerhaftung jenseits der Internetversteigerungs-, Internetforen- und auch der WLAN-Fälle wie dem hiesigen eher die Regel als die Ausnahme darstellen.
Weiter weist Schaefer darauf hin, dass der Patent hier eine andere Linie verfolgt.
Einen weiteren Schwerpunkt legt Schaefer auf die Einordnung der IP-Adressse als Bestandsdatum und stellt ebenfalls die Frage, ob für § 101 Abs. 9 UrhG überhaupt noch Raum bleibt.
Auch hier ging also der Gesetzgeber – trotz Einordnung der Klarnamen als Bestandsdaten – davon aus, jedenfalls die Zuordnung als solche sei »regelmäßig« nur anhand »interner Verkehrdatenaufzeichnungen« möglich. Aus der in Tz. 29 ausgedrückten Haltung des Senats lässt sich mithin zumindest nicht zwingend ableiten, dass § 101 Abs. 9 UrhG hinfällig geworden sei, denn diese Vorschrift vermeidet die Formulierung des § 100 g StPO und bezieht sich ausdrücklich nur auf die »Verwendung von Verkehrsdaten« für die Erzeugung der Information, über die Auskunft erteilt werden soll (und die als solche lediglich Bestandsdaten umfassen mag).
Abschließend spricht sich Schaefer für eine gesetzliche Regelung bzw. Klarstellung der „Speicherpflicht auf Zuruf“ (so OLG Hamburg MMR 2010, 338) aus.

In eigener Sache: Anmerkung zu BGH WLAN (Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens), MMR 2010, 568 und Übersicht

Das Beste kommt immer zuletzt, oder: was lange währt wird endlich gut.

Meine Anmerkung zum WLAN-Urteil des BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08 ist nun in der MMR 2010, Heft 8, S. 568-570 erschienen.

S. dazu bzw. zu dem Urteil schon meine Bemerkungen hier, hier, hier und hier.

Insgesamt haben damit praktisch alle in dem Bereich wesentlichen Zeitschriften das Urteil inklusive Anmerkung abgedruckt. Hier eine Übersicht:

S. auch: weitere Publikationen

Lesetipp: Schwartmann/Kocks, Haftung für den Missbrauch offener WLAN-Anschlüsse, K&R 2010, 433

In der K&R 2010, Heft 7/8 (S. 433-437) ist eine weitere Anmerkung zum WLAN-Urteil des BGH (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens, s. dazu schon hier, hier, hier und hier) bzw. ein Aufsatz mit dem Titel „Haftung für den Missbrauch offener WLAN-Anschlüsse“ von Schwartmann und Kocks erschienen.

Schwartmann/Kocks besprechen zunächst die bisherige Rechtsprechung im Bereich WLAN und gehen dann näher auf die vorinstanzlichen Entscheidungen des BGH-Urteils ein.

Sie stimmen dem Urteil im Ergebnis zu. Der BGH habe den zumutbaren Rahmen der Pflichten richtig eingegrenzt und sei dabei eher am unteren Ende geblieben, da nur der technische Standard zum Kaufzeitpunkt entscheidend sei. Kritisch sehen die Autoren allerdings den Rückgriff auf das Eigeninteresse des WLAN-Anschlussinhabers:

… die Unsicherheit eines WLAN bedingt nicht zwangsläufig zugleich die Unsicherheit der persönlichen Daten des Anschlussinhabers. Ungeachtet des nicht hinreichend geschützten Zugangs zum WLAN ist es möglich, die Freigaben in Bezug auf persönliche Daten auf dem eigenen Computer restriktiv einzustellen.

Verwundert zeigen sich Schwartmann/Kocks auch im Hinblick auf die Diskrepanz zwischen Pressemitteilung und Urteilsgründen, was § 97a Abs. 2 UrhG angeht. Die Schlussfolgerung, dass dies logisch sei, da § 97a UrhG keine Anwendung finden könne, weil das Gesetz zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung und der Abmahnung noch nicht existierte, lässt aber außer Betracht, dass manche Gerichte hier von einer Anwendbarkeit auf Altfälle ausgehen (so z.B. OLG Brandenburg MMR 2009, 258).

In den Praxisfolgen verweisen die Autoren letztlich darauf, dass für andere als private Anschlussinhaber keine Klärung eingetreten ist:

Die in der medialen Berichterstattung befürchteten Auswirkungen des Urteils auf eine Haftung für Hotspot-Betreiber wie Cafes oder Hotels sind indes auch nach der Entscheidung des BGH eher fraglich, jedenfalls aber weiterhin ungeklärt.

Bezüglich der Anwendung der Privilegierung nach § 8 TMG halten die Autoren eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung eher für fraglich (s. dazu hier sowie näher Mantz, MMR 2010, Heft 8 (erscheint demnächst)).

Das WLAN-Urteil des BGH und seine Auswirkungen auf offene Netze

Für das am 12.5.2010 (Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens) verkündete Urteil des BGH zur Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses mit WLAN liegt mittlerweile die Begründung vor, nachdem sich zuvor alle Äusserungen nur auf die Pressemitteilung des BGH bezogen konnten (s. den Volltext hier).

1. Der Fall

Obwohl über den Fall schon mehrfach geschrieben wurde, ist die tatsächliche Grundlage des Urteils auch mit Vorliegen der Urteilsgründe leider noch nicht vollends geklärt.

Fest steht, dass der Beklagte Inhaber eines Internetanschlusses ist, und dass er einen WLAN-Router daran angeschlossen hatte. Während der Inhaber nachweislich im Urlaub war, hat ein unbekannter Dritter über sein WLAN den Titel „Sommer unseres Lebens“ über das Emule-P2P-Netzwerk angeboten. Die vom Rechteinhaber mit der Überwachung des Titels beauftragte Firma hat die IP-Adresse festgestellt und diesen über eine Auskunft beim Telekommunikationsanbieter des Beklagten dessen Namen und Anschrift erhalten und diesen anschliessend abgemahnt und auf dessen Weigerung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, auf Unterlassungs, Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten verklagt.

Fest steht weiter, dass der WLAN-Router des Beklagten zum Tatzeitpunkt mit einem 16-stelligen Passwort gesichert war.

Unklar ist aber, ob dieses Passwort für alle Router der Modellreihe gleich und damit erratbar war, oder ob es auf den spezifischen Router personalisiert war. In den Feststellungen des LG Frankfurt (BGH und OLG Frankfurt spezifizieren dies nicht näher) heisst es dazu:

„Des Weiteren ist der Zugang auf den Router selbst bei aktivierter WLAN-Unterstützung werkseitig mit einer WPA-Verschlüsselung gesichert, welche bei Einwahl in das Netzwerk des Beklagten einen 16-stelligen Authentifizierungsschlüssel erfordert, der nur direkt über den Router auslesbar und von außen nicht erreichbar ist.“

S. dazu auch http://www.telemedicus.info/article/1774-Der-BGH-zur-WLAN-Haftung.html

2. Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat auf Rechtsfolgenseite drei wesentliche Folgen ausgeurteilt

  • Ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten scheidet aus.
  • Der Beklagte haftet als Störer grundsätzlich auf Unterlassen, allerdings soll die Klägerin ihren Unterlassensantrag vor dem OLG Frankfurt noch präzisieren, insofern wird an das OLG Frankfurt zurückverwiesen.
  • Wegen der Kosten wird ebenfalls an das OLG Frankfurt verwiesen.

3. Eine kurze Analyse der wesentlichen Punkte der Urteilsgründe

Das Urteil des BGH ist bisher ingesamt eher negativ aufgenommen worden. Das liegt nicht unbedingt am Ergebnis, sondern vielmehr daran, dass der BGH nicht nur die Chance vertan hat, seit dem Urteil des LG Hamburg aus dem Jahr 2006 (LG Hamburg MMR 2006, 763, Volltext und Anmerkung hier) bestehende Rechtsfragen im Hinblick auf die Störerhaftung für WLAN-Netzwerke zu klären, sondern darüber hinaus selbst in den Fragen, die der BGH definitiv hätte beantworten können oder müssen, für neue Verwirrung gesorgt hat.

a)      Keine Haftung auf Schadensersatz

Der BGH hat relativ ausführlich zur Frage Stellung genommen, ob der Beklagte als Täter oder Teilnehmer der Rechtsverletzung haftet. Dabei muss man stets im Hinterkopf behalten, dass für diese Haftung nach §§ 19a, 97 UrhG ein Verschulden des Beklagten nachgewiesen und begründet werden muss. Auch wenn die Ausführungen zur Schadensersatzhaftung einen guten Eindruck machen, war hier eine andere Behandlung kaum denkbar.

aa)   Sekundäre Darlegungslast zur Täterschaft und Routerprotokolle

Zunächst hat der BGH festgestellt, dass den Beklagte in einem Filesharing-Verfahren eine sekundäre Darlegungslast trifft und sich darin dem insoweit meinungsführenden OLG Köln (OLG Köln MMR 2010, 44, 45) angeschlossen. Dabei ist zu beachten, dass die sekundäre Darlegungslast keinen Vollbeweis erfordert. Es reicht vielmehr aus, den Vortrag der Klägerin substantiiert zu erschüttern, was zugegebenermassen häufig einem Vollbeweis nahekommt.

Vorliegend reicht es laut dem BGH aus, dass die Klägerin darlegt, dass der Beklagte Anschlussinhaber des für die Rechtsverletzung genutzten Anschlusses ist. Dem ist der Beklagte erfolgreich damit entgegengetreten, dass er zum fraglichen Zeitpunkt unstreitig im Urlaub war. In solchen Fällen ist es also hilfreich, wenn es Zeugen dafür gibt, dass man zum fraglichen Zeitpunkt auf der Arbeit war, im Urlaub, im Sportclub etc.

Interessanterweise geht der BGH weiter noch auf Routerprotokolle bzw. Routerlogs ein und stellt fest, dass der Beklagte als nicht versierter Computernutzer nicht zur Vorlage von Routerprotokollen verpflichtet war.

Diese Feststellung wäre nicht nötig gewesen. Denn es hätte bereits der Hinweis ausgereicht, dass der Beklagte unstreitig nicht zu Hause war und sein Computer ausgeschaltet war. Hier handelt es sich also um ein obiter dictum (http://de.wikipedia.org/wiki/Obiter_dictum). Es ist daher unklar, was der BGH mit seinem Hinweis bezweckt hat. Man könnte daraus lesen, dass versierte Computernutzer zur Vorlage von Routerlogs verpflichtet sein könnten. Allerdings speichern nicht alle Router solche Logs oder löschen sie nach einer gewissen Zeit. Wenn die Abmahnung aber erst spät kommt und dann keine Daten mehr vorliegen, so kann der BGH kaum vom (selbst versierten) Nutzer die Vorlage nicht existierender Routerlogs verlangen.

bb)  Keine Übertragung der Halzband-Entscheidung

Die immer wieder ins Feld geführte Entscheidung „Halzband“ (BGH NJW 2009, 1960) ist laut BGH nicht übertragbar, da eine IP-Adresse gerade keine eindeutige Identifizierungsfunktion innehat. Ganz im Gegenteil stellt der BGH erfreulicherweise fest, dass der Inhaber des Anschlusses dazu berechtigt ist, beliebigen Dritten seinen Anschluss zur Verfügung zu stellen.

b)      Ausführungen zur Störerhaftung

Anders als bei der Verschuldenshaftung lässt der BGH bei der Begründung der Annahme der Störerhaftung einige klärende Antworten vermissen. Zur Erinnerung: Störerhaftung erfordert eine willentliche und adäquat-kausale Mitwirkung an der Rechtsverletzung, eine Abhilfemöglichkeit und die Verletzung von Prüfungs- und Überwachungspflichten, die im Ergebnis eine Abwägung der beteiligten Interessen darstellt.

aa)   Adäquate Kausalität

Der BGH hat – auf einer Linie mit dem LG Hamburg und der erstinstanzlichen Entscheidung des LG Frankfurt die adäquate Kausalität der Handlungen des Beklagten angenommen. Adäquate Kausalität liegt verkürzt gesprochen vor, wenn ein Ergebnis oder Kausalverlauf nicht vollkommen unwahrscheinlich und fern jeder Lebenserfahrung ist. Dies ist auf den ersten Blick der Fall. Allerdings hat das OLG Frankfurt hier darauf abgestellt, dass keine Daten dazu vorliegen, ob WLAN-Netze durch Dritte genutzt werden (dazu näher Mantz, JurPC Web-Dok. 95/2010, Rn. 25 mwN).

Diese Frage stellt sich noch deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Netz des Beklagten tatsächlich gesichert war. Während man bei einem unverschlüsselten Netz noch davon ausgehen kann, dass dieses evtl. von Dritten genutzt wird, wenn sie darüber „stolpern“, ist dies bei einem mit Verschlüsselung und Passwort gesicherten Netz nicht der Fall. Ganz im Gegenteil ist es völlig unwahrscheinlich, dass sich jemand bewusst in ein gesichertes Netz begibt und dieses nutzt – unabhängig davon, ob ein Standardpasswort verwendet wird oder nicht. Hier geht der BGH davon aus, dass es normal ist, dass Dritte sich unter Verstoss gegen § 202a StGB (wenigstens nach aktueller Instanzrechtsprechung, s. hier) in strafrechtlich relevanter Art und Weise Zugang zum Netz eines Dritten verschaffen. Hier hätte der BGH wenigstens nach der Fragestellung, die das OLG Frankfurt aufgeworfen hat, deutlich mehr Aufwand für die Begründung aufwenden müssen.

Weiter schreibt der BGH: „Die Unterlassung ausreichender Sicherungsmassnahmen beruht auch auf dem Willen des Anschlussinhabers.“ Ob der Beklagte einen solchen vom BGH unterstellen Willen überhaupt gebildet hat, ist eher fraglich – sein WLAN war schliesslich gegen Zugang gesichert, an weitere Handlungen hat er wohl kaum gedacht.

bb)  Zumutbarkeit der Änderung des Passworts

Anschliessend stellt der BGH fest, dass es zumutbar ist, dem privaten Inhaber eines WLAN aufzuerlegen, sein WLAN-Kennwort zu ändern.

Interessanterweise stützt der BGH die Zumutbarkeit auf das Eigeninteresse des Betroffenen. Da der Beklagte ein vitales Interesse am Schutz seiner eigenen Daten gehabt habe, sei ihm aus diesem Grunde der Schutz der Interessen Dritter zumutbar.

Diese Begründung hat bereits viel Kritik erfahren, da es sich um ein unzulässiges Abstellen auf ein „Verschulden gegen sich selbst“ handele (dazu Stadler, http://www.internet-law.de/2010/06/bgh-urteil-zur-w-lan-haftung-im-volltext.html und  Möller, http://www.telemedicus.info/article/1774-Der-BGH-zur-WLAN-Haftung.html).

In diesem Punkt hat der BGH offenbar vom Ergebnis her gedacht, allerdings die technischen Gegebenheiten nicht richtig beachtet. Denn hier hätte der BGH sauber trennen müssen: Die Unsicherheit des WLAN bedingt nicht die Unsicherheit der Daten. Trotz Zugang zum WLAN kann der Beklagte die Freigaben auf seinem Computer restriktiv und damit sicher eingestellt haben. Hierzu haben aber weder die Instanzgerichte noch der BGH tatsächliche Feststellungen getroffen. Ob ein solches Interesse also vorlag, lässt sich nicht ohne weiteres postulieren.

Auch die Daten auf dem Router selbst, also z.B. die Zugangsdaten zum DSL-Anbieter, müssen nicht zwingend unsicher gewesen sein. Denn das Kennwort zum Zugang zum WLAN und das Administratorpasswort des Routers sind in der Regel nicht identisch. Ob der Beklagte das Administratorpasswort des Routers geändert hat, ergibt sich ebenfalls nicht aus den Feststellungen des Gerichts.

Dennoch ist dieser Teil beachtlich, denn er hat für Freifunk und institutionelle Anbieter von offenen WLANs (worunter ich jetzt z.B. auch Internet-Cafes fasse) eine grosse Bedeutung: Wenn der Anbieter eines offenen Netzes seine Daten schützt und dennoch das Netz bewusst öffnet, dann kann sich der BGH nicht auf das Eigeninteresse des Anbieters stützen und daraus eine Pflicht ableiten. Gerade bei Freifunk ist es üblich, dass das Setup zwei Router umfasst, von denen einer das offene Netz bereitstellt. Durch diese Aufteilung erfolgt eine netzwerktypologische Trennung der Netze und damit eine Sicherung des privaten lokalen Netzes vor Zugriffen der Nutzer. Ebenso dürfte es sich bei institutionellen Anbietern verhalten.

Update zur Passwortsicherung (Dank an Simon Moeller, Telemedicus): Bisher ist mir noch immer nicht endgueltig klar, wie das WPA-Passwort des Beklagten beschaffen war. Falls es aber ein individualisiertes (und daher wohl zufaelliges), 16-stelliges Passwort der Fritzbox war, dann ist kaum einsichtig, warum ein solches unsicherer sein soll als ein vom Beklagten selbst gewaehltes 16-stelliges Passwort. Das Urteil des BGH ergibt nur einen Sinn, wenn das Passwort fuer die gesamte Modellreihe einheitlich und damit auch Dritten bekannt war. Ich warte hier noch auf eine endgueltige Klaerung des Sachverhaltes. S. dazu auch Moeller, http://www.telemedicus.info/article/1774-Der-BGH-zur-WLAN-Haftung.html, der sich auch fragt, ob vielleicht das Nichtentfernen des Aufdrucks auf dem Router gemeint sein soll. Aber das haette der BGH anders begruenden koennen und wohl auch muessen. Es ist schade, dass der Tatbestand hier keine eindeutige Klaerung ermoeglicht.

cc)   Marktübliche Sicherung

Anschliessend konkretisiert der BGH die Pflichten des Beklagten, indem er darauf abstellt, dass derjenige, der einen WLAN-Router kauft, wenigstens diejenigen Sicherheitseinstellungen einhalten muss, die zum Zeitpunkt des Kaufs marktüblich sind. Eine Überwachungspflicht sieht der BGH als unzumutbar an (vgl. zur Pflicht zu Updates bzgl. Viren Mantz, K&R 2007, 566).

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass der BGH diesbezüglich von einer Unzumutbarkeit für den privaten Inhaber spricht. Das könnte darauf hindeuten, dass institutionelle Anbieter ihre Sicherheitseinstellungen regelmässig zu überprüfen haben.

dd)  Privilegierung von Geschäftsmodellen

Ein m.E. ganz wichtiger Punkt der Entscheidung ist der folgende Absatz (II.2.b.dd). Denn der BGH drückt aus, dass es dem Beklagten zumutbar war, Sicherungsmassnahmen zu ergreifen, da er KEIN Geschäftsmodell verfolgt.

In der Rechtsprechung des BGH zur Störerhaftung hat sich immer wieder gezeigt, dass der BGH Geschäftsmodelle grundsätzlich schützt – wenigstens insoweit als eine auferlegte Pflicht nicht zur Einstellung des Geschäftsbetriebes führen darf (BGH MMR 2004, 668 – Internetversteigerung I; BGH MMR 2007, 507 – Internetversteigerung II; BGH MMR 2008, 531 – Internetversteigerung III; näher Mantz, JurPC Web-Dok. 95/2010, Rn. 28 ff.).

Man kann den BGH also so verstehen, dass er geringere Pflichten auferlegt, sobald hinter dem Angebot ein wie auch immer geartetes Geschäftsmodell steht. Dies darf allerdings nicht in einem streng wirtschaftlichen Sinne verstanden werden, sondern dürfte sich auf jegliches organisierte und bewusste Öffnen des Netzes beziehen – und damit auch auf Freifunk.

ee)   Keine Anwendung der Privilegierung des § 8 TMG – (doch) eine grundsätzliche Anwendbarkeit der Privilegierungen auf Unterlassungsansprüche?

Bedeutsam ist ferner der Teil, in dem der BGH auf die Anwendung der Privilegierung der §§ 7 ff. TMG eingeht. Interessanterweise bezieht sich der BGH hier nur auf § 10 TMG, der für Host Provider wie Ebay gilt und mit dem Bereitstellen eines WLAN nichts zu tun hat.

Ungeachtet dessen offenbart eine Analyse dieses Abschnitts möglicherweise eine Überraschung.

Der BGH geht im ersten Teil des Absatzes auf das Geschäftsmodell und seine Internetversteigerungsrechtsprechung ein. Dann stellt er fest, dass die Privilegierungen des TMG keine Anwendung finden. Argumentativ ist nach dieser Feststellung der Platz für eine Begründung der Feststellung. Bisher hat der BGH an dieser Stelle immer auf seine entsprechenden Entscheidungen verwiesen und damit gesagt, dass die Privilegierungen ohnehin nicht auf Unterlassungsansprüche anwendbar sind. Damit wäre dieser Punkt abschliessend behandelt.

Stattdessen führt der BGH aus, dass das Interesse an WLAN dem nicht entgegensteht.

Fraglich ist, wie dies zu verstehen ist. Denn nach dem bisherigen Vorgehen des BGH hätte es dieses Satzes nicht bedurft. Man könnte dies als Hinweis darauf sehen, dass der BGH von seiner grundsätzlichen Ablehnung der Anwendung der Privilegierungen auf Unterlassungsansprüche abrückt und stattdessen eine neue Begründung benötigt. Eine ähnliche Tendenz hat der BGH bereits im Urteil zu Google-Thumbnails (Urteil vom 29. April 2010, Az.: I ZR 69/08) erkennen lassen (s. zu dieser Problematik Stadler, http://www.internet-law.de/2010/05/anmerkung-zum-urteil-des-bgh-zur-google-bildersuche.html; und Mantz, http://www.retosphere.de/offenenetze/2010/05/19/bgh-google-thumbnails-und-die-anwendung-der-privilegierungen-der-%c2%a7%c2%a7-7-10-tmg-auf-unterlassungsanspruche).

ff)      Das Interesse an WLAN ist hoch zu bewerten und berechtigt

Besondere Hervorhebung gebührt noch der Feststellung des BGH, dass das Interesse an „leichtem und räumlich flexiblem Zugang zum Internet“ hoch zu bewerten und berechtigt ist.

Hier hat der BGH tatsächlich Farbe bekannt – und damit einen Baustein für künftige Abwägunsentscheidungen gelegt. Wichtig ist dies, da das Interesse am Zurverfügungstellen von Infrastruktur im Hinblick auf den „Digital Divide“ sogar noch höher zu bewerten ist (s. dazu Mantz, JurPC Web-Dok. 95/2010, Rn. 28 ff.; und ausführlich Mantz, Rechtsfragen offener Netze, Karlsruhe 2008, S. 16 ff. mwN). Damit gibt der BGH Freifunk ein weiteres wichtiges Argument an die Hand.

4. Zur Kostendeckelung nach § 97a UrhG

Interessanterweise enthält das Urteil – entgegen der Pressemitteilung, die insofern mindestens missverständlich war – keine Erwähnung zur Anwendung der Kostenkappung für die Abmahnung auf 100 EUR. Zur Kritik daran s. http://www.telemedicus.info/article/1773-Pressemitteilungen-und-Urteilsgruende-beim-BGH.html).

Alle diesbezüglichen Ausführungen in die eine oder andere Richtung sind damit hinfällig. Allerdings gilt dies auch für den Hinweis in der Pressemitteilung, dass § 97a UrhG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sein soll. Denn der BGH hat die komplette Kostenentscheidung an das OLG Frankfurt zurückverwiesen. Es liegt jetzt in der Hand des OLG Frankfurt, nicht nur den Streitwert zu bestimmen, sondern auch über eine Anwendung von § 97a UrhG auf Altfälle zu entscheiden. Diese Auffassung nimmt beispielsweise das OLG Brandenburg MMR 2009, 258 ein.

5. Fazit und Auswirkungen

Insgesamt ist das Urteil sehr unbefriedigend. Denn der BGH hat es versäumt, offene Rechtsfragen klar und deutlich zu beantworten. Zudem hat der BGH die über den konkreten Fall hinausreichende Bedeutung seiner Entscheidung verkannt (diese wurde im Vorfeld der Entscheidung mehrfach in der Literatur diskutiert, s. Garcia, Telepolis v. 19.4.2010, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32466/1.html; Stadler, http://www.internet-law.de/2010/04/grundrecht-auf-offene-netze.html; Mantz, JurPC Web-Dok. 95/2010, Rn. 3 ff., 29, http://www.jurpc.de/aufsatz/20100095.htm) – oder bewusst ignoriert. Denn die Entscheidung hätte für offene Netze und institutionelle Anbieter Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bringen können.

Diese bringt die Entscheidung des BGH nicht. Es ist keine Antwort darauf gefunden, welche Pflichten Betreibern offener Netze obliegen – bzw. ob der BGH bei ihnen überhaupt Pflichten annehmen würde. Die Ausführungen zur Privilegierung nach §§ 7 ff. TMG bewirken zudem eher weitere Unsicherheiten.

Die Ausführungen zum Geschäftsmodell machen Mut, dass solche Anbieter eher besser behandelt werden. Allerdings sieht der BGH möglicherweise auch eine Pflicht zur weiteren Überwachung der Entwicklung von Sicherheitsstandards bei nicht-privaten Anbietern.

Weiter ist es sehr schade, dass der BGH sich mit den in der Literatur geäusserten Auffassungen überhaupt nicht auseinander gesetzt hat. Insbesondere die Anmerkungen zu einem ähnlichen Urteil des LG Frankfurt sowie zum Urteil des OLG Frankfurt sowie die kurz vor dem Urteil veröffentlichten Aufsätze hätten Anlass für eine vertiefte Betrachtung geboten.

Fuer Freifunker hat sich damit die Situation kaum geändert. Es besteht weiter Rechtsunsicherheit – mit gewissen Tendenzen zur Besserung.

Links:

BGH entscheidet zur Haftung des Betreibers eines WLAN

Die lang erwartete Entscheidung des BGH zur Haftung des privaten Betreibers eines WLAN-Internetzugangs ist heute gefallen (s. Pressemitteilung hier). Der Volltext liegt noch nicht vor, eine endgültige Analyse des Urteils ist also noch nicht möglich.

Die Pressemitteilung verrät uns drei Dinge:

1. Störerhaftung

Der BGH hat die Störerhaftung des Beklagten angenommen. Dabei hat er angenommen, dass eine Pflicht zur Sicherung des WLAN besteht:

„Auch privaten Anschlussinhabern obliegt aber eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes kann jedoch nicht zugemutet werden, ihre Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Ihre Prüfpflicht bezieht sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen.“

Dabei fällt nur wenig ins Gewicht, dass die einmalige Einrichtung der Sicherung ausreicht. Denn nach Auffassung des BGH muss überhaupt eine Sicherung eingeführt werden.

Wie der BGH die Störerhaftung im Einzelnen begründet, dazu enthält die Pressemitteilung keine Hinweise. Ob also eine „Gefahrenquelle“ vorliegt, oder sich die Pflichten aus anderen Gesichtspunkten ergeben, bleibt der Begründung vorbehalten. Es ist zu hoffen, dass sich der BGH in seiner Begründung ausführlich mit der Meinung in der Literatur auseinandersetzt und die einzelnen Haftungselemente ausführlich diskutiert.

Interessant ist auch, dass der BGH zur Stärke des zu wählenden Passworts Stellung nimmt. Ein zu kurzes, also leichter zu knackendes Passwort hätte ihm vermutlich nicht gereicht.

„Er hatte es bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers belassen und das Passwort nicht durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort ersetzt.“

Welche Folgen dieser Teil der Entscheidung hat, lässt sich derzeit – ohne Lektüre der Urteilsgründe – noch nicht wirklich absehen. Zumindest die Pressemitteilung geht allerdings auf das viel größere Problem der offenen Netze, Internet-Cafes etc. überhaupt nicht ein. Für Private im Allgemeinen ist die Rechtsfolge aber zunächst eindeutig: Verschlüsselung ist Pflicht. Ob dies auch für gewollt offene Netze gilt, muss sich noch zeigen.

2. § 97a Abs. 2 UrhG

Sehr interessant ist, was der BGH zu § 97a Abs. 2 UrhG gesagt hat:

„Der Beklagte haftet deshalb nach den Rechtsgrundsätzen der sog. Störerhaftung auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten (nach geltendem, im Streitfall aber noch nicht anwendbaren Recht fallen insofern maximal 100 € an).“

Im vorliegenden Fall sieht der BGH § 97a Abs. 2 UrhG und damit die Kostendeckelung also als anwendbar an. Damit hat er wenigstens zur Kostendeckelung bei Filesharing-Fällen entschieden.

3. Deliktische Haftung und Privilegierung

Nicht überraschend ist, dass die deliktische Haftung ausscheidet. Allerdings enthält die Pressemitteilung keinen Hinweis auf §§ 7 ff. TMG, also die Privilegierungstatbestände für Provider. Ob der BGH den Privaten also als Access Provider angesehen hat, bleibt zunächst noch offen. Das OLG Frankfurt hatte in seiner Entscheidung dazu ebenfalls kein Wort verloren.

4. Fazit

Das Urteil des BGH ist nach bisherigem Stand sehr unbefriedigend. Im Hinblick auf die deliktische Haftung geht es nicht weiter als das Urteil des OLG Frankfurt. Eine andere Entscheidung war hier auch nicht denkbar.

Die Annahme der Störerhaftung hingegen kann erhebliche Auswirkungen haben. Dies lässt sich aber erst endgültig sagen, wenn die Begründung vorliegt.

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