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Von der Anhörung im Wirtschaftsausschuss zum 3. TMG-Änderungsgesetz

Wie schon hier angesprochen, war ich am 26.6.2017 als Sachverständiger zur Anhörung zum 3. TMG-Änderungesetz im Wirtschaftsausschuss des Bundestages eingeladen. Im Kern geht es bei dem Gesetz um den erneuten Versuch, die Haftungssituation bei Anbietern von WLANs zu verbessern.

Geladen waren insgesamt sieben Sachverständige, drei der CDU, zwei der SPD und jeweils einer für DIE LINKE und Bündnis ’90/Grüne, letztere hatten mich eingeladen.

Es sollten vorab schriftliche Stellungnahmen abgegeben werden (abrufbar hier). Meine Einschätzung zu dem Gesetzesentwurf (mit Literaturfundstellen zu Aufsätzen zu dem Thema) findet sich hier. Die weiteren Stellungnahmen sind auf der Seite des Wirtschaftsausschusses verfügbar, ich verlinke sie hier mal alle (in der Reihenfolge wie im Wirtschaftsausschuss eingestellt):

Prof. Tobias Keber konnte keine Stellungnahme mehr verfassen, da er sehr (sehr!) kurzfristig eingeladen worden war.

Die Anhörung verlief insgesamt in angenehmer Atmosphäre. Eingangsstatements waren leider nicht vorgesehen, stattdessen drei Fragerunden, in denen die Anzahl der Fragen zwischen CDU/SPD/Linke/Grüne wie folgt verteilt war: 1. 2:2:1:1, 2. 5:3:1:1, 3. 2:2:1:1. Üblicherweise befragen die Parteien „ihre“ Sachverständigen, das wurde aber glücklicherweise nicht streng eingehalten. Diskussionen unter den Sachverständigen sind leider praktisch nicht möglich.

Ich möchte hier nicht auf die einzelnen Äußerungen eingehen, wer will, sollte sich die schriftlichen Stellungnahmen ansehen, es wird auch ein Wortlautprotokoll geben. Die Anhörung verlief allerdings nur teilweise wie erwartet. Während Dr. Florian Drücke das Gesetz für komplett europarechtswidrig hielt und als „Rechtsdurchsetzungsverhinderungsgesetz“ bezeichnete, sprach sich Andreas May dafür aus, Überwachung auch in WLANs zu ermöglichen. Von diesen beiden abgesehen, bestand aber erstaunliche Einigkeit unter den Sachverständigen, dass zum einen eine Novellierung erforderlich ist. Zum anderen wurde Kritik insbesondere an Websperren insgesamt, aber auch an der konkreten Gesetzesformulierung erhoben.

Auch die CDU hat mich zwischendurch befragt und zwar, ob es rechtlich zulässig sei, die Privilegierung in § 8 Abs. 1 S. 2 TMG ebenfalls nur auf WLAN-Betreiber zu beschränken und auch insofern eine Ungleichbehandlung von Access Providern und WLAN-Anbietern herbeizuführen. Kurzversion: Gut finde ich das nicht, aber für unzulässig halte ich es auch nicht.

Hervorheben möchte ich die Redebeiträge von Volker Tripp vom Digitale Gesellschaft e.V. Volker wurde am häufigsten befragt und hat durchgehend ruhig und souverän dargestellt, dass Websperren nicht zu empfehlen sind. Insbesondere hat er sehr deutlich gemacht, dass es keinerlei Beleg dafür gibt, dass es vermehrt zu Rechtsverletzungen aus öffentlichen WLANs kommt. Die CDU griff diese Frage dann auch gleich auf und stellte sie ihren Experten, ohne dass Volkers Einwand widerlegt werden konnte: Dr. Florian Drücke hatte auch keine Zahlen. Andreas May konnte von genau einem Fall berichten, in dem der Täter gefasst werden konnte, da es der Nachbar des Anschlussinhabers war.

Ich weiß nicht, ob die Anhörung einen Einfluss hatte. Wie sich nun andeutet, wird das Gesetz wohl so oder zumindest sehr ähnlich kommen wie bisher im Gesetzgebungsverfahren, was ich für insgesamt positiv halte, auch wenn das Gesetz nicht gelungen ist. Eventuell (wahrscheinlich?) hatte sich die Koalition schon vor der Anhörung verständigt und die im Verfahren geäußerte Kritik verhallt tatsächlich ungehört, aber darauf kommt es dann jetzt auch nicht mehr an.

Das Wortlautprotokoll verlinke ich demnächst hier noch, wenn es verfügbar wird.

Weitere Links:

Anhörung im Bundestag: TMG-ÄnderungsG zur Haftung bei WLANs (26.6.2017)

Ich hatte hier im Blog bereits den ersten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des TMG besprochen, mit dem (wieder und endlich) die WLAN-Haftung neu geregelt werden soll.

Am 26.6.2017 findet dazu im Wirtschaftsausschuss des Bundestages eine Anhörung statt, zu der ich als Sachverständiger eingeladen worden bin. Hierfür war eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, die ich hier vorab online stelle.

In den nächsten Tagen werden alle Stellugnahmen auf der Webseite des Bundestages erscheinen, ich werde diese dann hier verlinken.

(Update 25.6.2017: Link auf Webseite des Wirtschaftsausschusses)

Bundesrat will TMG-Gesetzesentwurf abändern: Privilegierung auch für WLANs ohne Wenn und Aber

Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats hat eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf (BR-Drs. 440/15) der Bundesregierung zur Änderung des TMG abgegeben (Stellungnahme hier, BR-Drs. 440/1/15). Darin werden insbesondere die bisherigen Voraussetzungen der Verschlüsselung und Einholung einer Erklärung gestrichen und durch ein Verbot des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Rechtsverletzer ersetzt.

Der Gesetzestext soll nun lauten:

§ 8 Abs. 3: „Der Ausschluss der Verantwortlichkeit (Absatz 1) umfasst [auch] Diensteanbieter von drahtlosen Netzwerken und Funknetzwerken, die sich an einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten (öffentliche Funknetzwerke).

Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.“

§ 8 Abs. 4: „Diensteanbieter nach Absatz 3 können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.“

Wie man sieht, ist insbesondere § 8 Abs. 4 TMG-E gestrichen worden.

Zur Begründung führt der Bundesrat erfreulicherweise folgendes an (Hervorhebungen hier):

„Der Regierungsentwurf normiert, dass eine Haftung als Störer von Dienste- anbietern nicht in Betracht kommt, wenn „der Diensteanbieter angemessene Sicherungsmaßnahmen“ ergriffen hat. Diese Regelungen in § 8 Absatz 4 Satz 2 des Regierungsentwurfs sind nicht geeignet, die verfolgten Ziele – die Verbreitung von WLAN im öffentlichen Raum zu stärken und diesbezügliche Rechtssicherheit zu schaffen – zu verwirklichen. Denn es werden unbestimmte Rechtsbegriffe, wie „zumutbare Maßnahmen“ und „angemessene Sicherungs- maßnahmen“, verwendet, welche nicht die angestrebte Rechtsklarheit schaffen, sondern weiterhin der Auslegung durch die Gerichte bedürfen. Dies führt im Ergebnis zu keiner Verbesserung im Vergleich zu der jetzigen Rechtslage, nach welcher zwar die Kriterien der Störerhaftung durch eine Vielzahl von Entscheidungen herausgebildet worden sind, letztendlich jedoch – auch bedingt durch die Vielzahl der unterschiedlichen Fallkonstellationen – keine „klaren Vorgaben“ für WLAN-Anbieter ersichtlich sind, an denen sie sich orientieren können, um die Störerhaftung wirksam auszuschließen. Das Ziel, die Verbreitung von WLAN im öffentlichen Raum zu stärken, kann nicht erreicht werden, wenn lediglich versucht wird, die jetzige durch Einzelfallrechtsprechung geschaffene Rechtslage in Gesetzesform zu gießen. Es sind vielmehr Regelungen erforderlich, die sich klar hiervon abgrenzen und klarstellen, dass die Grundsätze der Störerhaftung von WLAN-Anbietern künftig in Deutschland – wie auch derzeit bereits in zahlreichen anderen europäischen Ländern – nicht mehr gelten sollen. Dies leistet die hiermit verfolgte Änderung von Absatz 4.

Nur durch das Streichen von § 8 Absatz 4 Satz 2 im Regierungsentwurf ist das Ziel des Regierungsentwurfs zu erreichen. Wenn die Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots erhöht werden soll, kann nicht zwischen unberechtigten und berechtigten Zugriffen unterschieden werden. Ein öffentlicher WLAN-Hotspot richtet sich an die nicht näher eingegrenzte Öffentlichkeit.

Von der Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots sind keine nachteiligen Effekte auf die Strafverfolgung zu erwarten. Die Auflagen etwa zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen und Erteilung von Auskünften nach § 110 Telekommunikationsgesetz und § 113 Telekommunikationsgesetz gelten nach den Vorgaben und kontrolliert von der Bundesnetzagentur auch für Betreiber von WLAN-Zugangsnetzen oberhalb der Marginaliengrenze. Zudem nutzen private Anbieter für die Internetanbindung ihrer WLAN-Zugangspunkte die Angebote kommerzieller Accessprovider, die den Rahmenbedingungen des Telekommunikationsgesetzes unterliegen.

Auch eine Zunahme von Urheberrechtsverletzungen ist nicht zu erwarten. Denn zum einen ist die Bandbreite von öffentlichen, also mit vielen Menschen geteilten, WLAN-Hotspots dafür typischerweise zu gering. Freifunk-Software zum Beispiel erlaubt es Anbietern außerdem, die insgesamt über WLAN zur Verfügung gestellte Bandbreite zu reduzieren. Zum anderen ist die Bedeutung des Filesharing bei Urheberrechtsverletzungen gesunken. Die überwiegende Zahl der Verletzungen wird heute mittels Streaming begangen – so zum Beispiel die bekannten Fälle wie Kinox.to. Beim Streaming sind aber WLAN- Zugangspunkte gänzlich ungeeignet für die Anbindung der Server, auf denen das gestreamte Material vorgehalten wird.

Es gibt auch keinen nachgewiesenen Bedarf für eine Anhebung des Schutzniveaus im Bereich von WLAN-Hotspots. Urheberrechtsverletzungen im Internet sind nicht dem Vorhandensein von WLAN-Hotspots geschuldet. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg berichtet dazu: „Im Rahmen unseres seit 2012 laufenden Projekts mit Kabel Deutschland wurden die Public-Wifi- Hotspots nicht für Urheberrechtsverletzungen genutzt. Es gab bei Kabel Deutschland in dieser Zeit keine IP-Adressabfragen wegen Urheber- rechtsverletzungen (letzter Stand: 9. Februar 2015).“ Auch aus anderen Staaten mit mehr öffentlichen WLAN-Zugangspunkten und ohne Störerhaftung wie zum Beispiel den Niederlanden ist nicht bekannt, dass öffentliche WLAN- Hotspots ein gravierendes Problem bei Urheberrechtsverletzungen darstellen.

Der neu vorgeschlagene Satz 2 trägt den Interessen der durch rechtswidrige Handlungen Geschädigten Rechnung. Hier wird das Privileg eingeschränkt: Wer ein öffentliches Funknetzwerk einrichtet und mit den Nutzern zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen etwa bei Urheberrechtsverletzungen zu begehen, genießt es ausdrücklich nicht.

Von den im Regierungsentwurf aufgeführten „angemessenen Sicherungsmaßnahmen“ ist keine substanzielle Auswirkung für Strafverfolgung und das Themengebiet Urheberrechtsverletzungen zu erwarten. Jedoch sind gravierende negative Auswirkungen dieser Normierung für die Verbreitung öffentlicher WLAN-Zugangspunkte zu erwarten: Rechtsunsicherheit hat zu der niedrigen Verbreitung solcher Angebote in Deutschland geführt, neue Rechtsunsicherheit wird denselben Effekt haben.“

Die Stellungnahme des Bundesratswirtschaftsausschusses ist durchweg zu begrüßen. Sie greift die Kritik am Gesetzesentwurf auf (eingehend Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298 ff.; Übersicht meiner Beiträge zum TMG-Änderungsgesetz hier)  und folgt ihr mit einer Streichung von § 8 Abs. 4 S. 2 TMG-E. Man sollte es vielleicht nicht so laut sagen, aber im Grunde entspricht der Vorschlag des Bundesrats damit demjenigen des Digitale Gesellschaft e.V. (dazu hier).

Die jeweilige Ergänzung zum kollusiven Zusammenwirken, die der Bundesrat jetzt vorschlägt, wäre dabei eigentlich nicht erforderlich. Denn § 8 Abs. 1 S. 2 TMG, der durch den Entwurf in § 8 Abs. 4 S. 1 TMG in Bezug genommen wird, sieht genau dies schon vor: Ein Anbieter, der kollusiv mit dem Rechtsverletzer zusammenarbeitet, ist nicht privilegiert. Wäre also doppelt, dient aber nach der Gesetzesbegründung der Beruhigung von Ängsten.

 

Im Übrigen lehnt der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates in seiner Stellungnahme auch den Vorschlag der Bundesregierung zu § 10 TMG ab:

„Die vorgeschlagene Haftungsverschärfung ist im Hinblick auf ihre zu erwartenden negativen Auswirkungen auf Medienvielfalt und Meinungsfreiheit abzulehnen.“

WLAN: BT-Wirtschaftsausschuss will TMG-Änderung ablehnen – Regierungsentwurf im Frühjahr

Nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BT-Drs. 18/3861 v. 28.1.2015, PDF) soll der von den Oppositionsparteien (erneut) eingebrachte Gesetzesentwurf zur Beschränkung der Haftung von Betreiber öffentlicher WLANs im TMG mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt werden.

Aus der Beschlussempfehlung ergibt sich auch, dass der (für August letzten Jahres angekündigte, s. auch hier) Gesetzesentwurf der Regierungskoalition im Frühjahr 2015 kommen soll.

Hier sind die Positionen der Parteien (bzw. deren Vertreter im Ausschuss) zu dem Gesetzesentwurf:

  • Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass im flächendeckenden Ausbau von WLAN-Netzen enormes Potential stecke. Besonders beachtet werden müsse hierbei allerdings der Sicherheitsaspekt. Insofern bedürfe eine Gesetzesänderung auch einer Berücksichtigung dieses wichtigen Punkts, der im vorliegenden Gesetzentwurf komplett fehle. Die Bundesregierung habe einen eigenen Vorschlag angekündigt, in dem der Sicherheitsaspekt einbezogen werde. Deshalb lehne die Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf ab.
  • Die Fraktion der SPD unterstützte die Zielrichtung des Anliegens, einen leichten und kostengünstigen Zugang zum Internet sicherzustellen und damit Teilhabe an der digitalen Gesellschaft sowie wirtschaftliche Entwicklung zu realisieren. Allerdings gebe es innerhalb der Koalition hierzu noch Klärungsbedarf. Mit dem angekündigten Gesetzentwurf der Bundesregierung sei im Frühjahr zu rechnen, insofern lehne die Fraktion heute diese Vorlage ab.
  • Die Fraktion DIE LINKE. führte aus, dass bisher die juristische Verantwortung für das Begehen von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten in einem WLAN-Netz bei dem WLAN-Netzbetreiber liege. Diese Regelung solle mit der Vorlage geändert werden. Hier gehe es um die Anpassung des deutschen Rechts an das internationale. Eine Rechtsänderung in diesem Sinne stelle eine Weiterverbreitung des Internets mit allen seinen Möglichkeiten dar.
  • Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte die Koalitionsfraktionen nachdrücklich auf, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Die Enquete-Kommission des Bundestages „Internet und digitale Gesellschaft“ habe be- reits in der 17. Wahlperiode einvernehmlich genau das gefordert, was mit dem Gesetzentwurf geändert werden solle. Diese Möglichkeit eines leichten und kostengünstigen Zugangs zum Internet dürfe nicht verstellt werden.

Die Entscheidung:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/3047 zu empfehlen.

SV-Anhörung im Landtag NRW zum Thema „Störerhaftung und WLAN“: Eine kurze Nachbetrachtung

Heute war (wie angekündigt) die Sachverständigenanhörung im Wirtschaftsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen zum Antrag der Piratenpartei (Drs. 16/2284) „Abschaffung der Störerhaftung“. Es waren verschiedene Sachverständige bzw. Verbände geladen, nämlich der Chaos Computer Club e.V. (erschienen: Dr. Julius Mittenzwei, @mittenzwei), Ulf Buermeyer (@vieuxrenard), Dr. Frey von FREY Rechtsanwälte, die GEMA (hat eine Stellungnahme abgegeben, aber keinen Vertreter entsandt), der Verband freier Deutscher Künstler e.V. (nicht erschienen, keine Stellungnahme), die Verbraucherzentrale NRW (erschienen: Frau Husemann), der eco-Verband (erschienen: Prof. Rotert), die VG Wort (nicht erschienen, keine Stellungnahme) und meine Wenigkeit.

Insgesamt sind vor der Anhörung acht Stellungnahmen abgegeben worden, die alle online verfügbar sind.

Ich gehe auf die einzelnen Fragen hier nicht weiter ein, da vermutlich in kurzer Zeit ein Wortlaut-Protokoll auf der Seite des Landtages erscheinen wird, zumindest war eine Stenografin anwesend. Aus diesem Grunde hier nur ein kurzer Nachklapp von meiner Seite:

Der Ausschuss war nicht übermäßig besucht. Es waren zu Anfang Vertreter der Piraten, der SPD, der Grünen und der FDP anwesend. Ein Vertreter der CDU kam später hinzu. Ungewohnt war, dass in dem Saal die Vertreter der Parteien teilweise in unserem Rücken saßen.
Auf Eingangsstatements wurde, wie wohl im Wirtschaftsausschuss üblich, verzichtet. Stattdessen wurde unmittelbar mit einer Fragerunde begonnen, von denen es insgesamt drei gab. Die Fragen wurden teilweise konkret an Einzelne der Sachverständigen gerichtet, teilweise auch an alle. Die Fragen drehten sich wie zu erwarten war hauptsächlich um die wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen der derzeitigen Rechtsunsicherheit beim Betrieb von WLANs und wie dem begegnet werden könne. Einig waren sich alle Sachverständigen, dass das Institut der Störerhaftung nicht abgeschafft werden sollte. Der Antrag der Piraten sieht das im Ergebnis auch trotz des Titels nicht vor. Vielmehr ging es um eine Eingrenzung der Störerhaftung für den Betrieb von öffentlich zugänglichen WLANs. Auch hier waren sich im Grunde alle einig (wie schon zuvor in den Stellungnahmen): Der derzeitige Zustand ist untragbar und behindert den Aufbau und Betrieb von WLANs in erheblichem Maße. Ebenso meine ich, dass Einigkeit bestand, dass eine Änderung in § 8 TMG hier den richtigen Ansatz darstellen würde. Z.B. nach dem Entwurf des Digitale Gesellschaft e.V. sollten in § 8 TMG folgende Absätze 3 und 4 angefügt werden:

(3) Der Ausschluss der Verantwortlichkeit (Absatz 1) umfasst auch gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber von Funknetzwerken, die sich an einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten (o?ffentliche Funknetzwerke).
(4) Der Ausschluss der Verantwortlichkeit (Absatz 1) umfasst auch Anspru?che auf Unterlassung.

Es bestand bei den anwesenden Punkten auch im Übrigen weitestgehend Einigkeit, insbesondere bei der Frage, dass es sehr schade ist, dass die Bundesregierung es versäumt hat, die Rechtslage auf den Antrag der Partei Die LINKE (auf Basis des Entwurfs des Digitale Gesellschaft e.V.) hin zu verbessern.

Kurz vor der Anhörung war die Stellungnahme der GEMA eingereicht worden, die für etwas Dissens hätte sorgen können. Das 1,5-Seiten-Papier (1,5-zeilig) der GEMA sprach sich erwartungsgemäß gegen eine Änderung der gesetzlichen Regelung aus. Dies widerspreche der EU-Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG. Eine Änderung sei auch nicht notwendig, da die Störerhaftung ja nur „zumutbare“ Maßnahmen fordere. Außerdem müsse der Gesetzgeber gleichzeitig die Definition der „zu eigen gemachten Inhalte“ im Sinne des TMG definieren. Wer einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Zugänglichmachung von Inhalten Dritter ziehe, solle hierfür auch verantwortlich sein. Die Stellungnahme der GEMA ist im Wege von Fragen an die Sachverständigen zur Bewertung der Position eingeführt worden, wobei auch hier – soweit ich das übersehen konnte – Einigkeit darin bestand, dass die Stellungnahme der GEMA kaum ernst zu nehmen ist, vor allem, da sie inhaltlich an der Sache vorbeigeht – ich verweise hier vorläufig auf das bald erscheinende Wortlautprotokoll statt die Argumente alle widerzugeben.

Uneinigkeit bestand nach meinem Dafürhalten zwischen den Sachverständigen lediglich bei zwei Punkten: Die Vertreterin der Verbraucherzentrale fand eine Registrierungspflicht nicht so schlimm, was bei den übrigen Anwesenden auf Widerspruch stieß. Auch hier verweise ich im Einzelnen auf das Protokoll. Der zweite Punkt ist eine unterschiedliche rechtliche Bewertung der Rechtsfolgen einer Änderung des § 8 TMG. Dr. Frey vertrat die Auffassung, dass durch die Änderung Kleinstanbieter auch den Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes (TKG), also Meldepflicht, Sicherheitskonzept, Fernmeldegeheimnis etc. unterfallen würden. Er sprach sich hier für eine Änderung auch im TKG im Sinne von de minimis-Regeln aus: Für kleine und Kleinstanbieter sollten Ausnahmen gelten, wie dies auch heute in Teilen schon der Fall ist (z.B. bei der TK-Überwachung)
Ich teile die Anregung von Dr. Frey, dass de minimis-Regeln eingeführt werden sollten. Allerdings sind nach meiner Auffassung diese Regelungen bereits heute dem Wortlaut der telekommunikationsrechtlichen Regelungen nach auf öffentlich zugängliche WLANs anwendbar. Eine Änderung in § 8 TMG würde hierauf keinen Einfluss haben. Die entsprechenden telekommunikationsrechtlichen Pflichten dürften im Übrigen auch relativ leicht zu erfüllen sein (s. dazu für Offene Netze wie z.B. Freifunk: Mantz, Rechtsfragen offener Netze, 2008, S. 63 ff., PDF, 14 MB).

Als Fazit der Anhörung ziehe ich für mich, dass offenbar die derzeitige Rechtslage praktisch übereinstimmend als unbefriedigend angesehen wird, und eine Neuregelung zwingend erfolgen sollte. Mir scheint das im Übrigen in weiten Teilen eigentlich auch bei den deutschen Parteien (auch auf Bundesebene) so zu sein. Schade ist, dass das Thema jetzt erstmal vom Tisch ist, nachdem die Bundesregierung die Chance nicht genutzt hat. Möglicherweise tut sich ja aber nach der Sommerpause und den Neuwahlen im September wieder etwas. Bis dahin besteht die Hoffnung, dass sich ein Umdenken in der Rechtsprechung zeigt.