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LG Hamburg: Störerhaftung des Internet-Café-Betreibers

(LG Hamburg, Beschl. v. 25.11.2010 – 310 O 433/10)

Das LG Hamburg hat in einem einstweiligen Verfahren einem Internet-Café-Betreiber Unterlassung der Verbreitung eines Werks auferlegt. Über den Beschluss war bereits im letzten Jahr berichtet worden, nun liegt auch der Volltext vor (s. hier).

Der Antragsgegner haftet als Anschlussinhaber jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung verschuldensunabhängig auf Unterlassung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er vorgerichtlich geltend gemacht hat, die Rechtsverletzung sei durch einen Kunden seines Internet-Cafés begangen worden. Das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte birgt die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit in sich, dass von den Dritten Urheberrechtsverletzungen über diesen Zugang begangen werden. Dem Inhaber des Internetanschlusses sind Maßnahmen möglich und zumutbar, solche Rechtsverletzungen zu verhindern. So können insbesondere die für das Filesharing erforderlichen Ports gesperrt werden. Dass der Antragsgegner irgendwelche in diesem Sinne geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr der Umstand, dass es zu der vorliegenden Rechtsverletzung kommen konnte.

Der Beschluss des LG Hamburg liegt auf einer Linie mit seiner bisherigen sehr großzügigen Auslegung. Das Gericht setzt sich kaum mit der Materie auseinander und zieht sich wieder auf die altbekannten Positionen zurück.

So fordert das LG Hamburg, dass der Anschlussinhaber Portsperren ergreift. Dies hat es auch vorher schon getan. Das WLAN-Urteil des BGH (MMR 2010, 568 – Sommer unseres Lebens) hat diese Rechtsprechung zwar nicht explizit unterstützt, ihr aber auch keine Hindernisse in den Weg gelegt. Denn das Fazit aus dem BGH-Urteil war, dass für gewerbliche Betreiber Pflichten bestehen können, unbekannt ist aber das Ausmaß.

Dennoch hätte das LG Hamburg vor dem Hintergrund dieses BGH-Urteils Grund gehabt, sich intensiver mit der Materie auseinander zu setzen und die Prüfungspflichten genauer zu analysieren. Es ist weiter zu hoffen, dass das LG Hamburg in einem (möglicherweise folgenden) Hauptsacheverfahren auch Stellung dazu nimmt, warum Portsperren, die anerkanntermaßen unwirksam sind, tatsächlich verlangt werden können (vgl. LG Hamburg hier). Der Schluss des LG Hamburg, mit Portsperren wäre die Rechtsverletzung nicht erfolgt, geht jedenfalls fehl, denn Ports lassen sich in praktisch allen Filesharing-Programmen mit einfachsten Mitteln und praktisch ohne Vorkenntnisse ändern und Portsperren damit umgehen.

Gedanken zu den Auswirkungen des BGH Urteils zur Sicherung von WLANs, BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08

Ich habe eben die Beiträge zum BGH-Urteil (Pressemitteilung, erste Besprechung und Links hier) auf ard.de gesehen, dabei den Tagesschau-Beitrag mit einem Interview mit Patrick Breyer vom AK Vorratsdatenspeicherung und den Tagesthemen-Beitrag mit einem Interview mit Christian Solmecke.

In letzterem Beitrag wurde auch das Problem des Cafe-Inhabers angesprochen, der auf Nachfrage sein Passwort an seine Kunden herausgibt. Dieser sagte sinngemäß zum BGH-Urteil: „Sagt mir, was ich in Zukunft machen soll, und ich mache es.“

Und genau darin steckt das Problem der BGH-Entscheidung – wenigstens solange die Urteilsbegründung nicht vorliegt.

Denn ohne Urteilsbegründung wissen wir nicht, was der Betreiber des Cafes machen muss. Ob es reicht, dass er

  • ein nicht generisches Passwort verwendet und dieses an seine Kunden weiterreicht (diese Interpretation des Urteils ist bisher ohne weiteres möglich, der Cafe-Inhaber müsste also gar nichts ändern), oder ob er
  • täglich das Passwort wechseln muss (was nur gegen Rechtsverletzungen der Kunden der vorigen Tage hilft),
  • ob er den Dienst einstellen muss (was kaum gewollt sein kann),
  • ob er sich den Ausweis zeigen lassen muss und sich den Namen notieren muss (wobei dann unklar ist, wie er später feststellen soll, dass dieser Nutzer die Tat begangen hat, da er vom Rechtsinhaber nur die externe IP-Adresse erhält), oder ob er
  • eine umfangreiche Authentifizierungsinfrastruktur einbauen muss – was in vielen Fällen zur Einstellung des Dienstes führen dürfte.

Mit anderen Worten: Das Urteil ist genau so hilfreich wie die vielen Urteile des LG Hamburg und anderer Instanzgerichte, die immer nur eine bestimmte Handlung als nicht ausreichend für die Erfüllung der Prüfungs- und Überwachungspflichten beurteilt haben. Das ist zwar in einem Urteil auch ausreichend, da nur über den aktuellen Fall geurteilt wird. Aber beim LG Hamburg ist die Linie schon lange klar: So lange Filesharing betrieben wird, muss einer irgendwie haften. Ob wir dieses Spiel auch mit dem BGH mitmachen müssen?

Genau verhält es sich mit den Auswirkungen des Urteils für Freifunk, Universitäten etc. Der Sachverhalt ist kaum vergleichbar, deshalb muss erst die Urteilsbegründung abgewartet werden.

Rechtsanwalt Solmecke hat dazu gesagt, dass Anbieter, die offene WLANs haben, nachrüsten müssen. Das ist allerdings meiner Meinung nach noch nicht klar.

Wozu das Urteil des BGH führen könnte ist, dass Cafe-Betreiber in Zukunft eine Umgehungsstrategie verwenden und VPN-Anbieter im Ausland verwenden, die keine Daten speichern. Dass der BGH das gewollt haben soll, glaube ich kaum.