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Gedanken zu: Borges, Die Haftung des Internetanschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen durch Dritte, NJW 2014, 2305

Im aktuellen Heft 32/2014 der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) nimmt Prof. Dr. Borges das BGH-Urteil „BearShare“ (K&R 2014, 513; s. dazu hier) zum Anlass, noch einmal zur „Haftung des Internetanschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen durch Dritte“ Stellung zu nehmen (NJW 2014, 2305; zu weiteren Anmerkungen zu dem Urteil s. hier, hier, hier und hier).

Der lesenswerte Beitrag enthält aus meiner Sicht – sehr kurz gefasst – über die Frage der Pflichten im Familienkreis hinaus zwei wichtige Überlegungen:

Zum einen geht es um die Pflicht zur Absicherung des Internetzugangs. Hierbei will Borges unterscheiden. Jedenfalls Private müssten ihr WLAN schützen, was sich aus der BGH-Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ aus dem Jahre 2010 ergebe:

Insoweit kann man gegebenenfalls noch unterscheiden, ob das WLAN bewusst zur Nutzung durch jedermann zur Verfügung gestellt wird oder ob lediglich faktisch diese Möglichkeit besteht.

In dieser Fallgruppe wurde bisher weitgehend einhellig angenommen, dass irgendeine Art von Schutz gegen Nutzung des Internetanschlusses zu illegalem Filesharing oder vergleichbaren Rechtsverletzungen erforderlich ist. Bei privaten Internetanschlüssen ist, entsprechend dem Sommer unseres Lebens-Urteil, nach herrschender Auffassung ein Zugangsschutz (Passwort) erforderlich …

Zum anderen geht Borges – unter Anwendung der Prämisse, dass § 8 TMG dem Wortlaut nach auch auf Anschlussinhaber Anwendung findet – jedenfalls „im Fall des Anschlussinhabers“ von einer teleologischen Reduktion des § 8 TMG aus (NJW 2014, 2305, 2310):

Danach wären Inhaber privater wie geschäftlicher Internetanschlüsse auch als Zugangsprovider iSd § 8 TMG anzusehen mit der Folge, dass die Verantwortlichkeit auch an § 8 TMG zu messen wäre. Die starke Haftungsbeschränkung nach 8 TMG ist im Fall des Anschlussinhabers wohl nicht angemessen. Daher kommt möglicherweise eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs in Betracht, wovon die Rechtsprechung, die § 8 TMG durchgehend nicht erwähnt, offenbar stillschweigend ausgeht. Insgesamt erscheint eine gesetzliche Klarstellung der Haftungsbeschränkung für den Bereich der Zugangsvermittlung durch eigene Funknetze (WLAN) und Internetanschlüsse erforderlich.

Der Ansatz von Borges stellt eine mögliche Erklärung für die bisherige Rechtsprechung dar, die § 8 TMG bisher erwähnt. Es gibt hierfür allerdings noch eine weitere – einfachere – Erklärung: Die bisher mit solcherlei Fällen befassten Gerichte dürften § 8 TMG schlicht übersehen haben – vermutlich, weil keine der Parteien die Norm thematisiert hat. Das AG Hamburg hat dies kürzlich in seinem Urteil vom 10.6.2014 ausdrücklich zu erkennen gegeben, ähnlich könnte/dürfte es auch in den bisherigen Fällen gewesen sein (AG Hamburg, Urt. v. 10.6.2014 – 25b C 431/13):

Auf die Anwendbarkeit des § 8 TMG, die von den Parteien nicht ausdrücklich thematisiert wurde, musste das Gericht nicht gesondert hinweisen

Dogmatisch scheint der Ansatz von Borges klar. Unklar ist aber, was Borges mit der teleologischen Reduktion „beim Anschlussinhaber“ meint, wie also der personelle Anwendungsbereich der teleologischen Reduktion zu sehen ist. Ich verstehe ihn so, dass er damit zumindest auch die bewusst offenen WLANs z.B. in Hotels und Ferienwohnungen meint, da er Bezug nimmt auf die Fälle, bei denen die Rechtsprechung § 8 TMG bisher nicht erwähnt hat.

Es dürfte aber ganz generell vor dem Hintergrund der Wortlautauslegung von § 8 TMG fraglich sein, ob sich eine teleologische Reduktion mit Art. 12 der E-Commerce-Richtlinie vereinbaren ließe. Denn § 8 TMG ist lediglich eine Umsetzung dieser Regelung, worauf auch Borges unter Bezugnahme auf die EuGH-Urteile „L’Oréal vs. eBay“ (u.a. dazu hier) und „Scarlet vs. SABAM“ hinweist. Eine den Wortlaut einschränkende Auslegung müsste also am europarechtlichen Grundsatz des „effet utile“ gemessen werden, also einer Auslegung folgen, die eine effektive Anwendbarkeit von Art. 12 der E-Commerce-Richtlinie sicher stellt. Die teleologische Reduktion auf klar dem Wortlaut unterfallende Anschlussinhaber dürfte daher dem Ziel der effektiven Rechtsanwendung widersprechen.

Zudem ist die teleologische Auslegung eine „dem Sinn und Zweck der Norm“ nach. Leider nennt Borges den Zweck seiner einschränkenden teleologischen Auslegung nicht. Zu berücksichtigen könnte auch in diesem Zusammenhang sein, dass das Teilen von Internetanschlüssen nicht nur faktisch bereits seit Jahren erfolgt, sondern politisch und wirtschaftlich gewollt ist, was sich insbesondere aus den Regelungen in Art. 14 des Entwurfs der Single Market-Verordnung der EU ergibt (dazu eingehend Mantz/Sassenberg, CR 2014, 370).

Zu beachten ist im Übrigen, dass Teile der Rechtsprechung mittlerweile § 8 TMG anwenden (AG Hamburg, Urt. v. 10.6.2014 – 25b C 431/13 und Urt. v. 24.6.2014 – 25b C 924/13). Es bleibt abzuwarten, ob weitere Gerichte sich dem anschließen werden.

Anmerkung zu BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 – Bearshare (Keine Haftung des Anschlussinhabers für volljähriges Familienmitglied) erschienen

In eigener Sache:

Mittlerweile ist meine Anmerkung zum Urteil des BGH v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 – BearShare in der Zeitschrift Kommunikation & Recht (K&R) erschienen. Ich hatte hier im Blog bereits eine kurze Besprechung veröffentlicht. Diese habe ich jetzt für die K&R (Heft 7/8-2014, S. 513 ff.) noch einmal vertieft.

In dem Fall ging es im Wesentlichen darum, ob der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzungen eines seiner volljährigen Familienmitglieder haftet – als Täter/Teilnehmer oder Störer.

Aus der Anmerkung (K&R 2014, 513):

Der BGH hatte in letzter Zeit eine Reihe von Fragen rund um die Haftung bei Filesharing-Konstellationen zu entscheiden. Dazu gehörte auch die Frage, inwiefern der Inhaber eines Internetanschlusses für die durch Mitnutzer begangenen Rechtsverletzungen einzustehen hat, und welche prozessualen Pflichten ihn treffen. Das vorliegende Urteil, das insbesondere die Grundsätze der Entscheidungen Sommer unseres Lebens[1] und Morpheus[2] weiterführt, bringt insoweit nur teilweise neue Erkenntnisse. Der BGH hat es erneut – vermutlich bewusst – vermieden, die mit der Haftung des Anschlussinhabers zusammenhängenden Fragen umfassend zu klären, oder wenigstens Hinweise für die Behandlung anderer Fallkonstellationen als der vorliegenden zu geben.

I. Hintergrund

Werden Verletzungen (nicht nur) des Urheberrechts über das Internet begangen, führt die meist durch den Rechteinhaber ermittelte IP-Adresse zunächst nur zum Inhaber des Internetanschlusses. Klassisches Beispiel hierfür ist – wie im vorliegenden Fall – das sogenannte Filesharing. Aufgrund der ermittelten IP-Adresse kann der Rechteinhaber nach § 101 Abs. 9 UrhG Auskunft vom Internetzugangsdiensteanbieter über die Identität des Anschlussinhabers erlangen und anschließend von diesem Unterlassung und Schadensersatz fordern. Da es aber zur Lebenswirklichkeit gehört, dass solche Internetanschlüsse z. B. durch Familien geteilt werden, verteidigen sich Anschlussinhaber häufig mit dem Verweis auf die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch die anderen Familienmitglieder. …

S. auch:

Lesetipp: Brüggemann, Anm. BGH „BearShare“, CR 2014, 474

Im aktuellen Heft 7/2014 der CR bearbeitet Dr. Sebastian Brüggemann die Entscheidung des BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 (s. kurze Besprechung dazu hier) (CR 2014, 474 ff.).

Dabei geht Brüggemann vor allem kritisch auf die vom BGH in Anlehnung an das Transportrecht postulierte Nachforschungspflicht und die dadurch auftretenden Probleme mit dem grundrechtlich verbürgten besonderen Schutz von Ehe und Familie ein. Insgesamt zieht er das Fazit, dass das Urteil „(K)ein Grund zum Aufatmen“ sei.

Lesetipp: Neurauter, Anm. zu BGH „BearShare“: Zu tatsächlicher Vermutung und sekundärer Darlegungslast bei Filesharing-Fällen, GRUR 2014, 660

Im aktuellen Heft 7/2014 der GRUR hat Dr. Sebastian Neurauter die Entscheidung des BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 (s. kurze Besprechung dazu hier) besprochen (GRUR 2014, 660). Er geht dabei eingehend auf die Unterschiede zwischen „tatsächlicher Vermutung“ und „sekundäre Darlegungslast“ ein und stellt anhand dessen die Folgen des BGH-Urteils dar.

Zu erwähnen ist noch, dass auch Neurauter die tatsächliche Grundlage für die Vermutung des BGH, dass nämlich eine Rechtsverletzung über den Internetanschluss in der Regel vom Anschlussinhaber begangen worden sein wird, ablehnt:

Ein Erfahrungssatz, aus dem man die persönliche täterschaftliche Verantwortung eines Anschlussinhabers für jede über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzung ableiten könnte, fehlt …

Damit ist Neurauter auf einer Linie mit den Amtsgerichten Bielefeld und Düsseldorf (dazu hier) sowie Teilen der Literatur (u.a. Zimmermann, MMR 2014, 368, 369 f.; Mantz, Anm. zu BGH BearShare, K&R 2014 – erscheint demnächst).

Was bedeutet BGH – BearShare für öffentliche WLANs? Eine kurze Besprechung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Januar wieder einmal zur Frage der Haftung des Internetanschlussinhabers für die Handlungen der Mitnutzer entschieden (BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 – BearShare, Volltext). Die Urteilsgründe sind aber erst kürzlich erschienen. Endlich habe ich auch die Zeit gefunden, mir das Urteil im Hinblick auf die Folgerungen für öffentliche WLANs etwas genauer anzusehen …

1. Der Fall

In dem Fall ging es um eine ähnliche Konstellation wie schon Ende 2012 in der Morpheus-Entscheidung (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12) und um einen anderen Fall als BGH „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08, MMR 2010, 565). Diese letzten beiden Entscheidungen führt der BGH nun fort.

Der Beklagte war Inhaber eines Internetanschlusses. U.a. hatte sein volljähriger Stiefsohn Zugriff über das heimische, gesicherte WLAN hierauf und damit auch auf das Internet. Über den Anschluss wurde mittels der Filesharing-Software BearShare eine Urheberrechtsverletzung begangen. Der verletzte Rechteinhaber mahnte den Beklagten als Anschlussinhaber ab, verlangte Schadensersatz, Unterlassen und Abmahnkosten und erhob anschließend Klage. Der Beklagte verteidigte sich damit, dass die Rechtsverletzung durch seinen Sohn begangen worden sei.

2. Schadensersatz, sekundäre Darlegungslast und deren Folgen für den Anschlussinhaber und Betreiber öffentlicher WLANs

Punkt 1 in jeder solchen Entscheidung ist die Frage, ob der Anschlussinhaber auf Schadensersatz haftet. Der BGH führt wie gesagt seine bisherige Rechtsprechung fort. Zunächst nimmt sieht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine über einen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung auch durch den Anschlussinhaber selbst begangen worden ist. Aus dieser Vermutung leitet der BGH wie bisher eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten ab. Es ist also seine Aufgabe, die Vermutung zu erschüttern. Aus dem Urteil:

(1) Den Prozessgegner der prima?r darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekunda?re Darlegungslast, wenn die prima?r darlegungsbelastete Partei keine na?here Kenntnis der maßgeblichen Umsta?nde und auch keine Mo?glichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufkla?rung hat, wa?hrend dem Prozessgegner na?here Angaben dazu ohne weiteres mo?glich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – I ZR 140/10, GRUR 2012, 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 – Vorschaubilder II, mwN). Diese Voraussetzung ist im Verha?ltnis zwischen den prima?r darlegungsbelasteten Kla?gerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung seines Internetanschlusses er- fu?llt.

(2) Die sekunda?re Darlegungslast fu?hrt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer u?ber die prozessuale Wahrheitspflicht und Erkla?rungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle fu?r seinen Prozesserfolg beno?tigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genu?gt seiner sekunda?ren Darlegungslast dadurch, dass er vortra?gt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbsta?ndigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Ta?ter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 – 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Ko?ln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Ko?ln, ZUM 2013, 67, 68; LG Mu?nchen I, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Bescha?digung von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 61/12, TranspR 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Ko?ln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG Mu?nchen I, MMR 2013, 396).

(3) Der Beklagte hat seiner sekunda?ren Darlegungslast dadurch entsprochen, dass er vorgetragen hat, der in seinem Haushalt lebende 20-ja?hrige Sohn seiner Ehefrau habe die Dateien von dem in seinem Zimmer stehenden Computer zum Herunterladen bereitgehalten.

dd) Unter diesen Umsta?nden ist es wieder Sache der Kla?gerinnen als Anspruchsteller, die fu?r eine Haftung des Beklagten als Ta?ter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umsta?nde darzulegen und nachzuweisen (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 35 – Morpheus).

Das hört sich alles bekannt an, schließlich steht es genauso in der Morpheus-Entscheidung? Stimmt.

Aber trotzdem hat das Urteil genau in diesem Punkt Neuheitswert. Denn zuletzt hatten verschiedene Gerichte trotz Morpheus die Anforderungen für den Anschlussinhaber wieder verschärft. Sie wollten, dass der Beklagte den Täter benennt (sog. „Ross und Reiter-Theorie“, z.B. das OLG Köln, s.o.) oder sogar komplett die Beweislast für die Tat durch den Dritten trägt (z.B. das LG München I, s.o.). Diesen Verschärfungstrend stoppt der BGH. Er stellt klar fest, dass es ausreicht, substantiiert darzulegen, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass ein Dritter die Rechtsverletzung begangen haben kann. Allerdings ist es auch zu erwarten, dass der Anschlussinhaber Erkundigungen einholt, z.B. seine Familienmitglieder befragt. Das bedeutet aber nicht, dass er seine Familienmitglieder effektiv belasten muss („Der wars!“). Denn insoweit stellt der BGH fest, dass über § 138 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht greift (s. z.B. schon LG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.10.2012 – 2-03 O 152/12, MMR 2013, 56; zum Thema sekundäre Darlegungslast eingehend Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 248).

Was bedeutet das für öffentliche WLANs, wie z.B. Freifunk-Netze, Hotel-WLANs, kommunale WLAN etc.? Erst einmal nichts. Denn die sind ohnehin über § 8 TMG gegenüber Schadensersatzansprüchen privilegiert (so z.B. kürzlich das AG Hamburg).

Aber selbst wenn man eine solche Anwendung der Privilegierung ablehnt, gilt für solche WLANs nichts anderes als für den Familienanschluss: Die ernsthafte Möglichkeit der Verletzung durch Dritte reicht. Und das steht öffentlichen WLANs quasi auf die Stirn geschrieben, so dass man bei diesen schon an der tatsächlichen Vermutung zu Lasten des Inhabers zweifeln muss. Allerdings muss der Betreiber im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen zum möglichen Täter anstellen und darüber Mitteilung machen. Wer aber den Täter nicht ermitteln kann – und das wird aufgrund der Unmöglichkeit, nachträglich Datenströme zu untersuchen praktisch immer der Fall sein. Anders wäre es nur, wenn die Nutzung registriert wird, z.B. durch Anmeldung, wie es teilweise in Hotels und bei der Vermietung von Räumlichkeiten der Fall ist. Aber nicht falsch verstehen: Eine Pflicht zur Registrierung bedeutet das nicht (s. Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 234 m.w.N.)!

3. Störerhaftung (und Abmahnkosten)

Das zweite Element ist immer die Frage, ob der Anschlussinhaber als Störer haftet. Und – für den abmahnenden Rechteinhaber häufig am interessantesten – darauf kommt es maßgeblich auch für die Pflicht zum Ersatz von Abmahnkosten an.

Was hat der BGH dazu ausgeführt?

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten nicht zuzumuten, seinen vollja?hrigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte fu?r eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung u?ber die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbo?rsen aufzukla?ren und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsa?tzlich nicht verpflichtet, vollja?hrige Familienangeho?rige u?ber die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbo?rsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbo?rsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte fu?r eine solche Nutzung bestehen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafu?r hatte, dass sein vollja?hriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbo?rsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Sto?rer fu?r Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend belehrt haben sollte.

(1) Der Senat hat zwar entschieden, dass der Inhaber eines ungesicher- ten WLAN-Anschlusses als Sto?rer auf Unterlassung haftet, wenn außenstehen- de Dritte diesen Anschluss missbra?uchlich nutzen, um urheberrechtlich ge- schu?tzte Musiktitel in Internettauschbo?rsen einzustellen (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 20 bis 24 – Sommer unseres Lebens). Diese Entscheidung ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung aber nicht auf die hier vorliegende Fallgestal- tung u?bertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem Familienangeho?rigen zur Verfu?gung stellt (vgl. BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 42 – Morpheus).

(2) Der Senat hat ferner entschieden, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht u?ber ein normal entwickeltes 13-ja?hriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelma?ßig bereits dadurch genu?gen, dass sie das Kind u?ber die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbo?rsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nut- zung des Internets durch das Kind zu u?berwachen, den Computer des Kindes zu u?berpru?fen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsa?tzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafu?r haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 24 – Morpheus). Auch diese Entscheidung ist nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung u?bertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem Familienmitglied zur Verfu?gung stellt, u?ber das er nicht kraft Gesetzes zur Fu?hrung der Aufsicht verpflichtet ist und das auch nicht wegen Minderja?hrigkeit der Beaufsichtigung bedarf.

(3) Ob und inwieweit dem als Sto?rer Inanspruchgenommenen eine Ver- hinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umsta?nden des Einzelfalls unter Beru?cksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeintra?chtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (hierzu Rn. 22). Danach ist bei der U?berlassung eines Internetanschlusses an vollja?hrige Familienangeho?rige zu beru?cksichtigen, dass zum einen die U?berlassung durch den Anschlussinhaber auf familia?rer Verbundenheit beruht und zum anderen Vollja?hrige fu?r ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das – auch grundrechtlich geschu?tzte (Art. 6 Abs. 1 GG) – besondere Vertrauensverha?ltnis zwischen Familienangeho?rigen und die Eigenverantwortung von Vollja?hrigen, darf der Anschlussinhaber einem vollja?hrigen Familienangeho?rigen seinen Internetanschluss u?berlassen, ohne diesen belehren oder u?berwachen zu mu?ssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass fu?r die Befu?rchtung haben muss, dass der vollja?hrige Familienangeho?rige den Internetanschluss fu?r Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Diese Grundsa?tze gelten nicht nur fu?r die U?berlassung des Internetanschlusses durch einen Ehepartner an den anderen Ehepartner (OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; GRUR-RR 2013, 246; OLG Ko?ln, WRP 2011, 781; OLG Ko?ln, GRUR-RR 2012, 329, 331; OLG Du?sseldorf, Urteil vom 5. Ma?rz 2013 – 20 U 63/12, juris Rn. 29; LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268; Rathsack, jurisPR-ITR 25/2012 Anm. 4 unter D; ders., jurisPR-ITR 12/2013 Anm. 5 unter D; ders., jurisPR-ITR 19/2013 Anm. 2 unter C; Ha?rting in Internet- recht, 5. Aufl., Rn. 2255). Sie gelten vielmehr auch fu?r die – hier in Rede stehende – U?berlassung des Internetanschlusses durch Eltern oder Stiefeltern an ihre vollja?hrigen Kinder oder Stiefkinder (OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; OLG Du?sseldorf, Urteil vom 5. Ma?rz 2013 – 20 U 63/12, juris Rn. 29; LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268; LG Hamburg, Verfu?gung vom 21. Juni 2012 – 308 O 495/11, juris Rn. 4; Rathsack, jurisPR-ITR 19/2013 Anm. 2 unter C; Solmecke, MMR 2012, 617, 618; Ha?rting in Internetrecht aaO Rn. 2256; aA OLG Ko?ln, GRUR-RR 2012, 329, 331; WRP 2012, 1148; MMR 2012, 184, 185; vgl. auch Rauer/Pfuhl, K&R 2012, 532, 533). Ob und inwieweit diese Grundsa?tze bei einer U?berlassung des Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber an andere ihm nahestehende vollja?hrige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, kann hier offenbleiben (fu?r eine entsprechende Anwendung OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; OLG Du?sseldorf, Urteil vom 5. Ma?rz 2013 – 20 U 63/12, juris Rn. 29; Ha?rting in Internetrecht, 5. Aufl., Rn. 2256; aA OLG Ko?ln, GRUR-RR 2012, 329, 331; LG Du?sseldorf, ZUM-RD 2010, 396, 398).

Enthalten diese Ausführungen etwas Neues? Ja: Volljährige Familienmitglieder müssen nicht belehrt werden. Und weiter? Nichts.

Daher gilt: Für öffentliche WLANs hält der BGH in „BearShare“ keine Antworten bereit. Ganz im Gegenteil, er lässt diese Fragen ganz bewusst offen.

4. Und jetzt? – Fazit

Als Fazit bleibt es bei dem, was wir schon vorher wussten: Es kommt darauf an. Die Grundregel lautet: Der Betreiber eines öffentlichen WLANs muss diejenigen Prüfungs- und Überwachungsmaßnahmen ergreifen, die ihm zumutbar sind. Aber: Wer ein öffentliches WLAN anbietet, ist Access Provider und die können sich auf § 8 TMG berufen. Der BGH hält zwar fest, dass §§ 8-10 TMG nicht für die Störerhaftung gelten sollen, gesteht aber immerhin zu, dass an die Zumutbarkeit von Maßnahmen und Pflichten ganz besonders strenge Anforderungen zu stellen sind (so kürzlich auch das AG Hamburg m.w.N.). Und daraus folgt zumindest nach der allgemeinen Auffassung in der Literatur sowie dem AG Hamburg, dass dem Betreiber eines WLANs nichts abverlangt werden kann, was sein Geschäftsmodell gefährdet. Und das sind jedenfalls schwere Eingriffe wie z.B. Port- oder DNS-Sperren, Registrierungspflichten etc. (eingehend Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 227 ff.). Selbst eine Pflicht zur Belehrung kann nicht verlangt werden (AG Hamburg, Urt. v. 10.6.2014 – 25b C 431/13; Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 235 m.w.N.; wohl auch Hoeren/Jakopp, ZRP 2014, 72, 75).

5. Nachklapp

Noch zwei Anmerkungen in eigener Sache:

  1. Mir ist zwischenzeitig die Frage gestellt worden, ob das Urteil des BGH die Aktualität des von Thomas Sassenberg und mir geschriebenen Buchs „WLAN und Recht“ beeinflusst, oder ob es „schon veraltet“ sei. Dies ist ganz klar zu verneinen. Das Urteil BGH BearShare ist im Buch WLAN und Recht – anhand der Pressemitteilung vom 8.1.2014 – eingearbeitet worden. Außerdem hat das Urteil – soweit es Neues bereit hielt – unsere Ausführungen bestätigt. Und am Rest hat es halt nichts geändert.
  2. Zur Entscheidung „BearShare“ des BGH wird im nächsten Heft der Zeitschrift Kommunikation & Recht (K&R) eine Anmerkung von mir erscheinen, in der ich das alles noch etwas eingehender (und juristischer) aufgedröselt habe.

Der BGH zum Begriff „nicht-kommerziell“ und Creative Commons NonCommercial – Meilensteine der Psychologie

Wie hier schon mehrfach berichtet, hat das LG Köln im März diesen Jahres eine Entscheidung zur Auslegung des Begriffs „nicht-kommerzielle Nutzung“ in Creative Commons-NonCommercial-Lizenzen gefällt (LG Köln, Urt. v. 5.3.2014 – 28 O 232/13). Dabei ging das LG Köln im Ergebnis davon aus, dass nur die „rein private Nutzung“ als „nicht-kommerzielle Nutzung“ einzustufen sei.

Das Urteil ist teils begrüßt, teils kritisiert worden (z.B. hier und hier). Ich habe das im April zum Anlass genommen, einen Vortrag mit Frage- und Diskussionsrunde zu der Entscheidung auf dem IT-LawCamp Frankfurt 2014 zu halten (dazu mit Ergebnisbericht hier).

Problematisch ist in Bezug auf die NonCommercial-Lizenzen gerade die Frage, was denn als „nicht-kommerzielle Nutzung“ einzustufen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das BGH-Urteil „Meilensteine der Psychologie“ (Urt. v. 28.11.2013 – I ZR 76/12, BeckRS 2014, 08032) hinweisen, in dem der BGH sich im Hinblick auf die Schrankenregelung des § 52a UrhG mit der Begrifflichkeit – wenn auch nur kurz – auseinandersetzt.

§ 52a Abs. 1 UrhG lautet (Hervorhebung durch Verfasser):

§ 52a Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung

(1) Zulässig ist,

1.veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern oder

2.veröffentlichte Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften ausschließlich für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren eigene wissenschaftliche Forschung

öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.

Es handelt sich bei § 52a Abs. 1 UrhG um eine urheberrechtliche Schranke. Das bedeutet, dass unter den Voraussetzungen der Norm ansonsten urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass die öffentliche Zugänglichmachung „zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke“ gerechtfertigt ist. Hierzu schreibt der BGH nun im Urteil „Meilensteine der Psychologie“ (Rn. 42, Hervorhebung durch Verfasser):

Das Öffentlich-Zugänglichmachen der Teile des Werkes war „zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt“. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Unterricht und das Zugänglichmachen der Teile des Werkes – wie hier – nicht der Gewinnerzielung dienten (vgl. dazu Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 52a UrhG Rn. 15; Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 52a UrhG Rn. 16; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 52a UrhG Rn. 24; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 52a Rn. 13).

Der BGH geht also – übrigens in Übereinstimmung mit der juristischen Literatur – davon aus, dass „nicht der Gewinnerzielung dienend“ als Definition für „nicht-kommerzielle Verwertung“ anzusehen ist. Dabei sollte man berücksichtigen, dass Schrankenregelungen wie § 52a Abs. 1 UrhG stets im Sinne der Urheber eng auszulegen sind. Trotz dieser Vorgabe einer engen Auslegung ist für den BGH nicht-kommerziell nur, was nicht der Gewinnerzielung dient. In der Literatur wird hierzu sogar teilweise ergänzt, dass selbst im Falle, dass ein Entgelt zur reinen Kostendeckung erhoben wird, weiter eine „nicht-kommerzielle Verwertung“ vorliegt (z.B. Dreier/Schulze-Dreier, 4. Aufl. 2013, § 52a Rn. 13).

Auch das LG Köln hatte eine sehr enge, restriktive Auslegung gewählt, wobei es hierzu über den Grundsatz der Zweckübertragungslehre in § 31 Abs. 5 UrhG kam. Dennoch ist zwischen „rein privat“ (LG Köln) und „nicht der Gewinnerzielung dienend“ (BGH) ein großer Unterschied. Es liegt daher trotz einer engen Auslegung nicht fern, die vom BGH zu Grunde gelegte Auslegung auch auf den Begriff der „nicht-kommerziellen Nutzung“ in der Creative Commons NonCommercial-Lizenz anzuwenden. Wir werden sehen, ob das OLG Köln dies im Falle einer Berufung aufgreifen wird.

Am Rande sei übrigens bemerkt, dass Till Jaeger (iFrOSS) und ich für die Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR) eine Anmerkung zu dem Urteil verfasst haben, die voraussichtlich im Heft 7/2014 erscheinen wird.

Anmerkung zu OLG Hamburg, Urt. v. 21.11.2013 – 5 U 68/10: Keine Sperrpflichten für Access Provider

Das OLG Hamburg hat Ende letzten Jahres zur Störerhaftung des Access Providers Stellung genommen (Urt. v. 21.11.2013 – 5 U 68/10 – 3dl.am). Dem Urteil ging eine Entscheidung des LG Hamburg voraus (Urt. v. 12.3.2010 – 308 O 640/08).

1. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Sachverhalt ist schnell erzählt: Die GEMA verlangte von der Beklagten, den Zugriff auf die nach ihrem Vortrag rechtsverletzende Webseite 3dl.am zu sperren. Dabei formulierte sie ihren Antrag offen, es sollte also im Wesentlichen dem verklagten Access Provider obliegen, die richtigen Maßnahmen zur Sperrung zu wählen. Diskutiert wurden URL-Sperren über Zwangsproxy, IP-Sperren, DNS-Sperren und Filter.

Schon das LG Hamburg hatte die Klage abgewiesen und festgestellt, dass Sperren von Access Providern nicht verlangt werden können.

2. Kernaussagen und Bewertung

Das OLG Hamburg hat die Entscheidung des LG Hamburg bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. In einem langen, ausführlichen Urteil hat es dabei gründlich die Bewertung von Sperrmaßnahmen durchexerziert.

a. Grundsätze der Störerhaftung, Kausalität

Das OLG Hamburg hat zunächst die Grundsätze und die Anwendbarkeit der Störerhaftung auf Access Provider behandelt. Dabei stellt es fest, dass auch Access Provider der Störerhaftung unterliegen können und stützt sich hierfür auch auf das Urteil „LSG vs. Tele2“ des EuGH (EuGH GRUR 2009, 579 Rn. 46 – LSG/Tele2). Die Haftungsprivilegierungen der §§ 8 – 10 TMG hingegen seien nicht unmittelbar auf Access Provider anwendbar. Aber sie finden im Rahmen der Beurteilung der einem möglichen Störer abzuverlangenden Pflichten Berücksichtigung.

Mit dieser Linie folgt das OLG Hamburg der derzeitigen Rechtsprechung des BGH. Während der BGH früher durchgehend Unterlassungsansprüche von §§ 8 – 10 TMG ausgenommen hatte, was vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH fraglich ist, wendet der BGH die Haftungsprivilegierungen gleichsam auf der Rechtsfolgenseite doch auf Access Provider an, indem er sie bei der Bewertung der aus der Störerhaftung möglicherweise resultierenden Prüf- und Überwachungspflichten einbezieht.

Quasi im Wege eines (wohl durch die Parteien angeregten) Exkurses geht das OLG Hamburg im Übrigen auch auf die verwaltungsrechtliche Bewertung der §§ 8 – 10 TMG ein. Es stellt fest, dass im Verwaltungsrecht ein anderer Störerbegriff gelte. Dennoch spricht sich das OLG Hamburg in Bezug auf § 59 Abs. 4 RStV quasi für eine einheitliche Auslegung aus:

Im Sinne einer einheitlichen Rechtsordnung dürften allerdings auch die in § 59 Abs. 4 RStV sowie der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Ausdruck kommenden Wertungen bei der Frage der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Access-Providers im Rahmen der Störerhaftung Berücksichtigung zu finden haben; es ist aber nicht ersichtlich, dass dies zu einem anderen Ergebnis führen würde als die nach den vorstehenden Ausführungen ohnehin erforderliche Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertungen der §§ 7-10 TMG.

Ganz wesentlich ist an dem Urteil, dass das OLG feststellt, dass die Pflichten eines Access Providers anders zu bewerten sind als diejenigen eines Host Providers. Der Access Provider betreibe nämlich ein „ohne Einschränkung gebilligtes Rechtsmodell“. Die Rechtsprechung zu eBay & Co. kann daher auf Access Provider nicht übertragen werden, es gelten ganz andere Grundsätze:

Die Rechtsprechung des BGH zur möglichen Inanspruchnahme von Host-Providern nach den Grundsätzen der Störerhaftung ist auf den vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres übertragbar. … Im Gegensatz zu dem – jedenfalls teilweise auf die Begehung von Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodellen von Sharehosting-Diensten – ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit und Zumutbarkeit von Prüfpflichten der hiesigen Bekl. aber zu berücksichtigen, dass diese ohne jeden Zweifel ein von der Rechtsordnung ohne Einschränkung gebilligtes Geschäftsmodell betreibt, welches in weit überwiegendem Umfang zu rechtmäßigen Zwecken genutzt wird.

Anschließend geht das OLG Hamburg auf die Frage der adäquaten Kausalität ein. Mit der wohl h.M. dürfte der Access Provider adäquat-kausal an der Rechtsverletzung seiner Endnutzer mitwirken, indem er den Zugang zu den Webseiten herstellt. Anders hatte dies 2008 noch das OLG Frankfurt gesehen (OLG Frankfurt, Urt. v. 1.7.2008 – 11 U 52/07 m. Anm. Mantz/Gietl, PDF).

b. Wirksamkeit von Sperrmaßnahmen

Das OLG Hamburg hinterfragt auch die Wirksamkeit von Sperrmaßnahmen. Dabei stellt es zunächst fest, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die von der Klägerin verlangten Sperrmaßnahmen allesamt grundsätzlich technisch möglich, aber auch relativ leicht zu umgehen sind. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass Internetsperren leicht zu umgehen seien, was sich am – mittlerweile wieder aufgehobenen – Zugangserschwerungsgesetz zeige (vgl. BT-Drs. 17/6644, 7).

Zuletzt hatte der niederländische Gerechtshof Den Haag Stellung zur Wirksamkeit von Sperrmaßnahmen genommen (Urt. v. 28.1.2014 – 200.105.418/01). Der Gerechtshof hatte dabei – unter Bezugnahme auf die sog. „Baywatch“-Studie (Poort et al., Baywatch: Two approaches to measure the effects of blocking access to The Pirate Bay, PDF) – festgestellt, dass DNS-Sperren (hier zur Sperre von The Pirate Bay) unwirksam seien. Schon auf dieser Grundlage hatte der Gerechtshof Den Haag die Verpflichtung zu Sperrmaßnahmen als unzulässig angesehen: Was nicht wirksam sei, könne auch nicht verlangt werden (ebenso die hiesige Vorinstanz LG Hamburg, Urt. v. 12.3.2010 – 308 O 640/08).

Das OLG stützt diese Auffassung ausdrücklich, nimmt aber – auf tatsächlicher Ebene – selbst zur Wirksamkeit der Sperrmaßnahmen dennoch keine Stellung (Hervorhebung durch Verfasser):

Der Senat selbst vermag indes die Frage der Effektivität der angesprochenen Sperrmethoden nicht abschließend zu beurteilen. Auch wenn die Einschätzung des LG, nach der gerade junge, internetaffine Menschen über hinreichende Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um die jeweiligen Sperrmaßnahmen innerhalb kurzer Zeit zu umgehen, vom Senat geteilt wird und sich zahlreiche Anleitungen hierzu im Internet finden, handelt es sich hierbei letztlich um (komplexe) technische Vorgänge. Es kann nicht eingeschätzt werden, wie viele der potenziellen Nutzer der streitgegenständlichen Website einen derartigen Umweg in Kauf nähmen, um an die rechtsverletzenden Links zu gelangen.

Nach Auffassung des Senats kann diese Frage jedoch auch dahinstehen. Sollte es sich so verhalten, dass die Auffassung der Bekl. zutrifft, nach der die genannten Sperrmöglichkeiten letztlich weitgehend unwirksame, weil leicht zu umgehende Mittel sind, wäre ihr die von der Kl. begehrte Zugangsverhinderung bzw. Zugangserschwerung bereits aus diesem Grunde nicht zumutbar. Eine Inanspruchnahme der Bekl. scheitert jedoch selbst dann an der Zumutbarkeit, wenn es sich – wie von der Kl. vertreten – bei den Sperrmöglichkeiten um äußerst effektive Mittel handelte.

Es ist wichtig, sich diese Unterscheidung deutlich zu machen: Es ist im Ergebnis egal, ob Sperrmaßnahmen wirksam sind oder nicht. Selbst wenn man unterstellt, dass Sperrmaßnahmen „äußerst effektiv“ sind, sind sie trotzdem unzulässig.

c. Unzulässigkeit von Sperrmaßnahmen ohne gesetzliche Grundlage

Der Kernpunkt der Entscheidung des OLG Hamburg ist denn auch die Bewertung von Sperrmaßnahmen – namentlich URL-Sperren durch Zwangsproxy, IP-Sperren, URL-Sperren und Filter. Diese sieht das OLG Hamburg ohne gesetzliche Grundlage vollständig als unzulässig an.

aa. Overblocking

Zunächst adressiert das OLG die Frage des Overblocking. Durch die Sperren könnte auch der Zugriff auf rechtmäßige Inhalte blockiert werden.

Overblocking geht mit Sperrmaßnahmen praktisch zwangsläufig einher. Wenn eine IP-Adresse gesperrt wird, werden alle Webseiten und alle Server unter dieser Adresse gesperrt. Wird eine URL gesperrt, können auf der URL rechtmäßige und rechtsverletzende Werke enthalten sein. Auch kann sich der Inhalt unter der URL ändern.

So führt das OLG Hamburg aus, dass urheberrechtlich geschützte Werke  gemeinfrei geworden sein und deshalb rechtmäßig auf der Webseite verfügbar sein könnten. Diese Argumentation kann durchaus noch dadurch erweitert und gestützt werden, dass auf einer geblockten Webseite Werke unter einer freien Lizenz, z.B. der GPL oder einer Creative Commons-Lizenz, angeboten werden könnten.

Overblocking kann im Übrigen praktisch zwangsläufig auch zu Schadensersatzansprüchen führen:

Erfolgte gleichwohl eine Sperrung dieser Angebote, so hätte dies eine nachhaltige Beeinträchtigung der Rechte Dritter zur Folge. Die Bekl. setzte sich in derartigen Fällen unter Umständen sogar Schadensersatz- sowie Unterlassungsansprüchen von Dritter Seite aus.

bb. Sperrmaßnahmen als Eingriff in Grundrechte

Das OLG Hamburg sieht denn auch in Sperrmaßnahmen einen klaren Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen. Dabei subsummiert es im Ergebnis nur unter das in Art. 10 GG und §§ 88 ff. TKG geregelte Fernmeldegeheimnis, stellt aber auch die Möglichkeit von Eingriffen in Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit), Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) und Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsfreiheit) in den Raum.

Nach richtiger Auffassung des OLG Hamburg gehören alle mit dem Übertragungsvorgang zusammenhängenden Daten zu den Umständen der Telekommunikation und unterfallen daher dem Schutzbereich von Art. 10 GG. Dabei sieht das OLG Hamburg keinerlei Unterschied darin, ob der Zugriff manuell oder automatisiert geschieht. Die Ausführungen sind vermutlich entsprechendem Vortrag der Klägerin geschuldet. Immer wieder wird (insbesondere in den USA) behauptet, dass eine automatisierte Verarbeitung von Daten nicht zu einer Rechtsverletzung führen könne. Jedenfalls in Deutschland dürfte diese Auffassung kaum zu halten sein. Schon im Rahmen des Volkszählungsurteils hatte das Bundesverfassungsgericht die automatisierte Verarbeitung von Daten als besonders gefährlich bezeichnet. Es kann auch für den Betroffenen nicht darauf ankommen, ob seine Daten von einem Mensch oder einer Maschine zur Kenntnis genommen werden. Eine solche Einschränkung des Schutzbereichs sieht das auch das Gesetz nicht vor:

Dass ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis ausgeschlossen sein soll, wenn die dem Schutz der Norm unterliegenden Informationen lediglich im Rahmen automatisierter Vorgänge zur Erschwerung des Zugriffs auf ein Internetangebot genutzt werden, vermag der Senat der gesetzlichen Regelung des § 88 Abs. 3 TKG nicht zu entnehmen. Auch die Gesetzesbegründung zu § 82 TKG aF ist zu diesem Gesichtspunkt unergiebig (BT-Drs. 13/3609, 53).

Weiter führt das OLG Hamburg aus, dass dies zudem der Auffassung des Gesetzgebers entspreche, der bei DNS-Sperren ausweislich der Gesetzesformulierung von einem Eingriff in das Fernmeldegeheimnis ausgegangen sei.

Die Filterung von Datenverkehr sieht das OLG Hamburg übrigens als einen unmittelbaren Eingriff in den Kernbereich von Art. 10 GG. Die Filterung ist daher besonders sensibel.

Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt eine Verpflichtung der Bekl. zur Filterung des Datenverkehrs erst recht nicht in Betracht. Denn dabei müsste die Bekl. nicht nur Kenntnis von Informationen über Umstände eines Telekommunikations-Vorgangs nehmen, sondern – darüber hinausgehend – auch von dessen Inhalt. Eine solche Maßnahme ginge mithin noch weiter als die dargestellten Sperrmaßnahmen und würde einen unmittelbaren Eingriff in den Kernbereich der durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Vertraulichkeit der Telekommunikation darstellen.

Es ist vor diesem Hintergrund fraglich, ob die Auferlegung einer Pflicht zur Filterung des Datenverkehrs überhaupt gerechtfertigt werden kann. Diesen Abschnitt im Urteil des OLG Hamburg sollten alle Telekommunikationsdiensteanbieter, die sich der sog. Deep Packet Inspection bedienen, also der automatisierten Analyse von Paketinhalten, berücksichtigen. Er könnte dafür sprechen, dass der Einsatz von Deep Packet Inspection grundsätzlich unzulässig ist und jedenfalls ohne ausdrückliche Einwilligung des Nutzers nicht vorgenommen werden darf. Da die Kenntnisnahme von Inhalten des Telekommunikations-Datenverkehrs höchst sensibel ist, lässt sich nicht ausschließen, dass sich Telekommunikationsdiensteanbieter mit solchem Verhalten einem erheblichen Schadensersatzrisiko aussetzen. Wenn für die Durchführung einer Videoüberwachung heutzutage schon erhebliche Beträge an Schmerzensgeld angemessen sind, dann dürften ähnliche, wenn nicht höhere Beträge auch bei Einblick in den Datenverkehr auszusprechen sein. Auch eine außerordentliche Kündigung durch den Nutzer könnte mit dem Einsatz von Deep Packet Inspection beim Anbieter durchaus begründet werden.

cc. Rechtfertigung des Eingriffs nur durch Gesetz – nicht durch die Störerhaftung

Da die Verpflichtung zur Einrichtung von Sperrmaßnahmen wie dargestellt in Grundrechte der Nutzer eingreift, bedarf es nach richtiger Auffassung des OLG Hamburg einer gesetzlichen Grundlage für solche Maßnahmen. Eine gesetzliche Regelung müsste insbesondere mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Voraussetzungen einer Maßnahme im Einzelnen bestimmen.

Die Störerhaftung – begründet auf §§ 1004 BGB, 97 UrhG – stellt jedenfalls keine solche taugliche Grundlage dar.

3. Europarechtlicher Kontext

Die Entscheidung ist auch im Lichte der Entscheidung des EuGH, Urt. v. 27.3.2014 – C-314/12 – UPC vs. Constantin, zu sehen. In dieser Entscheidung hatte der EuGH die grundsätzliche Rechtmäßigkeit von Sperrmaßnahmen zu bewerten. Der EuGH hat entschieden dass die europäischen Grundrechte einer Anordnung von Sperrmaßnahmen gerade nicht grundsätzlich entgegen stehen. Dabei hat der EuGH insbesondere festgestellt, dass allein die Unwirksamkeit einer Maßnahme nicht dazu führt, dass sie nicht angeordnet werden darf. Schon die Erschwerung des Zugangs reiche hierfür aus.

Im Ergebnis kommt aber auch der EuGH zu dem Ergebnis, dass Sperrmaßnahmen im konkreten Einzelfall aufgrund nationaler Regelungen erfolgen müssen (EuGH, Rn. 43 ff.). Es ist nämlich Sache der Mitgliedsstaaten kollidierende Grundrechte miteinander in Einklang zu bringen (EuGH, Rn. 46). Dabei hat der EuGH interessanterweise auf Seiten der Internetnutzer nur auf die Informationsfreiheit, nicht aber auf das Fernmeldegeheimnis abgestellt (EuGH, Rn. 47, 56).

Eine solche Gesetzesgrundlage müsste zudem auch Rechte der betroffenen Internetnutzer vorsehen, Sperrmaßnahmen angreifen zu können. Auch hier gilt also: Ohne Gesetz keine Sperrmaßnahme – in einer Linie mit der Entscheidung des OLG Hamburg.

4. Ausblick

Das OLG Hamburg hat die Revision zugelassen, da Fragen grundsätzlicher Bedeutung berührt seien. Der BGH wird sich also möglicherweise demnächst zu diesen Fragen äußern. Die Revision ist beim BGH unter dem Az. I ZR 3/14 anhängig.

Der BGH wird daher endlich den Fall eines Access Providers verhandeln und entscheiden und hoffentlich zur (Nicht-)Anwendbarkeit der Rechtsprechung zur Störerhaftung des Host Providers auf den Access Provider Stellung nehmen.

Es lässt sich verständlicherweise nur schwer vorhersagen, wie der BGH urteilen wird. Allerdings hat der BGH wiederholt die Rechte der Internet Service Provider nach §§ 7 ff. TMG hoch bewertet – und in Ausgleich mit den Interessen der betroffenen Rechteinhaber zu stellen versucht. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der BGH der Linie des OLG Hamburg folgt und für Sperrmaßnahmen eine gesetzliche Grundlage verlangt. Das Tauziehen um eine solche gesetzliche Grundlage dürfte dann erst richtig losgehen, ähnliche Kämpfe sind aus den vielen Reformen im Urheberrecht ja bekannt.

Die Entscheidung des EuGH in Sachen UPC vs. Constantin dürfte im Übrigen auf das zu erwartende Urteil des BGH keinen wesentlichen Einfluss haben. Denn zum einen verlangt auch der EuGH eine gesetzliche Grundlage für Sperranordnungen, zum anderen stützt das OLG Hamburg seine Entscheidung gerade nicht darauf, dass die verlangten Sperrmaßnahmen technisch ineffektiv sind. Und letztlich hat der EuGH in seiner Entscheidung das Fernmeldegeheimnis überhaupt nicht thematisiert. Der BGH wird dieses aber – auch aufgrund der starken Vorarbeit des OLG Hamburg – in seine Abwägung mit einbeziehen müssen.

 

Update: Zu dem Urteil hat auch Dr. Carlo Piltz in seinem Blog eine Anmerkung verfasst.

Bundesgerichtshof zur Störerhaftung des Anschlussinhabers bei Filesharing volljähriger Kinder – Bearshare

Der Bundesgerichtshof hat heute zur Frage der Störerhaftung des Anschlussinhabers für die Urheberrechtsverletzung eines volljährigen Kindes Stellung genommen (BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 – BearShare, Pressemitteilung hier).

Dazu führt der BGH laut Pressemitteilung insbesondere aus:

Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Ähnlich hatte der BGH schon zu einem minderjährigen Kind geurteilt (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus), das Urteil schreibt die bisherige Auffassung des BGH daher fort.

Zwei Punkte sind bisher bemerkenswert, auch wenn der Volltext noch nicht vorliegt, und die Pressemitteilung allein mit Vorsicht zu sehen ist (vgl. zum Fall BGH – Sommer unseres Lebens, bei dem Pressemitteilung und Urteilsgründe im Hinblick auf § 97a Abs. 2 UrhG (a.F.) deutlich voneinander abwichen Mantz, MMR 2010, 568):

  • Der BGH stellt auch bei privaten Anschlussinhabern darauf ab, ob es Anhaltspunkte für eine Urheberrechtsverletzung gab. Wie der BGH dies begründet, wird spannend zu sehen. Eventuell könnte hier im Hinblick auf die Störerhaftung ein (teilweiser) Gleichlauf mit anderen Fallkonstellationen greifen. Bei gewerblichen Anbietern geht der BGH nämlich mittlerweile davon aus, dass eine Störerhaftung erst ab Kenntnis greift (BGH, GRUR 2011, 1038 Rn. 21??f. – Stiftparfu?m; BGH GRUR 2013, 370 – Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 751 – Autocomplete). Hier wird man die Gründe abwarten müssen.
  • Außerdem stellt der BGH die familiäre Bindung in den Vordergrund. Schon in der Morpheus-Entscheidung (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus) hatte der BGH dies herausgehoben. Es lässt sich daher mit Fug und Recht behaupten, dass in einer Familie eine Störerhaftung des Anschlussinhabers kaum greifen wird. Wie das dann z.B. in Wohngemeinschaften zu beurteilen ist, ist allerdings noch offen.

Keine konkreten Hinweise enthält die Pressemitteilung zu der Frage der Darlegungs- und Beweislast, also insbesondere, ob der BGH zu Lasten des Anschlussinhabers weiterhin von einer Vermutung der Täterschaft ausgeht, die der Anschlussinhaber (z.B. durch den Vortrag, dass ein volljähriges Kind den Internetanschluss mitnutzt) erst erschüttern müsste. Da der BGH allerdings auf die familiäre Bindung abstellt, scheint er weiterhin von dieser Vermutung auszugehen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere ein kürzlich ergangener Beschluss des OLG Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 4.11.2013, Az.: 22 W 60/13) zu nennen, das substantiiertes Bestreiten für eine Erschütterung der Vermutung hat ausreichen lassen. Es bleibt allerdings dabei, dass – in Angesicht des Umstandes, dass die Nutzung eines Internetanschlusses durch eine Mehrzahl von Personen heutzutage die Regel und nicht die Ausnahme ist – schon die Vermutung auf tönernen Füßen steht bzw. stehen sollte.

Nun müssen wir die Entscheidungsgründe abwarten…

S. zu dem Urteil auch:

Interessant ist, dass der BGH auf die familiäre Bindung abstellt.

Anmerkung zu BGH, Urt. v. 19.4.2012 – I ZB 80/11 – Alles kann besser werden, K&R 2012, 664 – online

In eigener Sache:

Meine Anmerkung zum Urteil des BGH v. 19.4.2012 – I ZB 80/11 – „Alles kann besser werden“, die im letzten Jahr in der K&R (2012, 668) erschienen ist, ist jetzt online verfügbar (PDF, 0,1 MB).

Das Urteil des BGH beschäftigt sich mit den Anforderungen des Auskunftsanspruchs aus § 101 UrhG. Der BGH hat den Streit um das „doppelte Gewerblichkeitserfordernis“ in überraschender Form beendet. Die Anmerkung geht der Begründung des BGH nach.

Der Volltext des Urteils ist hier online.

KG Berlin, Urt. v. 16.04.2013 – 5 U 63/12: § 10 TMG ist auf Unterlassungsansprüche anwendbar (Volltext)

Mittlerweile ist für das Urteil des KG Berlin v. 16.04.2013 – 5 U 63/12 der Volltext verfügbar. Eine kurze Besprechung des Urteils (anhand von Meldungen ohne Volltext) findet sich hier.

Leitsätze (des Verfassers):

1. Nach der Rechtsprechung des EuGH, der einzelne Senate des BGH zu folgen scheinen, finden die Privilegierungen in §§ 8-10 TMG (resp. Art. 12-15 E-Commerce-RL) auch auf Unterlassungsansprüche Anwendung.

2. Die Haftungsprivilegierung gilt auch für ausländische Unternehmen.

3. Der Einsatz von Wortfiltern zum Auffinden von Beleidigungen, Schmähkritik etc., einschließlich der Überprüfung der angezeigten Suchergebnisse durch Mitarbeiter der Beklagten, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte das Haftungsprivileg verliert.

4. Die Grenze zumutbarer Überwachungspflichten im Hinblick auf einen Wortfilter ist jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen.

Volltext:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Februar 2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin – 52 O 159/11 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

A.

Die Klägerin betreibt in Berlin in der Nähe des Ostbahnhofs ein Hostel.

Die Beklagte bietet unter verschiedenen Domains, unter anderem unter „… .de“, neben den Diensten eines Online-Reisebüros ein Bewertungsportal an, in das jedermann Berichte über Beherbergungsbetriebe etc. einstellen und die Betriebe hinsichtlich verschiedener Kriterien in eine Skala von einer bis sechs Sonnen einordnen kann.

Nach Abgabe der Bewertung wird die bei der Bewertung anzugebende E-Mail-Adresse überprüft. Der Inhaber der Adresse erhält eine E-Mail der Beklagten mit der Aufforderung, einen Link anzuklicken.

Zudem durchläuft jede Bewertung vor ihrer Veröffentlichung bei der Beklagten ein automatisiertes Prüfungsverfahren, das gegebenenfalls zu einer „manuellen Tiefenrecherche“ durch Mitarbeiter der Beklagten führt. Andernfalls wird die Bewertung automatisch freigeschaltet.

Mitte Juli 2010 entdeckte die Klägerin in dem Portal der Beklagten die durch die Anlage K 11 zur Klageschrift wiedergegebene Bewertung von „S. „ mit der Überschrift „Für 37,50€ pro Nacht u. Kopf im DZ gabs Bettwanzen“.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie unter anderem zur Beseitigung der Bewertung von „S. „ auf.

Die Beklagte entfernte daraufhin die beanstandete Bewertung am 14. Juli 2010.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem am 16. Februar 2012 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es wird insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen, und zwar auch hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien.

Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2012 – 52 O 159/11 – zu ändern und die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2012 – 52 O 159/11 – zu ändern und die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten,

soweit die Aussagen zu Ziffer a) bis g) nicht erweislich wahr sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat die Akten des vorangegangenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Landgericht Berlin 52 O 229/10 = Kammergericht 5 U 193/10) beigezogen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

I.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (Lugano-Übereinkommen).

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese es unterlässt, auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

Dies gilt auch hinsichtlich der nunmehr als Hilfsantrag geltend gemachten Modifikation, die darauf gerichtet ist, der Beklagten untersagen zu lassen, auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

h) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten,

soweit die Aussagen zu Ziffer a) bis g) nicht erweislich wahr sind.

1. Im vorliegenden Fall ist deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar, obwohl der Sitz der Beklagten in der Schweiz ist.

Nach Art. 6 Abs. 1 Rom-II-Verordnung findet auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates Anwendung, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.

Da das beanstandete Wettbewerbsverhalten aber ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, nämlich der Klägerin, beeinträchtigt, ist hier jedoch nach Art. 6 Abs. 2 Rom-II-Verordnung Art. 4 Rom-II-Verordnung einschlägig.

Gemäß Art. EWG_VO_864_2007 Artikel 4 Abs. EWG_VO_864_2007 Artikel 4 Absatz 1 Rom-II-VO ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Der nach der Darstellung der Klägerin durch das beanstandete Verhalten eingetretene Schaden, der Ansehensverlust des Unternehmens der Klägerin, tritt in Deutschland ein, da die Beklagte sich mit dem Internetauftritt unter www…. .de zumindest vornehmlich an den Verkehr in Deutschland richtet.

§ 3 TMG spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da er keine Kollisionsregel enthält (vgl. BGH GRUR 2012, 850, Rn. 30).

2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 4 Nr. 8 UWG, auf den die Klägerin sich stützt.

a) Es bestehen keine Zweifel daran, dass das Vorhalten einer Bewertungsplattform für Beherbergungsbetriebe unter einer Domain, unter der auch die Dienstleistungen eines Reisebüros angeboten werden, eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist.

Der Betrieb des Portals der Beklagten ist nicht uneigennützig darauf gerichtet, Verbraucher zu informieren und ihnen ein Forum für Meinungsaustausch zu bieten. Er ist vielmehr darauf gerichtet, das Reisebürounternehmen der Beklagten in den interessierten Kreisen bekannt und attraktiv zu machen und damit den Absatz der Dienstleistungen zu fördern, mit denen die Beklagte Einkünfte erzielt.

b) Das Landgericht hat die Parteien zu Recht als Mitbewerber angesehen.

c) Die Beklagte hat im vorliegenden Fall den Tatbestand des § 4 Nr. 8 UWG nicht verwirklicht. Jedenfalls kann sie sich aber auf die Beschränkung der Haftung eines Host-Providers in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen.

aa) Alle beanstandeten Äußerungen sind der „Hotelbewertung“ einer sich „S“ nennenden Internetnutzerin in dem von der Beklagten betriebenen Bewertungsportal „…“ entnommen. Es gibt auch im Vorbringen der Klägerin weiterhin keinen Anhaltspunkt für die Annahme, es könne sich um eigene Tatsachenbehauptungen der Beklagten handeln.

bb) Die Beklagte hat sich die Äußerungen von „S. „ auch nicht zu Eigen gemacht.

(1) Es reicht hierfür nicht aus, dass die Beklagte im Internet ein Bewertungssystem installiert hat, die eingehenden Bewertungen Privater zu einem Durchschnittswert und einer Weiterempfehlungsrate auswertet und dieses geschäftlich nutzt (so aber: Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4, Rn. 8.9a).

Die Beklagte hätte sich die Bewertungen von „S. „ dann zu Eigen gemacht, wenn sie sich aus der objektiven Sicht des verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände mit der fremden Äußerung so identifiziert hätte, dass sie als ihre eigenen Äußerungen erscheinen. (vgl. BGH GRUR 2009, 1093 – Rn. 19; BGH GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de, Rn. 23; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8, Rn. 2.27).

Die Bewertung von „S. „ war seinerzeit eine von 46 Bewertungen des Hostels der Klägerin.

Neben den Bewertungen wurden im Portal der Beklagten schon in der Übersicht der Beiträge Informationen wie „Juni 11, Dennis, Alter 14-18, Freunde“ oder „Mai 11, Helena, Alter 19-25“ vorgehalten, in denen aus der objektiven Sicht des verständigen Durchschnittsnutzers Reisezeit, Vornamen, Alter und Reisebegleitung des Bewerters zu erkennen sind, so dass die Beiträge konkreten Personen zugeordnet werden, die durch diese Informationen individualisiert werden. Rief man die vollständigen Beiträge auf, wurden diese Informationen um weitere Details ergänzt.

Die vorgehaltenen Informationen mögen nicht genügen, um die Verfasser der einzelnen Beiträge zu identifizieren. Dem verständigen und durchschnittlich informierten Internetnutzer ist jedoch bekannt, dass Beiträge in Internetforen, Bewertungsportalen etc. in aller Regel nicht unter Klarnamen verfasst werden, zumindest nicht unter dem vollständigen Namen des Verfassers, sondern häufig unter Pseudonymen, sogenannten „nicks“.

Die Vorstellung, dass der Portalbetreiber im vorliegenden Fall durch die Berechnung einer Weiterempfehlungsquote von 80% und einer durchschnittlichen Bewertung mit dem Wert 3,9 nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die einzelnen Beiträge übernehmen wollte, erscheint dem verständigen und durchschnittlich informierten Internetnutzer fernliegend.

Das statistische Auswerten der eingegangenen Bewertungen und das Errechnen dieser Durchschnittswerte hat die Beklagte erkennbar als Außenstehende vorgenommen. Indem sie diese Werte veröffentlicht hat, hat die Beklagte jedenfalls die Stellungnahmen in Frage gestellt, die extrem von den Mittelwerten abweichen, da die Mittelwerte dem Besucher des Portals deutlich zeigen, dass und in welchem Umfang die Meinungen und subjektiven Einschätzungen Einzelner von den Bewertungen der Mehrheit abweichen.

Zeigt die Beklagte dem Besucher der Seite auf, dass die eingegangenen Beiträge in ihrem System bislang durchschnittlich eine Bewertung des Beherbergungsbetriebs der Klägerin mit 3,5 von 6 „Sonnen“ ergeben haben, spricht nichts dafür, dass die Beklagte sich mit der von „S.“ vorgenommenen Bewertung des Betriebs mit einer „Sonne“ nebst den beanstandeten Äußerungen identifizieren und sie sich damit zu Eigen machen will.

(2) Die Erklärung „Nun durchläuft Ihre Bewertung ein aufwändiges TÜV-zertifiziertes Prüfungsverfahren.“ ist Bestandteil der E-Mail, die die Beklagte dem Einsender einer Bewertung zuschickt. Da derjenige, der nur die Bewertungen liest, von dieser Erklärung nichts erfährt, ist sie im Rahmen der hier durchzuführenden Gesamtbetrachtung nicht relevant.

cc) Allein indem die Beklagte Internetnutzern die Möglichkeit bietet, unter ihrem Vornamen oder Pseudonymen Bewertungen von Beherbergungsbetrieben auf ihrer Seite „… .de“ zu veröffentlichen, erfüllt die Beklagte die objektiven Voraussetzungen des Verbreitens von Tatsachenbehauptungen im Sinne des § UWG § 4 Nr. 8 UWG nicht.

Verbreiten im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Täter Dritten die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH GRUR 1995, 427 – Schwarze Liste). Eine konkrete, der Beklagten zuzurechnende menschliche Handlung, die dieses Tatbestandsmerkmal ausfüllt und als geschäftliche Handlung im Sinne des § UWG § 2 Abs. UWG § 2 Absatz 1 Nr. 1 UWG qualifiziert werden könnte, ist jedenfalls für den Zeitraum nach dem Eingang der Hotelbewertung der sich „S.“ nennenden Nutzerin bei der Beklagten dann nicht zu erkennen, wenn der Beitrag automatisch freigeschaltet worden ist.

Nach dem Vorbringen der Beklagten geschieht dies, wenn in einem automatisierten Prüfungsverfahren, das alle Bewertungen durchlaufen, die bei der Beklagten eingehen, keine Auffälligkeiten festgestellt worden sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es auch nach dem Urteil des BGH GRUR 1995, 247 – Schwarze Liste, für ein Verbreiten der Tatsachenbehauptungen Dritter nicht, dass ein anderer auf welchem Wege auch immer von den beanstandeten Äußerungen Kenntnis erhält.

Der BGH führt dort aus:

„Verbreiten im Sinne des § 14 UWG ist die Weitergabe einer fremden Tatsachenbehauptung; diese muss sich die verbreitende Person nicht zu Eigen gemacht haben (Baumbach/Hefermehl a. a. O. § 14 Rdn. 16; GroßkommUWG/Messer, § 14 Rdn. 103). Es muss lediglich einem Dritten die Möglichkeit verschafft worden sein, von dem Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen. Diese Voraussetzungen sind auch nach dem Vortrag der Beklagten erfüllt. Der Beklagte zu 2 hat den Mitarbeiter der Firma S. nicht nur über die Existenz der Liste und die Tatsache informiert, dass darin Unternehmen namentlich aufgeführt sind, welche nicht kreditwürdig erscheinen, sondern es dem Mitarbeiter der Firma S. im Zusammenhang mit dieser Information weiter ermöglicht, auf welchem Wege auch immer, sich eine im Besitz der Beklagten befindliche Liste anzueignen. Diese vom Beklagten zu 2 zu verantwortende Möglichkeit der Kenntnisnahme von der sogenannten „Schwarzen Liste“ durch Dritte erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Verbreitens im Sinne des § 14 UWG.“

Die Entscheidung BGH GRUR 1995, 247 – Schwarze Liste (= NJW 1995, 1965) wird in der Kommentarliteratur vielmehr als Beleg für folgende Definition des Verbreitens angeführt: „ein Verhalten, das bewusst die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der anderweit aufgestellten Tatsachenbehauptung verschafft, ohne dass sich der Handelnde mit ihr identifiziert“ (Sprau in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 824, Rn. 5).

Wird eine Hotelbewertung am Ende eines automatisierten Prüfungsverfahrens in das Portal der Beklagten eingestellt, ist ein positives Tun, das der Beklagten zuzurechnen wäre und als von der Beklagten zu verantwortende Möglichkeit der Kenntnisnahme bezeichnet werden könnte, nicht zu erkennen. Darüber, ob eine Hotelbewertung ins Netz gestellt wird, entscheidet nicht die Beklagte, sondern allein der Verfasser der Bewertung.

Die technischen Vorgänge, die die Beklagte organisiert, stellen kein Verbreiten im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG dar (vgl. auch Wagner in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 824, Rn. 30).

dd) Die Beklagte hat zwar in diesem Rechtsstreit die Darstellung der Klägerin nicht bestritten, die von der Beklagten verwendete Filtersoftware habe dazu geführt, dass der Beitrag von „S. „ von einem Mitarbeiter der Beklagten geprüft und anschließend freigegeben worden ist. Auch in der Freigabe ist jedoch kein Verbreiten im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG zu sehen (a.A. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4, Rn. 8.18).

Derjenige, der lediglich verschiedene Meinungen und Standpunkte zu einem bestimmten Thema zusammen- und gegenüberstellt, damit den Meinungsstand zu diesem Thema dokumentiert und gleichsam einen „Markt der Meinungen“ eröffnet, wird von der Haftung als Verbreiter grundsätzlich ausgenommen (vgl. BGH GRUR 1969, 624 – Hormoncreme; BGH NJW 1976, 1198; BGH NJW 1996, 1131; BVerfG NJW-RR 2010, 470).

Die Beklagte wahrt die erforderliche Distanz zu den veröffentlichten Bewertungen, wenn sie – wie bereits ausgeführt – als erkennbar Außenstehende die eingegangenen Bewertungen statistisch auswertet und mit der Darstellung der Durchschnittswerte jedenfalls die Stellungnahmen in Frage stellt, die extrem von den Mittelwerten abweichen.

Der Beklagten war eine Verletzung der Rechte der Klägerin jedenfalls vor der Anzeige der Klägerin auch nicht bekannt (vgl. hierzu: BGH NJW 2007, 2558). Die von der Beklagten verwendete Filtersoftware ist nur darauf ausgerichtet, Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelbetreibern aufzufinden. Die Prüfung der durch die Software herausgefilterten Bewertungen, die Mitarbeiter der Beklagten vornehmen, erfasst die inhaltliche Richtigkeit der Bewertungen und Berichte nicht.

Im Übrigen wird auf die folgenden Ausführungen unter ee) (2) (b) verwiesen.

ee) Sieht man die Beklagte hingegen als Verbreiterin von Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG, stellt sich weiter die Frage, ob die Beklagte sich auf die Haftungsbeschränkungen in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen kann.

Die Frage ist hier zu bejahen.

Diensteanbieter sind nach den genannten Bestimmungen für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich. Sie sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Das Landgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass die Beklagte als Betreiberin des Portals „h… .de“ Diensteanbieterin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 TMG ist.

(1) Der I. Zivilsenat des BGH hat allerdings zumindest früher die Auffassung vertreten, dass dieses Haftungsprivileg auf Unterlassungsansprüche keine uneingeschränkte Anwendung findet (vgl. BGH GRUR 2011, 152 – Kinderhochstühle im Internet, Rn. 26, m. w. N.).

Dem steht die Rechtsprechung des EuGH gegenüber, der bei der Auslegung von Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG, deren Umsetzung § 10 Satz 1 TMG § 7 Abs. 2 TMG dienen, gerade nicht zwischen der Haftung auf Schadensersatz und Unterlassung unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2010, GRUR Jahr 2010 Seite 445 – Google France und Google, Rn. 114 ff; EuGH GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 107, 108, 139).

Nachdem der BGH (I. Zivilsenat) nunmehr ebenfalls die Haftungsprivilegierung gemäß Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG im Rahmen von Unterlassungsansprüchen erörtert hat (vgl. BGH GRUR 2011, 1038 – Stiftparfum, Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, Rn. 28), wird zum Teil davon ausgegangen, dass der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festhalten will (so: Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8, Rn 2.28; Lorenz jurisPR-itr 6/2012, Anm. 4; von Ungern-Sternberg GRUR 2012, 312, 327).

Dies erscheint einleuchtend.

Die Voraussetzungen für die Feststellung der Verantwortlichkeit eines Vermittlers von Diensten der Informationsgesellschaft sind dem nationalen Recht zu entnehmen. Art. 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG schränken die nach nationalem Recht bestehende Verantwortlichkeit ein. (vgl. EuGH GRUR 2010,  445 – Google France und Google, Rn. 107; EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 107).

Dementsprechend hat der BGH in den oben genannten Fällen nach der Feststellung bzw. der Erörterung der Verantwortlichkeit der jeweiligen Beklagten nach den Grundsätzen der Störerhaftung (vgl. BGH GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1038 – Stiftparfum, Rn. 20, BGH Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, Rn. 19) in einem zweiten Schritt überprüft, ob dieses Ergebnis mit den Maßstäben des EuGH in dessen Urteil vom 12. Juli 2011 (GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1025 – L’Oréal/eBay) in Einklang steht (vgl. BGH GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1038 – Stiftparfum, Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, Rn. 19).

Der 6. Zivilsenat des BGH geht jedoch unzweifelhaft weiter davon aus, dass die Haftungsbeschränkung in § TMG § 10 Satz 1 TMG für Unterlassungsansprüche nicht gilt (vgl. BGH GRUR 2012, 311, Rn. 19; BGH GRUR 2012, 751, Rn. 9).

(2) Die Klägerin wirft zu Recht die Frage auf, ob die Beklagte sich angesichts der Verbindung des Bewertungsportals mit dem Betrieb eines Online-Reisebüros auf die Haftungsprivilegierung in § 10 Satz 1, § TMG § 7 Abs. 2 TMG berufen kann.

Der Umstand, dass die vom Betreiber eines mit einem Internetreisebüro verbundenen Hotelbewertungsportals erbrachte Dienstleistung die Speicherung von Informationen umfasst, die ihm von Dritten übermittelt werden, reicht nicht aus, um darauf zu schließen, dass diese Dienstleistung unter allen Umständen in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG fällt. Diese Bestimmung ist nämlich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs und der Ziele auszulegen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 111).

Wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Anbieter eines Internetdienstes vom Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG erfasst werden kann, besteht darin, dass er „Vermittler“ in dem vom Gesetzgeber im Rahmen von Kapitel II Abschnitt 4 dieser Richtlinie gewollten Sinne ist (vgl. EuGH GRUR 2010, 445 – Google France und Google, Rn. 114; EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 112).

(a) Dies ist nicht der Fall, wenn der Anbieter des Dienstes, anstatt sich darauf zu beschränken, diesen mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen, eine aktive Rolle spielt, die ihm eine Kenntnis dieser Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte (EuGH GRUR 2010, 445 – Google France und Google, Rn. 114 und 120; EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 113).

Mit den Tatsachen, dass der Betreiber eines Online-Marktplatzes die Verkaufsangebote auf seinem Server speichert, die Modalitäten für seinen Dienst festlegt, für diesen eine Vergütung erhält und seinen Kunden Auskünfte allgemeiner Art erteilt, lässt sich jedenfalls nicht begründen, dass die in der Richtlinie 2000/31/EG hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen auf ihn keine Anwendung finden (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 115).

Auch die Beklagte leistet denjenigen, die sich in ihrem Portal äußern wollen, jedenfalls keine Hilfestellung, die der Unterstützung der als Verkäufer auftretenden Kunden eines Online-Marktplatzes bei der Präsentation ihrer Angebote oder ihrer Werbung vergleichbar ist und dazu führen könnte, dass sie im Verhältnis zwischen den Verfassern der Beiträge auf ihrem Portal und deren Lesern eine neutrale Stellung verlässt, und sich daher nicht mehr auf die in Art. EWG_RL_2000_31 Artikel 14 der Richtlinie 2000/31/EG genannte Ausnahme im Bereich der Verantwortlichkeit berufen kann. (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 116)

Allein mit dem Betrieb eines Internetreisebüros lässt sich nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen des EuGH entgegen der Auffassung der Klägerin nicht begründen, dass die Beklagte die Rolle einer neutralen Vermittlerin verlassen habe. Wie bereits ausgeführt, wahrt die Beklagte als Portalbetreiberin eine erkennbar distanzierte Position zu den abgegeben Bewertungen, insbesondere zu solchen, die sich als „Ausreißer“ darstellen.

(b) Der Einsatz von Wortfiltern zum Auffinden von Beleidigungen, Schmähkritik etc., einschließlich der Überprüfung der angezeigten Suchergebnisse durch Mitarbeiter der Beklagten, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte das Haftungsprivileg verliert.

Die Richtlinie 2000/31/EG lässt die Möglichkeit unberührt, dass die Mitgliedstaaten von Diensteanbietern, die von Nutzern ihres Dienstes bereitgestellte Informationen speichern, verlangen, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (vgl. Erwägungsgrund 48 der Richtlinie).

Geht man davon aus, dass die Beklagte aufgrund nationaler zivil- und strafrechtlicher Vorschriften, die etwa dem Schutz der Persönlichkeitsrechte Dritter dienen, zumindest verpflichtet war, den eingesetzten Wortfilter zu installieren und gegebenenfalls weitere Überprüfungen durch ihre Mitarbeiter ausführen zu lassen, kann die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht automatisch zum Verlust des Haftungsprivilegs führen. Die Folgen der Freigabe eines Beitrages nach der Anzeige eines auf eine Beleidigung oder einer Schmähkritik hindeutenden Wortes müssen auf den geschuldeten Prüfungsumfang beschränkt sein. Die Freigabe eines Beitrags, der z. B. das Wort „Fußmarsch“ enthält und der infolge der letzten fünf Buchstaben dieses Wortes in einem auf das entsprechende Schmähwort ausgerichteten Wortfilter hängen geblieben ist, kann nicht dazu führen, dass der Portalbetreiber dafür einzustehen hat, dass alle in diesem Beitrag aufgeführten Tatsachen erweislich wahr sind. Andernfalls wird das von der Richtlinie 2000/31/EG gewollte Haftungsprivileg durch die nach Erwägungsgrund 48 der Richtlinie möglichen nationalen Vorschriften vollständig ausgehöhlt.

Das Landgericht führt zu Recht aus, es sei widersinnig, das Haftungsprivileg nur demjenigen zugute kommen zu lassen, der keinerlei Schutzmaßnahmen vorsehe, nicht aber demjenigen, der durch den Einsatz von Wortfiltern Vorkehrungen gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter treffe.

Die obigen Ausführungen gelten entsprechend, soweit die Beklagte Wortfilter einsetzt, die dazu dienen sollen, sogenannte „Fake-Bewertungen“ auszuschließen, insbesondere Eigenbewertungen von Hotelbetreibern und Bewertungen von Konkurrenten, da diese Maßnahmen nicht nur dazu dienen, Authentizität und Attraktivität des Portals zu sichern, sondern auch, um Wettbewerbsverstöße (§ 4 Nr. 7 und 8, § 5 UWG) zu verhindern.

(c) Es ist nicht davon auszugehen, dass der nationale Gesetzgeber – wie aber die Klägerin meint – mit § 4 Nr. 8 UWG von der ihm nach der Richtlinie 2000/31/EG offen gebliebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, für spezifische Fälle Überwachungspflichten einzuführen.

Nach Erwägungsgrund 47 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten nur gehindert, den Diensteanbietern Überwachungspflichten aufzuerlegen, wenn diese Pflichten allgemeiner Art sind. Den allgemeinen Überwachungspflichten werden dort Überwachungspflichten in spezifischen Fällen gegenüber gestellt, die von dem Verbot nicht erfasst sind und für die beispielhaft Anordnungen genannt werden, die von einzelstaatlichen Behörden nach innerstaatlichem Recht getroffen werden.

Überwachungspflichten in spezifischen Fällen sind danach etwa die Maßnahmen, die der Diensteanbieter auszuführen hat, wenn gegen ihn nach dem konkreten Hinweis auf einen Wettbewerbsverstoß, den er nicht abgestellt hat, ein Unterlassungsurteil ergangen ist, um künftig identische und kerngleiche Verstöße zu verhindern. Den allgemeinen Überwachungspflichten stellt Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG mithin anlassbezogene Überwachungspflichten gegenüber. (vgl. Nieland NJW 2010, 1494, 1497).

Die von der Klägerin gewünschte Überwachungspflicht, die darauf gerichtet ist, bei jeder einzelnen Bewertung zu erfassen, ob es sich um im Hinblick auf § 4 Nr. 8 UWG unbedenkliche positive Bewertungen, Meinungsäußerungen oder um unternehmensbezogene, zur Schädigung geeignete Tatsachendarstellungen handelt, legt dem Diensteanbieter eine allgemeine Überwachungspflicht auf. Der Diensteanbieter müsste nach den Vorstellungen der Klägerin jede einzelne Bewertung darauf überprüfen, ob sie – unterstellt sie sei nicht erweislich war – im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG unlauterer Wettbewerb wäre.

Ungeachtet der mehr als zweifelhaften Frage, ob sich eine derartige Prüfung mit dem Einsatz eines Wortfilters überhaupt bewerkstelligen lässt, ist dem entgegen zu halten, dass von einem Host-Provider wie der Beklagten bereits ein präventives System der Filterung der von den Nutzern ihrer Dienste auf ihrem Server gespeicherten Informationen, das unterschiedslos auf alle diese Nutzer anwendbar ist, grundsätzlich nicht verlangt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012, C-360/10 – Sabam).

Die hier vertretene Auffassung stellt Hotelbetreiber wie die Klägerin auch nicht rechtlos.

Um eine Beschränkung der Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen zu können, muss der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von Information besteht, unverzüglich tätig werden, sobald ihm rechtswidrige Tätigkeiten bekannt werden, um die betreffende Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 TMG, Art. 14 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 2000/31/EG, Erwägungsgrund 46 dieser Richtlinie).

(d) Der Auffassung der Klägerin, die Beklagte sei nicht Diensteanbieter im Sinne von § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG, weil sie fremde Informationen nicht nur vorübergehend speichere, ist nicht zu folgen.

Die Legaldefinition des Diensteanbieters findet sich in § 2 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. TMG. Diensteanbieter ist danach jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Weder hier noch in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG findet sich eine Differenzierung nach der Dauer der Speicherung (fremder) Informationen (vgl. auch § 9 TMG).

Auch aus der Legaldefinition des Dienstes der Informationsgesellschaft in Art. 2 lit. a) der Richtlinie 2000/31/EG oder Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG ergibt sich eine derartige Differenzierung nicht.

Die Klägerin stützt ihre Auffassung auf den Erwägungsgrund 42 der Richtlinie 2000/31/EG:

„Die in dieser Richtlinie hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen decken nur Fälle ab, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben und den Zugang zu diesem zu vermitteln, über das von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen übermittelt oder zum alleinigen Zweck vorübergehend gespeichert werden, die Übermittlung effizienter zu gestalten. Diese Tätigkeit ist rein technischer, automatischer und passiver Art, was bedeutet, dass der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt.“.

Die Klägerin verkürzt die dort genannten Ausnahmen, wenn sie ausschließlich darauf abstellt, ob „die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen zum alleinigen Zweck vorübergehend zu speichern, die Übermittlung effizienter zu gestalten“.

Die zweite Alternative im ersten Satz des Erwägungsgrundes 42 „Fälle …, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben … oder zum alleinigen Zweck vorübergehend gespeichert werden, die Übermittlung effizienter zu gestalten, betrifft nur das in Art. 13 der Richtlinie 2000/31/EG geregelte Caching (vgl. auch § 9 TMG).

Das Betreiben eines Hotelbewertungsportals gehört hingegen zu den Fällen, „in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben und den Zugang zu diesem zu vermitteln, über das von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen übermittelt … werden.“

(e) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach der Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/31/EG auf ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen wie die Beklagte stellt sich nicht.

Diese Richtlinie hat der nationale Gesetzgeber mit dem TMG umgesetzt, ohne hinsichtlich der Haftungsprivilegierung zwischen Diensteanbietern aus Mitgliedstaaten und Drittstaaten zu unterscheiden.

Anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG oder § 3 TMG.

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG ist ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch die die sachlich-rechtlichen Ergebnisse des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert werden (EuGH NJW 2012, 137, Rn. 68).

Dementsprechend enthält auch § 3 TMG nur ein sachrechtliches Beschränkungsverbot (BGH GRUR 2012, 850, Rn. 30).

Inwieweit der Erwägungsgrund 58 der Richtlinie 2000/31/EG, nach dem die Richtlinie keine Anwendung auf Dienste von Anbietern finden soll, die in einem Drittland niedergelassen sind, Schweizer Unternehmen von den Haftungsprivilegien in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG ausschließen soll, ist nicht nachzuvollziehen.

Dementsprechend ist auch der BGH in seinem Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, offensichtlich davon ausgegangen, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG für eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz gilt und auch in dieser Konstellation an Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG und der Rechtsprechung des EuGH zu messen ist (vgl. dort Rn. 1, 19, 20).

3. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 3 UWG.

Der Klägerin ist ohne weiteres zuzugestehen, dass die Beklagte im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schafft, wenn sie jedwedem Internetnutzer die Möglichkeit bietet, sich (wertend) über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Ihr ist weiter zuzugestehen, dass diese Gefahrenlage sich noch verschärft, wenn die Beklagte Internetnutzern die Möglichkeit gibt, sich unerkannt, d. h. unter einem Pseudonym, zu äußern.

Trotz dieser Ausgangslage haftet die Antragsgegnerin aber auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht als Täterin eines Wettbewerbsverstoßes.

Aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind, ist grundsätzlich abzuleiten, dass derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die Gefahr schafft, dass Dritte wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen anderer verletzen, dazu verpflichtet ist, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 22, 36; BGH GRUR 2008, 530 – Nachlass bei der Selbstbeteiligung, Rn. 21).

Die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht eines Telediensteanbieters hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte konkretisiert sich als Prüfungspflicht. Voraussetzung einer Haftung des Telediensteanbieters ist daher eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Damit wird einer unangemessenen Ausdehnung der Haftung für Rechtsverstöße Dritter entgegengewirkt. (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 38)

Der Beklagten dürfen keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. In diesem Zusammenhang ist nicht nur die Regelung des § 7 Abs. 2 TMG zu beachten (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 39). Zugunsten der Beklagten fällt auch ins Gewicht, dass die Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die unter dem vollständigen, bürgerlichen Namen einer Person abgegeben werden, mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist (vgl. BGH NJW 2009, 2888, Rn. 38, sowie  § 13 Abs. 6 TMG).

a) Die Grenze zumutbarer Überwachungspflichten ist jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen (vgl. BGH GRUR 2007, 708 – Internetversteigerung II, Rn. 47).

Betrachtet man die beanstandeten Aussagen

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff

b) sauber war nur das Badezimmer

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

ist zumindest bei den Aussagen a), b), d) f) und g) nicht erkennbar, welche Wörter in einem Wortfilter zur Anzeige eines problematischen Inhalts der Bewertung hätten führen sollen.

Das Wort „Bettwanzen“ in der Aussage c) erscheint zur Eingabe in ein Suchsystem ebenfalls nicht geeignet, da nicht nachzuvollziehen ist, warum damit letztendlich jede Erwähnung von Ungeziefer zur Folge haben muss, dass der Portalbetreiber vor der Veröffentlichung der Bewertung die Beweisbarkeit der Aussage sicherstellen und damit letztendlich die Wahrheit der Darstellung überprüfen müsste.

Entsprechendes gilt für das Wort „verseuchten“ in der Aussage e), da damit auch ein starker Verschmutzungsgrad beschrieben werden kann.

Beleidigenden Charakter, wie etwa häufig die Begriffe „Schmeißfliege“ oder „Zecke“, haben die Begriffe „Bettwanze“ und „verseucht“ jedenfalls nicht.

b) Das berechtigte Interesse der Beklagten an Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen kann nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten führen, jede Bewertung vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Dem entspricht die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 TMG, die eine entsprechende Verpflichtung ausschließt. (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 41).

Die von der Klägerin gewünschte Überwachungspflicht, die darauf gerichtet ist, bei jeder einzelnen Bewertung zu erfassen, ob es sich um im Hinblick auf § 4 Nr. 8 UWG unbedenkliche positive Bewertungen, Meinungsäußerungen oder um unternehmensbezogene, zur Schädigung geeignete Tatsachendarstellungen handelt, führt aber dazu, dass die Beklagte -wie bereits ausgeführt – jede einzelne Bewertung darauf überprüfen müsste, ob diese – unterstellt sie sei nicht erweislich wahr – im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG unlauterer Wettbewerb wäre.

Eine Beschränkung der Prüfungspflicht auf „schlechte“ Bewertungen ist nicht nur wegen des unbestimmten Maßstabs ungeeignet, den Prüfungsumfang auf das Zumutbare zu beschränken. Ob ein Erfahrungsbericht eine schlechte Bewertung eines Hostels enthält, lässt sich auch nur dann feststellen, wenn Mitarbeiter der Beklagten jede einzelne Bewertung durchlesen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da zum einen die Frage, ob sich der Betreiber eines mit dem Betrieb eines Internetreisebüros verbundenen Bewertungsportals die Bewertungen der Portalnutzer zu Eigen macht, wenn er einen Wortfilter einsetzt und im Fall einer Anzeige nach Prüfung durch Mitarbeiter freigibt, von grundsätzlicher Bedeutung sein dürfte.

Dies gilt aber auch für die Frage, ob sich ein solcher Unternehmer (gegenüber Unterlassungsansprüchen) auf die Haftungsprivilegierung in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen kann.