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Was WLAN TO GO (Telekom/FON) / Homespot (Kabel Deutschland) und die Freifunk FreedomFighter-Box gemein haben (Update)

In diesem Blog und an vielen anderen Stellen ist immer wieder über die Haftungssituation beim Betrieb von offenen WLANs berichtet worden. Die vom Gesetzgeber vernachlässigte und von der Rechtsprechung sehr weit ausgelegte sogenannte Störerhaftung unter gleichzeitiger Verweigerung der Anwendung der dem Wortlaut nach unzweifelhaft anwendbaren Privilegierung des § 8 TMG (und zusätzlich eine wohl europarechtswidrigen Nichtanwendung von § 8 TMG auf Unterlassungsansprüche) haben dazu geführt, dass eine Rechtsunsicherheit beim Betrieb von WLANs besteht.

(Update über das „Homespot“-Angebot von Kabel Deutschland unten)

1. Die FFF-Box

Es hat, auch darüber wurde berichtet, verschiedene Ansätze gegeben, die Situation der Betreiber offener WLANs gesetzlich zu verbessern. Die SPD hat eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet, die LINKE hat einen Gesetzesentwurf des Digitale Gesellschaft e.V. eingebracht – beides ohne Ergebnis. Die Regierungskoalition sieht für das Problem keinen Handlungsbedarf.

Die unbefriedigende Situation hat u.a. dazu geführt, dass die von der Freifunk-Community entwickelte und propagierte FreifunkFreedomFighter-Box (FFF-Box) so gut aufgenommen wurde. Die FFF-Box ist im Grunde ein WLAN-Access Point, der den Datenverkehr der Nutzer über ein VPN nach Schweden leitet und dort die Verbindung ins Internet herstellt.

Das Resultat ist, dass Nutzer der FFF-Box nicht mehr wie deutsche Nutzer, sondern eben wie schwedische Nutzer aussehen, da ihre öffentliche IP-Adresse nun schwedisch ist. Die rechtliche Unsicherheit (Störerhaftung, aber keine Privilegierung) wird dadurch auf einer tatsächlichen Ebene (Störerhaftung hier ja, aber die Verfolgung wird nach Schweden verlagert) gelöst. Der Inhaber der FFF-Box würde nach bisheriger deutscher Rechtsprechung möglicherweise als Störer anzusehen sein. Da er aber nicht wie ein deutscher Nutzer aussieht, wird er nicht in die Haftung genommen.

Dagegen könnte man einwenden, dass es sich nicht um eine Lösung des Problems handelt, sondern nur um eine Verlagerung (Symptome statt Ursache). Und der Einwand stimmt. Trotzdem: Die FFF-Box führt zu einer tatsächlichen Sicherheit der Betreiber. Und die ist zu begrüßen.

2. WLAN TO GO / FON

Kürzlich hat die Telekom bekannt gegeben, dass sie sich am WLAN-Hotspot-Betreiber FON beteilige. Kurz vor der Cebit hat die Telekom zusätzlich mitgeteilt, dass sie demnächst das Produkt WLAN TO GO anbieten wolle. Die Idee (wie vorher schon bei FON): Der Inhaber eines Telekom-Internet-Anschlusses stellt über einen speziellen WLAN-Router Dritten sein WLAN zur Verfügung. Dafür soll ein komplett getrenntes WLAN aufgebaut werden. Der Anschlussinhaber hat also ein privates WLAN, Kunden wird das WLAN TO GO-Netz angeboten.

Die Telekom macht Werbung damit, dass der Anschlussinhaber nicht für die (möglicherweise rechtswidrigen) Handlungen Dritter haftet:

Hafte ich für die Nutzung durch Dritte?

Nein! Die beiden WLAN sind vollständig von einander getrennt. Da ausschließlich authentifizierte Nutzer Zugang zu den Hotspots erhalten, kann die Nutzung rückverfolgt werden. Es besteht keinerlei Haftungsrisiko für eventuelle gesetzeswidrige Nutzung durch Dritte.

Dabei vermischt die Telekom zwei Dinge. Eine Rückverfolgung der Nutzung ist im Grunde nur dafür relevant, dass ausgeschlossen werden kann, dass eine rechtswidrige Handlung durch den Anschlussinhaber begangen wurde. Bemerkung am Rande: Eine Identifikationspflicht für Hotspots besteht gerade nicht (LG München I, Urt. v. 12.1.2012 – 7 HK O 1398/11; Mantz, CR 2012, 605). Viel wahrscheinlicher ist, dass die Telekom den Datenverkehr der über den WLAN TO GO-Anschluss angebundenen Dritten per VPN zu einem Telekom-Server leitet und dort ins allgemeine Internet entlässt – genauso wie die FFF-Box. Wenn dies nicht der Fall wäre, würde eine eventuelle Abmahnung schließlich noch immer beim Anschlussinhaber eintrudeln und nicht bei der Telekom.

Unter der Voraussetzung, dass diese Annahme stimmt, eine Gemeinheit für Anschlussinhaber, die bei WLAN TO GO mitmachen: Auch die Telekom verlagert das Problem nur. Tatsächlich könnte der Anschlussinhaber weiter als Störer zu qualifizieren sein. Denn er wirkt an der Rechtsverletzung durch den Dritten adäquat-kausal (nämlich durch Bereitstellung des WLAN-Knotens) mit. Als nächstes kommt es darauf an, ob er seinen Prüf- und Überwachungspflichten nachgekommen ist. Anstatt aber selbst diese Pflichten zu erfüllen, verlagert der WLAN TO GO-Anschlussinhaber diese auf die Telekom.

Die Frage ist nur: Erfüllt die Telekom die Pflichten, die ihnen von deutschen Gerichten auferlegt werden würden, wenn es sich um eine Privatperson oder einen Cafébetreiber handeln würde (Verschlüsselung, Port-Sperren, Hinweis, Überwachung etc. …)? Das darf bezweifelt werden, denn die Telekom kann es sich nicht erlauben, ein „kastriertes“ Internet anzubieten. Allerdings muss sich die Telekom darüber aber auch gar keine Gedanken machen. Denn sie kann sich ohne Weiteres auf die Privilegierung nach § 8 TMG berufen. Eine schreiende Ungerechtigkeit und auch eine Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der großen Telekommunikationsanbieter manifestiert sich auch in WLAN TO GO. Anbieter wie Freifunk, Café-Betreiber, Hotels etc. werden gegenüber der Telekom benachteiligt, da sie höhere Pflichten zu erfüllen haben als die Telekom (dank § 8 TMG).

Und die (derzeit entscheidungstragende) Politik hält es offenbar nicht für notwendig, dem abzuhelfen. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies bald ändern wird.

 3. „Homespot“ (Kabel Deutschland)

Am 11.10.2013 berichteten heise-online und Golem über ein ab November 2013 geplantes Angebot von Kabel Deutschland namens „Homespot“.

Heise-online beschreibt den Dienst wie folgt:

Der Netzbetreiber Kabel Deutschland will ab November 2013 seinen Homespot-Service starten, bei dem Privatkunden ihren Internet-Zugang mit anderen KDG-Kunden per WLAN teilen. Jeder KDG-Kunde, der Homespot anbietet, kann seinerseits die Homespots anderer KDG-Kunden kostenlos nutzen. … Die technische Plattform bilden laut Kabel Deutschland die bereits eingesetzten Router, die eine WLAN-Option haben. Fritz!Boxen zählen freilich noch nicht dazu. Teilnehmer, die das Homespot-WLAN nutzen, erhalten weder auf das private WLAN noch auf das LAN der Anbieter Zugriff. Die Störerhaftung übernimmt Kabel Deutschland.

Interessant ist der letzte Satz des Zitats: „Die Störerhaftung übernimmt Kabel Deutschland.“ Die oben zum Angebot der Telekom gemachten Aussagen treffen auf Kabel Deutschland ohne Weiteres ebenfalls zu. Das Ganze wird durch folgendes Tidbit noch ein wenig interessant: Kabel Deutschland kann die Störerhaftung u.a. deshalb so generös „übernehmen“, weil Kabel Deutschland im Rahmen des MABB-Förderprojekts in Berlin die Erfahrung gemacht hat, dass überhaupt keine Haftungsansprüche wegen der Verletzung von Rechten geltend gemacht werden – was übrigens an § 8 TMG liegen dürfte.

 

In eigener Sache: Anmerkung zu OLG Köln, Urt. v. 5.6.2009 – 6 U 223/08: Geschäftsmodell von FON online

Ich habe nun auch meine Anmerkung zum Urteil des OLG Köln, Urt. v. 5.6.2009 – 6 U 223/08 zum Geschäftsmodell von FON, die in der MMR erschienen ist, online gestellt. Download hier.

Dazu s. auch:

Lesetipp: Kaeding, Haftung für Hot Spot Netze, CR 2010, 164

Nadja Kaeding hat in der CR 2010, Heft 3, S. 164-171 einen Aufsatz mit dem Titel „Haftung für Hot Spot Netze“ veröffentlicht. In dem Aufsatz beschäftigt sie sich mit dem Modell FON und untersucht die Haftungsfolgen dieses Modells, wobei sie insbesondere das Urteil des OLG Köln (Urt. v. 5.6.2009 – 6 U 223/08, MMR 2009, 695; s. dazu auch schon hier, sowie Mantz, MMR 2009, 697; Poleacov, CR 2009, 579, dazu hier; sowie Entscheidung der Vorinstanz LG Köln, Urt. v. 11.11.2008 – 33 O 210/07). Kaeding bezeichnet hierbei FON als Betreiber, die FON-Nutzer als Zugangsinhaber und den Access Provider als Anbieter.

I. Zugangsanbieter

Zunächst betrachtet Kaeding die Zugangsinhabers (=Foneros) und hier zunächst die vertraglichen Beziehungen des jeweiligen Nutzers mit dem Access Provider und die Folgen für FON. Interessant ist, dass Kaeding hier direkt zu dem Ergebnis kommt, dass das Teilen des Internetzugangs mit Dritten vertragswidrig ist – und zwar auch, wenn der Internetzugangsanbieter dies in seinen AGB nicht ausdrücklich untersagt hat:

Schließt der Anbieter einen Vertrag über einen Internetzugang mit einer Privatperson, so geht er auch von einer privaten Nutzung aus. Das ist erkennbare Grundlage für die Kalkulation der Höhe der Flatrate. Die private Nutzung ist meist von geringerer Intensität als die gewerbliche. Das Mitglied teilt seinen Internetzugang und die ihm zur Verfügung stehende Bandbreite mit anderen und erzielt daraus Einnahmen. Das erfüllt das die Voraussetzungen unternehmerischen Handelns. Gestatten die Bedingungen des Anbieters nur die private Nutzung des Anschlusses, ist die Teilnahme am Betreibermodell vertragswidrig. … Die Flatrate ist das Ergebnis einer Mischkalkulation; ihr liegt eine Prognose über das erwartete Durchschnittsverhalten der Nutzer zugrunde. … Das Teilen des Internetzugangs rund um die Uhr mit beliebigen Dritten geht aber weit über eine vergütungsmodellbedingte Änderung des Nutzungsverhaltens hinaus. Das Mitglied erzielt mit seinem Hot Spot Vorteile, ohne an den damit verbundenen Kosten beteiligt zu sein.

Kaeding sieht dies sowohl für „Bill“ als auch für „Linus“ (in FON-Diktion) so, da auch „Linus“ einen geldwerten Vorteil durch Ersparnis eigener Aufwendungen bei Nutzung der Zugänge anderer hat. In dieser Bewertung zeigt sich eine Gefahr von FON, auf die ich regelmäßig hinweise: Wer Geld einnimmt, dürfte als kommerziell einzustufen sein – und die entsprechenden Folgen tragen müssen. Ob man dies auch für die „Linus“-Nutzer so sehen muss, halte ich nicht für zwingend. Vorher wäre es interessant zu wissen, wie viele der „Linus“ jemals schon einen FON-Anschluss eines anderen Nutzers genutzt haben, um herauszufinden, ob diese wirklich etwas ersparen. Die Erwägungen von Kaeding lassen sich auf Freifunk etc. jedenfalls nicht übertragen, da die Nutzung hier noch immer im privaten Bereich stattfindet und gerade kein Geld fließt. Ob die Autorin aus den Überlegungen zu den Pflichten gegenüber den Internetzugangsanbietern und ihrer Kalkulation dies für Freifunk etc. ebenso sieht, lässt sich dem Beitrag nicht entnehmen. II. Folge für den Betreiber (=FON) Im weiteren analysiert Kaeding die Folgen für FON. Dabei sieht sie eine wettbewerbsrechtlich relevante Verleitung zum Vertragsbruch als gegeben an, wenn FON nicht die Access Provider in sein Angebot integriert. Das OLG Köln hatte hier sogar nur gesagt, dass dies der Verleitung zum Vertragsbruch „nahe sei“.

Das Betreibermodell ist also unlauter, soweit der Betreiber die Anbieter in sein Modell nicht integriert und diese der Nutzung ihrer Internetzugänge im Rahmen der Gemeinschaft nicht zustimmen.

Auch sieht sie – ebenfalls mit dem OLG Köln – in dem Modell eine Behinderung von Wettbewerbern.

Wer stets und vielerorts Zugang zum Internet über die Betreiber-Gemeinschaft findet, benötigt ggf. kein eigenes WLAN und muss auch nicht in anderen kostenpflichtigen und stationären Einrichtungen wie Internetcafés den Internetzugang suchen. Der Betreiber, die Anbieter von DSL-Anschlüssen, gleich ob sie ein eigenes Netz unterhalten oder nicht und deren Kunden, wie Lokale, Internetcafés, die ihrerseits (drahtlose) Internetzugänge anbieten, sind daher Mitbewerber. …  Die durch das Betreibermodell begründete Mehrauslastung der bereitgestellten Bandbreite treffen allein die Anbieter, die die damit verbundenen Mehrkosten nicht weitergeben können. Das Betreibermodell nutzt die unternehmerische Entscheidung des Anbieters über sein Vergütungsmodell aus und wendet sich zugleich dagegen. Eine flächendeckende Ausbreitung des Hot Spot-Netzes würde bezahlbare Flatrates für private Haushalte unmöglich machen.

Weiter nimmt Kaeding an, dass das Betreibermodell das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt:

Die konsequente und anhaltende Mehrauslastung der bereitgestellten Bandbreite zwingt die Anbieter, die Vergütung zu erhöhen, zu einer nutzungsbezogenen Vergütung zurückzukehren oder verbietet es, die Flatrate zu senken. Sie verlieren die Freiheit, über die Gestaltung der Vergütung für ihre Leistungen zu entscheiden. Das geht über eine sozial übliche Behinderung hinaus und erfüllt die Voraussetzungen des betriebsbezogenen Eingriffs.

Leider belegt die Autorin diesen Teil ihrer Thesen nicht. Ebenso wie schon das OLG Köln übernimmt sie dabei im Grunde den Vortrag der dortigen Klägerin 1&1. Denn ob FON tatsächlich einen so großen Einfluss hat, wie ihn das OLG Köln und Kaeding ihm zuschreiben, darf bezweifelt werden. Es wäre interessant zu wissen, wie viel Traffic über FON-Hotspots tatsächlich abgewickelt wird. Bezeichnenderweise hatte das OLG Köln sein Ergebnis auf den Vergleich des Normalnutzers (wenig Traffic) mit einer vollen Auslastung der Leitung gestützt. Dies tut die Autorin hier nicht, geht aber dennoch von einer sehr starken Belastung aus. Wenn man bedenkt, dass die DSL-Anbieter in den letzten Jahren kontinuierlich ihre Preise gesenkt haben, dann scheinen sie in dieser Freiheit zumindest nicht allzu stark beeinträchtigt zu sein.

Anschließend wendet sich Kaeding der Frage zu, ob der Zugangsinhaber (=Fonero) selbst wettbewerbsrechtlich unlauter handelt. Ein täterschaftliches Handeln sieht die Autorin dabei nicht, allerdings sieht sie eine Teilnahme an der Handlung objektiv gegeben. Nur der (möglicherweise fehlende) Vorsatz im Einzelfall schützt den Fonero. Jedoch sieht Kaeding die Berichterstattung über das Urteil des OLG Köln belegt durch Blogs und Online-Berichte als Indiz für eine Bekanntheit und damit ein Verschließen vor der Wahrheit durch den jeweiligen Fonero. Hier greift Kaeding meines Erachtens zu kurz. Direkt aus der Berichterstattung in verschiedenen Blogs darauf zu schließen, dass Foneros vom Urteil gehört haben und dieses richtig einordnen, kann zwar im Einzelfall so sein, aber sicher nicht als generelle Regel dienen.

S. dazu auch Mantz, K&R 2007, 566, 567 (Download hier):

Als tatsächliche Frage ist demnach bei einem Sicherheitsproblem jeweils zu entscheiden, ob dieses konkrete Sicherheitsproblem als allseits bekannt angesehen werden kann. Die Behandlung dieser Frage ist bisher noch ungeklärt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass ein Problem erst weithin bekannt ist, wenn eine ausführliche und mehrfache Berichterstattung in Massenmedien erfolgt ist. Ist das Sicherheitsproblem lediglich in Fachzeitzeitschriften aufgegriffen worden, so kann gerade der weniger interessierte Nutzer,
und damit die für die Pflichtenbestimmung wesentliche Gruppe der Mehrheit der Nutzer, die Problematik kaum kennen. Auch wer IT-spezifische Informationskanäle nicht nutzt, muss zumindest die Möglichkeit gehabt haben, vom Sicherheitsproblem in seinen Grundzügen erfahren zu haben.

II. Missbrauch von Hotspots / Verkehrssicherungspflichten und Störerhaftung

Anschließend wendet sich Kaeding dem Missbrauch von Hotspots durch Dritte zu. Hierbei beschränkt sie die möglichen Rechtsverletzungen nicht nur auf die typischen Filesharing-Fälle, also Urheberrechtsverletzungen, sondern betrachtet auch den über einen Hotspot plazierten Boykottaufruf (Wettbewerbsrechtsverletzung) oder die Schädigung des Foneros selbst durch die Nutzung von Mehrwertdiensten.

1. Wettbewerbsrecht

Bezüglich der Haftung für Wettbewerbsrechtsverletzungen des Nutzers nimmt Kaeding eine Haftung des Hotspotinhabers an.

Ist es aber an den Einnahmen aus der Nutzung des Hot Spots beteiligt, so hat es ein konkretes Interesse an der Nutzung als solcher. Das ist vergleichbar mit der Situation von eBay in der BGH-Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay”. Auch eBay hat kein konkretes Interesse am Verkauf jugendgefährdender Medien, sondern am Verkauf von Waren als solches. Dieses geschäftliche Eigeninteresse kann also den Marktbezug begründen.

Die Pflichten des Foneros zieht Kaeding sehr weit. Bei einer Abmahnung verlangt sie, dass der Fonero den Vorfall FON meldet und diesen auffordert, den rechtsverletzenden Nutzer zu sperren. Zudem sieht sie eine Pflicht, die Sicherheitsmaßnahmen von FON zu überprüfen, ggf. durch Nachfrage bei FON.

Die Rechtsprechung zum Missbrauch von WLANs ist vielfältig, hat aber vor allem das Ergreifen technischer Maßnahmen zum Gegenstand. Solche Maßnahmen, wie Verschlüsselung, Abschalten, Installation von VPN-Software sind dem Mitglied vertraglich verwehrt. Doch es verbleiben dem Mitglied nichttechnische und vertragskonforme Möglichkeiten, die Beeinträchtigung abzustellen: Es kann sich an den Betreiber wenden, der seinerseits die Möglichkeit hat, den unmittelbaren Verletzer ausfindig zu machen und ihm erneute Zugangsberechtigungen zu verwehren.

Das ist nach meiner Auffassung viel zu weit und damit unzumutbar. Zwar kann man verlangen, dass der Fonero den Vorfall meldet, aber weitere Möglichkeiten hat er praktisch kaum. Eine Sperrung des Nutzers geht deutlich über das Verhindern einer „kerngleichen“ Verletzung wie sie die Rechtsprechung verlangt hinaus, sondern verbietet jegliche Nutzung durch das Mitglied. Unklar ist zudem, ob FON hierzu vertraglich in der Lage wäre.

Foneros, die das Modell „Linus“ nutzen und deshalb nicht geschäftlich handeln, sieht Kaeding in der Störerhaftung und setzt für die entsprechenden Prüfungs- und Überwachungspflichten die gleichen Maßstäbe.

Die Haftung des Foneros ist nach Kaeding übrigens subsidiär, tritt also zurück, sofern der Verletzte gegen den Forenbetreiber vorgehen kann.

Interessant ist, das Kaeding bei Foneros ohne Probleme die Privilegierung des § 8 TMG anwendet, also die Haftung für Schadensersatzansprüche ausschließt. Dies ist konsequent, aber durch die Rechtsprechung (leider) immer noch nicht behandelt worden. Auch der BGH hat in der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08, s. dazu schon hier, hier, hier und hier) dazu keine Entscheidung getroffen.

Auch FON selbst sieht Kaeding dann in der Haftung.

2. Urheberrechtsverletzung

Bezüglich der Urheberrechtsverletzung durch den Nutzer nimmt Kaeding zunächst mit der wohl hM in der Literatur einen Gleichlauf zwischen Urheber- und Wettbewerbsrecht an. Diesen hat der BGH allerdings erst kürzlich abgelehnt (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens).

Die Nutzung des Hot Spots ist unmittelbarer Teil der Rechtsverletzung, was Verkehrssicherungspflichten für den Betreiber und alle Mitglieder der Gemeinschaft begründet.

Allerdings dürfte nach Auffassung von Kaeding dann die Störerhaftung greifen. Das Pflichtenprogramm sieht sie ebenso wie bei der Wettbewerbsrechtsverletzung. Auf die Unterschiede zwischen der Begehungsform (Filesharing vs. Einstellen in einem Forum) und damit auch die Zumutbarkeit von Gegenmaßnahmen geht sie nicht weiter ein – was sie auch nicht muss, da sie eine Haftung bereits annimmt.

III. Fazit

Im Fazit glaubt Kaeding, dass sich die Probleme beheben lassen, weil FON mit allen Access Providern entsprechende Verträge schließen wird.

Die wettbewerbsrechtlichen und zivilrechtlichen Bedenken, die bei Hot Spot-Netzen derzeit generell bestehen, werden sich langfristig durch Einbinden der Anbieter in diese Netzmodelle überholen.

Insgesamt ist der Beitrag lesenswert und interessant. Leider betrachtet er eben nur das Modell FON und lässt die Auswirkungen auf andere Netzgemeinden wie Freifunk etc. völlig außer Betracht. Auch die zu Recht am Urteil des OLG Köln vorgebracht Kritik greift die Autorin nicht auf, sondern folgt dem OLG Köln vergleichsweise unkritisch in allen wesentlichen Punkten.

Anmerkungen zu OLG Köln – FON; Poleacov, Anmerkung zu OLG Köln, Urteil vom 5.6.2009 – 6 U 223/08, CR 2009, 579

Mittlerweile ist die Anmerkung zum Urteil des OLG Köln zur Lauterbarkeit des Geschäftsmodells von FON in der MMR erschienen (OLG Köln Urteil vom 5.6.2009 – 6 U 223/08, MMR 2009, 695, Anmerkung MMR 2009, 697-700, s. dazu eingehend schon hier).

In Heft 9 der CR ist zu dem Urteil eine weitere Anmerkung von Peter Poleacov abgedruckt (CR 2009, 579). Auch Poleacov verweist darauf, dass der Traffic, der durch FON verursacht wird, kaum so groß sein dürfte, wie es das OLG Köln angenommen hat. Er verweist hierfür auch auf eine Studie von Middleton/Potter (Is it Good to Share? A Case Study of FON and Meraki – Approaches to Broadband Provision, http://www.cwirp.ca/files/CWIRP_FON_Meraki.pdf). Eine gezielte Behinderung von DSL-Providern durch FON sieht Poleacov entgegen der Ansicht des OLG Köln ebensowenig wie eine allgemeine Marktbehinderung. Auch ein Ausnutzen fremden Vertragsbruchs liege nicht vor – wie es auch das OLG Köln schon ausgeführt hat.

Die Anmerkung von Poleacov ist hier online abrufbar: http://www.hlfp.de/dl/articles/909_Beitrag%20Poleacov%20CR.pdf.

LG Köln, Urt. v. 11.11.2008 – 33 O 210/07 – Geschäftsmodell von FON

Mittlerweile hat das NRW-Justizportal auch die erstinstanzliche Entscheidung zum Geschäftsmodell von FON (OLG Köln, Urt. v. 5.6.2009 – 6 U 223/08) online gestellt.

Der Volltext kann hier abgerufen werden.

Zur Begründung des LG, die das OLG Köln in weiten Teilen übernommen hat, bzw. der Kritik daran, siehe die kurze Besprechung hier, und im nächsten Heft der MMR.

OLG Köln, Urt. v. 5.6.2009 – 6 U 223/08: Geschäftsmodell von Fon + kurze Besprechung

Das OLG Köln hat am 5.6.2009 das Geschäftsmodell von FON (http://www.fon.com) als wettbewerblich unlauter beurteilt und der Klage von 1&1 auf Unterlassung und Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz stattgegeben (Volltext hier).

Über das Urteil wurde schon mehrfach berichtet, u.a.

Die Schlussfolgerungen des OLG Köln sind allerdings wenigstens fraglich. Gegen das Urteil hat FON Revision eingelegt.

Im Einzelnen:

I. Wettbewerbsverhältnis

Das OLG Köln hat angenommen, dass FON und 1&1 Wettbewerber sind. Allerdings vergleicht es hierfür das mobile Angebot von 1&1 und FON. Im Tatbestand beschreibt es aber hauptsächlich, dass 1&1 Festnetzanschlüsse verkauft, die die Nutzer über einen WLAN-Router im ganzen Haus nutzen können. Außerdem ist das mobile Angebot eines über GPRS oder UMTS. Dass hier Vergleichbarkeit vorliegt, ist also wenigstens nicht offensichtlich. Damit ist auch das Wettbewerbsverhältnis nicht ganz eindeutig. Aufgrund einer sehr weiten Auslegung des Wettbewerberbegriffs im UWG dürfte das OLG aber im Ergebnis recht haben.

II. Unlauterkeit

Weiter sei das Geschäftsmodell von FON „schmarotzerisch“ und unlauter, da es das Geschäftsmodell „Flatrate“ von 1&1 durcheinander bringe. Dabei stellen LG und OLG auf die Mischkalkulation Flatrate ab.

Leider geht das OLG hier von zwei vollständig unterschiedlichen Szenarien aus: Im Flatrate-Modell produziert der Nutzer nur vergleichsweise wenig Traffic. Andererseits nimmt das OLG an, dass die Kunden der Foneros den Anschluss des Foneros ständig zu 100% ausnutzen und deshalb die Flatrate-Kalkulation nicht mehr funktioniert. Das OLG geht auf der einen Seite also davon aus, dass der typsiche Nutzer wenig Traffic verursacht, dass aber andererseits der Fonero automatisch so viel Traffic verursacht, dass die Leitungen glühen.

Mit diesem Argument bekommt man eine Erheblichkeit im Sinne des Wettbewerbsrechts einigermaßen hin. Allerdings sind die Annahmen des OLG erstens falsch und zweitens überhaupt nicht belegt. Denn:

  • der einzelne Fonero dürfte nur wenige Kunden haben. FON ist derzeit noch kein Massengeschäft
  • die Anzahl der Foneros dürfte im Vergleich zu den Gesamtinternetnutzern gering sein
  • wenn die „Kunden“ der Foneros tatsächlich die Leitung voll auslasten würden, würde das den Fonero in kürzester Zeit so sehr stören, dass er den Knoten wieder abschalten würde.
  • Das FON-Angebot ist ein mobiles Angebot, das gerade nicht als Ersatz für einen echten (DSL-)Anschluss taugt. Der „Kunde“ des Foneros dürfte also darüber (wie im Internet-Cafe) seine Emails abrufen, ein wenig auf YouTube rumsurfen, aber keine Filesharing-Clients laufen lassen. Der Traffic ist also auch eher gering. Das Gegenteil hätte 1&1 in diesem Fall erstmal ordentlich vortragen müssen. Das Gericht nennt aber auch nicht mal eine Zahl. Es ist also davon auszugehen, dass 1&1 lediglich pauschale Behauptungen aufgestellt hat, ohne das ordentlich zu untermauern.
  • Selbst wenn man dem OLG für den konkreten Fall 1&1 (=Reseller) folgt: Die Kalkulation ist bei den Nicht-Resellern sicher eine ganz andere! Wenn ich aber einen Vergleich mit dem Gesamtmarkt mache, dann brauche ich Zahlen über die Kalkulation der anderen Wettbewerber, bevor ich auch nur anfangen kann, an eine Marktstörung oder Marktbehinderung zu denken.

LG und OLG müssen sich also fragen lassen, auf welcher Grundlage sie zu ihrem Ergebnis gekommen sind. Nach dem Urteil sieht es leider eher nach einer ergebnisorientierten Argumentation aus. Mal sehen, was der BGH damit anfängt.

III. Keine Übertragbarkeit auf Freifunk

Eines sollte für dieses Urteil aber gleich festgestellt werden: Es ist auf Freifunk und die Gemeinde offener und freier Netze nicht übertragbar. Denn Freifunk hat kein und verfolgt kein „Geschäftsmodell“. Freifunk handelt auch nicht geschäftlich i.S.v. § 2 Nr. 1 UWG, weder durch seine Mitglieder noch durch die Vereine. Geschäftshandlungen sind nämlich nur Handlungen von Gewerbetreibenden. Während FON als ein Unternehmen handelt, das die Leistungen der Foneros Dritten entgeltlich anbietet, sind die offenen Netzcommunities „nur“ die Gesamtheit von Einzelpersonen, die eine gemeinsame Idee verbindet. Von Gewerblichkeit kann hier also nicht die Rede sein. Auch die Definition des Mitbewerbers in § 2 Nr. 3 UWG – wesentliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs im vorliegenden Urteil – ist bei Freifunk nicht erfüllt, denn Mitbewerber kann ebenfalls nur ein Unternehmer sein (Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, aaO, § 2 Rn. 93). Auch der Freifunk e.V. kann insofern nicht nach dem UWG in Anspruch genommen werden (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, aaO, § 2 Rn. 119).

Dies sieht auch Adrian Schneider von Telemedicus so. Dass teilweise getitelt wurde „OLG Köln verbietet Freifunknetz Fon“ ist eine Vermischung von Freifunk und FON, mehr nicht.

Die Gegenauffassung vertritt wohl Christoph Rempe im J!Cast 74 („auch unentgeltlliches privates Teilen ist rechtwidrig“), aber mit wenig überzeugender Begründung (ziemlich am Ende des J!Cast).

Interessant sind übrigens noch die Diskussionen im Beck-Blog. Auch auf der berlin-wireless-Liste wurde das Urteil diskutiert, allerdings war schnell klar, dass Auswirkungen auf Freifunk nicht zu befürchten sind.

Das Urteil erscheint im Volltext demnächst in der MMR mit einer ausführlichen Anmerkung.

Update: Urteil und Anmerkung sind jetzt erschienen in der MMR 2009, 695 (697)

Update: In der CR 2009, 579 ist eine Anmerkung zum Urteil von Poleacov erschienen.

Lesetipp: Bleich (+Heidrich), Privat-Provider, c’t 2/2009, 132-134

Schon etwas länger her: In der c’t, Heft 2/2009, S. 132-134 stellt Holger Bleich unter dem Titel „Privat-Provider – Warum WLAN-Sharing hierzulande nicht in Gang kommt“ Modelle des WLAN-Sharing (insb. FON) vor und beschreibt – wie der Titel vermuten lässt – warum in Deutschland das Modell nicht so richtig ankommt.

„Diese Zurückhaltung nur damit zu begründen, dass die deutschen DSL-Nutzer angeblich per se ungerne teilen, greift allerdings zu kurz. Vorbehalte gegenüber dem WLAN-Sharing rühren auch aus den Techniken zur Umsetzung. Jeder Anbieter hat seine eigene Methode, beim Kunden einen Hotspot zu realisieren. Gemeinsam ist ihnen, dass entweder die Router-Software manipuliert oder ein zweites Gerät angeschafft werden muss. Vor beidem schrecken viele Anschlussinhaber zurück. Fon-Hotspot-Betreiber etwa müssen für mindestens 20 Euro einen zweiten Router namens La Fonera beim Anbieter kaufen, der dann in einen Ethernet-Port des heimischen DSL-Routers gesteckt wird. La Fonera bietet gleichzeitig ein ungesichertes WLAN für den Hotspot und ein WPA-geschütztes für die private Nutzung an. Das Gerät hängt hinter der Firewall des eigentlichen DSL-Routers, also de facto als Fremdkörper im internen Netz. Da muss man also dem Anbieter einiges Vertrauen entgegenbringen, der die Geräte vorkonfiguriert.“

Im Anschluss daran stellt Joerg Heidrich die rechtliche Situation dar – in deutlicher Weise unter der Überschrift „Rechtliche Unwägbarkeiten“. Dabei spricht er die divergierende Rechtsprechung (dazu u.a. hier) im Bereich der Störerhaftung kurz an.

„Unter diesen Gesichtspunkten bestehen für Anbieter von WLAN-Sharing, die zur Sicherheit Surferdaten mitloggen, zumindest juristische Unwägbarkeiten. Dies gilt für den Betreiber dann, wenn er mit seiner IP-Adresse sichtbar nach außen auftritt und daher derjenige ist, der im Rahmen einer Rechtsverletzung als erster „Verdächtiger“ ermittelt wird. Im Bereich des Zivilrechts besteht zwar unter Umständen die Möglichkeit, sich entstandene Kosten bei dem tatsächlichen Schädiger zurückzuholen. Doch dieses Verfahren ist natürlich umständlich und zeitintensiv.“

Anschließend geht er auf die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung ein. Auch hier sieht er richtigerweise Unsicherheiten darüber, ob der Betreiber eines offenen Netzes Daten nach § 113a TKG speichern muss (weitere Infos dazu hier).

„Dem Gesetzeswortlaut ist zu entnehmen, dass wohl insbesondere offene Projekte wie Freifunk, die auf eine Registrierung der teilnehmenden Nutzer verzichten, ab diesem Jahr in Konflikt mit der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung geraten dürften. Andererseits ergibt technisch in diesen Fällen eine Speicherung wenig Sinn. Denn da für die einzelnen Surfer ja nur lokale IPs vergeben werden und keine Möglichkeit der Rückverfolgung besteht, würde die Speicherungspflicht leer laufen. Die Folge könnte sein, dass der Betrieb von derlei WLAN-Roaming-Netzwerken ab 2009 rechtswidrig ist.“

Hier wird/wurde der Artikel diskutiert: http://www.fonboard.de/viewtopic.php?f=2&t=4273