Mittlerweile ist der offizielle Gesetzesentwurf des TMG-Änderungsgesetzes veröffentlicht worden. Die Abstimmung innerhalb der Ministerien und der Bundesregierung hat keine (wesentlichen) Änderungen erbracht. Dennoch lohnt es sich, sich den Entwurf noch einmal kurz anzusehen (eingehend schon hier):
Neu ist § 2 Satz 1 Nr. 2a TMG-RefE, der eine Definition von drahtlosen Funknetzen enthält – hier findet man wenig Neues. Interessant ist lediglich, dass sich die Bundesregierung für die Definition am Entwurf der Digital Single Market-Verordnung orientiert (zum Begriff und eingehend zu den Regelungen des Verordnungsentwurfs Mantz/Sassenberg, CR 2014, 370 ff.).
Richtig interessant ist aber eine neue Klarstellung, die sich in der Gesetzesbegründung findet. Dort heißt es zur Geschäftsmäßigkeit nach § 8 Abs. 4 TMG-RefE (Hervorhebung hier):
Geschäftsmäßig im Sinne der ersten Alternative ist jede nachhaltige Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht. Für geschäftsmäßiges Handeln ist weder erforderlich, dass der Hauptzweck der Geschäftstätigkeit in der Überlassung von WLAN-Netzen besteht, noch dass der Internetzugang gegen Entgelt gewährt wird. Ausreichend ist daher bereits, dem Gast, Kunden etc. das WLAN-Netz als unentgeltliche, untergeordnete Nebenleistung zum eigentlichen Geschäftszweck zu überlassen, um so etwa eine größere Kundenbindung zu erreichen oder die Attraktivität des Hauptangebots zu steigern. Für die Geschäftsmäßigkeit ist auch die Trägerschaft oder Rechtsform der Geschäftstätigkeit des Diensteanbieters un- erheblich. Beispielsweise wären ein Internet-Café oder ein Sportverein demzufolge in der Regel geschäftsmäßig tätige WLAN-Anbieter.
…
Nicht von Absatz 4 erfasst wird hingegen eine nur gelegentliche private Betätigung. Hiervon ist beispielsweise grundsätzlich im Falle der Überlassung des WLAN-Anschluss an Familienmitglieder, Freunde und Bekannte auszugehen. Auch eine studentische Wohngemein- schaft nutzt das WLAN-Netz des Anschlussinhabers in der Regel privat und wäre demzufolge grundsätzlich nicht von Absatz 4 erfasst.
Damit dürfte klargestellt sein, was ich schon in meinem letzten Beitrag zum RefE angerissen habe: Das als Freifunk-Knoten betriebene WLAN ist geschäftsmäßig im Sinne von § 8 Abs. 4 TMG-RefE! Als unmittelbare Folge fällt der Freifunk-Knoten nicht unter § 8 Abs. 5 TMG-RefE, so dass es hier jedenfalls nicht nötig ist, den Nutzer beim Namen zu kennen. Das gilt nur im familiären Bereich und in Wohngemeinschaften!
Im Ergebnis ist das zwar ein Trost, aber eher ein schwacher. Denn Freifunk-Knoten sind dennoch von § 8 Abs. 4 TMG-RefE erfasst und müssten verschlüsseln und die Erklärung einholen, dass der Nutzer keine Rechtsverletzungen begehen wird – ein Placebo, wie schon ausgeführt. Dass das blanker Unsinn ist, habe ich bereits deutlich gemacht. Ebenso dürfte das auch jeder sehen, der schon mal ein WLAN genutzt hat. Die Bundesregierung hingegen hält das Modell für machbar:
In der Regel wird der Diensteanbieter dem Nutzer den Internetzugang durch Mitteilung ei- nes Passwortes zur Nutzung überlassen. Dieses kann beispielsweise auf der Eintritts- oder Speisekarte veröffentlicht oder dem Nutzer auf anderem Wege mitgeteilt werden.
Allerdings wird ein weiterer Absatz der Begründung auf S. 13 neue Fragen auf (Hervorhebung hier):
In der Regel wird der Diensteanbieter dem Nutzer den Internetzugang durch Mitteilung ei- nes Passwortes zur Nutzung überlassen. Dieses kann beispielsweise auf der Eintritts- oder Speisekarte veröffentlicht oder dem Nutzer auf anderem Wege mitgeteilt werden. Möglich ist auch die Einrichtung einer Vorschaltseite, auf der lediglich die Nutzungsbedingungen – mit einem Klick – akzeptiert werden können.
Man muss sich hierbei vergewärtigen, dass es in diesem Absatz um Verschlüsselung geht. Der Gesetzgeber glaubt aber, dass alternativ zum Mitteilen des Passworts per Speisekarte auch das Vorschalten einer Splash-Page geht – auf die kommt der Nutzer aber gar nicht, wenn WLAN verschlüsselt ist. Will der Gesetzgeber – entgegen dem Wortlaut – jetzt doch die Splash-Page ohne Verschlüsselung reichen lassen?
Es bleibt zu hoffen, dass sich das Parlament mehr Gedanken macht – viel Hoffnung habe ich da aber nicht.
Zum abgestimmten Entwurf s. auch
- Netzpolitik
- Digitale Gesellschaft [1] [2]
- Heise Online
- Heise Online Kommentar
(Update 1.4.2015: Korrektur: Lokale Funknetze werden in § 2 S. 1 Nr. 2a TMG-RefE definiert)
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Ich sehe da noch ein anderes Problem: Privat und geschäftsmäßig sind ja gerade bei Freifunk kaum zu trennen. Ich betreibe z.B. Freifunk sowohl zu Hause als auch in unserem Bioladen. Letzteres wäre dann wohl ganz klar geschäftsmäßig. Die Nachbarknoten von meinem laden wiederum nicht und auch nicht, was ich zuhause betreibe. Aber gerade in einem Mesh ist schwer zu erfassen, welcher Node nun wie betrieben wird. Obgleich im gleichen Netz und damit eigentlich das gleiche Angebot würden vollkommen andere Regeln gelten. Weder wird da eine Abgrenzung funktionieren, noch entspricht das der Realität.
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Offenes #WLAN betreffend wollen @spdbt und @cducsubt #ger offensichtlich weiterhin im #digitalstoneage belassen. #TMG @freifunk @offenenetze
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Darlegung ist leider fehlerhaft. M.E. wesentlich ist die Unterscheidung, die hier getroffen wird und er zufolge Nodes, die rein privat betrieben werden, ausgeklammert sind: „… als unentgeltliche, untergeordnete Nebenleistung zum eigentlichen Geschäftszweck …“ weil eben kein „eigentlicher Geschäftszweck“ existiert.
So wie ich den Entwurf verstehe, sind alle privaten FF-Anwender bzw. Aufsteller eines Knotens, gleich ob über eine Verein oder übers Ausland getunnelt wird, gekniffen. FF als reines Hobby ohne „eigentlichen Geschäftszweck“ also brandgefährlich.
Hallo Pinky,
Ich sehe das anders. Du hast recht, wenn Du darauf hinweist, dass die Begründung des RefE in diesem Punkt nicht ganz klar ist:
Auf der einen Seite soll für die Geschäftsmäßigkeit die „… unentgeltliche, untergeordnete Nebenleistung zum eigentlichen Geschäftszweck“ reichen. Auf der anderen Seite ist von § 8 Abs. 4 TMG-RefE nicht erfasst „eine nur gelegentliche private Beta?tigung.“
Meines Erachtens ist der Knackpunkt hier das „gelegentlich“. Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen schlägt der Wortlaut die Begründung. Nun hat der Gesetzgeber einen bereits belegten Terminus genutzt, die „Geschäftsmäßigkeit“, die er sogar selbst als „nachhaltige Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht“ definiert. Anschließend formuliert er, dass eben nur die „gelegentlichen“ privaten Angebote von § 8 Abs. 4 TMG-RefE ausgenommen werden sollen (und damit in den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 5 TMG fallen).
Eine Auslegung, nach der die „nachhaltigen“, also „dauerhaften“ Angebote von WLANs (auch durch Private, also auch Freifunk-Knoten, die in der Regel 24h am Tag über einen längeren Zeitraum vorgehalten werden) als geschäftsmäßig angesehen werden können, deckt sich daher sowohl mit der Gesetzesbegründung als auch mit der bisherigen Auslegung des Begriffs der „Geschäftsmäßigkeit“.
Ich gebe allerdings zu, dass der von Dir zitierte Satz der Begründung Fragen aufwerfen kann und so eine gewisse Unsicherheit verbleibt.
Wenn ich in meinem Cafe einen Freifunkrouter aufstelle kann das auch bedeuten, das ich nur Standortgeber für den Router bin. Oder wenn ich den Router zur besseren Mesh-Verbindung im Nebenhaus installiere oder zur Verfügung stelle habe ich wieder eine ganz andere Konstellation.
Die Unterscheidung in privat und gewerblich ist bei Freifunk völlig unpassend und meiner Meinung nach nicht anzuwenden. Es muss dafür eine dritte neue Definition geschaffen werden.
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