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KG Berlin zur Störerhaftung bei Freifunk mit Zapp-Script und zur Privilegierung nach § 8 TMG

Das Kammergericht (KG) Berlin hat am 8.2.2017 in einem Verfahren eines Freifunkers gegen einen abmahnenden Rechteinhaber eine Entscheidung getroffen. Zu dem Verfahren hatte ich hier im Blog schon berichtet. Kläger war ein Freifunker, der eine Splash-Seite und das Zapp-Script (dazu hier) installiert hatte. Er war abgemahnt worden und hatte daraufhin negative Feststellungsklage mit dem Ziel erhoben, feststellen zu lassen, dass der beklagte Rechteinhaber die in der Abmahnung behaupteten Rechte gegen ihn nicht hat.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben (meine Bewertung dazu hier), dagegen hatte die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Verfahrens hat die Beklagte dann auf die Ansprüche gegen den Kläger verzichtet. Daraufhin wurde das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und das Kammergericht musste nur noch über die Kosten entscheiden.

Die Entscheidung im Volltext (meine Anmerkungen dazu unten):

KG Berlin, Beschl. v. 08.02.2017 – 24 U 117/15

Leitsätze (von mir):

  1. Auch nach Änderung des § 8 TMG werden Unterlassungsansprüche von der Privilegierung bei richtlinienkonformer Auslegung nicht erfasst.
  2. Sicherungsmaßnahme im Sinne der Rechtsprechung des EuGH kann nicht nur die Verschlüsselung des WLANs und die Identifizierung der Nutzer sein. Vielmehr können auch andere Maßnahmen, die Rechtsverletzungen der Nutzer erschweren, die Störerhaftung entfallen lassen.

Tenor:

I. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen (§ 91a ZPO).

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.000,- EUR festgesetzt.

GRÜNDE

A.

Nachdem die Parteien den eine negative Feststellungsklage betreffenden Rechtsstreit in der Hauptsache mit widerstreitenden Kostenanträgen für erledigt erlärt haben, war gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Danach erschien dem Senat eine Kostenverteilung wie zu I. des Beschlusstenors quotiert angemessen.

Ohne die auf Seite 7 der Sitzungsniederschrift vom 8. Februar 2017 abgegebene Erklärung, dass die Beklagte gegen den Kläger keine Ansprüche aus einer angeblichen Urheberrechtsverletzung vom 15. März 2013 mehr herleitet, sondern auf diese verzichtet, und die daraufhin übereinstimmend erklärte Erledigung der Hauptsache wäre im Hinblick auf einen gegen den Kläger als Störer gerichteten Unterlassungsanspruch der Beklagten weiter Beweis zu erheben gewesen und war der Prozessausgang insoweit nicht gesichert, sprach insoweit allerdings mehr für ein Obsiegen des Klägers als für sein Unterliegen.

Die in Rede stehende IP-Adresse im fraglichen Zeitpunkt am 15. März 2013 ist dem Kläger zuzuordnen, ohne dass gegen die 1&1 Internet AG als Reseller ein gesonderter Beschluss betreffend die Zuordnung der zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzten dynamischen IP-Adresse als bloßes Bestandsdatum erforderlich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Rn. 20 zitiert nach juris – Sommer unseres Lebens). Dass zur fraglichen Zeit am 15. März 2013 über diese IP-Adresse eine Folge von The Walking Dead zum Herunterladen durch andere Nutzer im Wege des Filesharings angeboten worden ist, sieht der Senat ohne Verbleib vernünftiger Zweifel deshalb als zugrundezulegen an, weil unter einer ebenfalls dem Kläger zugeordneten IP-Adresse am 6. April 2013 dasselbe Werk angeboten worden ist. Unbeschadet der Einwände gegen die Erfassung von Rechtsverletzungen für die Beklagte durch die Guardeley Ltd. liegt es ausgesochen fern, dass es kurz nacheinander zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Kön, Urteil vom 16. Mai 2012 – I-6 U 239/11- Rn.4 zitiert nach juris).

Auch wenn eine täterschaftliche Begehung durch den Klägerin ausgeräumt ist, weil der Senat hierfür die durch Zeugenaussagen bewiesene und durch die eigenen Angaben des informatorischen angehörten Klägers untermauerte Freifunkereigenschaft des Klägers genügen lässt, stand eine Störerhaftung des Klägers für den auf §§ 97 Abs.1 S.1, 2,19a UrhG gestützten Unterlassungsanspruch weiterhin im Raum. Die schon in BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, Rrn. 22 ff. zitiert nach juris – Sommer unseres Lebens – angesprochene Prüfpflicht mit der Folge der Störerhaftung, wenn gebotene Sicherungsmaßnahmen unterbleiben, besteht nach Auffassung des Senats für „altruistische“ Freifunker auch nach der jüngsten Änderung des § 8 TMG bei richtlinienkonformer Auslegung im Lichte des Urteils des EuGH vom 15. September 2016 – C-484/14 „McFadden“ (GRUR 2016, 1097 ff.) fort. Es kam also bei Beweispflicht des Klägers darauf an, ob er bei Verzicht auf einen Passwortschutz die sonstigen Sicherungsmaßnahmen im Sinne des Beweisbeschlusses vom 19. Januar 2016 (Bd. II Bl. 10 d.A.) tatsächlich und Rechtsverletzungen zumindest hinreichend erschwerend ergriffen hatte. Dies lässt sich nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt der Abgabe der Hauptsacheerledigungserklärungen nicht abschließend beantworten. Auch wenn nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen V…, der allerdings den Router des Klägers selbst in Nachhinein sinnvoll nicht mehr begutachten konnte, den Angaben der vom Kläger benannten Zeugen P… und R… und den eigenen Bekundungen des informatorisch befragten Klägers schon manches dafür spricht, dass dies der Fall gewesen sein könnte, waren noch etliche Restzweifel und Fragen offen. Anders als vom Kläger schriftsätzlich behauptet worden ist, hatte der Zeuge P… das Aufspielen der Firmware auf den Router des Klägers nicht selbst vorgenommen, der Zeuge R… ohne nicht nicht, so dass die Beweisführung mittelbarer bleiben musste, was die Beweisanforderungen im Übrigen mit prägen muss und ein weiteres Abarbeiten der ohnehin schriftsätzlich von der Beklagten zum schriftlichen Sachverständigengutachten bereits angekündigten Fragen unentbehrlich gemacht hätte. Zur Versionsnummer des verwendeten Zapp-Scripts und zum eingestellten Schwellwert ist selbst aus der Aussage des Zeugen P… wenig Honig zu saugen. Unwägbarkeit und weiteren Aufklärungsbedarf zum Schwellwert wirft auch die Angabe des Zeugen R…, der auch größere Datenmengen heruntergeladen hat, auf, im Jahre 2013 habe es bei Benutzen des klägerischen Freifunkanschlusses durch ihn zwar durchaus mal „geruckelt“, im Ergebnis habe er aber die gewünschte Datenmenge erlangt.

Der bei bloßer Störerhaftung nicht gegebene Schadensersatzanspruch fällt hier entsprechend § 92 Abs. 2 ZPO bei der nach § 91a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung nicht ins Gewicht.

B.

Der Streitwert für das Berufungsverfahrens beträgt bis zu 16.000,00 EUR, §§ 3,4 ZPO. Dabei folgt der Senat den Erwägungen der Vorderrichter aus dem Beschluss vom 7. Juli 2015 zur Bewertung der Hauptansprüche, war aber § 4 ZPO zu den Nebenforderungen zu beachten.

 

ANMERKUNG

Mir liegt nur der Beschluss des Kammergerichts vom 8.2.2017 vor. Das KG macht dabei Ausführungen, die ich ohne Kenntnis der Akte und der mündlichen Verhandlungen, insbesondere der bisher schon durchgeführten Beweisaufnahme nicht abschließend bewerten kann. Der folgende Beitrag enthält daher einen gewissen Anteil „Kaffeesatzleserei“.

Weil die Konstellation der negativen Feststellungsklage nicht so häufig ist, spreche ich im Folgenden statt von „Kläger und Beklagte“ lieber von „Freifunker“ und „Rechteinhaber“. Dann sind die Rollen klarer.

Zunächst zur Einstimmung der prozessuale Hintergrund:

Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Für einen solchen Fall sieht § 91a ZPO ein besonderes Verfahren vor, in dem nur noch über die Kosten des Verfahrens entschieden werden soll. Es soll insbesondere nicht mehr Beweis erhoben werden und es soll auch nicht mehr mündlich verhandelt werden. Denn das, worum es eigentlich ging, ist ja von den Parteien schon beigelegt worden.

Das Gericht muss in solchen Fällen eine Entscheidung nach dem bisherigen Sachstand treffen. Kann das Gericht auf dieser Grundlage eine Entscheidung ohne Weiteres treffen, kann es auch eine relativ klare Kostenentscheidung fällen. Als Beispiel hier: Hätte das Kammergericht gesagt, dass der Rechteinhaber keinen Anspruch gegen den Freifunker hatte, hätte der Rechteinhaber die Kosten voll tragen müssen, oder eben anders herum.

Dies war hier aber nicht der Fall. Das KG hat deutlich gemacht, dass es nach dem bisherigen Stand nochmal hätte Beweis erheben müssen. In solchen Fällen ist es üblich, dass eine Kostenteilung (50/50) vorgenommen wird. Denn wie eine Beweisaufnahme ausgeht, kann (und soll) das Gericht nicht voraussehen.

Trotzdem hat das KG hier eine Kostenquote zu Gunsten des Freifunkers angesetzt. Nach dem oben Gesagten ist die Kostenverteilung 1/3 zu 2/3 eher ungewöhnlich, daher muss man sich die Gründe ganz genau ansehen.

Dabei möchte ich auf die folgenden Punkte näher eingehen: IP-Adressermittlung, Täterhaftung und Störerhaftung.

  1. IP-Adressermittlung

Zwischen den Parteien streitig war – wie in vielen Filesharing-Fällen –, ob die von der Beklagten festgestellte IP-Adresse überhaupt dem Anschluss des Freifunkers zuzuordnen war. Traurige Berühmtheit hat dabei die Firma Guardaley erlangt, das Problem ist aber grundsätzlicher Natur.

Generell ist die IP-Adressermittlung auch nach den vielen Entscheidungen des BGH (z.B. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14, GRUR 2016, 176 – Tauschbörse I) noch immer eine große Unbekannte. Hier hat sich das Kammergericht aber festgelegt und – wie auch viele andere Gerichte – die Auffassung vertreten, dass es für seine Überzeugungsbildung ausreicht, wenn der Film hier an zwei unterschiedlichen Tagen von der selben IP-Adresse heruntergeladen worden ist.

Die Frage mit dem Reseller ist derzeit in der Rechtsprechung umstritten (s. z.B. OLG Köln, Beschluss vom 27.11.2012 – 6 W 181/12, GRUR-RR 2013, 137; AG Koblenz, Beschluss vom 02.01.2015 – 153 C 3184/14, CR 2015, 190), darauf möchte ich hier aber nicht näher eingehen.

Ergebnis: Die Rechtsverletzung ist (aus Sicht des KG) vom Anschluss des Freifunkers und damit vom Freifunknetz ausgegangen. Dementsprechend muss ein Nutzer dieses Anschlusses den Film angeboten haben.

  1. Täterschaft des Freifunkers

Bei der Haftung für Filesharing muss man immer zwischen der Haftung als Täter und der Haftung als Störer unterscheiden. Täter ist in der Regel, wer die Tat selbst begeht. Täter haften dem Rechteinhaber unproblematisch auf Unterlassung und Schadensersatz. Anders ist es bei der Störerhaftung. Der Störer kann nur auf Unterlassung (und ggf. Ersatz von Abmahnkosten) in Anspruch genommen werden.

Das Kammergericht war sich hier sicher, dass der Freifunker selbst nicht Täter der Rechtsverletzung war. Dafür ist wohl Beweis erhoben worden und das reichte dem Kammergericht. Zur Beweisaufnahme selbst kann ich nichts sagen, aber dass der Freifunk-Betreiber Täter ist, ist in der Regel unwahrscheinlich.

Damit war der Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers schon mal vom Tisch, wobei das für das Kammergericht in der Kostenentscheidung entsprechend § 92 Abs. 2 ZPO (geringfügiges Unterliegen) unbeachtlich war. Grund dafür ist, dass der Schadensersatzanspruch vom Streitwert des Gesamtverfahrens her in der Regel gering ist. Hier ging es um einen Streitwert von EUR 16.000,-, wobei der Schadensersatz vermutlich wenige hundert Euro ausmachte.

 

  1. Störerhaftung des Klägers

Jetzt kommt der spannende Teil und der hält sowohl Positives wie Negatives für Freifunker bereit.

a. Prüfpflichten

Das KG sagt im Wesentlichen, dass im Lichte der „McFadden“-Entscheidung des EuGH (EuGH EUZW 2016, 821 – McFadden; dazu eingehend hier und Mantz, EuZW 2016, 817) den Betreiber eines Freifunk-Netzwerks Prüfungspflichten treffen. Das ist die schlechte Nachricht, die ist aber nach dem EuGH-Urteil nicht mehr überraschend.

In diesem Urteil hatte der EuGH insbesondere eine „Sicherung des Netzwerks“ inklusive Identifizierung des Nutzers als zumutbar erachtet (dazu eingehend hier und Mantz, EuZW 2016, 817).

b. Unterlassung und der neue § 8 TMG

An diesem Punkt von Interesse: Das KG sieht Prüfpflichten „auch nach der jüngsten Änderung des § 8 TMG bei richtlinienkonformer Auslegung“ als zumutbar an. Wir erinnern uns: Die Große Koalition hatte vollmundig behauptet, dass die Störerhaftung bei WLANs mit ihrer Änderung in § 8 TMG abgeschafft würde. Das hatte sie aber nicht in den Gesetzestext reingeschrieben, sondern nur in die Entscheidungsgründe. Meine Prognose war, dass die Rechtsprechung dies nicht ausreichen lassen wird (s. hier und Mantz, EuZW 2016, 817). So ist es nun gekommen. Das KG hat sich damit nicht intensiv befasst (was bei Entscheidungen nach § 91a ZPO nicht ungewöhnlich ist), hat aber ausdrücklich trotz der Neuregelung einen Unterlassungsanspruch nicht ausgeschlossen.

c. Inhalt der Prüfpflichten

In der Folge wird es aber noch einmal richtig interessant: Das KG sagt nämlich trotz des EuGH-Urteils, dass der Freifunker nicht zwingend einen Passwortschutz einrichten musste oder dass eine Registrierung der Nutzer erforderlich wäre, wie das der EuGH ja nahe gelegt hat. Wenn es dies anders gesehen hätte, dann hätte der Kläger hier die Kosten voll tragen müssen, weil er – da er auf ein Passwort oder eine Identifizierung verzichtet hat – als Störer gehaftet hätte.

Nach meinem Kenntnisstand hatte der Freifunker das Zapp-Script installiert. Das ist ein kleines Script, das auf dem WLAN-Router läuft und – stark vereinfacht – im Grunde genommen die Anzahl der von einem Nutzer aufgebauten Verbindungen beobachtet. Nutzt jemand Filesharing, werden in kurzer Zeit viele Verbindungen aufgebaut. Wenn das Script das erkennt, wird der Nutzer wohl gesperrt oder ähnliches.

Das KG hat nun gesagt, dass es über die Frage, ob der Kläger „sonstige Sicherungsmaßnahmen“, die „Rechtsverletzungen zumindest hinreichend erschwert hätten“ (so hatte das der EuGH formuliert) Beweis erheben muss.

Damit positioniert sich das KG so, dass es es für möglich hält, dass das Zapp-Script als eine solche Maßnahme ausreichend sein kann, wobei dies vom eingestellten Schwellwert abhängen könnte.

Dass das KG auf diese Grundlage dem Kläger nur 1/3 der Kosten auferlegt hat, deutet zudem darauf hin, dass das KG es für wahrscheinlich gehalten haben könnte, dass die Beweisaufnahme eine solche hinreichende Erschwerung von Rechtsverletzungen durch das Zapp-Script erbracht hätte und deshalb der Rechteinhaber keinen Anspruch gegen den Freifunker gehabt hätte.

Mit anderen Worten: Ich verstehe das KG so, dass ein ordentlich eingerichtetes Zapp-Script, das Rechtsverletzungen durch Filesharing erschwert, die Störerhaftung des Freifunkers entfallen lassen kann. Das ist die positive Nachricht.

Eine „Unwägbarkeit“ im Hinblick auf die durchzuführende Beweisaufnahme und damit quasi eine Begründung dafür, warum der Freifunker überhaupt einen Teil der Kosten tragen muss, hat das KG darin gesehen, dass der Zeuge R auch „größere Datenmengen“ heruntergeladen hat. Ich weiß nicht, was das bedeutet, weil ich nicht weiß, was der Zeuge R gemacht und was er in der Beweisaufnahme ausgesagt hat. Wenn der Zeuge R im Freifunknetz des Klägers Filesharing ausprobiert hat und dieses durch das Zapp-Script hätte verhindert werden sollen, aber nicht wurde, dann hätte das KG vielleicht eine Störerhaftung des Klägers angenommen. Wenn der Zeuge R aber einfach nur irgendwo per http oder ftp „größere Datenmengen“ (mit „Ruckeln“) heruntergeladen haben sollte, dann hätte das Zapp-Script ja gar nicht anspringen können/müssen, deshalb kann ich diesen Punkt nicht so gut einschätzen.

Fazit

Die Entscheidung des KG ist zum einen für Freifunker (eher) positiv. Denn es macht deutlich, was von Freifunkern verlangt werden kann, um die Anforderungen des EuGH zu erfüllen, ohne dass gleich eine Verschlüsselung und Identifizierung der Nutzer erfolgen muss. Es wäre schön gewesen, wenn der EuGH zum Zapp-Script auch gleich Stellung hätte nehmen können, das war aber vor dem Landgericht München I (dazu hier und Mantz/Sassenberg, MMR 2015, 85) nicht Thema und deshalb war diese Frage an den EuGH auch nicht gerichtet worden. Problematisch ist an dem Ganzen natürlich, dass das Zapp-Script so eingestellt sein muss, dass es Rechtsverletzungen tatsächlich erschwert. Das ist für den Freifunker sicher nicht ganz einfach zu beantworten.

Die Entscheidung des KG stellt zum anderen meiner Meinung nach einen wichtigen Beitrag zur Auslegung der EuGH-Entscheidung dar. Denn sie macht klar, dass das „Verschlüsseln und Registrieren“-Mantra nicht zwingend ist.

Bedauerlich ist – unabhängig von der Entscheidung des KG -, dass die Änderung in § 8 TMG im Grunde keine Verbesserung gebracht hat. Hier müsste wohl auf europäischer Ebene nachgebessert werden.

LG Berlin: Zuverlässigkeit der IP-Adressermittlung und Darlegungslast – Guardaley

LG Berlin, 30.6.2015 – 15 0 558/14

Leitsätze:

  1. Die Beweislast für die richtige Ermittlung der IP-Adresse sowie für die korrekte Zuordnung zu einem bestimmten Internetanschluss aus angeboten wurde, obliegt dem Rechteinhaber.
  1. Erst wenn feststeht, dass eine IP-Adresse richtig ermittelt wurde, kommt es im nächsten Schritt auf die richtige Zuordnung zu einem Internetanschluss an.
  1. Der Anschlussinhaber darf die korrekte IP-Ermittlung pauschal bestreiten, wenn der Vortrag zur IP-Ermittlung sich auf allgemeinen Vortrag beschränkt.
  1. Der Rechteinhaber muss konkret darlegen, welche Software eingesetzt wurde (Herkunft, Name, Version) und wie festgestellt wurde, ob diese zuverlässig arbeitet und wie die Zeitsynchronisation erfolgt. Es bedarf ferner des konkreten Vortrages und Nachweises der regelmäßigen Kontrolle und Qualitätssicherung inklusive Angaben zu konkreten Zeitabständen.
  1. Der Vortrag zum Hashwert für ein Werk muss konkret auf das streitgegenständliche Werk erfolgen.
  1. Bezieht sich der Gestattungsbeschluss nach § 101 UrhG auf einen Telekommunikationsdiensteanbieter, wird aber eine Auskunft eines anderen Anbieters vorgelegt, muss auch insoweit Vortrag gehalten werden.
  1. Trägt der Rechteinhaber für die Ermittlung der IP-Adresse nicht hinreichend vor, ist einem angebotenen Zeugenbeweis nicht nachzugehen. Die Ausfüllung von Vortrag ohne konkrete Anhaltspunkte kann nicht einem Zeugen oder Sachverständigen überlassen werden.

Volltext:

  1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger keine Ansprüche aus einer angeblichen Urheberrechtsverletzung vom 15. März 2013 gemäß der Abmahnung vom 28. Juni 2013 (Anlage K 1) zustehen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % hiervon vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wege der negativen Feststellungsklage um die Berechtigung einer Abmahnung wegen Filesharings.

Streitgegenständlich ist das Filmwerk „…“, die dritte Staffel einer Fernsehserie. Dieses Werk wurde in Deutschland ab dem 19. Oktober 2012 im Fernsehen gezeigt und ab dem 11. November 2013 auf Bildtonträgern und online vermarktet. Die Beklagte ist Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte für die Video- und Onlineauswertung in Deutschland.

Der Kläger ist Inhaber eines privaten Internetanschlusses.

Von der Beklagten veranlasste Ermittlungen der Guardaley Ltd. führten zur Feststellung der IP- Adresse 87…. am 15. März 2013 um 03.09:04 Uhr, eines bestimmten Hash-Wertes und einer Zuordnung zur Folge 12 der dritten Staffel von „…“. Das Landgericht Köln gestattete es der Deutschen Telekom AG als Accessprovider, der Beklagten Auskunft über den Namen und die Anschrift des dieser IP-Adresse zuzuordnenden Anschlussinhabers zu erteilen (Anlage B 1). Die Deutsche Telekom AG übersandte der Beklagten am 7. Mai 2013 Daten (Anlage B 2). Ferner erhielt die Beklagte am 24. Juni 2013 eine Auskunft des Service-Providers 1&1 Internet AG, die den Namen und die Adresse des Klägers beinhaltet (Anlage B 3).

Weitere Ermittlungen führten zur Feststellung einer IP-Adresse 87…. am 6. April 2013 um 10.05:27 Uhr, eines bestimmten Hash-Wertes und einer Zuordnung zur Folge 16 der dritten Staffel von „…“. Das Landgericht Köln gestattete es der Deutschen Telekom AG als Accessprovider, der Beklagten Auskunft über den Namen und die Anschrift des dieser IP- Adresse zuzuordnenden Anschlussinhabers zu erteilen. Die Deutsche Telekom AG übersandte der Beklagten am 27. Mai 2013 Daten. Ferner erhielt die Beklagte am 24. Juni 2013 eine Auskunft des Service-Providers 1&1 Internet AG. die den Namen und die Adresse des Klägers beinhaltet (Anlage B 4).

Der Kläger wurde ferner durch Dritte am 10. und am 27. Juni 2013 wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung durch Filesharing am 8. bzw. 13. April 2013 abgemahnt (Anlagen B 6 und B 5).

Die Beklagte mahnte den Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juni 2013 wegen der Feststellungen zum 15. März 2013 ab. Sie verlangte die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz sowie Ersatz von Ermittlungs- und Anwaltskosten auf (Anlage K 1). Der Kläger reagierte ablehnend und forderte die Beklagte vergeblich zu der Mitteilung auf, dass diese die geltend gemachten Ansprüche zurückziehe (Anlage K 2).

Der Kläger behauptet: Er sei im Rahmen eines Freifunk-Netzwerkes Betreiber eines öffentlich zugänglichen Internetzugangsknotens über ein WLAN-Funknetzwerk. Er stelle damit Dritten seinen Zugang zum Internet zur Verfügung. Dazu sei eine Freifunk-Software installiert, die es ermögliche, dass andere Freifunkknoten sich mit seinem Knoten verbinden und ein sog. Mesh-Netzwerk bilden, so dass auch die Nutzer dieses anderen Freifunkknotens seinen Internetzugang nutzen könnten. Beginne ein Dritter die Nutzung, gehe eine Seite (Splash Page) auf, die über Freifunk informiere, über den Umgang mit dem Internet belehre und darauf hinweise, dass bestimmtes Verhalten wie z. B. Verletzungen von Urheberrechten zu unterbleiben haben. Diese Seite werde während der Nutzung jede Stunde neu angezeigt. Sein Router erkenne das typische Verhalten von Filesharingprogrammen. Zu diesem Zweck werde ein Script benutzt, das den Datenverkehr auf charakteristisches Verhalten von P2P-Anwendungen überprüft und den jeweiligen User gegebenenfalls blocke. Es sei daher keinem Dritten möglich, seinen Router erfolgreich für das Angebot einer Datei über eine P2P-Anwendung zu nutzen. Der Kläger hat dazu im Verhandlungstermin ergänzend vorgetragen. diese Sicherung könne nicht den Start eines Filesharingvorgangs verhindern, aber dessen Vollendung, indem es unterbrechend eingreife. Es bestehe die ernsthafte Möglichkeit, dass eine dritte Person unter Nutzung seines Freifunkknotens den Film zum Herunterladen angeboten habe.

Der Kläger ist der Ansicht, er hafte weder als Täter noch als Störer, jedenfalls gelte für ihn die Privilegierung des § 8 TMG.

Der Kläger hat seine Klage unter Angabe eines Streitwertes von 1.000,00 € beim Amtsgericht Lichtenberg anhängig gemacht. Dieses hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Charlottenburg verwiesen. Dieses hat sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwiesen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Beklagten gegen ihn keine Ansprüche aus einer angeblichen Urheberrechtsverletzung vom 15. März 2013 zustehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet: Die von der Guardaley Ltd. eingesetzte und regelmäßig überprüfte Software ermittle beweissicher die IP-Adresse, den Hashwert, den Dateinamen, die Dateigröße und den verwendeten P2P-Client. Deren Netzwerk werde regelmäßig mit mindestens zwei unter- schiedlichen und voneinander unabhängigen Quellen zur Zeitsynchronisation sekundengenau abgeglichen. Diese Software arbeite zuverlässig und fehlerfrei. Man habe eine Datei mit dem Filmwerk gesucht, heruntergeladen, identifiziert und dann deren Hashwert ermittelt und dokumentiert. Daraufhin habe man Tauschbörsen gezielt nach dem betreffenden Hashwert durchsucht und dabei entdeckt, dass am 15. März 2013 um 03.09:04 Uhr das Filmwerk unter der genannten IP- Adresse zum Download angeboten wird. Es sei dann eine Verbindung zu dieser IP-Adresse her- gestellt, ein Teil der dort angebotenen Datei heruntergeladen und dabei die IP-Adresse, der Hashwert, das Datum und die genaue Uhrzeit protokolliert worden. Diese Feststellungen seien zum Gegenstand der gerichtlichen Gestattungsanordnung geworden. Die 1&1 Internet AG habe die als Anlage B 3 vorgelegte Auskunft, nach der die IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Kläger zugeordnet gewesen sei, zutreffend erteilt. Dasselbe gelte für einen weiteren Verstoß am 6. April 2013 um 10.05:27 Uhr. Der Kläger habe das Werk selbst zum Herunterladen angeboten.

Die Beklagte ist der Ansicht: Das Ermittlungsergebnis lasse auf die Täterschaft des Klägers schließen. Sollte jedoch ein Dritter die Tat begangen haben, hafte der Kläger jedenfalls als Störer, da er seinen privaten Internetanschluss ohne ausreichende Absicherung der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt habe. Die Ansicht des Klägers führe zu einem rechtsfreien, nicht kontrollierbaren Raum, was mit der Gesetzeslage nicht vereinbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als negative Feststellungsklage zulässig, da sich die Beklagte nach wie vor des Rechts berühmt, gegen den Kläger wegen der am 15. März 2013 getroffenen Feststellungen Ansprüche auf Unterlassung und Zahlungen zu haben und für den Kläger ein gegenwärtiges Interesse auf Klärung durch Feststellung besteht, § 256 Abs. 1 ZPO. Der Klageantrag ist mit der vor Antragstellung erfolgten Klarstellung, dass mit „einer angeblichen Urheberrechtsverletzung vom 15. März 2013“ der Gegenstand der Abmahnung vom 28. Juni 2013 nach Anlage K 1 gemeint ist, hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich bereits aus dem bindenden Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Charlottenburg, der nach Ansicht der Kammer auch in der Sache zutrifft.

Die Klage ist auch begründet, denn es ist nicht festzustellen, dass die der Abmahnung zu Grunde gelegten tatsächlichen Umstände zutreffen.

Die Beklagte ist die Inhaberin der Rechte, nämlich der Online-Nutzungsrechte an dem Filmwerk für Deutschland. Sie hat die zu ihr hinführende Rechtekette lückenlos dargetan. Der Kläger ist dem nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Die Klägerin ist daher für die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche (§§ 97 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 97 a Abs. 3, 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 19 a UrhG) aktivlegitimiert.

Die von der Beklagten in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Aufwendungsersatz für die Ermittlung und Erstattung der Abmahnkosten setzen unter anderem voraus, dass das streitgegenständliche Filmwerk zu dem angeblichen Tatzeitpunkt im Wege des Filesharings tatsächlich über den Internetanschluss des Klägers zum Download angeboten wurde. Dies darzulegen und zu beweisen obliegt nach den allgemeinen Grundsätzen, die durch das Vorgehen im Wege der negativen Feststellungsklage nicht verändert werden, der Beklagten. Das betrifft zunächst die Ermittlung der IP-Adresse durch die Guardaley Ltd.. Erst wenn feststeht, dass die IP-Adresse richtig ermittelt wurde, kommt es im nächsten Schritt auf die richtige Zuordnung zu einem Internetanschluss im Auskunftsverfahren an, was ebenfalls von der Beklagten darzulegen und zu beweisen ist.

Der Vortrag der Beklagten zu diesen Punkten ist substanzlos und damit unzureichend. Die Beklagte beschränkt ihren Vortrag auf eine allgemeine Darlegung, die wie ein Textbaustein für beliebige Filesharing-Ermittlungen verwendbar ist, die relevanten Umstände des Einzelfalls aber offen lässt. Ihr Vortrag ist so allgemein gehalten, dass dem Kläger kein konkreter Anhaltspunkt für eigene Feststellungen oder ein konkretes Bestreiten gegeben wird. Dem Kläger blieb in dieser Situation gar nichts anderes übrig, als ebenso pauschal zu bestreiten. Der Kläger hat bereits in seiner Klageschrift bestritten, dass die Beklagte den Vorgang sicher und richtig ermittelt habe. Das weitere Vorbringen der Beklagten bot dem Kläger keine Grundlage, sein Bestreiten zu vertiefen oder zu konkretisieren. Der Kläger hat sein Bestreiten auch nicht aufgegeben. Sein Bestreiten ist daher erheblich.

Die Beklagte hat nur vorgetragen, dass für die Ermittlungen irgendeine Software eingesetzt wird, nicht aber, welche Software (Herkunft, Name, Version). Die Beklagte hat nur pauschal behauptet, diese Software arbeite zuverlässig und fehlerfrei, nicht aber, wie das festgestellt worden ist. Die Beklagte hat offen gelassen, ob es etwa ein belastbares Gutachten zur Funktionsweise und Zuverlässigkeit der verwendeten Software gibt und ob dieses Gutachten für die eingesetzte Softwareversion und den vorgefundenen P2P-Klient einschlägig ist. Wäre davon erst einmal auszugehen, bedürfte es ferner eines Nachweises einer regelmäßigen Kontrolle und Qualitätssicherung der eingesetzten Software (vgl. KG – 24 W 92/12 und 99/12 -, Beschluss vom 25. April 2013 m. w. N.). Insoweit beschränkt sich der Vortrag der Beklagten darauf, ein von der Guardaley Ltd. beauftragter Systemadministrator überprüfe die Software regelmäßig. Ob es sich dabei um einen externen oder internen Administrator handelt, was diesen für solche Kontrollen qualifiziert und wann zuletzt vor der Ermittlung eine Prüfung stattgefunden hat, ist offen geblieben. Zur Arbeitsweise der Software, insbesondere ob diese automatisiert arbeitet oder an welchen Stellen der Ermittlung ein Mitarbeiter der Guardaley Ltd. tätig wird und was er dabei macht (manuelle Schritte?). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, welcher Mitarbeiter (Name) hier die Ermittlungen geführt haben soll und was diesen dazu qualifiziert (vgl. KG, a. a. 0.). Die Beklagte hat ferner nicht dargetan, in welchen konkreten Zeitabständen („regelmäßig“) und anhand welcher „Quellen“ die Zeitsynchronisation gewährleistet wird und wann dies zum letzten Mal vor der streitgegenständlichen Ermittlung geschah. Die Beklagte hat nicht dargetan, welche konkreten Hashwerte sie für das streitgegenständliche Filmwerk als „Vorlage“ für ihre Ermittlungsvorgänge festgestellt hat. Festzustellen ist. dass ihre Ermittlungsliste für die angeblichen Filesharingfälle diverse Hashwerte enthält. Ein Abgleich, ob der dem Kläger zugeordnete Hashwert mit denjenigen, die zur ermittelt worden sein sollen, tatsächlich übereinstimmt, ist so nicht möglich. vielmehr kann sich der Vortrag der Beklagten gleichermaßen auf jeden beliebigen Hashwert, der nur in ihrer Ergebnisliste auftaucht, beziehen. Auch hinsichtlich der Datenzuordnung im zweiten Schritt der Ermittlungen ist der Vortrag der Beklagten unzureichend. Der Gestattungsbeschluss des LG Köln galt für die Deutsche Telekom AG. Deren Auskunft hat die Beklagte nicht vorgelegt, sondern sie hat nur deren Begleitschreiben beigebracht, so dass der Inhalt der Auskunft nicht nachzuvollziehen ist. Auf welcher Grundlage die Beklagte dann eine weitere Auskunft der 1 & 1 Internet AG erlangt hat, ist offen geblieben.

Die Beklagte kann sich in dieser Situation nicht auf eine Vermutung, ihre Ermittlungen im vorliegenden Fall müssten in Ansehung weiterer zum Kläger führender Ermittlungen richtig sein, berufen. Eine solche Vermutung kann im Einzelfall, wenn etwa in einem gewissen Zeitzusammenhang wegen desselben Werkes mehrere Zuordnungen zum selben Anschlussinhaber führen und in einem Fall die Zuordnung einer richtigen Ermittlung streitig ist, gelten. Hier ist aber bereits völlig offen, ob die Ermittlung zuverlässig und richtig war. Der zweite und vierte von der Beklagten angeführte Fall betreffen dieselbe Ermittlungsweise durch die Guardaley Ltd., ohne dass ausgeschlossen werden kann, dass sich ein etwaiger Fehler in der dortigen Vorgehensweise gleicher- maßen auf alle drei Ermittlungen oder Zuordnungen ausgewirkt hat. Der dritte Fall betrifft die Abmahnung eines Dritten wegen eines Musikwerkes, wobei der Ermittlungsweg und die Berechtigung jener Abmahnung hier offen geblieben sind.

Den Beweisangeboten der Beklagten zu den Ermittlungen durch die Guardaley Ltd. war nicht nachzugehen. Ein Zeuge soll einen substantiierten Sachvortrag bestätigen, nicht aber erstmals herstellen. Sollten der Guardaley Ltd. nähere Einzelheiten zu dem konkreten Vorgang bekannt sein, wäre es Sache der Beklagten gewesen, diese schriftsätzlich im Einzelnen vorzutragen. Damit wäre dem Kläger eine Grundlage für eine konkretere Befassung gegeben worden. Der Kläger hätte dann einzelne Umstände unstreitig stellen können oder konkreter bestreiten müssen, bevor es darauf angekommen wäre, einzelne dieser Umstände durch die Vernehmung eines Zeugen bestätigen zu lassen. Der Beweisantritt der Beklagten liefe jedoch auf eine prozessual unzulässige Ausforschung hinaus. Es geht gerade nicht an, die Darlegung der Ermittlung auf eine allgemeine Darstellung ohne konkrete Anhaltspunkte und einen substanziellen Fallbezug zu beschränken und die Ausfüllung für den streitigen Einzelfall dann einem Zeugen zu überlassen. Dasselbe gilt entsprechend für einen Beweis durch Sachverständigengutachten. Die Beklagte hat schon nicht dar- getan, welche konkrete Software verwendet worden sein und woraus sich deren Eignung und Zuverlässigkeit ergeben soll. Dass der Geschäftsführer des Ermittlungsunternehmens die von ihm eingesetzte Software als geeignet und zuverlässig ansieht, liegt auf der Hand, führt aber nicht weiter. Es wäre auch nicht die Aufgabe des Sachverständigen erst zu ermitteln, welche konkrete Software die Guardaley Ltd. am streitgegenständlichen Stichtag verwendet hat.

Der Beklagten war keine Gelegenheit mehr einzuräumen, Weiteres zu den Ermittlungsumständen nachzutragen. In Ansehung des einschlägigen Bestreitens des Klägers in der Klageschrift musste der Beklagten ohne Weiteres klar sein, dass sie die Ermittlungen im Einzelnen darzulegen hat. Es bedurfte auch keines richterlichen Hinweise, dass dazu mehr als eine allgemeine, substanzlose Darlegung, die auf beliebige Filesharingermittlungen passt, ohne Konkretes für den Einzelfall zu beinhalten, notwendig ist. Die Beklagte hat die Notwendigkeit, den konkreten Ermittlungsvorgang mit seiner fallbezogenen Dokumentationspraxis darzulegen und von anderen Ermittlungsmöglichkeiten abzugrenzen, auch selbst erkannt, wie sich aus den letzten Sätzen auf Seite 4 ihrer Klageerwiderung ergibt. Die Beklagte hatte daher ohne Weiteres hinreichend Anlass und Gelegenheit, ihren Vortrag zur Ermittlung und Zuordnung zu substantiieren, §§ 277 Abs. 1 S. 1, 282 Abs. 2 ZPO.

Kann demnach nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Vorgang zuverlässig und richtig ermittelt hat, war ihre Abmahnung bereits aus diesem Grunde nicht berechtigt.

Der negativen Feststellungsklage war damit stattzugeben, ohne dass es für die Entscheidung noch auf die weiteren Voraussetzungen einer Haftung des Klägers ankam.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO nicht erfüllt sind. Die Zulassung der Berufung kraft Gesetzes bleibt davon unberührt.