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Die wirtschaftliche Bedeutung von kostenlosem WLAN (u.a. für Hotels) (Update)

Schon mehrfach ist in diesem Blog die Bedeutung von WLANs angesprochen worden. Eine neue Studie von HRS bietet Anlass, dies nochmal aufzugreifen …

1. Neue Studie: Kostenloses WLAN in Hotels gewünscht

Die Firma HRS (Hotel Reservierungs System) liefert nun neues Material: Nach einer Studie der HRS ist kostenloses (bzw. im Preis enthaltenes) WLAN mit Abstand die am meisten von Gästen gewünschte Zusatzleistung: Über 74% der Geschäftsreisenden erwarten WLAN im Hotel und immerhin 62% der übrigen Gäste. Betrachtet man lediglich jüngere Gäste, sind die Zahlen sogar noch höher: Fast 80% der unter 30-jährigen wünschen sich kostenloses WLAN im Hotel.

Auch wenn die Studie nach gewünschten Zusatzleistungen fragt, lässt sich ein Umkehrschluss wohl auch ziehen: Nach dem Motto „Hotels ohne WLAN buch‘ ich nicht“ dürfte das Angebot eines WLAN-Anschlusses zumindest bei Geschäftskunden, aber auch sonst, ein mittlerweile ein Ausschlusskriterium bei den Gästen sein. Wer also kein WLAN anbietet, verliert Gäste.

2. Stellungnahmen aus 2013

Darauf hat auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DeHoGa (zusammen mit IHA) im Rahmen der Stellungnahme zur Anhörung im Landtag NRW am 3.7.2013 bereits hingewiesen (s. zur Anhörung hier und hier). Darin heißt es:

Ob drahtlos oder drahtgebunden, in der Lobby oder auf den Gästezimmern, gratis oder kostenpflichtig – ein Internetzugang im Hotel und Restaurant ist für den Gast inzwischen zum Standard geworden. Insbesondere von Geschäftsreisenden wird er erwartet und ist für den Kunden ein Auswahlkriterium. Dabei haben Gästebefragungen und aktuelle Studien (unter anderem von HRS) ergeben, dass ein kostenfreier W-LAN- Zugang für etwa 60% der Gäste wichtig ist. … Im internationalen Vergleich und insbesondere in den Nachbarländern ist es für den Gast selbstverständlich, dass ihm zumeist kostenfreies W-LAN zur Verfügung gestellt wird.

Auch Prof. Rotert vom eco-Verband, der gleichzeitig Hotel-WLANs betreibt, hat während der Anhörung (Protokoll, S. 6) folgendes berichtet:

Zur wirtschaftlichen Bedeutung sagen mir die Hotels: Wenn sie heute kein kostenloses WLAN anbieten können – gerade die kleineren Häuser, weniger die Fünf-Sterne- Häuser –, brauchen sie erst gar nicht anzutreten, werden sie gemieden, insbesondere von den Geschäftsreisenden. Angesichts der Anzahl der Häuser kann man sich ausrechnen, welches Potenzial dahintersteht.

Selbst in der juristischen Literatur ist die Bedeutung von WLANs für Hotels und Gaststätten schon aufgegriffen worden. In der (MMR-aktuell 2013, 341464) schreiben Füglein/Lagardère:

Jeder professionelle Gastgeber muss (!) heute seinen Gästen Internet anbieten, weil gerade der geschäftlich residierende Gast darauf angewiesen ist oder dies zumindest, ungeachtet der Frage der tatsächlichen Nutzung einer solchen als „state of the art“ voraussetzt. Ein Unternehmen würde in der Praxis einem Hotel, das eine Internetnutzung nicht bereitstellt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Zuschlag erteilen, sondern sich um eine Alternative bemühen.

Sicherlich nicht ganz so kritisch, aber durchaus noch bemerkbar dürfte dies auch für Gaststätten und Cafés sein. Gerade in Großstädten mit internationalem Tourismus sind die Zeichen „Wi-Fi“ oder „WLAN“ vermehrt zu sehen. Und für Gäste ein Grund, nicht nebenan den Kaffee zu trinken …

3. Rechtliche Bedeutung

Der Umstand, dass das Angebot eines WLANs zu einem echten Unterscheidungsmerkmal geworden ist, hat auch eine gewisse rechtliche Relevanz. Denn bei der Bewertung von eventuellen Prüfungs- und Überwachungspflichten im Rahmen der Störerhaftung sind die gegenseitigen Interessen zu berücksichtigen. Je wirtschaftlich bedeutsamer ein WLAN für den Anbieter ist, desto weniger sind ihm erhebliche Eingriffe in das WLAN zuzumuten, denn Einschränkungen können sich durch Verlust von Kundschaft unmittelbar wirtschaftlich auswirken.

Die rechtliche Situation in WLANs ist auch in der Rechtsprechung schon angesprochen worden: Das Landgericht Frankfurt hat im Jahr 2010 die Haftungssituation bei einem Hotel-WLAN bewertet (Urt. v. 18.8.2010 – 2-6 S 19/09 – Volltext mit Anmerkung hier) und eine Störerhaftung des Hotelinhabers abgelehnt.

Update: Die komplette Studie findet sich hier (PDF). Die Pressemeldung von HRS ist hier online.

Die Stellungnahme des DAV zur Haftung der Anbieter von offenen WLANs in der Kurzanalyse

Der Deutsche Anwaltsverein hat vor kurzem eine Stellungnahme mit dem Titel „Offenes WLAN und Haftung der Anbieter“ (Nr. 13/2014, PDF) veröffentlicht.

1. Einleitung

Die Stellungnahme nimmt die Vereinbarung der Regierungskoalition im Koalitionsvertrag von CDU und SPD zu Problemen von WLANs zum Anlass und geht auf einzelne Punkte ein (zu den Regelungen im Koalitionsvertrag hier).

Die der Stellungnahme vorangestellte Zusammenfassung stellt nicht ganz den eigentlichen Inhalt der nachgehenden Stellungnahme dar. Die Zusammenfassung schließt mit der Forderung, vor dem Erlass von gesetzlichen Regelungen ein Gutachten einzuholen und anschließend den Betreibern von WLANs klare Vorgaben zu machen:

Der DAV rät, die technisch möglichen Vorsorgemaßnahmen, den erforderlichen Aufwand und die Intensität der Grundrechtseingriffe der denkbaren Maßnahmen zu diskutieren. Es wird angeregt, ein Gutachten einzuholen und eine entsprechende Expertenanhörung durchzuführen. … Vielmehr fehlt auch bzgl. der Handlungspflichten der Access-Provider eine klare Linie, für die der DAV auf eine klare gesetzliche Regelung wünscht. Die Regelung muss einerseits technisch mögliche, wirtschaftlich realisierbare und wirksame Maßnahmen vorschreiben, die Rechtsverletzungen zumindest begrenzen, andererseits darf die Nutzbarkeit öffentlicher WLANs nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Um eine Rechtsverletzung feststellen zu können, würde eine Verpflichtung, sich bei Benutzung eines öffentlichen WLANs zu identifizieren, allein nicht ausreichen. Die vorsorgliche Speicherung des inhaltsbezogenen Nutzungsverhaltens aller WLAN-Nutzer würde hingegen mit dem Fernmeldegeheimnis und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kollidieren. Privatwirtschaftliche Access-Provider dazu zu verpflichten, Internetauftritte selbstständig inhaltlich auf Rechtmäßigkeit zu prüfen und ggf. zu sperren, würde diese in vielen Fällen überfordern. Für eine Sperrpflicht müsste das Gesetz klare Vorgaben machen, die das Verhältnismäßigkeitsgebot beachten.

2. Ausgangslage nach dem DAV

Der DAV stellt als Ausgangslage fest, dass es in Deutschland nur wenige WLAN-Angebote gebe, was – nach Ansicht des Koalitionsvertrages (s. dazu hier) – auch an rechtlichen Problemen liege. Höchstrichterliche Rechtsprechung liege bisher nur zur privaten Nutzung von Internetzugängen vor, zu nicht privat genutzten Anschlüssen gebe es „nur widersprüchliche Instanzentscheidungen“. Es sei zudem zweifelhaft, ob die in diesen Entscheidungen geforderten Maßnahmen auch wirksam seien, und ob sie nicht auch legale Nutzungen einschränken würden.

Welche Anforderungen die Rechtsprechung nach derzeitiger Rechtslage an die Anbieter öffentlicher WLANs stellt, ist daher unklar. Anbieter von WLANs gehen daher beim Anbieten solcher Dienstleistungen ein erhebliches Risiko ein. Dies kann solche Angebote verhindern.

Die Frage ist nur, um welche Maßnahmen es gehen kann. Für Access-Provider gibt es bislang solche Anforderungen nicht.

3. Konkrete Maßnahmen

Anschließend diskutiert der DAV zwei konkrete Maßnahmen: „Sperren“ (wohl gemeint sind Webfilter, die bestimmte Seiten sperren) und Identifizierung/Registrierung von Nutzern.

a. Websperren

Etwas auseinander gerissen stellt der DAV seine Sicht auf Websperren dar:

Sperren hält auch der Generalanwalt beim EuGH in seinen Schlussanträgen vom 26.11.2013 in der Rechtssache C-314/12 für möglich, allerdings nur in Einzelfällen und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots. Außerdem ist zu beachten, dass der Verletzte in erster Linie nicht gegen den Vermittler, sondern gegen den Verletzer vorgehen müsse. In der deutschen obergerichtlichen Rechtsprechung werden solche Sperren abgelehnt …

Auf der einen Seite gibt es ein großes öffentliches Interesse daran, öffentliche WLANs nutzen zu können. Diese Nutzungsmöglichkeit dient auch erkennbar der Meinungs- und Informationsfreiheit im Sinne von Art. 5 GG und damit auch dem öffentlichen Diskurs. Auf der anderen Seite ist das von Art. 14 GG geschützte Interesse von Urhebern am Schutz Ihrer Werke ebenso zu beachten wie der Schutz Einzelner gegen die Verletzung Ihrer in Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechte durch Beleidigungen, „Ausplaudern“ von Geheimnissen oder gar Mobbing im Internet. Alle hier geschilderten Interessen sind grundrechtlich geschützt. Der Ausgleich Ihrer Interessen ist Aufgabe des Gesetzgebers.

Hier sei der Gesetzgeber gefordert. Zwar könnten Sperren tatsächlich Rechtsverletzungen einschränken, eine gesetzliche Regelung sei jedoch praktisch unmöglich zu formulieren.

Denkbar ist weiter die Pflicht, den Zugang zu Internetauftritten zu verhindern, die rechtswidriges Handeln ermöglichen, weil sie z.B. das illegale Streamen oder Herunterladen von Filmen ermöglichen oder (in Deutschland verbotene) Nazi- Propaganda betreiben. Das hilft zwar kaum gegen File-Sharing-Handlungen, wohl aber gegen Internetauftritte wie kino.to. Es ist auch prinzipiell verfassungsrechtlich zulässig, wenn die Sperre öffentlich-rechtlich angeordnet wird (vgl. OVG Münster, Beschluss v. 19.3.2003 – 8 B 2567/02, NJW 2003, 2183). In diese Richtung gehen auch die überlegungen des Generalanwalts. Eine solche Prüfkompetenz auch Access-Providern wie den Betreibern öffentlicher WLANs zuzumuten, ist freilich fraglich, weil damit Privatunternehmen zugemutet wird, zunächst verbindlich zu prüfen, welche Internetseiten weltweit rechtswidrige Inhalte anbieten. Eine entsprechende gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Kinderpornographie durch das Zugangserschwerungsgesetz ist erst vor kurzem gescheitert. Wenn es um klar rechtswidrige Handlungen geht und der WLAN-Anbieter auf solche Auftritte hingewiesen wird, kann eine solche Pflicht aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Sperren helfen zwar nicht gegen technisch versierte Nutzer, können aber Rechtsverletzungen zumindest erschweren. Es muss aber um klare Rechtsverstöße gehen. Außerdem sollte eine solche Sperre nur möglich sein, wenn ein Vorgehen gegen den Inhaber des Internetauftritts nicht möglich oder unzumutbar erscheint. Allerdings kann man eine solche Sperrpflicht nur bei einer klaren gesetzlichen Vorgabe annehmen. Diese ist aber angesichts des zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsgebots nicht zu formulieren. Es ist daher trotz des verständlichen Wunsches der Anbieter öffentlicher WLANs nach rechtlicher Klarheit derzeit von einer gesetzlichen Regelung abzuraten.

b. Identifizierung/Registrierung

Der DAV bezieht auch – mit begrüßenswerter Klarheit – Stellung zu einer Pflicht zur Identifizierung und Registrierung von Nutzern:

Denkbar ist zunächst die Pflicht für die Benutzer öffentlicher WLANs, sich bei der Benutzung identifizieren zu müssen. Dies kann mit der Pflicht der Anbieter kombiniert werden, die Tatsache der Benutzung des WLANs zu registrieren. … Schon diese Maßnahme schließt allerdings die Nutzung des WLAN durch nicht mobilfunkfähige Geräte wie Laptops ohne SIM-Karte aus. … Schon dies macht die Identifizierungspflicht problematisch. Eine bloße Identifizierung ohne Speicherung der Nutzer nützt darüber hinaus zur Vorsorge gegen Rechtsverletzungen nichts, weil nachträglich nicht festgestellt werden kann, wer das WLAN rechtsverletzend genutzt hat. Aber auch eine bloße Speicherung der Nutzer ohne Speicherung ihres Nutzungsverhaltens nützt nichts, weil auch dann ein evtl. Rechtsverletzer nicht festgestellt werden kann.

Eine vorsorgliche Speicherung des Nutzungsverhaltens aller WLAN-Nutzer dürfte aber ohnehin nicht verfassungskonform sein – das Fernmeldegeheimnis bzw. das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dürfte dies verbieten. … Der Inhalt der Kommunikation wurde nicht gespeichert. Dies wäre bei den hier diskutierten Maßnahmen in einem WLAN anders. Da von außen nicht feststellbar ist, welcher der WLAN Nutzer unter welchem Zugangsdatum auf welche Internetseite zugreift, müsste zur Ermittlung von Rechtsbrechern zumindest gespeichert werden, wer wann welche Internetauftritte besuchte oder welche Dienstleistungen nutzte. Dies wäre ein sehr viel intensiverer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als die Vorratsdatenspeicherung und daher wohl kaum grundrechtlich zulässig. Registrierungsmaßnahmen sind daher unwirksam, wirksame Maßnahmen verfassungswidrig.

4. (Kurz-)Analyse

Zunächst geht der DAV ganz selbstverständlich davon aus, dass WLAN-Anbieter als Access Provider anzusehen sind. Das ist auch absolut h.M. in Literatur und Rechtsprechung.

Richtig ist auch die Einschätzung, dass eine rechtliche Unsicherheit bestehe: Es gibt keinerlei obergerichtliche Rechtsprechung zu WLAN-Fällen. Am ehesten einschlägig sind noch die beiden Entscheidungen des LG Frankfurt aus den Jahren 2010 und 2013 (Urt. v. 18.8.2010 – 2-6 S 19/09, MMR 2011, 401 m. Anm. Mantz (PDF); sowie  LG Frankfurt, Urt. v. 28.6.2013 – 2-06 O 304/12 – Ferienwohnung, dazu Mantz, GRUR-RR 2013, 497). Dabei hatte das LG Frankfurt jeweils im Ergebnis eine Haftung des Betreibers des WLANs abgelehnt.

Überraschend ist zunächst, dass die der Stellungnahme vorangestellte Zusammenfassung den Eindruck vermittelt, dass der Gesetzgeber – wie es im Koalitionsvertrag als Plan von CDU/SPD anklingt – den Access Providern bestimmte Maßnahmen auferlegen müsste und so „Leitplanken“ für deren Verpflichtung zur Verhinderung von Rechtsverletzungen ziehen sollte. Anschließend werden im inhaltlichen Teil der Stellungnahme zwei Maßnahmen (Sperren und Identifizierung) diskutiert – und im Ergebnis aber zu Recht abgelehnt. Der DAV hätte dementsprechend auch formulieren können, dass ein gesetzgeberisches Handeln nicht erforderlich ist, sondern bereits nach dem Status Quo die Pflichten der Access Provider denkbar gering sein dürften. Es hätte insofern maximal einer Klarstellung bedurft, wie sie z.B. 2012/2013 im Gesetzesentwurf des Digitale Gesellschaft e.V. für § 8 TMG (BT-Drs. 17/11137, PDF) formuliert wurde.

In Bezug auf eine Pflicht, Websperren einzurichten, ist dem DAV beizupflichten, dass die deutsche obergerichtliche Rechtsprechung solche Sperren ablehnt. Nachdem der Generalanwalt beim EuGH diese Entscheidung den nationalen Gerichten zugewiesen hat, wäre dementsprechend – sofern der EuGH seinem Generalanwalt folgt – die Rechtslage für Deutschland im Wesentlichen als geklärt anzusehen. Im Übrigen spricht sich der DAV für klare Beschränkungen (Sperren nur bei „klaren Rechtsverstößen“) und eine Subsidiarität aus („Außerdem sollte eine solche Sperre nur mo?glich sein, wenn ein Vorgehen gegen den Inhaber des Internetauftritts nicht mo?glich oder unzumutbar erscheint.“), wobei nicht oft genug darauf hingewiesen werden kann, dass die Störerhaftung eine solche Subsidiarität nicht kennt.

Spannend sind auch die Ausführungen zur Identifizierung. Nach bisheriger Rechtslage ist eine Identifizierung gesetzlich nicht gefordert (zum  Urteil des LG München, Urt. v. 12.1.2012 – 17 HK O 1398/11; s. auch Mantz, CR 2012, 605). Sie kann sogar datenschutzrechtlich bedenklich sein. Auf die Störerhaftung lässt sie sich nicht gründen (Mantz, CR 2012, 605).

Dabei geht der DAV auch darauf ein, dass eine Registrierungspflicht eine Einschränkung des Geschäftsmodells darstellt, weil – wenn man eine Identifizierung z.B. über das Mobiltelefon verlangt – Nutzer mit Laptops schon von der Nutzung des WLANs ausgeschlossen seien (vgl. auch zur Umfrage von Kabel Deutschland, wonach 19% der Nutzer sich von der Nutzung durch eine Registrierung abhalten ließen hier).

Viel interessanter ist aber der Ansatz des DAV, dass eine Identifizierung nur im Zusammenhang mit einer Vorratsdatenspeicherung Erfolg versprechen würde und deshalb unverhältnismäßig wäre. Denn die Nutzer des WLANs müssten praktisch vollständig überwacht werden (welche Seiten werden angesurft, welche Dienste werden genutzt, welche Daten werden übertragen), um anschließend die Rechtsverletzung einem bestimmten Nutzer zuordnen zu können. Dies sei nicht verfassungskonform zu gestalten, so dass auch eine solche Pflicht im Ergebnis ausgeschlossen ist.

Im Ergebnis ist der Beitrag des DAV zur Diskussion zu begrüßen. Die Zusammenfassung hätte prägnanter ausfallen können, und eigentlich bedarf es nach den Ausführungen des DAV auch des geforderten Gutachtens nicht mehr. Die Fortführung der Diskussion – auch auf Seiten des Gesetzgebers – dürfte aber hilfreich sein und weitere Klarheit bringen.

 

(Update: Umlaute in Zitaten korrigiert, danke an @Suicider für den Hinweis)

Der (negative) Einfluss einer Registrierung auf das Geschäftsmodell eines WLANs

Zum Auftakt der CeBit 2014 in Hannover hat Kabel Deutschland – nach eigenen Worten einer der größten WLAN-Hotspot-Anbieter in Deutschland – im Rahmen einer Pressemitteilung über eine aktuelle (von Kabel Deutschland in Auftrag gegebene) Umfrage, in der vom 2.2. – 25.2.2014 insgesamt 1138 Personen befragt wurden, berichtet (Pressemitteilung als PDF, 23kb). Das Ergebnis ist in mehrererlei Hinsicht spannend:

1. Nutzung von WLANs

Die größte Zahl zuerst: 34% der Befragten haben schon einmal einen öffentlichen WLAN-Hotspot genutzt. Bei den 14-34-Jährigen sogar mehr als 50%. Es lässt sich also auch aus dieser Umfrage ablesen, dass die Bedeutung von WLANs (noch immer) wächst (s. dazu auch den Beitrag „Die steigende Bedeutung öffentlicher WLANs – Von kommunalen Netzen bis zum organisierten Data-Offloading„).

2. Sicherheitsbedenken hindern an der Nutzung von öffentlichen WLANs

Die zweite große Zahl ist die 27:

Auf die Frage, was die Befragten bis dato von der Nutzung eines WLAN-Hotspots abha?lt, geben 27 Prozent Sicherheits- und Datenschutzbedenken als Gru?nde an.

3. Registrierung als Hemmnis für die Nutzung öffentlicher WLANs

Den interessantesten Punkt liefert allerdings die (in diesem Beitrag) kleinste Zahl, nämlich die 19:

Auf die Frage, was die Befragten bis dato von der Nutzung eines WLAN-Hotspots abha?lt … 19 Prozent der Befragten [halten] die Registrierung an WLAN-Hotspots fu?r zu umsta?ndlich.

Übersetzt bedeutet das: Jeder fünfte potentielle Nutzer eines WLAN-Hotspots lässt sich von einer (komplizierten) Registrierung von der Nutzung abhalten.

Zu diesem wenig überraschenden Ergebnis sind in rechtlicher Hinsicht zwei wichtige Punkte anzumerken:

a. Keine gesetzliche Registrierungspflicht

Wie schon hier im Blog berichtet, gibt es keine gesetzliche Registrierungspflicht für öffentliche WLANs (eingehend dazu hier). Das LG München I hatte dies in einem Urteil vom 12.1.2012  (Az. 7 HK O 1398/11, erschienen in CR 2012, 603; s. dazu auch meine Anmerkung in Computer und Recht (CR), 2012, 605) ausdrücklich klargestellt. Auch die Literatur lehnt eine solche Registrierungspflicht ab (Breyer, MMR 2010, 55; Mantz, Rechtsfragen offener Netze, 2008, S. 262 – PDF).

Ganz im Gegenteil ist nach § 13 Abs. 6 TMG eine anonyme Nutzung von Telemediendiensten (dazu gehört auch der Zugang zum Internet) sogar geboten.

b. Keine Störerhaftung wegen fehlender Registrierung

Was man auch immer wieder von Personen hört, die ein WLAN aufbauen wollen, ist dass eine Identifikation der Nutzer nötig sei, um „die Störerhaftung zu vermeiden“. Auf der anderen Seite habe ich erlebt, dass diese Argumentation lediglich vorgeschoben wird, um die Erhebung von Daten der Nutzer (u.a. zum Zwecke der Werbung) zu rechtfertigen.

„Die Störerhaftung“ verlangt jedoch gerade keine Registrierung. Ganz im Gegenteil: Wenn das Gesetz keine verlangt (so LG München I und die Literatur) und § 13 Abs. 6 TMG die anonyme Nutzung präferiert, kann im Rahmen der Störerhaftung eine Registrierung auch nicht verlangt werden.

Zusätzlich – und hier kommt die Umfrage von Kabel Deutschland ins Spiel – sind Prüfungs- und Überwachungspflichten auch daran zu messen, ob die konkrete Maßnahme eine erhebliche Beeinträchtigung des Geschäftsmodells darstellt (BGH, Urt. v. 22.7.2010 – I ZR 139/08, MMR 2011, 172 (173) – Kinderhochstühle im Internet; BGH, Urt. v. 12.7.2007 – I ZR 18/04, MMR 2007, 634 (637) – Jugendgefährdende Medien bei Ebay; BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 Rn. 22 – Alone in the Dark).

Wenn sich 1/5 der potentiellen Nutzer von einer (umständlichen) Registrierungspflicht abhalten lassen, dann stellt dies eine ganz erhebliche Beeinträchtigung des Geschäftsmodells „WLAN-Hotspot“ dar. Eine Registrierungspflicht kann die Störerhaftung daher auch aus diesem Grunde nicht begründen.

Zu beachten ist auch, dass die Registrierung von Nutzern den Aufwand beim Betrieb erheblich erhöht. Nicht nur müssen Anlagen für die Registrierung etc. vorgehalten werden, auch die rechtlichen Anforderungen (z.B. für Datenschutz etc.) steigen in nicht zu vernachlässigenden Umfang.

3. Fazit

Öffentliche WLAN-Hotspots nehmen in ihrer Bedeutung, Attraktivität und ihrer Verbreitung in den letzten Jahren (endlich auch in Deutschland) erheblich zu. Die Registrierung und Identifizierung von Nutzern stellt ein Hindernis für viele Nutzer dar. Im Ergebnis sollte der Betrieb daher nach Möglichkeit ohne Registrierung erfolgen.

(Bild: Mark SchoneveldCC BY-NC-SA 2.0)

Bundesgerichtshof zur Störerhaftung des Anschlussinhabers bei Filesharing volljähriger Kinder – Bearshare

Der Bundesgerichtshof hat heute zur Frage der Störerhaftung des Anschlussinhabers für die Urheberrechtsverletzung eines volljährigen Kindes Stellung genommen (BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 – BearShare, Pressemitteilung hier).

Dazu führt der BGH laut Pressemitteilung insbesondere aus:

Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Ähnlich hatte der BGH schon zu einem minderjährigen Kind geurteilt (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus), das Urteil schreibt die bisherige Auffassung des BGH daher fort.

Zwei Punkte sind bisher bemerkenswert, auch wenn der Volltext noch nicht vorliegt, und die Pressemitteilung allein mit Vorsicht zu sehen ist (vgl. zum Fall BGH – Sommer unseres Lebens, bei dem Pressemitteilung und Urteilsgründe im Hinblick auf § 97a Abs. 2 UrhG (a.F.) deutlich voneinander abwichen Mantz, MMR 2010, 568):

  • Der BGH stellt auch bei privaten Anschlussinhabern darauf ab, ob es Anhaltspunkte für eine Urheberrechtsverletzung gab. Wie der BGH dies begründet, wird spannend zu sehen. Eventuell könnte hier im Hinblick auf die Störerhaftung ein (teilweiser) Gleichlauf mit anderen Fallkonstellationen greifen. Bei gewerblichen Anbietern geht der BGH nämlich mittlerweile davon aus, dass eine Störerhaftung erst ab Kenntnis greift (BGH, GRUR 2011, 1038 Rn. 21??f. – Stiftparfu?m; BGH GRUR 2013, 370 – Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 751 – Autocomplete). Hier wird man die Gründe abwarten müssen.
  • Außerdem stellt der BGH die familiäre Bindung in den Vordergrund. Schon in der Morpheus-Entscheidung (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus) hatte der BGH dies herausgehoben. Es lässt sich daher mit Fug und Recht behaupten, dass in einer Familie eine Störerhaftung des Anschlussinhabers kaum greifen wird. Wie das dann z.B. in Wohngemeinschaften zu beurteilen ist, ist allerdings noch offen.

Keine konkreten Hinweise enthält die Pressemitteilung zu der Frage der Darlegungs- und Beweislast, also insbesondere, ob der BGH zu Lasten des Anschlussinhabers weiterhin von einer Vermutung der Täterschaft ausgeht, die der Anschlussinhaber (z.B. durch den Vortrag, dass ein volljähriges Kind den Internetanschluss mitnutzt) erst erschüttern müsste. Da der BGH allerdings auf die familiäre Bindung abstellt, scheint er weiterhin von dieser Vermutung auszugehen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere ein kürzlich ergangener Beschluss des OLG Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 4.11.2013, Az.: 22 W 60/13) zu nennen, das substantiiertes Bestreiten für eine Erschütterung der Vermutung hat ausreichen lassen. Es bleibt allerdings dabei, dass – in Angesicht des Umstandes, dass die Nutzung eines Internetanschlusses durch eine Mehrzahl von Personen heutzutage die Regel und nicht die Ausnahme ist – schon die Vermutung auf tönernen Füßen steht bzw. stehen sollte.

Nun müssen wir die Entscheidungsgründe abwarten…

S. zu dem Urteil auch:

Interessant ist, dass der BGH auf die familiäre Bindung abstellt.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.10.2013 – 11 W 39/13: Prüfungspflichten des Admin-C erst ab Kenntnis

OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.10.2013 – 11 W 39/13: Prüfungspflichten des Admin-C erst ab Kenntnis von der konkreten Rechtsverletzung

Leitsätze (des Verfassers):

1. Es ist dem Admin-C nicht zuzumuten, jeden Inhalt der Domains, bei denen er die Stellung und Funktion eines Admin-C übernommen hat, auf urheberrechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Eine Vorabprüfung kann daher nicht verlangt werden.

2. Eine Prüfungspflicht des Admin-C im Hinblick auf geschützte Werke kann erst entstehen, nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf das konkrete Werk hingewiesen wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt ist der Admin-C dazu verpflichtet, die konkreten Angebote auf der Domain unverzüglich zu sperren.

3. Nach Kenntnis hat der im Rahmen dessen, was ihm technisch und wirtschaftlich zumutbar ist, dafür Sorge zu tragen, dass weder der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Domaininhaber, noch andere Domaininhaber, bei denen er als Admin-C fungiert, auf ihren Websites die ihr konkret benannten urheberrechtlich geschützten Werke anbieten.

4. Diese Prüfungspflicht bezieht sich nur auf gleichartige Rechtsverletzungen. Im Sinne der Störerhaftung sind Verletzungshandlungen gleichartig, durch die das Urheberrecht erneut verletzt wird. Dabei kommt es nicht auf die Person desjenigen an, der durch das Zugänglichmachen des geschützten Lichtbilds den Verletzungstatbestand erfüllt.

Volltext des Urteils zum Download

Anmerkung:

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 21.10.2013 zu den Prüfungspflichten des Admin-C Stellung genommen. Dabei hat sich das OLG Frankfurt insbesondere der neueren BGH-Rechtsprechung angeschlossen, dass Prüfungspflichten des Internet Service Providers erst ab Kenntnis von der konkreten und klaren Rechtsverletzung entstehen können (ebenso BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, MMR 2013, 535 – Google-Autocomplete; BGH, Urt. v. 27.3.2012 – VI ZR 144/11, MMR 2012, 623 – RSS-Feeds; BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 – Alone in the Dark). Vor diesem Zeitpunkt ist dementsprechend ein Anspruch aus Störerhaftung nicht begründet. Wer also nach Hinweis das rechtsverletzende Werk unverzüglich entfernt, der haftet nicht nach den Grundsätzen der Störerhaftung (so auch zum Portalbetreiber OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.10.2013 – 4 W 78/13).

Anschließend hat das OLG Frankfurt sich mit dem konkreten aus den Grundsätzen der Störerhaftung resultierenden Pflichtenprogramm des Admin-C beschäftigt:

Auf der einen Seite zieht das OLG Frankfurt die Prüfungspflichten sehr weit. Der Admin-C, der auf eine konkrete klare Rechtsverletzung (hier: eines Urheber- bzw. Lichtbildrechts) hingewiesen wird, muss nicht nur dafür Sorge tragen, dass das geschützte Werk von der betroffenen Domain entfernt wird, er muss „im Rahmen des ihm technisch und wirtschaftlich zumutbaren“ auch dafür Sorge tragen, dass das konkrete Werk auf allen von ihm betreuten Domains (auch von anderen Domain-Inhaber) entfernt wird. Diese Pflicht ist extrem weit. Es stellt sich die Frage, wie der Admin-C die von ihm betreuten Domains prüfen soll. Denn häufig hat der Admin-C auf die Inhalte der von ihm betreuten Domains keine unmittelbaren Zugriffsmöglichkeiten, sondern kann diese wie ein normaler Nutzer nur „von außen“ einsehen. Er könnte dies z.B. durch eine auf die von ihm betreuten Domains eingeschränkte Websuche („site: abc.de“) versuchen.

Allerdings schränkt das OLG Frankfurt die Pflichten des Admin-C durch den Begriff der technischen und wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Bei einem Admin-C, der nur eine relativ geringe Anzahl an Domains betreut, wird eine Prüfung nach den Maßstäben des OLG Frankfurt daher noch zumutbar sein. Von einem Admin-C, der mehrere hundert oder tausend Domains betreut, wird eine solche Prüfung aber nicht zu verlangen sein. In diesem Fall dürfte aber nach dem OLG Frankfurt eine Pflicht zur Prüfung aller Domains des betroffenen Domain-Inhabers bestehen.

Auf der anderen Seite schränkt das OLG Frankfurt – wohl im Hinblick auf den oben dargestellten weiten Rahmen – ebenfalls unter Rückgriff auf die neuere BGH-Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 – Alone in the Dark) den Begriff der „kerngleichen Rechtsverletzung“ deutlich ein. Eine kerngleiche Rechtsverletzung soll sich nämlich allein auf das konkrete Werk beziehen. Andere, auch ähnliche Werke, sind davon nicht mehr umfasst. Im vorliegenden Fall ging es um ein Lichtbildwerk, das vermutlich den Antragsteller zeigte. Der Admin-C musste hier nicht alle Werke entfernen, die die betroffene Person zeigen, sondern nur und ausschließlich das konkret benannte Werk, das durch die angezeigte Rechtsverletzung betroffen ist (ebenso BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 Rn. 32 – Alone in the Dark).

AG Frankfurt, Urt. v. 14.6.2013 – 30 C 3078/12 (75): Personalisierung des Kennworts eines WLAN-Routers

Leitsatz (des Verfassers): Authentifizierungsschlüssel eines WLAN-Routers, die bereits ab Werk individuell pro Gerät vergeben werden, gewähren ein hinreichendes, hohes Schutzniveau. Eine Personalisierung ist in diesem Fall auch vor dem Hintergrund des Urteils BGH „Sommer unseres Lebens“ nicht erforderlich.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten sowie Kostenersatz wegen der durch die erfolgte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern und ist als solche Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte des streitgegenständlichen Musikalbums _____ (Doppel-CD) der Musikgruppe ______ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.12.2009 (Anlage K 3) mahnte die Klägerin den Beklagten ab, weil am 18.07.2009 um 12:45 Uhr (MEZ) über den Internetanschluss mit der IP-Adresse „79.229.15.172“ das Musikalbum _____ (Doppel-CD) der Musikgruppe _____ als Musikdatei zum Herunterladen verfügbar gemacht worden sei. Sie forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, wonach dieser sich verpflichten sollte, es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,- Euro zu unterlassen, geschütztes Musikrepertoire der Unterlassungsgläubiger ohne deren erforderliche Einwilligung im Internet verfügbar zu machen oder sonst wie zu verwerten. Eine entsprechende Erklärung gab der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab.

Die Klägerin behauptet, die von ihr in Auftrag gegebenen Ermittlungsmaßnahmen zur Feststellung von Verletzungen ihrer Leistungsschutzrechte durch unautorisierte Internet-Angebote hätten ergeben, dass am 18.07.2009 um 12:45 Uhr (MEZ) über den Internetanschluss mit der IP-Adresse „79.229.15.172“ das Musikalbum _____ (Doppel-CD) der Musikgruppe _____ zum Herunterladen verfügbar gemacht worden sei. Der Internet-Serviceprovider des Beklagten habe Auskunft dahingehend gegeben, dass die IP-Adresse zum oben genannten Zeitpunkt dem Internetzugang des Beklagten zugeordnet gewesen sei.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte selbst habe die streitgegenständlichen Musikalbum für den Abruf durch andere Teilnehmer des Filesharing-Systems verfügbar gemacht.

Die Klägerin beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Wertersatz in Höhe von mindestens 2.500,- Euro und 1.379,80 Euro Kostenersatz neben jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

                   die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe die behauptete Rechtsverletzung nicht begangen. Er habe zu keinem Zeitpunkt die streitgegenständliche Datei und ein Filesharingprogramm auf seinem Rechner vorgehalten. Zu dem damaligen Zeitpunkt seien seine Ehefrau mit ihrem Rechner, sein 16-jähriger Sohn mit seinem Laptop sowie seine 20-jährige Tochter mit ihrem Laptop über das WLAN-Netzwerk an dem Internetanschluss des Beklagten angebunden gewesen. Der Beklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass einer der übrigen Familienmitglieder den Anschluss für rechtswidrige Aktivitäten nutzt. Er habe im September 2006 im Familienkreis mit der Ehefrau die zwei Kinder belehrt, illegales und strafbares Herunterladen und zum Download bereit stellen von urheberrechtlich geschützten Werken zu unterlassen und insbesondere keine Tauschbörsen zu nutzen. Er habe seinen Kindern ausdrücklich die Nutzung der Dienste BitTorrent, Applejuice, Directconnect und eDonkey, aber auch die Nutzung vergleichbarer Dienste untersagt.

Der Beklagte behauptet ferner, der von ihm im streitgegenständlichen Zeitpunkt genutzte W-Lan-Router sei eine Fritz-Box W-Lan 750 gewesen. Der Internetanschluss sei WEP-verschlüsselt gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin _____ sowie die informatorische Anhörung des Beklagten.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 24.05.2013 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus § 32 ZPO. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die beanstandete Handlung begangen worden ist. Dies ist hier der Ort, an dem auch nur eines der spezifischen Tatbestandsmerkmale des Deliktes verwirklicht worden ist, also nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Erfolgsort (vgl Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 32 Rn 16). Da eine ins Internet gestellte Tonaufnahme auch in Frankfurt aufgerufen werden konnte, ist das Amtsgericht  Frankfurt örtlich zuständig.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz aus § 97 Abs. 2 UrhG, da eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht kommt.

Die Klägerin hat dafür, dass der Beklagte selbst die Urheberrechtsverletzung begangen hat, keinen Beweis angeboten. Die Klägerin kann sich insofern auch nicht auf Beweiserleichterungen stützen. Denn die tatsächliche Vermutung, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für eine von diesem Anschluss aus begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – juris), ist hinreichend entkräftet.

Die Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers beruht nämlich (mangels einer dem § 831 Abs. 1 S. 2 BGB oder § 18 Abs. 1 S. 2 StVG  entsprechenden Regelung) nicht auf einer gesetzlichen Wertung, sondern wie der Beweis des ersten Anscheins auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Diese Annahme wird erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs – nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses – ergibt. Dafür wird es regelmäßig genügen, wenn Hausgenossen des Anschlussinhabers – wie sein Ehegatte – selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können. (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, I-6 W 42/11, 6 W 42/11 – juris; OLG Köln, Urteil v. 16.05.2012, I-6 U 239/11, 6 U 239/11).

Dies ist vorliegend der Fall, da der Beklagte der ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegenden sekundären Darlegungslast (BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08) nachgekommen ist.

Er hat substantiiert dargetan und in seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass neben ihm, die im Haushalt wohnende Ehefrau, seine damals 20-jährige Tochter und sein damals 16-jähriger Sohn über eigene Rechner verfügten, die jeweils Zugriff zu dem W-Lan-Anschluss hatten. Seine Angaben sind glaubhaft und lebensnah. Er berichtete in Übereinstimmung mit der Zeugin widerspruchsfrei und objektiv von den damaligen Verhältnissen. Das Gericht hat keinen Zweifel, dass in einem Vier-Personenhaushalt im Jahr 2009 alle Familienmitglieder – insbesondere Kinder im Alter von 16 und 20 Jahren – über eigene Computer verfügen und das Internet nutzen.

Es ist daher ernsthaft möglich, dass die rechtsverletzende Handlung von einem der drei weiteren Familienmitglieder begangen worden ist, das ebenfalls den W-Lan-Anschluss des Beklagten nutzte.

Dafür, dass der Beklagte als Anstifter oder Gehilfe an der Tat seiner Familienmitglieder beteiligt gewesen sein könnte und aus diesem Grunde auf Schadensersatz haften würde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

2.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG,

Der Beklagte haftet als Inhaber des Internetanschlusses auch nicht als Störer wegen einer von einem Dritten begangenen Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung. Auch die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten sind daher nicht begründet, da die Abmahnung unter keinem Gesichtspunkt berechtigt war.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – juris)

Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht, insbesondere die Pflicht zur Belehrung und Beaufsichtigung von Kindern, richten sich nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei hängt es hauptsächlich von den Eigenheiten des Kindes und seinem Befolgen von Erziehungsmaßnahmen ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichen oder deren Beachtung auch überwacht werden muss (vgl BGH, NJW 2009, 1952 Rn. 17; NJW 2009, 1954 Rn. 14, jeweils mwN).

Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt. (BGH, Urteil v. 15.11.2012, I ZR 74/12 – juris)

Der Beklagte hat seiner Aufsichtspflicht dadurch genügt, dass er seinen Kindern die rechtswidrige Teilnahme an Internettauschbörsen nach einer entsprechenden Belehrung verboten hat. Der Beklagte hat in seiner informatorischen Befragung nachvollziehbar, lebensnah und glaubhaft vorgetragen, er habe seinerzeit über so genannte illegale Tauschbörsen gehört und mit seinen Kindern im September 2006 darüber gesprochen und ihnen die Teilnahme an solchen verboten. Er sei hierfür sensibilisiert gewesen, da er auch selbständig sei, er von den finanziellen Nöten von Musikern wisse und das es sich bei der entsprechenden Musik um geistiges Eigentum handle, was man nicht ohne Zahlung illegal herunterladen dürfe. Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht auch, dass der Beklagte in seiner informatorischen Anhörung nicht nur für ihn Günstiges mitteilte, sondern u.a. auch angab, dass er den Authentifizierungsschlüssel auf seiner Fritz-Box nicht personalisiert habe.

Damit ist der Beklagte den an die Vorgabe von Verhaltensregeln zu stellenden Anforderungen gegenüber seinen Kindern nachgekommen.

Eine Verletzung zumutbarer Prüfpflichten gegenüber der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin ______, ist ebenfalls nicht festzustellen. Denn es sind keine konkreten Anhaltspunkte zu erkennen, dass der Beklagte wusste oder hätte wissen müssen, dass seine Ehefrau Urheberrechtsverletzungen über seinen Internetanschluss begeht, die er durch zumutbare Maßnahmen hätte verhindern können. Denn ein Ehemann kann seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, den auf seinen Namen laufenden Internetanschluss überlassen, ohne diese ständig überwachen zu müssen. Sofern der Anschlussinhaber nicht mit einer Rechtsverletzung durch seinen Ehepartner rechnen muss, sind Hinweis-, Aufklärungs- und Überprüfungspflichten diesem gegenüber unzumutbar. (OLG Frankfurt, Beschluss v. 22.03.2013, Az. 11 W 8/13)

Der Beklagte hat auch die ihm als Betreiber eines WLAN-Anschlusses obliegende Prüfungspflicht hinsichtlich ausreichender Sicherungsmaßnahmen nicht verletzt.

Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung teilte der Beklagte mit, seine W-Lan-Verbindung sei über WEP und einen 13-stelligen werksseitigen Authentifizierungsschlüssel gesichert gewesen. Dieser habe sich auf der Rückseite seiner Fritz-Box befunden. Zwar hat der Beklagte dieses Passwort nicht in ein persönliches Passwort geändert. Allerdings handelt es sich – gerichtsbekannt – bei den auf einer Fritz-Box seit 2004 verwendeten Authentifizierungsschlüsseln um solche, die bereits ab Werk individuell pro Gerät vergeben werden. Vor diesem Hintergrund ist der seitens des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 12.05.2010, I ZR 121/08 erstrebte Zweck eines hohen Schutzniveaus, welches den Zugriff unbefugter Dritter ausschließt, auch ohne ein persönliches Passwort – das regelmäßig nicht länger als 13-stellig sein wird – erreicht. Der Bundesgerichtshof kann in der oben zitierten Entscheidung lediglich die Fälle im Blick gehabt haben, in denen die Router einer Modellreihe werksseitig über den gleichen Authentifizierungsschlüssel verfügen, so dass ein effektiver Schutz für diese Fälle nur über eine sofortige Personalisierung des Passwortes gewährleistet war. (vgl. Mantz, Anm. zu BGH Urt. v. 12.05.2010 in MMR 2010, 569)

LG Frankfurt am Main, Urt. v. 28.06.2013 – 2-06 O 304/12: Keine Störerhaftung für WLAN bei Vermieter einer Ferienwohnung

Landgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 28.06.2013 – 2-06 O 304/12

Das Landgericht Frankfurt hat zur Störerhaftung des Vermieters einer Ferienwohnung Stellung genommen. Im Wesentlichen hat es seine bereits bzgl. Hoteliers ergangene Rechtsprechung bestätigt (s. hierzu auch LG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.8.2010 – 2-6 S 19/09, MMR 2011, 401 (m. Anm. Mantz, PDF). Eine Besprechung des Urteils folgt .hier demnächst

S. in dem Zusammenhang auch meine Stellungnahme zu den Fragen zum Antrag im Landtag Nordrhein-Westfalen „Abschaffung der Störerhaftung“, Drs. 16/2884, Anhörung am 3.7.2013.

Leitsätze (des Verfassers):

1. Die Beweislast für die Einhaltung etwaiger Prüfungs- und Überwachungspflichten obliegt dem potentiellen Störer.

2. Im Fall einer von Anfang an beschränkten Nutzungsüberlassung bedarf es keines ausdrücklichen Verbots von illegalen Internetaktivitäten unter Einschluss des Filesharings. Wer den Zugang zum Internet über ein WLAN nur für berufliche Zwecke eröffnet, genügt seinen zumutbaren Prüfungs- und Überwachungspflichten. Man würde die Sorgfaltsanforderungen an die Inhaber von Internetanschlüssen übersteigern, wenn man von diesen ungeachtet der konkreten Umstände des Einzelfalls in jedem Fall ein ausdrückliches Verbot von illegalen Internetaktivitäten verlangte, um eine Störerhaftung und damit zumindest nicht unerheblichen Abmahnkosten zu vermeiden.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte aus der am 27.10.2011 ausgesprochenen Abmahnung mit dem Aktenzeichen 000000000 keine Rechte gegenüber den Klägern geltend machen kann.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte aus der am 06.10.2011 ausgesprochenen Abmahnung mit dem Aktenzeichen 1111111111111 keine Rechte gegenüber den Klägern geltend machen kann.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf € 10.000,00 festgesetzt.

Tatbestand
Die Kläger beantragen die Feststellung, dass der Beklagte aus zwei an sie adressierte Abmahnungen keine Ansprüche geltend machen kann.

Die Kläger sind Eigentümer einer Ferienwohnung in Bissendorf, die am 28.08.2011 an eine Frankfurter Firma (F GmbH) vermietet war.

Der Beklagte ist Mitkomponist sowie Mitdichter des Textes verschiedener Versionen des Musikstücks „A“ der Künstlergruppe G.

Die Kläger stellten der F GmbH in ihrer Ferienwohnung über W-LAN einen Internet- Gastzugang zur Verfügung.

Am 28.08.2011 wurde über vorbezeichneten Internetzugang, dem seinerzeit dynamisch die IP-Adresse 84.136.220.98 zugeteilt war, die Tonaufnahme „G – A (German Top 100 Single Charts 29.08.2011)“ um 10:17:07 Uhr sowie um 18:11:20 Uhr (jeweils mit identischem Hashwert) über eine Tauschbörse zum Download angeboten.

Der Beklagte (bzw. ein von diesem ermächtigtes Unternehmen) beantragte wegen beider Verstöße jeweils gesondert unter dem 30.08.2011 beim Landgericht Köln eine einstweilige Anordnung gemäß § 101 Abs. 9 UrhG, die hinsichtlich des Verstoßes von 10:17:07 Uhr unter Az. 218 O 206/11 mit Beschluss vom 24.10.2011 (Anlagen B 2 und B 3, Bl. 98 ff. d.A.) und hinsichtlich des Verstoßes von 18:11:20 Uhr unter Az. 221 O 255/11 erlassen wurde.

Nach der im Folgenden eingeholten Auskunft des Internetproviders der Kläger war die IP- Adresse 84.136.220.98 seinerzeit diesen zugeteilt.

Der Beklagte ließ – nach seiner von den Klägern mit Nichtwissen bestrittener Behauptung – in Bezug auf den Verstoß von 18:11:20 Uhr unter dem 06.10.2011 ein anwaltliches Abmahnschreiben fertigen (Anlage B 5, Bl. 110 ff d.A.), dessen Zugang die Kläger bestreiten.

Daneben mahnte der Beklagte die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 27.10.2011 wegen des Verstoßes von 10:17:07 Uhr ab (Anlage K 1, Bl. 6 ff d.A.).

Unter dem 31.10.2011 erhielten die Kläger ein Erinnerungsschreiben zur Abmahnung vom 06.10.2011 (Verstoß von 18:11:20 Uhr).

Mit Schreiben vom 03.11.2011 gaben die Kläger eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 2, Bl. 13 d.A.).

Unter dem 22.11.2011 sandte ihnen der Beklagte eine zweite Aufforderung zur Abgabe eine strafbewehrten Unterlassungserklärung bezüglich der Abmahnung vom 06.10.2011 (Anlage K 3, Bl. 14 f. d.A.).

Die Kläger teilten dem Beklagten mit, dass der Verstoß durch die F GmbH begangen worden sei, ohne (einen) konkrete(n) Namen zu nennen.

Über den klägerischen Anschluss ist von Seiten der F GmbH unstreitig jedenfalls eine weitere Urheberrechtsverletzung begangen worden.

Die Kläger behaupten, die Internetverbindung sei in dem ländlichen Gebiet langsam, Down- bzw. Uploads nähmen entsprechend viel Zeit in Anspruch.

Sie bestreiten den Ablauf der Feststellung der Urheberrechtsverletzung mit Nichtwissen.

Sie behaupten, erst durch das Erinnerungsschreiben vom 31.01.2011 von der Abmahnung vom 06.10.2011 erfahren zu haben, weswegen diese ihrer Meinung nach unwirksam ist.

Die zweite Abmahnung (vom 27.10.2011) stelle eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung dar.

Ihrer Behauptung nach hatten sie vor dieser Abmahnung keine Kenntnis von dem durch die F GmbH verursachten Verstoß, wobei aus ihrer Sicht eine einheitliche Verletzungshandlung in Rede steht.

Die Kläger behaupten, der F GmbH den Internetzugang ausschließlich für den E-Mailverkehr eröffnet zu haben. Eine rechtswidrige Nutzung, z.B. von Tauschbörsen, hätten sie explizit untersagt. Sie hätten ausdrücklich betont, dass nur Mailverkehr gestattet sei, da andere Anwendungen zu Störungen im Netz führen würden. Ihr Internetzugang sei hinreichend verschlüsselt.

Sie sind der Ansicht, ihrer sekundären Darlegungslast damit nachgekommen zu sein und sich entsprechend der Rechtsprechung der Kammer zu Hotelbetrieben exkulpiert zu haben.

Die Kläger beantragen,

1. festzustellen, dass der Beklagte aus der am 27.10.2011 ausgesprochenen Abmahnung mit dem Aktenzeichen 0000000000 keine Rechte gegenüber ihnen geltend machen kann.

2. festzustellen, dass der Beklagte aus der am 06.10.2011 ausgesprochenen Abmahnung mit dem Aktenzeichen 111111111111 keine Rechte gegenüber ihnen geltend machen kann.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Seines Erachtens ist die negative Feststellungsklage unbegründet, da beide Abmahnungen berechtigt gewesen seien.

Nach Behauptung des Beklagten haben die Kläger keine hinreichenden Sicherungsvorkehrungen gegen eine unbefugte Nutzung des Internetanschlusses getroffen und eine solche seiner Meinung nach auch nicht dargetan.

Er behauptet, die Kläger hätten über einen erheblichen Zeitraum einen ungesicherten Anschluss ohne besondere Benutzungs- bzw. W arnhinweise überlassen und ihre Übernachtungsgäste nicht – wie aus seiner Sicht jedenfalls erforderlich – umfassend aufgeklärt und diese Aufklärung „notfalls“ dokumentiert.

Seiner Meinung nach gelten insofern nicht dieselben Anforderungen wie an Hoteliers, sondern
–wegen der größeren Vergleichbarkeit mit einem Zwei-Familien-Haushalt – die (vermeintlich) strengeren Maßstäbe für Privathaushalte mit (angeblich) erhöhten Prüf- und Sicherungspflichten.

Er habe vor seinen Abmahnungen auch nicht zunächst eine Berechtigungsanfrage stellen müssen, da seinerzeit noch keine Anhaltspunkte für potenzielle Drittverletzer vorgelegen hätten und damit keine Unsicherheit hinsichtlich des Verletzungstatbestands bestanden habe.

Mit Blick darauf, dass über den Anschluss der Kläger unstreitig zumindest eine weitere Urheberrechtsverletzung begangen worden ist, erscheint dem Beklagten der klägerische Vortrag, dass die Kläger erst nach Zugang seiner Abmahnschreiben von möglichen Urheberrechtsverletzungen Kenntnis erlangt hätten, zumindest zweifelhaft (Bl. 40 d.A.).

Die Einzelrichterin hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2013 auf Grund des Beweisbeschlusses vom 06.03.2013 (Bl. 266 f. d.A.) Beweis durch Vernehmung der Zeugen Sascha und Svenja D erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31.05.2013 verwiesen (Bl. 278 ff. d.A.).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 09.01.2013 (Bl. 246 f. d.A.) und 31.05.2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die negative Feststellungsklage ist begründet.

Der Beklagte kann weder aus der Abmahnung vom 27.10.2011 noch aus dem Abmahnschreiben vom 06.10.2011 Rechte gegenüber den Klägern in deren Eigenschaft als Inhaber desjenigen Internetanschlusses geltend machen, über den unstreitig am 28.08.2011 ein (auch) zu Gunsten des Beklagten geschütztes Musik- bzw. Sprachwerk urheberrechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden ist (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 i.V.m. Abs. 2, 10, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 19a UrhG).

Die Kläger sind für die von einem oder mehreren Mitarbeiter(n) der F GmbH begangene Urheberrechtsverletzung weder als (Mit-/)Täter noch als T eilnehmer oder Störer verantwortlich.

1. Spätestens seit Vorlage der Ermittlungsdaten durch die Beklagtenseite steht fest, dass beide Verletzungen am 28.08.2011 unter derselben dynamischen IP-Adresse erfolgten.

Es ist daher – was der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2013 auch nicht mehr bestritten hat – von einer einheitlichen Urheberrechtsverletzung auszugehen. Dasselbe Musikstück mit demselben Hashwert wurde ohne temporäre Trennung der Internetverbindung am 28.08.2011 von Morgens (jedenfalls) um 10:17:07 Uhr bis Abends um (jedenfalls) 18.11:20 Uhr zum Upload angeboten.

2. Die Kläger haften für diese Urheberrechtsverletzung zunächst einmal nicht als (Mit-/)Täter.

Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass einer der Kläger die Urheberverletzung eigenhändig, als mittelbarer oder Mittäter begangen haben könnte.

a) Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH (U.v. 22.07.2010 – I ZR 139/08) – „Kinderhochstühle im Internet“, zitiert nach juris, Rn. 30).

Täter ist derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB).

Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. § 830 Abs. 1 S. 1 BGB; BGH (U.v. 18.11.2010 – I ZR 155/09) – „Sedo“, zitiert nach juris, Rn. 24; BGH – „Kinderhochstühle im Internet“, a.a.O.).

b) Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, woraus sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers ergibt, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (vgl. BGH (U..v. 12.05.2010 – I ZR 121/08) – „Sommer unseres Lebens“, zitiert nach juris, Rn. 12; BGH (U.v. 15.11.2012 – I ZR 74/12) – „Morpheus“, zitiert nach juris, Rn. 33), dieser sekundären Darlegungslast haben die Kläger im Streitfall jedoch genügt.

Sie haben die tatsächlich Vermutung ihrer Täterschaft durch Benennung der F GmbH und ihren korrespondierenden Vortrag zur Gestattung einer Internetnutzung zu Gunsten der Mieter ihrer Ferienwohnung entkräftet.

Unter diesen Umständen ist es wiederum Sache des Beklagten als Anspruchsteller, die für eine Haftung der Kläger als Täter oder T eilnehmer einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH – „Morpheus“, a.a.O., Rn. 35).

c) Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt eine täterschaftliche Haftung der Kläger auch nicht unter dem Aspekt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Betracht.

Für eine täterschaftlich begangene Urheberrechtsverletzung müssen die Merkmale eines der handlungsbezogenen Verletzungstatbestände des Urheberrechts erfüllt sein (vgl. z.B. BGH (B.v. 10.05.2012 – I ZR 57/09), zitiert nach juris, Rn. 3 m.w.N.). Im Streitfall müsste das Verhalten der Kläger – die Überlassung eines Gastzugangs an die Mieter ihrer Ferienwohnung – daher den Tatbestand der öffentlichen Zugänglichmachung des in Rede stehenden urheberrechtlichen Werkes erfüllen (§ 19a UrhG). Dies ist nicht der Fall (vgl. z.B. BGH – „Sommer unseres Lebens“, a.a.O., Rn. 13; BGH – „Morpheus“, a.a.O., Rn. 38).

3. Die Kläger können auch nicht als Teilnehmer an der von den Mitarbeitern der F GmbH begangenen Urheberrechtsverletzung zur Verantwortung gezogen werden.

a) Die Gehilfenhaftung setzt neben einer objektiven Beihilfehandlung zumindest einen bedingten Vorsatz bezüglich der Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließt (BGH – „Sedo“, a.a.O., Rn. 32, 34). Im Fall einer Beihilfe durch Unterlassen – wie sie hier in Rede steht – bedürfte es zudem einer Erfolgsabwendungspflicht (BGH – „Kinderhochstühle im Internet“, a.a.O., Rn. 34).

b) Den Klägern fehlte jedenfalls der erforderliche Gehilfenvorsatz.

aa) Dafür, dass die Kläger Kenntnis von der konkreten Verletzungshandlung – dem Filesharing des Titels „A“ hatten – fehlt jeder Anhaltspunkt (siehe insofern u.a. BGH – „Sedo“, a.a.O., Rn. 33; BGH (U.v. 12.07.2012 – I ZR 18/11) – „Alone in the Dark“, zitiert nach juris, Rn. 17).

bb) Es kann nicht einmal davon ausgegangen werden, dass sie die Haupttat – ohne von dieser eine ganz konkrete Vorstellung zu haben – auch nur in groben Zügen kannten und den Verletzungserfolg billigend in Kauf nahmen.

Mindestvoraussetzung für eine Beihilfe durch Unterlassen wäre, dass die Kläger mit vergleichbaren Rechtsverletzungen durch ihre Gäste rechneten und dennoch keine geeigneten Sicherungsvorkehrungen trafen, sondern den/die Filesharer einfach gewähren ließen.

Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen.

Im Fall der Kenntnis von einem zeitlich vorhergehenden Verstoß bestehen zwar gesteigerte Anforderungen an die Prüfungs- und Überwachungspflichten eines Anschlussinhabers (zur elterlichen Aufsichtspflicht, vgl. insofern BGH (U.v. 15.11.2012 – I ZR 74/12) – „Morpheus“, zitiert nach juris, Rn. 24 ), zudem ist über den klägerischen Anschluss unzweifelhaft noch mindestens eine weitere von der „F GmbH“ (i.w.S.) zu verantwortende Urheberrechtsverletzungen begangen worden, es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger von dieser/n bereits im Vorfeld der streitgegenständlichen Verletzung am 28.08.2011 oder auch nur vor Abreise der F-Mitarbeiter Kenntnis hatten.

Die Darlegungs- und Beweislast für einen Teilnehmervorsatz liegt – wie dargetan – auch im Rahmen einer negativen Feststellungsklage beim Beklagten in dessen Eigenschaft als Anspruchsteller (allgemein zur Darlegungs- und Beweislast: BGH – „Morpheus“, a.a.O., Rn. 32). Dieser hat einen solchen Vorsatz weder konkret behauptet noch unter Beweis gestellt. Gegen einen Eventualvorsatz der Eheleute D spricht vielmehr, dass der Zeuge D 1 ausgesagt hat, die Firma F habe die Ferienwohnung nur einmalig für die Dauer von ca. zwei Wochen gemietet.

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Kläger bereits am 28.08.2011 von einem (weiteren) Filesharing-Verstoß wussten.

4. Die Kläger schulden dem Beklagten auch unter dem Aspekt einer Störerhaftung nicht jedenfalls Ersatz der Kosten für eine der beiden Abmahnungen.

a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt.

Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Verletzung von Prüfpflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH – „Morpheus“, a.a.O., Rn. 41; BGH – „Sommer unseres Lebens“, a.a.O., Rn. 19; BGH – „Sedo“, a.a.O., Rn. 37; BGH – „Alone in the Dark“, a.a.O., Rn. 19). Dabei können für den Inhaber eines Internetanschlusses durchaus Prüfungs- und ggf. auch Handlungspflichten zur Vorbeugung gegen Schutzrechtsverletzungen bestehen (OLG Frankfurt a.M. (U.v. 01.07.2008 – 11 U 52/07), zitiert nach juris, Rn. 23).

b) Theoretisch wäre zwar zumindest eine der beiden Abmahnungen berechtigt gewesen, um den Klägern vorprozessual Gelegenheit zu Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu geben, da diese selbst behaupten, von der Rechtsverletzung vor der Abmahnung vom 27.10.2011 keine Kenntnis von der Rechtsverletzung gehabt zu haben – wobei im Streitfall dahinstehen kann, welche Abmahnungen eine Ersatzpflicht ausgelöst hätte (eine Pflicht zum Ersatz der Kosten für die Abmahnung vom 27.10.2011 scheitert nicht bereits daran, dass die Kläger behaupten, die Abmahnung vom 06.10.2011 nicht erhalten zu haben; träfe dies zu, könnte Erstere nicht als unberechtigte Zweitabmahnung angesehen werden, Darüber hinaus haben die Kläger vor Abgabe ihrer Unterlassungserklärung unzweifelhaft das Erinnerungsschreiben vom 31.01.2011 (zur Abmahnung vom 06.10.2011) erhalten) – allerdings stehen die Voraussetzungen für eine Störerhaftung im Streitfall nicht fest.

aa) Die Frage, ob ausschließlich die Benutzer der Ferienwohnung Zugang zu dem W-LAN hatten, keine anderen Gäste als die Mieter (Mitarbeiter der F GmbH) anwesend waren und ob das Netz hinreichend sicher verschlüsselt war, bedurfte trotz Aufnahme in den Beweisbeschluss (Bl. 267 d.A.) keiner Auseinandersetzung.

Vorliegend kommen weder ein sog. Hacker-Angriff außenstehender Dritter auf das Netz der Kläger noch ein potenzieller Verstoß durch einen dritten Besucher (i.w.S.) in Betracht (vgl. in diesem Zusammenhang auch LG Düsseldorf (U.v. 26.08.2009 – 12 O 594/07), zitiert nach juris, Rn. 25). Im Streitfall steht fest, dass ein oder mehrere der Bewohner der Ferienwohnung den zu Gunsten des Beklagten geschützten Titel illegal über eine Tauschbörse zum Upload anbot(en).

bb) Die Anforderungen an einen Anschlussinhaber, der seinen W-LAN-Anschluss den Mietern seiner Ferienwohnung überlässt, sind in der Rechtsprechung noch ungeklärt.

Zu den Anforderungen an Hoteliers existiert im Wesentlichen das Urteil der Kammer in der Sache S 19/09, in der diese es zur Verneinung einer Störerhaftung ausreichen ließ, dass der Hotelinhaber seinen Gästen eine rechtswidrige Internetnutzung untersagt hatte (U.v. 18.08.2010, zitiert nach juris, Rn. 12).

cc) Die Frage, ob es eines solchen Verbots illegaler Internetaktivitäten mit Blick auf die nicht ganz unwahrscheinliche Gefahr, dass die Mieter einer Ferienwohnung über den ihnen zur Verfügung gestellten fremden Internetanschluss eine Tauschbörse nutzen, grundsätzlich auch auf Seiten des Vermieters der Ferienwohnung bedarf, kann im Streitfall auf Grund der spezifischen Sonderkonstellation dahinstehen (zur Hinweispflicht des Betreibers eines Kopierladens, vgl. z.B. BGH (U.v. 09.06.1983 – I ZR 70/81 – „Kopierläden“, zitiert nach juris, Rn. 24; zur Belehrungspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern, vgl. BGH – „Morpheus“, a.a.O., Rn. 29; zu möglichen Maßnahmen des Inhabers eines Internet-Cafés, siehe z.B. LG Hamburg (U.v. 25.11.2010 – 310 O 433/10), zitiert nach juris, Rn. 7) .

Vorliegend haben die Kläger ihren Gästen den Internetzugang von vornherein nur zum Versand von E-Mails und allenfalls noch zu beruflichen Zwecken eröffnet.

(Zumindest) Im Fall einer von Anfang an beschränkten Nutzungsüberlassung bedarf es keines ausdrücklichen Verbots von illegalen Internetaktivitäten unter Einschluss des Filesharings.

(1) Hinsichtlich einer etwaigen Störerhaftung mussten die Kläger ihre Behauptungen zur Einhaltung etwaiger Prüfungs- und Überwachungspflichten – soweit diese von dem Beklagten bestritten worden sind und entscheidungsrelevant waren – nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln beweisen. Anders als im Fall einer sekundären Darlegungslast konnten Sie sich nicht auf dahingehenden Vortrag beschränken.

(2) Die Kläger haben den ihnen obliegenden Beweis einer fehlenden Störerhaftung durch die Aussagen der Zeugen D 1 und D 2, bei denen es sich um ihren Sohn und ihre Schwiegertochter handelt, erfolgreich geführt (eine Vernehmung weiterer Zeugen, insbesondere der seinerzeit bei den Klägern logierenden F-Mitarbeiter, kam mangels Benennung nicht in Betracht, vgl. insofern S. 5, Ziff. 3 des Beklagtenschriftsatzes vom 20.06.2013).

Beide Zeugen haben übereinstimmend – und insofern auch konsistent mit dem klägerischen Vorbringen (Bl. 251 d.A.) – ausgesagt, dass ausdrücklich darüber gesprochen worden sei, dass der Anschluss für E-Mail-Verkehr und berufliche Zwecke verwendet werden sollte.

(a) Nach Aussage des Zeugen D 1 war der Internetzugang nicht bereits Bestandteil des Mietarrangements.

Die Mitarbeiter der F GmbH hätten sich erst nach ihrer Ankunft nach der Möglichkeit eines Internetzugangs erkundigt, mit der Behauptung, diesen zu benötigen, um E-Mails zu verschicken und weil sie diesen zu beruflichen Zwecken benötigten.

Sie hätten ihnen daraufhin einen gesonderten Gastzugang zum Internet eingeräumt. Für Gäste der Ferienwohnung habe über eine FRITZ!Box ein gesondertes W-LAN eingerichtet werden können.

Der Zugang sei beschränkt auf E-Mail-Verkehr bzw. nur für berufliche Zwecke eröffnet worden, da die F GmbH ausdrücklich nur nach einem Internetzugang zu beruflichen Zwecken gefragt habe. Sie hätten dies dann unterstützt, da ihre Internetverbindung ohnehin sehr langsam sei. Im Prinzip sei es gar nicht möglich, solche Dateien auszutauschen.

Nachdem die Klägerin dann habe feststellen müssen, dass das W-LAN langsamer geworden sei, sich insbesondere die Seiten sehr langsam aufbauten, als sie mit ihrem Computer selbst ins Internet ging, sei der Gastzugang zunächst vollständig abgeschaltet worden, da das Netz scheinbar sehr von der F GmbH genutzt worden sei.

Die Mieter hätten sich dann über die Sperrung des Gastzugangs beschwert bzw. seien am nächsten Tag gekommen und hätten gefragt, ob sie wieder Zugang haben könnten, da sie diesen bräuchten, insbesondere um Mails zu verschicken und beruflich zu arbeiten.

Seine Mutter habe ihnen gesagt, dass der Zugang gesperrt worden sei, weil das Internet so langsam geworden sei. Sie hätten dann gesagt, sie würden tatsächlich nur E-Mails verschicken, worauf ihnen der Zugang ein/zwei Tage später wieder eröffnet worden sei.

(b) Die Zeugin D 2 hat ausgesagt, ihre Schwiegermutter habe am Anfang, als die Daten rausgegeben worden seien, extra gesagt, dass der Zugang nur für E-Mails sei, die für die Arbeit abgerufen werden können. Ihre Schwiegermutter habe das auch zwischendurch noch mal erwähnt.

Sie habe gehört, dass der Zugang nur für E-Mail-Verkehr und nicht für eine andere Nutzung des Internets verwendet werden dürfe. Sie habe das selbst mehrfach mitbekommen, da sie während der Gespräche mit den Mitarbeitern von F daneben gestanden habe.

Auf Rückfrage gab die Zeugin an, dies sei konkret hinzugesagt worden, weil das Internet sonst sehr langsam werde.

Von ihrer Schwiegermutter habe sie auch gehört, dass das Internet relativ langsam [geworden] sei.

Auf die Frage nach dem Grund für eine neuerliche Beschränkung auf E-Mail-Verkehr hat die Zeugin angegeben, teilweise sei der Zugang auch aus gewesen. Die hätten dann nachgefragt, ob sie diesen wieder nutzen könnten. Sie sei von den Mitarbeitern von F speziell danach gefragt worden, was denn los sei, da das Internet aus gewesen sei. Sie habe dann ihre Schwiegermutter dazugeholt und dabeigestanden, als diese den Mitarbeitern von F noch mal gesagt habe, dass der Zugang nur für E-Mail-Kontakte bzw. für die Arbeit sei.

Auf Rückfrage erklärte sie, mit „Nutzung für die Arbeit“ meine sie, dass die Leute, die bei ihnen waren, den Zugang für E-Mails, die für die Arbeit waren, hätten nutzen dürfen.

(c) Beide Zeugenaussagen waren in Bezug auf das Kerngeschehen glaubhaft. Die Zeugen waren auch nicht unglaubwürdig.

(aa) Soweit der Zeuge D 1 ausgesagt hat, dem Mitarbeiter der F GmbH im Zusammenhang mit der Einräumung des Gastzugangs selbst gesagt zu haben, dass sie den Anschluss nicht für andere Internetaktivitäten [als berufliche Zwecke] nutzen dürften, kann dahinstehen, ob dies zutrifft. Diese Behauptung ist nicht von streitentscheidender Relevanz.

Die Zeugin D 2 hat zwar – zunächst konsistent dazu – angegeben, ihr Ehemann sei bei dem anfänglichen Gespräch zugegen gewesen, sie hat aber anfänglich nur bekundet, ihre Schwiegermutter habe gesagt, dass der Zugang nur für E-Mail-Verkehr und nicht für eine andere Nutzung des Internets verwendet werden dürfte. Erst auf Rückfrage des Gerichts, ob ihr Ehemann bei dem Gespräch auch etwas gesagt habe, hat sie hinzugefügt, ja, der habe dann auch gesagt, dass der Internetzugang nur zur Nutzung von E-Mails sei. Auf den Hinweis, dass es doch ziemlich ungewöhnlich sei, dass so etwas von der Schwiegermutter wie auch dem Mann gesagt wird, hat sie keine Antwort gewusst.

Letzteres mag zwar ein gewisses Indiz dafür sein, dass sie bei ihren Angaben bemüht war, sich zu Gunsten ihrer Schwiegereltern und ihres Ehemannes nicht in Widerspruch zu dessen Aussage zu setzen, allerdings war die Zeugin D 2 bei ihrer Vernehmung auch sichtlich nervös. Diesbezüglich ist nicht auszuschließen, dass sie sich durch die – eine Unstimmigkeit ihrer Aussage implizierende – Rückfrage hat einschüchtern lassen und aus diesem Grund keine Antwort gegeben hat.

(bb) Ebenfalls offen bleiben kann, ob die Klägerin schon zum Zeitpunkt der Überlassung des Internetanschlusses darauf hingewiesen hat, dass der Anschluss nur für E-Mails genutzt werden dürfe (so die Aussage der Zeugin D 2) oder ob sich der beschränkte Nutzungszweck aus der Anfrage des als „Sprecher“ fungierenden F-Mitarbeiter bzw. einem Hinweis des Zeugen D ergab (so dessen Aussage des Zeugen D 1).

(cc) Beide Zeugen haben ausgesagt, die Mitarbeiter der F GmbH hätten ausdrücklich nur nach einem Internetzugang zur E-Mail-Korrespondenz bzw. zu beruflichen Zwecken gefragt.

Sie haben auch übereinstimmend angegeben, dass eine Nutzung des Gastzugangs nachteilige Auswirkungen auf die ohnehin nicht sehr schnelle Internetverbindung haben konnte, die von Klägerseite unerwünscht war.

Nachdem die Klägerin die Verlangsamung ihrer Internetverbindung festgestellt habe, sei der Gastzugang umgehend gesperrt und auch nicht sofort, sondern erst ein/zwei Tage später auf Bitte der Gäste wieder eröffnet worden. Nach Aussage der Zeugin D 2 fragten die Mitarbeiter der F GmbH mehrfach an, was mit dem Anschluss sei, wobei beide Zeugen übereinstimmend mitgeteilt haben, es sei immer derselbe Mitarbeiter gewesen, mit dem über den Internetanschluss gesprochen worden sei.

Die Zeugin D 2 hat sich noch daran erinnern können, dass es nach Sperrung des Anschlusses keine längeren Diskussionen gegeben hat, sondern immer nur ganz kurz gesprochen worden ist. Sie sei von einem der Gäste konkret darauf angesprochen worden und habe dann ihre Schwiegermutter dazugeholt zu haben, die dann noch mal gesagt habe, dass der Zugang nur für E-Mail-Kontakte bzw. für die Arbeit sei.

An der Glaubhaftigkeit dieser Aussage und damit an der Intention der Kläger an einer Beschränkung des Netzzugangs auf berufliche Zwecke bestehen keine Zweifel.

Beide Zeugen sind davon ausgegangen, die Internetnutzung durch die Mitarbeiter der F GmbH sei auf Grund ausdrücklicher Hinweise bzw. wegen der hierauf beschränkten Anfrage im Wesentlichen auf den E-Mail-Verkehr, ggf. noch auf die Abfrage von Bankkonten o.Ä. zu beruflichen Zwecken beschränkt gewesen.

Soweit der Zeuge D 1 ausgesagt hat, der Zugang sei nicht bereits Bestandteil der Ferienwohnungsmiete gewesen, sondern auf Anfrage sei nachträglich ein Gastzugang über eine FRITZ!Box eingeräumt worden, fehlt jedes Indiz dafür, dass dies nicht zutreffend sein könnte. Vielmehr erscheint glaubhaft, dass der Zugang tatsächlich erst nach Beginn des Mietverhältnisses gewährt worden ist, da die Klägerseite um die Problematik ihres recht schwachen Internetnetzes wusste und dessen Überlastung vermeiden wollte.

(d) Anlass zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen nicht.

(aa) Die Zeugin D 2 hat ausdrücklich eingeräumt, außer dem angeblich Hinweis auf eine Nutzungsbeschränkung von Seiten der Kläger keine konkreten Erinnerungen an den Tag der Ankunft der Gäste zu haben. Dies wirft allenfalls Fragen zur Glaubhaftigkeit einzelner Angaben auf, lässt aber nicht an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln. Entsprechendes gilt auch, soweit sie eine ihr vom Gericht gestellte Frage unbeantwortet gelassen hat.

Soweit die Zeugin insgesamt nur auf Rückfrage und recht knapp ausgesagt hat, dürfte dies ihrer Nervosität sowie ihrer Persönlichkeit geschuldet sein.

(bb) Der Zeuge D 1 hat das Geschehen zunächst flüssig aus freien Stücken wiedergegeben und Rückfragen stets ohne Zögern beantwortet.

Das Gericht zweifelt auf Grund des von ihm in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks nicht an dessen Glaubwürdigkeit.

(3) Damit steht fest, dass den Mitarbeitern der F GmbH der Internetzugang von vornherein nur zu beruflichen Zwecken eingeräumt worden ist.

(a) Soweit der Zeuge D 1 u.a. ausgesagt hat, die Mitarbeiter der F GmbH hätten [anfangs] gesagt, dass sie „im Wesentlichen“ E-Mails schreiben wollten, im Anschluss an die Abschaltung seien sie gekommen und hätten gefragt, ob sie wieder Zugang haben könnten, da sie diesen „insbesondere“ bräuchten um Mails zu verschicken und beruflich zu arbeiten, folgt hieraus nicht, dass die Kläger begründeten Anlass zu der Annahme hatten – oder hätten haben müssen –, dass der Anschluss nicht ausschließlich beruflich genutzt werden würde.

Beide Zeugen haben übereinstimmend angegeben, dass Grund für die Bitte nach Eröffnung eines Internetanschlusses berufliche Zwecken gewesen seien, insbesondere das Erfordernis einer beruflichen E-Mail-Korrespondenz.

Vor diesem Hintergrund durften die Kläger davon ausgehen, dass ihre Gäste den Rahmen der von diesen selbst kommunizierten Beschränkung einhalten würden.

(b) In einer derartigen Konstellation scheint es trotz faktisch unbeschränkt eröffneten Internetzugangs nicht geboten, dass der Vermieter einer Ferienwohnung seine Mieter explizit darauf hinweist – und diesen Hinweis ggf. sogar schriftlich fixiert (vgl. insofern S. 2 und 5 des Beklagtenschriftsatzes vom 20.06.2013, Ziff. I. 1./2., 4.) –, dass über den Anschluss keine illegalen Internetaktivitäten erfolgen dürfen, insbesondere keine T auschbörsennutzung erlaubt ist.

Mit Blick auf die von vornherein beschränkte Verwendungsintention durften die Kläger zunächst darauf vertrauen, dass ihre Mieter das Internet tatsächlich nur zu beruflichen Zwecken verwenden würden, insbesondere um E-Mails zu empfangen und zu versenden.

Nachdem die Klägerseite auf Grund der von der Klägerin festgestellten Verlangsamung der Internetverbindung annehmen mussten, dass ihre Mieter das Internet in nicht unerheblichem Umfang nutzten – und damit möglicherweise Anlass für eine weiterreichende Nutzungsbelehrung bestand –, schalteten die Kläger den Gastzugang zunächst vollständig ab.

Sie eröffneten diesen ihren Gästen ausschließlich auf deren Zusage hin erneut, das Internet ausschließlich für E-Mails bzw. beruflich zu nutzen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde die Nutzungsberechtigung durch die Kläger jedenfalls im Zusammenhang mit der Wiedereinräumung des Gastzugangs explizit beschränkt, wobei unklar ist, ob der streitgegenständliche Verstoß vom 28.08.2011 zuvor oder erst in der Folgezeit begangen worden ist. Die Kläger durften im Folgenden – mangels eines Anhaltspunktes für künftige Übertretungen dieser Nutzungsbeschränkung – davon ausgehen, dass sich ihre Gäste an ihre Vorgabe halten würden.

Eine weiterreichende Verwendungsbeschränkung erübrigte sich.

Sofern die Mitarbeiter der F GmbH die Beschränkung nicht einhielten, begründet dies zwar deren Haftung (als Täter und/oder Teilnehmer), nicht aber eine Störerhaftung der Kläger.

Diese haben ihren zumutbaren Prüfungs- und Überwachungspflichten Genüge getan, indem der Zugang nur für berufliche Zwecke eröffnet worden ist, zu denen die Nutzung von Internettauschbörsen nicht gehört. Man würde die Sorgfaltsanforderungen an die Inhaber von Internetanschlüssen übersteigern, wenn man von diesen ungeachtet der konkreten Umstände des Einzelfalls in jedem Fall ein ausdrückliches Verbot von illegalen Internetaktivitäten verlangte, um eine Störerhaftung und damit zumindest nicht unerheblichen Abmahnkosten zu vermeiden. Eine derartige Pauschalisierung erscheint im Lichte des schutzwürdigen Interesses der Allgemeinheit an einer Nutzung von Internetanschlüssen in temporären Unterkünften weder erforderlich noch angezeigt.

 

LG München, Urt. v. 22.3.2013 – 21 S 28809/11: Keine Störerhaftung für Filesharing ohne internetfähiges Gerät

(Update vom 28.8.2013 s.u.)

Die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke berichtet über ein Berufungsurteil des LG München I, bei dem  in der ersten Instanz (AG München, Urteil vom 23.11.2011 – 142 C 2564/11) die Inhaberin eines Anschlusses zur Zahlung von Abmahnkosten aufgrund eines angeblich über ihren Internetanschluss erfolgten Rechtsverstoßes durch Filesharing verurteilt worden war, obwohl sie nach ihrem Vortrag lediglich einen Internetanschluss, aber keine internetfähigen Geräte (kein WLAN-Router, keinen Computer, kein DSl-Router) hatte.

Das LG München I hat das Urteil des AG München nun aufgehoben (Urt. v. 22.3.2013 – 21 S 28809/11, Volltext hier) und festgestellt, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast – trotz entsprechend strengen Maßstabes – nachgekommen sei. Es hätte also an der Klägerin gelegen, zu beweisen, dass die Beklagte entweder selbst die Rechtsverletzung über den Internetanschluss begangen hatte (was schwierig ist, wenn man unterstellt, dass die Beklagte keine internet-fähigen Geräte hatte) oder z.B. über WLAN Dritten die Rechtsverletzung über den Internet-Anschluss ermöglicht hat (was ebenfalls schwierig ist ohne WLAN-Router).

In dieser prozessualen Situation oblag es nach dem oben Gesagten nicht der Beklagten, den Beweis für die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragenen Tatsachen zu erbringen, sondern vielmehr hätte die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen Beweis für die anspruchsbegründende Verletzungshandlung anbieten und die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragenen Tatsachen so widerlegen müssen, dass sich die täterschaftliche Verantwortung der Beklagten ergibt. Entsprechende Beweisantritte ist die Klageseite in erster Instanz jedoch schuldig geblieben.

Nichts anderes gilt nach den oben dargestellten Grundsätzen auch für die Störerhaftung, da es die von der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen auch ausschließen, dass die Beklagte – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen hat.

Das LG München I hatte dementsprechend einen der wenigen Fälle, in denen die Störerhaftung bereits aus dem Grunde ausscheidet, dass schon keine adäquate Kausalität vorliegt (zur Frage der adäquaten Kausalität s. z.B. OLG Frankfurt, Urt. v. 11.7.2008 – 11 U 52/07). Denn wer nur einen Internetanschluss, aber sonst nichts vorhält, ermöglicht gerade nicht die Rechtsverletzungen durch Dritte:

Der [Vortrag] führt dazu, dass seitens der Beklagten nichts getan worden ist, was es Dritten in ihr zurechenbarer Art und Weise ermöglicht hätte, auf das Internet zuzugreifen. Aufgrund des Fehlens jeglicher Zugangseinrichtung kann nicht angenommen werden, dass seitens der Beklagten eine Willensbetätigung erfolgt ist, in ihrer Sphäre einen Zugang zum Internet zu ermöglichen. … Eine derart überspannte Betrachtungsweise würde die Störerhaftung in die Nähe einer Gefährdungshaftung rücken, durch die ein Betreiber eines Internetanschlusses bereits deswegen für Verletzungen haftet, weil er eine von einem Internetzugang ausgehende Gefahr eröffnet hat. Entsprechende Gefährdungshaftungstatbestände hat der Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen.

Der Fall offenbart in eindrücklicher Weise die Funktionsweise bzw. das Verhältnis von Beweislast und sekundärer Darlegungslast. Die Klägerin hatte argumentiert, dass die Beklagte über einen WLAN-Router verfügt haben muss – ansonsten hätte es ja nicht zur Rechtsverletzung kommen können. In tatsächlicher Hinsicht lässt sich daraus nur folgern: Entweder die Auskunft des Access Providers war falsch bzw. es hat über den Internet-Anschluss der Beklagten gar keine Rechtsverletzung stattgefunden, oder die Angaben der Beklagten waren unwahr. Das Gericht musste jedoch nach dem klaren und ausreichenden Vortrag der Beklagten und dem nicht mehr vertieften Vortrag der Klägerin von ersterem ausgehen.

Aus dem vorliegenden Fall lässt sich allerdings für andere Abmahnfälle kaum eine verwertbare Schlussfolgerung ziehen. Es dürfte die absolute Ausnahme darstellen, dass jemand, der über einen Internetanschluss verfügt, diesen nicht mehr nutzt und auch keine Geräte mehr in Betrieb hält. Für die Betreiber von WLAN-Knoten hält das Urteil jedenfalls keine neue Botschaft bereit. Für diese gilt bereits nach derzeitiger Rechtsprechung, dass sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast darlegen müssen, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass ein Dritter über ihren Anschluss die Rechtsverletzung begangen hat, und dass sie alle zumutbaren Prüfungs- und Überwachungspflichten (insb. Verschlüsselung (so der BGH im Urteil „Sommer unseres Lebens“) und ggf. Belehrung von minderjährigen Kindern (so BGH „Morpheus“) bzw. Gästen/Kunden (so z.B. LG Frankfurt) ergriffen haben.

(via @wbs-law)

(Update vom 28.8.2013)

Wie bei Golem berichtet wird, hat die Klägerin die Revision zum Bundesgerichtshof zurückgenommen. Weitere Einzelheiten finden sich auf der Webseite der Beklagtenvertreterin Wilde,Beuger,Solmecke. Das Urteil des LG München ist damit rechtskräftig.

 

Was WLAN TO GO (Telekom/FON) / Homespot (Kabel Deutschland) und die Freifunk FreedomFighter-Box gemein haben (Update)

In diesem Blog und an vielen anderen Stellen ist immer wieder über die Haftungssituation beim Betrieb von offenen WLANs berichtet worden. Die vom Gesetzgeber vernachlässigte und von der Rechtsprechung sehr weit ausgelegte sogenannte Störerhaftung unter gleichzeitiger Verweigerung der Anwendung der dem Wortlaut nach unzweifelhaft anwendbaren Privilegierung des § 8 TMG (und zusätzlich eine wohl europarechtswidrigen Nichtanwendung von § 8 TMG auf Unterlassungsansprüche) haben dazu geführt, dass eine Rechtsunsicherheit beim Betrieb von WLANs besteht.

(Update über das „Homespot“-Angebot von Kabel Deutschland unten)

1. Die FFF-Box

Es hat, auch darüber wurde berichtet, verschiedene Ansätze gegeben, die Situation der Betreiber offener WLANs gesetzlich zu verbessern. Die SPD hat eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet, die LINKE hat einen Gesetzesentwurf des Digitale Gesellschaft e.V. eingebracht – beides ohne Ergebnis. Die Regierungskoalition sieht für das Problem keinen Handlungsbedarf.

Die unbefriedigende Situation hat u.a. dazu geführt, dass die von der Freifunk-Community entwickelte und propagierte FreifunkFreedomFighter-Box (FFF-Box) so gut aufgenommen wurde. Die FFF-Box ist im Grunde ein WLAN-Access Point, der den Datenverkehr der Nutzer über ein VPN nach Schweden leitet und dort die Verbindung ins Internet herstellt.

Das Resultat ist, dass Nutzer der FFF-Box nicht mehr wie deutsche Nutzer, sondern eben wie schwedische Nutzer aussehen, da ihre öffentliche IP-Adresse nun schwedisch ist. Die rechtliche Unsicherheit (Störerhaftung, aber keine Privilegierung) wird dadurch auf einer tatsächlichen Ebene (Störerhaftung hier ja, aber die Verfolgung wird nach Schweden verlagert) gelöst. Der Inhaber der FFF-Box würde nach bisheriger deutscher Rechtsprechung möglicherweise als Störer anzusehen sein. Da er aber nicht wie ein deutscher Nutzer aussieht, wird er nicht in die Haftung genommen.

Dagegen könnte man einwenden, dass es sich nicht um eine Lösung des Problems handelt, sondern nur um eine Verlagerung (Symptome statt Ursache). Und der Einwand stimmt. Trotzdem: Die FFF-Box führt zu einer tatsächlichen Sicherheit der Betreiber. Und die ist zu begrüßen.

2. WLAN TO GO / FON

Kürzlich hat die Telekom bekannt gegeben, dass sie sich am WLAN-Hotspot-Betreiber FON beteilige. Kurz vor der Cebit hat die Telekom zusätzlich mitgeteilt, dass sie demnächst das Produkt WLAN TO GO anbieten wolle. Die Idee (wie vorher schon bei FON): Der Inhaber eines Telekom-Internet-Anschlusses stellt über einen speziellen WLAN-Router Dritten sein WLAN zur Verfügung. Dafür soll ein komplett getrenntes WLAN aufgebaut werden. Der Anschlussinhaber hat also ein privates WLAN, Kunden wird das WLAN TO GO-Netz angeboten.

Die Telekom macht Werbung damit, dass der Anschlussinhaber nicht für die (möglicherweise rechtswidrigen) Handlungen Dritter haftet:

Hafte ich für die Nutzung durch Dritte?

Nein! Die beiden WLAN sind vollständig von einander getrennt. Da ausschließlich authentifizierte Nutzer Zugang zu den Hotspots erhalten, kann die Nutzung rückverfolgt werden. Es besteht keinerlei Haftungsrisiko für eventuelle gesetzeswidrige Nutzung durch Dritte.

Dabei vermischt die Telekom zwei Dinge. Eine Rückverfolgung der Nutzung ist im Grunde nur dafür relevant, dass ausgeschlossen werden kann, dass eine rechtswidrige Handlung durch den Anschlussinhaber begangen wurde. Bemerkung am Rande: Eine Identifikationspflicht für Hotspots besteht gerade nicht (LG München I, Urt. v. 12.1.2012 – 7 HK O 1398/11; Mantz, CR 2012, 605). Viel wahrscheinlicher ist, dass die Telekom den Datenverkehr der über den WLAN TO GO-Anschluss angebundenen Dritten per VPN zu einem Telekom-Server leitet und dort ins allgemeine Internet entlässt – genauso wie die FFF-Box. Wenn dies nicht der Fall wäre, würde eine eventuelle Abmahnung schließlich noch immer beim Anschlussinhaber eintrudeln und nicht bei der Telekom.

Unter der Voraussetzung, dass diese Annahme stimmt, eine Gemeinheit für Anschlussinhaber, die bei WLAN TO GO mitmachen: Auch die Telekom verlagert das Problem nur. Tatsächlich könnte der Anschlussinhaber weiter als Störer zu qualifizieren sein. Denn er wirkt an der Rechtsverletzung durch den Dritten adäquat-kausal (nämlich durch Bereitstellung des WLAN-Knotens) mit. Als nächstes kommt es darauf an, ob er seinen Prüf- und Überwachungspflichten nachgekommen ist. Anstatt aber selbst diese Pflichten zu erfüllen, verlagert der WLAN TO GO-Anschlussinhaber diese auf die Telekom.

Die Frage ist nur: Erfüllt die Telekom die Pflichten, die ihnen von deutschen Gerichten auferlegt werden würden, wenn es sich um eine Privatperson oder einen Cafébetreiber handeln würde (Verschlüsselung, Port-Sperren, Hinweis, Überwachung etc. …)? Das darf bezweifelt werden, denn die Telekom kann es sich nicht erlauben, ein „kastriertes“ Internet anzubieten. Allerdings muss sich die Telekom darüber aber auch gar keine Gedanken machen. Denn sie kann sich ohne Weiteres auf die Privilegierung nach § 8 TMG berufen. Eine schreiende Ungerechtigkeit und auch eine Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der großen Telekommunikationsanbieter manifestiert sich auch in WLAN TO GO. Anbieter wie Freifunk, Café-Betreiber, Hotels etc. werden gegenüber der Telekom benachteiligt, da sie höhere Pflichten zu erfüllen haben als die Telekom (dank § 8 TMG).

Und die (derzeit entscheidungstragende) Politik hält es offenbar nicht für notwendig, dem abzuhelfen. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies bald ändern wird.

 3. „Homespot“ (Kabel Deutschland)

Am 11.10.2013 berichteten heise-online und Golem über ein ab November 2013 geplantes Angebot von Kabel Deutschland namens „Homespot“.

Heise-online beschreibt den Dienst wie folgt:

Der Netzbetreiber Kabel Deutschland will ab November 2013 seinen Homespot-Service starten, bei dem Privatkunden ihren Internet-Zugang mit anderen KDG-Kunden per WLAN teilen. Jeder KDG-Kunde, der Homespot anbietet, kann seinerseits die Homespots anderer KDG-Kunden kostenlos nutzen. … Die technische Plattform bilden laut Kabel Deutschland die bereits eingesetzten Router, die eine WLAN-Option haben. Fritz!Boxen zählen freilich noch nicht dazu. Teilnehmer, die das Homespot-WLAN nutzen, erhalten weder auf das private WLAN noch auf das LAN der Anbieter Zugriff. Die Störerhaftung übernimmt Kabel Deutschland.

Interessant ist der letzte Satz des Zitats: „Die Störerhaftung übernimmt Kabel Deutschland.“ Die oben zum Angebot der Telekom gemachten Aussagen treffen auf Kabel Deutschland ohne Weiteres ebenfalls zu. Das Ganze wird durch folgendes Tidbit noch ein wenig interessant: Kabel Deutschland kann die Störerhaftung u.a. deshalb so generös „übernehmen“, weil Kabel Deutschland im Rahmen des MABB-Förderprojekts in Berlin die Erfahrung gemacht hat, dass überhaupt keine Haftungsansprüche wegen der Verletzung von Rechten geltend gemacht werden – was übrigens an § 8 TMG liegen dürfte.

 

BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus: Überwachungspflicht der Eltern für minderjährige Kinder beim Filesharing

BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus

Der BGH hat am 15.11.2012 Stellung zur Haftung der Eltern für minderjährige Kinder genommen. Dabei ist bis jetzt nur die Pressemitteilung des BGH veröffentlicht, die Urteilsgründe stehen noch aus. Naturgemäß sind daher Aussagen über die Urteilsgründe und die Erwägungen des BGH nur eingeschränkt möglich. Nicht zu vergessen ist, dass die Pressemitteilung auch Erwägungen enthalten kann, die sich in den Urteilsgründen nicht wiederfinden werden (so z.B. bei BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens – zu § 97a UrhG, dazu hier und hier).

Zum Sachverhalt heißt es in der Pressemitteilung des BGH:

Bei den Beklagten handelt es sich um ein Ehepaar. Sie hatten den Internetanschluss auch ihrem damals 13 Jahre alten Sohn zur Verfügung gestellt, dem sie zu seinem 12. Geburtstag den gebrauchten PC des Beklagten zu 1 überlassen hatten. Bei einer vom zuständigen Amtsgericht angeordneten Durchsuchung der Wohnung der Beklagten wurde am 22.08.2007 der PC des Sohnes der Beklagten beschlagnahmt. Auf dem Computer waren die Tauschbörsenprogramme „Morpheus“ und „Bearshare“ installiert; das Symbol des Programms „Bearshare“ war auf dem Desktop des PC zu sehen.

Der BGH hatte zum einen die Frage zu beantworten, ob die Eltern Schadensersatz leisten müssen für die durch ihren Sohn mittels Filesharing begangenen Urheberrechtsverletzungen, eine Frage, die bisher zwischen den verschiedenen Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt wurde. Zum anderen begehrten die Klägerinnen den Ersatz von Abmahnkosten. Diese wären nicht nur zu gewähren, wenn der Anspruch auf Schadensersatz besteht, sondern auch, wenn die Beklagten als Störer haften würden.

Der BGH hat die Klage auf Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten abgewiesen. Zur Begründung heißt es in der Pressemitteilung:

Nach Ansicht des BGH genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kindes, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, bestehe grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen seien Eltern – so der BGH – erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.

Aus diesem kurzen Absatz lässt sich – unter Vorbehalt, wie oben angedeutet – folgendes lesen:

  1. Eltern, die ihre minderjährigen, aber schon teils einsichtigen Kinder belehren und ihnen Regeln für die Nutzung des Internet auferlegen, verstoßen nicht gegen eine Verkehrspflicht i.S.v. § 823 BGB, wenn sie das Kind nicht (ggf. lückenlos) überwachen und das Kind entgegen der Anweisung Rechtsverletzungen unter Nutzung des Internetanschlusses begeht. Daher scheidet ein Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG, § 823 Abs. 1, 832 BGB aus.
  2. Ebenso und aus dem selben Grunde scheidet im Rahmen der Störerhaftung nach §§ 97  Abs. 1 UrhG, 1004 BGB eine Haftung der Eltern auf Unterlassen aus, es sei denn, die Eltern hatten „konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses“. Für die Störerhaftung müsste den Eltern daher z.B. ein vorheriger Fall bekannt gewesen sein, in dem das Kind über das Internet Rechte verletzt hat.Offen bleibt, ob dies auf „kerngleiche Rechtsverletzungen“ zu beschränken ist. Wie der BGH entschieden hätte, wenn den Eltern bekannt war, dass der Sohn über das Internet Persönlichkeitsrechtsverletzungen (Beleidigung, Mobbing etc.) begangen hat, lässt sich daher noch nicht sagen. Ob die Urteilsgründe hierüber Aufschluss geben, muss abgewartet werden.
  3. Zum Abschluss ist zu beachten, dass der BGH nur über die Haftung der Eltern zu entscheiden hatte. Im vorliegenden Fall könnte aber eine Haftung des Sohnes nach §§ 823, 828 Abs. 3 BGB bestehen (s. hierzu auch bei Jens Ferner). § 828 Abs. 3 BGB lautet:

    Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

    Die (offenbar erfolgte) Belehrung durch die Eltern könnte hier ein Argument zu Lasten des Minderjährigen sein.

Letztendlich müssen die Urteilsgründe abgewartet werden, bevor eine abschließende Beurteilung des Urteils möglich ist, auch im Hinblick darauf, von welchen rechtlichen Erwägungen sich der BGH hat leiten lassen. Auf diese kann es in Bezug auf andere Fälle, insbesondere im Bereich der Störerhaftung, wesentlich ankommen.

S. auch weitere Kommentare bei