Wie hier schon mehrfach berichtet, hat das LG Köln im März diesen Jahres eine Entscheidung zur Auslegung des Begriffs „nicht-kommerzielle Nutzung“ in Creative Commons-NonCommercial-Lizenzen gefällt (LG Köln, Urt. v. 5.3.2014 – 28 O 232/13). Dabei ging das LG Köln im Ergebnis davon aus, dass nur die „rein private Nutzung“ als „nicht-kommerzielle Nutzung“ einzustufen sei.
Das Urteil ist teils begrüßt, teils kritisiert worden (z.B. hier und hier). Ich habe das im April zum Anlass genommen, einen Vortrag mit Frage- und Diskussionsrunde zu der Entscheidung auf dem IT-LawCamp Frankfurt 2014 zu halten (dazu mit Ergebnisbericht hier).
Problematisch ist in Bezug auf die NonCommercial-Lizenzen gerade die Frage, was denn als „nicht-kommerzielle Nutzung“ einzustufen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das BGH-Urteil „Meilensteine der Psychologie“ (Urt. v. 28.11.2013 – I ZR 76/12, BeckRS 2014, 08032) hinweisen, in dem der BGH sich im Hinblick auf die Schrankenregelung des § 52a UrhG mit der Begrifflichkeit – wenn auch nur kurz – auseinandersetzt.
§ 52a Abs. 1 UrhG lautet (Hervorhebung durch Verfasser):
§ 52a Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung
(1) Zulässig ist,
1.veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern oder
2.veröffentlichte Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ausschließlich für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung
öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.
Es handelt sich bei § 52a Abs. 1 UrhG um eine urheberrechtliche Schranke. Das bedeutet, dass unter den Voraussetzungen der Norm ansonsten urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass die öffentliche Zugänglichmachung „zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke“ gerechtfertigt ist. Hierzu schreibt der BGH nun im Urteil „Meilensteine der Psychologie“ (Rn. 42, Hervorhebung durch Verfasser):
Das Öffentlich-Zugänglichmachen der Teile des Werkes war „zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt“. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Unterricht und das Zugänglichmachen der Teile des Werkes – wie hier – nicht der Gewinnerzielung dienten (vgl. dazu Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 52a UrhG Rn. 15; Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 52a UrhG Rn. 16; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 52a UrhG Rn. 24; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 52a Rn. 13).
Der BGH geht also – übrigens in Übereinstimmung mit der juristischen Literatur – davon aus, dass „nicht der Gewinnerzielung dienend“ als Definition für „nicht-kommerzielle Verwertung“ anzusehen ist. Dabei sollte man berücksichtigen, dass Schrankenregelungen wie § 52a Abs. 1 UrhG stets im Sinne der Urheber eng auszulegen sind. Trotz dieser Vorgabe einer engen Auslegung ist für den BGH nicht-kommerziell nur, was nicht der Gewinnerzielung dient. In der Literatur wird hierzu sogar teilweise ergänzt, dass selbst im Falle, dass ein Entgelt zur reinen Kostendeckung erhoben wird, weiter eine „nicht-kommerzielle Verwertung“ vorliegt (z.B. Dreier/Schulze-Dreier, 4. Aufl. 2013, § 52a Rn. 13).
Auch das LG Köln hatte eine sehr enge, restriktive Auslegung gewählt, wobei es hierzu über den Grundsatz der Zweckübertragungslehre in § 31 Abs. 5 UrhG kam. Dennoch ist zwischen „rein privat“ (LG Köln) und „nicht der Gewinnerzielung dienend“ (BGH) ein großer Unterschied. Es liegt daher trotz einer engen Auslegung nicht fern, die vom BGH zu Grunde gelegte Auslegung auch auf den Begriff der „nicht-kommerziellen Nutzung“ in der Creative Commons NonCommercial-Lizenz anzuwenden. Wir werden sehen, ob das OLG Köln dies im Falle einer Berufung aufgreifen wird.
Am Rande sei übrigens bemerkt, dass Till Jaeger (iFrOSS) und ich für die Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR) eine Anmerkung zu dem Urteil verfasst haben, die voraussichtlich im Heft 7/2014 erscheinen wird.