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OLG Köln: 4-tägige Speicherung von IP-Adressen durch den Provider ist nach § 100 TKG gerechtfertigt und Auskunft nach § 101 Abs. 9 UrhG möglich

Ich möchte heute auf eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln hinweisen (OLG Köln, Urteil vom 14.12.2015 – 12 U 16/13, BeckRS 2016, 00898).

Es handelte sich um ein Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG: Wegen angeblichen Filesharing ordnete das LG Köln die Herausgabe der Bestandsdaten zu IP-Adressen an, wobei der Provider die IP-Adressen samt Nutzungszeitpunkt jeweils für insgesamt vier Tage speicherte. Der Kläger (also der Anschlussinhaber) vertrat die Auffassung, dass der Provider zur Speicherung nicht berechtigt sei. Da der Provider die Daten hätte löschen müssen, sei der Beschluss des LG Köln zur Beauskunftung falsch und aufzuheben.

Das OLG Köln hat sich der Auffassung des Klägers nicht angeschlossen und festgestellt, dass der Provider die Daten für vier Tage speichern und dann auch im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG herausgeben durfte:

„1. Die Datenspeicherung ist nach § 100 Abs. 1 TKG gerechtfertigt, weil sie zur Abwehr von Störungen der Telekommunikationsanlage erforderlich ist.

a) Das Internet als Ganzes stellt zum einen ein Telekommunikationsnetz gemäß § 3 Nr. 26 TKG dar, zum anderen aber auch eine Telekommunikationsanlage nach § 3 Nr. 23 TKG (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 III ZR 146/10, NJW 2011, 1509, zitiert nach juris, Rn. 24; Urteil vom 3.7.2014, III ZR 391/13, NJW 2014, 2500, zitiert nach juris, Rn. 15), zumal es sich um ein System handelt, welches der Datenübermittlung oder -vermittlung dient. Der Begriff der Störung im Sinne des § 100 TKG ist umfassend zu verstehen als jede vom Diensteanbieter nicht gewollte Veränderung der von ihm für sein Telekommunikationsangebot genutzten technischen Einrichtungen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 III ZR 146/10, NJW 2011, 1509, zitiert nach juris, Rn. 24 unter Verweis auf die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes BT-Drs. 16/11967 S. 17; BGH, Urteil vom 3.7.2014, III ZR 391/13, NJW 2014, 2500, zitiert nach juris, Rn. 17).

b) Auf dieser Grundlage lässt sich zwar eine Störung nicht bereits dann bejahen, wenn eine Internetverbindung – wie im Falle einer Urheberrechtsverletzung – zu rechtswidrigen Zwecken genutzt wird, zumal hierbei das Internet in seiner Funktionsfähigkeit gerade nicht eingetrübt wird und auch eine Sperrung von IP-Nummernblöcken nicht zu befürchten ist.

Eine Ausweitung der Auslegung des Begriffs der Störung auf Urheberrechtsverletzungen wäre dementsprechend nur dann möglich, wenn man aus § 100 Abs. 1 TKG in einer Art Analogie zu ordnungsrechtlichen Generalklauseln (wie z. B. § 1 OBG-NW, § 1 PolG-NW) eine allgemeine Verpflichtung oder Befugnis des Providers herleiten würde, jeglichen Rechtsverletzungen im Internet vorsorglich durch Datenspeicherungen entgegenzuwirken.

Dies kann indes weder dem Wortlaut der §§ 96, 100 TKG entnommen werden, noch deutet die Entstehungsgeschichte des Gesetzes darauf hin, dass der Gesetzgeber den Betreibern von Telekommunikationsanlagen die Befugnis zur Ausübung eines derartigen Wächteramtes hat zukommen lassen wollen. Auch die Gesetzessystematik spricht dagegen. So grenzen die §§ 91 ff. TKG die Befugnisse der Betreiber von Telekommunikationsanlagen im Umgang mit Daten ein. Ferner trifft das TKG zu Kommunikationsinhalten keinerlei ausdrückliche Regelung, sondern verweist zur Inhaltskontrolle grundsätzlich durch die §§ 110 ff. TKG auf die Aufgaben und Befugnisse der Sicherheitsbehörden, wogegen den Betreibern von Telekommunikationsanlagen lediglich die Aufgabe der Umsetzung von behördlichen Anordnungen zugewiesen wird, einschließlich solcher Anordnungen, die eine Inhaltsüberwachung vorsehen. Sinn und Zweck der Regelung ist dementsprechend die Begrenzung der Aufgaben und Befugnisse von Telekommunikationsanlagenbetreibern auf die formale Gewährleistung der Kommunikationsmöglichkeit, wie die §§ 88, 91 TKG durch Benennung des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes als umzusetzende übergesetzliche Vorgaben verdeutlichen.

c) Eine die Datenspeicherung rechtfertigende Störung nach § 100 TKG ist aber anzunehmen, wenn ohne die Speicherung der IP-Adressen zu befürchten ist, dass andere Provider wegen auftretender Schadprogramme, Versand von Spam-Mails oder „Denialof-Service-Attacken mangels näherer Möglichkeit der Eingrenzung des infizierten Rechners ganze IP-Adressbereiche des Internetanbieters sperren, weil die Gefahren von ihnen, bzw. einem von ihnen ausgehen. Diese Sperrung wäre eine als Störung zu bewertende Veränderung der Telekommunikationsanlage, da diese sodann wegen der Sperrungen teilweise nicht mehr nutzbar wäre (BGH, Urteil vom 13.1.2011, III ZR 146/10, NJW 2011, 1509, zitiert nach juris, Rn. 24; Urteil vom 3.7.2014, III ZR 391/13, NJW 2014, 2500, zitiert nach juris, Rn. 14-23).

aa) Bei Denial of Service-Attacken, Spam-Versand, dem Versand von Trojanern und Hacker-Angriffen handelt es sich um Störungen i. S. d. § 100 TKG (BGH a. a. O.; OLG Frankfurt, Urteil vom 28.8.2013, 13 U 105/07, BB 2013, 2369, zitiert nach juris, Rn. 64).

Dem Kläger ist durchaus zuzugeben, dass eine streng formale Betrachtungsweise dem Telekommunikationsunternehmen jeglichen Blick auf übertragene Inhalte versagen würde. Die vorliegend vertretene eingeschränkte Zulassung der Berücksichtigung und Überprüfung von Kommunikationsinhalten ergibt sich aber unmittelbar aus dem Gesetz, weil § 100 TKG eine Regelung für Störungen jeglicher Art enthält und damit auch für solche, die sich aus Kommunikationsinhalten ergeben.

bb) Zur Rechtfertigung einer Speicherung bedarf es keiner bereits aufgetretenen Störung; ausreichend ist vielmehr eine abstrakte Gefahr, weswegen lediglich zu überprüfen ist, ob die Speicherung erforderlich ist, um einer später auftretenden Störung begegnen zu können (BGH, Urteil vom 13.1.2011, III ZR 146/10, NJW 2011, 1509, zitiert nach juris, Rn. 25-27; Urteil vom 3.7.2014, III ZR 391/13, NJW 2014, 2500, zitiert nach juris, Rn. 6, 19, 21; OLG Frankfurt, Urteil vom 28.8.2013, 13 U 105/07, BB 2013, 2369, zitiert nach juris, Rn. 65-75; Mozek in Säcker, Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 3. Auflage 2013, § 100 TKG, Rn. 10).

Die mehrtätige Speicherung von IP-Adressen begegnet auf dieser Grundlage auch keinen durchgreifenden verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken (BGH, Urteil vom 13.1.2011, III ZR 146/10, NJW 2011, 1509, zitiert nach juris, Rn. 27-29, 34, 35; Urteil vom 3.7.2014, III ZR 391/13, NJW 2014, 2500, zitiert nach juris, Rn. 18-24). Insbesondere lässt sich auch den Ausführungen des EUGH im Rahmen der Safe-Harbour- Entscheidung (Urteil vom 6.10.2015, C-362/14, NJW 2015, 3151-3158, zitiert nach juris) keine Abweichung gegenüber dem vorliegend vom Senat eingenommenen Rechtsstandpunkt entnehmen. Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, welche Vorgaben dem europäischen Recht für die Praxis eines sozialen Netzwerks entfließen, Daten in den Zugriffsbereich eines Drittstaates außerhalb der EU weiterzugeben, dessen Datenschutzniveau dasjenige der EU unterschreitet. Die vom Kläger zitierten Passagen der Entscheidung befassen sich mit der Rechtsbeeinträchtigung von EU-Bürgern aufgrund der von einer Behörde des Drittstaates vorgenommenen undifferenzierten und massenweisen Speicherung sämtlicher übermittelter personenbezogener Daten aus einem sozialen Netzwerk. Diesen Ausführungen lässt sich für die vorliegend relevante Frage der Befugnis eines deutschen Providers zur Speicherung der IP-Adresse seines deutschen Kunden für 4 Tage keine relevante Aussage entnehmen.

cc) Dass die Speicherung der IP-Adressen für 4 Tage nach Beendigung der Internetverbindung zur Abwehr von Störungen in Gestalt von Hacker-Angriffen, Denialof-Service-Attacken, Versand von Spam oder Trojanern erforderlich ist, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur vollen Überzeugung des Senates fest. Wegen der Einzelheiten wird auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N in seinem Gutachten vom 30.8.2014 (Bl. 483-493 R d. A.), dem Ergänzungsgutachten vom 15.3.2015 (Bl. 547-554 d. A.) sowie im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen im Sitzungstermin vom 29.10.2015 (Bl. 668-671 d. A.) Bezug genommen, denen der Senat folgt. Der Sachverständige hat nachvollziehbar die in der Vergangenheit festzustellende und für die Zukunft zu erwartende Entwicklung des Gefahrenpotentials aufgrund der aufgetretenen und zu erwartenden Störungen des Internetbetriebes aufgezeigt und das Abuse-Management der Beklagten im Hinblick auf seine Eignung und Erforderlichkeit zur Gefahrenabwehr eingehend gewürdigt. Er hat dieses nicht nur als im Interesse eines sicheren, störungsfreien Betriebs sinnvoll bezeichnet (Gutachten vom 30.8.2014, S.15 = GA Bl.490) und aufgezeigt, warum ohne ein solches Abuse-Management, für das nach derzeitigem Stand eine Speicherung der IP-Adressen zwingend erforderlich ist, die Gefahr von Störungen steigen würde, sondern das Abuse-Management der Beklagten als insgesamt noch vorbildlicher als das der Telekom bewertet, das Gegenstand der Beurteilung durch den Sachverständigen Prof. Dr. I im Rechtsstreit OLG Frankfurt, 13 U 105/07 = BGH, III ZR 391/13, gewesen ist (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2015, S.3 = GA Bl.669).

ee) Der hier getroffenen Bewertung steht nicht entgegen, dass andere Provider als die Beklagte zum Teil keine Datenspeicherung vornehmen. Auf Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen tragen gerade die Störungsabwehrbemühungen der Beklagten und anderer Provider maßgeblich zur Netzstabilisierung bei und ermöglichen so einzelnen Betreibern, denen das Abuse-Management der Beklagten zugutekommt, hiervon gegebenenfalls abzusehen. Fiele das Abuse-Management insgesamt weg, so würde sich die Gefahr von Störungen hingegen deutlich erhöhen.

2. Die in zulässiger Weise gespeicherten Daten sind auf der Grundlage der landgerichtlichen Beschlüsse vom 10.11.2009 und 16.12.2009 rechtmäßig weitergegeben worden. Das Landgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 101 Abs. 1, 2, 9 UrhG auf der Grundlage der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere zum gewerblichen Ausmaß (BGH, Urteil vom 19.4.2012, I ZB 80/11, zitiert nach juris, Rn. 10 ff.; bestätigt durch BGH, Beschluss vom 16.5.2013, I ZB 44/12, zitiert nach juris, Rn. 16) zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt insoweit zur Meidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, die zu diesem Punkt auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens keiner weitergehenden Ergänzung durch das Berufungsgericht bedürfen.

3. § 44 Abs. 1 TKG normiert eine umfassende Verpflichtung zu Schadensersatz und Unterlassung zugunsten des betroffenen Kunden, wenn ein Telekommunikationsunternehmen gegen das TKG verstoßen hat oder ein Verstoß droht. Daran fehlt es indes nach dem oben Ausgeführten. Insbesondere liegt kein Verstoß durch Erhebung und/oder Weitergabe von Verkehrsdaten vor (§ 3 Nr. 30 TKG). Verkehrsdaten dürfen gemäß §§ 88, 91, 96 Abs. 1 TKG nur erhoben und weitergegeben werden, soweit dies für nach dem TKG oder anderen gesetzlichen Vorschriften begründete Zwecke erforderlich ist. Dass sich die Beklagte an diese Vorgaben nicht gehalten hätte oder in Zukunft nicht halten wird, ist nach dem oben Ausgeführten nicht ersichtlich. Wegen der Rechtmäßigkeit der Datenerhebung und -weitergabe der Beklagten bestehen auch keine Ansprüche aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 GG). Ebenso kann nicht von einer Verletzung vertraglicher Nebenpflichten im Sinne des § 241 Abs.2 BGB ausgegangen werden, da vom Bestehen derartiger Nebenpflichten zur Nichterhebung oder Löschung von Daten vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Gesetzeslage nicht ausgegangen werden kann.“

Die Entscheidung ist wenig überraschend. Denn der BGH und das OLG Frankfurt haben bereits mehrfach festgestellt, dass IP-Adressen nach § 100 Abs. 1 TKG zur Abwehr von (abstrakten) Störungen über mehrere Tage (nämlich sieben) gespeichert werden dürfen (BGH, Urteil vom 13.1.2011, III ZR 146/10, NJW 2011, 1509; BGH, Urteil vom 3.7.2014, III ZR 391/13, NJW 2014, 2500; OLG Frankfurt, Urteil vom 28.8.2013, 13 U 105/07, BB 2013, 2369).

Mit dem OLG Köln schließt sich nun ein weiteres Obergericht dieser Auffassung an. Dabei entspricht es ebenfalls dem Stand der Rechtsprechung, dass diese Daten nach § 101 Abs. 9 UrhG beauskunftet werden dürfen – genau an diese Daten hat der Gesetzgeber bei dessen Schaffung schließlich gedacht.

Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.03.2013 – I-20 W 121/12 – Keine Speicherung auf Zuruf – jetzt online

In eigener Sache:

Die in der K&R 2013, S. 344 ff. erschienene Anmerkung zur Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 07.03.2013 – I-20 W 121/12 – Keine Speicherung auf Zuruf) ist nun online verfügbar (PDF).

Die Leitsätze (von mir) lauteten:

1. Gegen einen Access Provider besteht kein Anspruch auf Sicherung (Erhebung und Speicherung) von im System für die Dauer der Verbindung vorhandenen IP-Adressen. Dieser Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 101 Abs. 9 UrhG.

2. Löscht der Access Provider dynamische IP-Adressen unmittelbar nach Ende der Verbindung oder vergibt sie neu, so erfüllt er mit der Auskunft, dass er keine Information habe, seine Auskunftspflichten nach § 101 Abs. 9 UrhG.

Aus der Anmerkung:

Mit den vorliegenden Entscheidungen hat das OLG Düsseldorf (erneut) klargestellt, dass § 101 UrhG allein einen Auskunftsanspruch regelt, und dass hieraus keine Pflicht zur Erhebung und Speicherung von Daten erwächst. Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf führen dabei die Linie des Gerichts fort und reihen sich in die absolut h. M. der Rechtsprechung ein.[1]

I. Hintergrund

Jedes Gerät im Internet verfügt über eine eindeutige Adresse, die sog. IP-Adresse. Wer sich im Internet bewegt, ist daher im Grunde über seine IP-Adresse identifizierbar.[2] Die Identifizierung wird aber dadurch problematisch, dass Access-Provider ihren Kunden immer wieder wechselnde IP-Adressen zuweisen (sog. „dynamische IP-Adressen“). Die Zuweisung erfolgt in aller Regel nur für die Dauer einer Verbindung („Session“), wobei meist nach maximal 24 Stunden eine Zwangstrennung und ggf. Neuzuweisung durchgeführt wird. Aus diesem Grunde sind Rechteinhaber, wenn sie eine (potentielle) Rechtsverletzung über das Internet feststellen, darauf angewiesen, dass Access-Provider nachträglich einem Kunden die festgestellte IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zuordnen können. …

AG Celle, Urt. v. 30.1.2013 – 14 C 1662/12: Schadensersatzanspruch gegen den Provider bei falscher Auskunft zu Filesharing

AG Celle, Urt. vom 30.1.2013 – 14 C 1662/12

Leitsatz (des Verfassers):

Der Provider, der auf eine Auskunftsanfrage nach § 101 UrhG eine falsche Auskunft erteilt und dadurch die urheberrechtliche Abmahnung seines ehemaligen Kunden ermöglicht, verletzt seine vertraglichen Schutzpflichten aus §§?280 Abs.?1, 241 Abs.?2 BGB und führt eine unrichtige Verarbeitung von Daten i.S.d. §?7 BDSG aus. Er ist vielmehr vor Herausgabe zur sorgfältigen Prüfung der Daten auf ihre Aktualität verpflichtet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche in Form von Rechtsanwaltskosten und Schmerzensgeld. Der Kl. ist Bundeswehrsoldat und unterhielt bei der Bekl. einen Telefon- und Internetanschluss für seine Stube im Fliegerhorst F. Mit Wirkung zum 3.7.2009 wurde der Vertrag auf den Stubennachfolger des Kl. übertragen, da sich der Kl. zu Studienzwecken zunächst nach Berlin und ab August 2011 nach Wales begeben hatte.

Im Dezember 2011 erreichte den Kl. nach Weiterleitung durch die Kaserne, seine Eltern und seine Freundin ein Schreiben einer Hamburger Anwaltskanzlei, in dem ihm vorgeworfen wurde, er habe am 9.9.2011 unter Verstoß gegen das Urheberrecht das pornografische Filmwerk „Opa, was machst du bloß mit mir” zum Download angeboten. Weiterhin wurde dem Kl. ein Gerichtsverfahren angedroht und ihm angeboten, zur Erledigung sämtlicher Ansprüche eine Unterlassungserklärung abzugeben und eine Pauschale von €?1.298,– zu zahlen.

Der Kl. wandte sich daraufhin an seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, um sich gegen die Inanspruchnahme zur Wehr zu setzen. Der Prozessbevollmächtigte stellte dem Kl. für seine Tätigkeit insgesamt €?1.023,16 in Rechnung. Die Rechnung wurde bisher nicht ausgeglichen. Der Kl. behauptet, bei seinen Eltern und seiner Freundin sei der Eindruck entstanden, er lade illegal Pornografie mit möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Inhalten aus dem Internet herunter, wodurch ihm ein Reputationsschaden entstanden sei. Die Höhe des Schadens beziffert er auf €?400,– .

Der Kl. beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an ihn €?1.423,16 nebst Zinsen zu bezahlen. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Bekl. ist der Ansicht, ein Schadensersatzanspruch des Kl. scheide aus, da ihr weder vorsätzliches noch grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei. Eine Rufschädigung sei nicht eingetreten, da der Kl. ggü. seinen Eltern und seiner Freundin den Sachverhalt habe richtigstellen könne

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche in Form von Rechtsanwaltskosten und Schmerzensgeld. Der Kl. ist Bundeswehrsoldat und unterhielt bei der Bekl. einen Telefon- und Internetanschluss für seine Stube im Fliegerhorst F. Mit Wirkung zum 3.7.2009 wurde der Vertrag auf den Stubennachfolger des Kl. übertragen, da sich der Kl. zu Studienzwecken zunächst nach Berlin und ab August 2011 nach Wales begeben hatte.

Im Dezember 2011 erreichte den Kl. nach Weiterleitung durch die Kaserne, seine Eltern und seine Freundin ein Schreiben einer Hamburger Anwaltskanzlei, in dem ihm vorgeworfen wurde, er habe am 9.9.2011 unter Verstoß gegen das Urheberrecht das pornografische Filmwerk „Opa, was machst du bloß mit mir” zum Download angeboten. Weiterhin wurde dem Kl. ein Gerichtsverfahren angedroht und ihm angeboten, zur Erledigung sämtlicher Ansprüche eine Unterlassungserklärung abzugeben und eine Pauschale von €?1.298,– zu zahlen.

Der Kl. wandte sich daraufhin an seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, um sich gegen die Inanspruchnahme zur Wehr zu setzen. Der Prozessbevollmächtigte stellte dem Kl. für seine Tätigkeit insgesamt €?1.023,16 in Rechnung. Die Rechnung wurde bisher nicht ausgeglichen. Der Kl. behauptet, bei seinen Eltern und seiner Freundin sei der Eindruck entstanden, er lade illegal Pornografie mit möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Inhalten aus dem Internet herunter, wodurch ihm ein Reputationsschaden entstanden sei. Die Höhe des Schadens beziffert er auf €?400,– .

Der Kl. beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an ihn €?1.423,16 nebst Zinsen zu bezahlen. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Bekl. ist der Ansicht, ein Schadensersatzanspruch des Kl. scheide aus, da ihr weder vorsätzliches noch grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei. Eine Rufschädigung sei nicht eingetreten, da der Kl. ggü. seinen Eltern und seiner Freundin den Sachverhalt habe richtigstellen können.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur (teilweise)  … begründet. Dem Kl. steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. zu. Indem die Bekl. den Kl. ca. zwei Jahre nachdem der Telefon- und Internetvertrag auf einen Dritten übertragen worden war, in Zusammenhang mit einer Urheberrechtsverletzung als aktuellen Anschlussinhaber benannte, verletzte sie ihre nachvertraglichen Schutzpflichten aus §§?280 Abs.?1, 241 Abs.?2 BGB. Zudem liegt eine Schadensersatz begründende unrichtige Verarbeitung der persönlichen Daten des Kl. i.S.d. §?7 BDSG vor. Die Bekl. ist grds. zum sorgsamen Umgang mit den Daten aktueller und ehemaliger Kunden verpflichtet. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Bekl. wissen musste, dass der Inhaber des Anschlusses mit der betreffenden IP-Adresse wegen urheberrechtlicher Verstöße in Anspruch genommen werden sollte, hätte die Bekl. die Aktualität der gespeicherten Daten vor der Weitergabe sorgfältig prüfen müssen. Die Bekl. kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, sie habe allenfalls fahrlässig gehandelt. Ein Haftungsmilderungsgrund ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der Kl. kann gem. §?249 Abs.?1 BGB Ersatz seiner zur Abwehr der unbegründeten Forderung erforderlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Erforderlich sind in diesem Zusammenhang allerdings nur die Rechtsanwaltskosten, die gem. des RVG in dieser Angelegenheit zu berechnen waren. Die Höhe der erforderlichen Rechtsanwaltskosten ist i.R.d. §?287 Abs.?1 ZPO zu schätzen und bemisst sich nach dem Streitwert, der bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung über den Unterlassungsanspruch und die Schadensersatzansprüche der Rechteinhaberin voraussichtlich angefallen wäre. Denn genau zur Vermeidung eines solchen Prozesses nahm der Kl. anwaltliche Hilfe in Anspruch. …

Für die Bestimmung des Streitwerts bei einer Unterlassungsklage wegen Verletzung des Urheberrechts durch das öffentliche Zugänglichmachen eines Films im Internet ist auf das Interesse an der wirkungsvollen Abwehr von Verstößen gegen die geistigen Schutzrechte und eine etwaige Beeinträchtigung von Vermögenspositionen abzustellen. Für den Unterlassungsanspruch ist daher der Streitwert nicht unter €?10.000,– anzusetzen (LG Köln, U. v. 2.3.2011 – 28 O 770/10).

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Rspr. ist für den vorliegenden Rechtsstreit von einem Streitwert für das angekündigte Verfahren gegen den Kl. von bis zu €?13.000,– auszugehen. Bei diesem Gegenstandswert ergibt sich inkl. Post- und TK-Pauschale und Mehrwertsteuer ein Betrag von €?837,52.

Der Kl. kann jedoch hinsichtlich der erforderlichen Rechtsanwaltskosten lediglich Freistellung verlangen, da sein Schaden bisher nur in der Belastung mit einer Verbindlichkeit liegt, nachdem die Rechnung seines Prozessbevollmächtigten von ihm unstreitig noch nicht ausgeglichen wurde.

Ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz gem. §?253 BGB wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte steht dem Kl. jedoch nicht zu, da vorliegend eine nachhaltige Rufschädigung des Kl. nicht eintreten konnte. Das anwaltliche Abmahnschreiben war nicht geeignet, den Kl. in seinem Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Den Lesern des Schreibens musste sich nicht zwangsläufig der Eindruck aufdrängen, der Kl. lade Pornografie herunter, da in dem Schreiben zwar der Titel des Filmwerks auftaucht, sich jedoch allein hieraus nicht zwangsläufig der Inhalt des Films erschließt.

Ebenso wenig musste sich der Eindruck aufdrängen, der Kl. habe illegale Handlungen vorgenommen. Selbst unterstellt, die Eltern des Kl. und auch seine Freundin hätten vom Inhalt des Schreibens in vollem Umfang Kenntnis erlangt, so war jedoch gerade für den Kreis der dem Kl. nahestehenden Personen offensichtlich, dass der Kl. die ihm vorgeworfene Handlung bereits auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs nicht begangen haben konnte. Der Kl. lebte, was seinen Eltern und auch seiner Freundin bekannt gewesen sein dürfte, zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung im September 2011 bereits seit längerem nicht mehr in F., sondern befand sich sogar seit August 2011 in Wales. Vor diesem Hintergrund bedurfte es nicht einmal einer Aufklärung und Widerlegung der Vorwürfe durch den Kl. ggü. diesen Personen.

BGH, Beschl. v. 5.12.2012 – I ZB 48/12: Kein gewerbliches Ausmaß bei § 101 UrhG – Heiligtümer des Todes

Der BGH hat mit Beschluss vom 5.12.2012 seine Entscheidung „Alles kann besser werden“ (BGH, Beschl. v. 19.4.2012 – I ZB 80/11) bestätigt und erneut festgestellt, dass im Rahmen der Prüfung nach § 101 Abs. 9 UrhG die Rechtsverletzung des Dritten nicht in gewerblichem Ausmaß erfolgt sein muss.

In Rn. 35 des Beschlusses heißt es (Hervorhebungen durch Verfasser):

Die Begru?ndetheit des Antrags nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG auf Gestattung der Verwendung von Verkehrsdaten zur Erteilung der Auskunft u?ber den Namen und die Anschrift der Nutzer, denen zu bestimmten Zeitpunkten be- stimmte (dynamische) IP-Adressen zugewiesen waren, setzt jedenfalls in den Fa?llen, in denen – wie hier – ein Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG wegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung gegen eine Person besteht, die in gewerblichem Ausmaß fu?r rechtsverletzende Ta?tigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat, grundsa?tzlich kein besonderes und insbesondere kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus. Ein solcher Antrag ist vielmehr unter Abwa?gung der betroffenen Rechte des Rechtsinhabers, des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Beru?cksichtigung des Grundsatzes der Verha?ltnisma?ßigkeit in aller Regel ohne weiteres begru?ndet (vgl. BGH, GRUR 2012, 1026 Rn. 40 bis 52 – Alles kann besser werden).

Damit hat der BGH offenbar seine Linie gefunden. Diese ist nach meiner Auffassung vertretbar, aber nicht wirklich überzeugend (s. näher Mantz, K&R 2012, 664; Oliver Garcia im Delegibus-Blog; Anmerkung bei RA Stadler zum neuen Beschluss). Insbesondere hatte der Gesetzgeber sich die Auslegung und Anwendung von § 101 UrhG ganz anders vorgestellt. Es liegt dementsprechend auch am Gesetzgeber, die Rechtsprechung des BGH mit einer Klarstellung des § 101 UrhG für die Zukunft zu korrigieren.

(via @RAStadler)

OLG Düsseldorf, 7.3.2013 – I 20 W 121/12: Keine Speicherpflicht des Access Providers „auf Zuruf“ nach § 101 UrhG (Volltext)

(ebenso bzw. ähnlich: OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 07.03.2013, Az. I-20 W 118/12, I-20 W 123/12, I-20 W 124/12, I-20 W 126/12, I-20 W 128/12, I-20 W 142/12, I-20 W 143/12, I-20 W 162/12), K&R 2013, 344

Leitsätze (des Verfassers):

1. Gegen einen Access Provider besteht kein Anspruch auf Sicherung (Erhebung und Speicherung) von im System für die Dauer der Verbindung vorhandenen IP-Adressen. Dieser Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 101 Abs. 9 UrhG.

2. Löscht der Access Provider dynamische IP-Adressen unmittelbar nach Ende der Verbindung oder vergibt sie neu, so erfüllt er mit der Auskunft, dass er keine Information habe, seine Auskunftspflichten nach § 101 Abs. 9 UrhG.

Volltext:

In dem Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch … am 7. März 2013

beschlossen:

Auf die Beschwerden der Beteiligten werden die Beschlüsse der 212. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. August und 16. Oktober 2012 aufgehoben und der auf ihren Eriass gerichtete Antrag zurückgewiesen,

Gründe:

Die zula?ssigen Beschwerden der Beteiligten vom …, mit der sie sich gegen die einstweilige Anordnung der Sicherung der Verkehrsdaten laufender Verbindungen und die nachfolgende Gestattung der Auskunftserteilung wendet, haben auch in der Sache Erfolg.

Der Anspruch auf Auskunft nach § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG, dessen Sicherung die Antragstellerin vorliegend im Wege der einstweiligen Anordnung erstrebt, scheitert bereits daran, dass die Beteiligte die verlangte Auskunft tatsa?chlich nicht geben kann. Die Beteiligte speichert im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur „Vorratsdatenspeicherung“ (NJW 2010, 833 ff) keine dynamischen IP-Adressen mehr. Die fu?r den Aufbau einer Internetverbindung beno?tigten IP-Adressen sind in ihren Systemen nur fu?r die Dauer der Verbindung vorhanden, sie werden in einem vollautomatisierten Verfahren nach dem Ende der Verbindung wieder abgebaut und einer nächsten Verbindung zugewiesen. Eine Erfassung, Kontrolle oder Beobachtung der IP-Adressen erfolgt nicht. Diese Praxis der Beteiligten ist dem Senat auch aus anderen Verfahren bekannt.

Ein Anspruch auf Sicherung dieser im System für die Dauer der Verbindung vorhandenen IP- Adressen besteht nicht, eine Speicherung von Daten kann von der Beteiligten auf der Grundlage von § 101 UrhG nicht verlangt werden.

Der Senat hat sich mit der Problematik der Speicherung von IP-Adressen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung bereits in seinem Urteil vom 15. März 2011, I-20 U 136/10, ausführlich, auseinandergesetzt (BeckRS 2011, 06223). Die Pflicht zur sogenannten Drittauskunft, wie sie § 101 UrhG statuiert, geht nicht über das hinaus, was der Schuldner ermitteln kann. Die Auskunft ist eine Wissenserklärung. Der Schuldner muss in zumutbarem Umfang alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Information ausschöpfen (Wimmers in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, § 101 Rn. 75 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Auch wenn der Auskunftsschuldner sich also nicht damit begnügen darf, sein präsentes Wissen preiszugeben, sondern gegebenenfalls auch Nachforschungen in seinem eigenen Bereich anzustellen hat (z.B. anhand von Geschäftsunterlagen, Erkundigungen bei Vertragspartnern), ist die Schuld mit der Mitteilung des dann vorhandenen Wissens erfüllt (für das Markenrecht Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 19 Rn. 4 9 m it Nachweisen der Rechtsprechung). Der Schuldner ist nicht verpflichtet, Unterlagen und Belege, derer er für die ordnungsgemäße Führung seines Unternehmens nicht bedarf, nur deshalb zu erstellen, damit er Auskunftsverlangen, denen er sich einmal ausgesetzt sehen mag, nachkommen kann. Die gesetzliche Pflicht, unter bestimmten Bedingungen einmal eine Wissenserklärung abzugeben, begründet nicht zugleich die sofort zu erfüllende Pflicht, für die Ansammlung des Wissens zu sorgen.

In Fortführung dieses Urteils hat sich der Senat in einer weiteren Entscheidung (Beschl. v. 30. Mai 2011, I-20 W 127/10) der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (GRUR-RR 2010, 91) angeschlossen, dass es mangels gesetzlicher Grundlage keinen Anspruch des Auskunftsgläubigers nach § 101 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UrhG auf die die Auskunft erst ermöglichende Speicherung gibt (so auch OLG Hamm GRUR-Prax 2011, 61). Ein Löschungsverbot zu dem Zweck, auf dieser Grundlage ein Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG durchzuführen, ist im Gesetz nicht vorgesehen (OLG München, Beschl. v. 21. Nov. 2011, 29 W 1939/11, ZUM 2012, 592 Rn. 5). Die Annahme einer Pflicht zur Speicherung dynamischer IP-Adressen im Interesse der Inhaber gewerblicher Schutzrechte und Urheberrechte bedarf aber – gerade vor dem Hintergrund des Urteils des Bundes Verfassungsgerichts zur „Vorratsdatenspeicherung“ – einer gesetzlichen Grundlage.

Die Speicherung der IP-Adressen stellt einen Eingriff in die Grundrechte der Nutzer auf Wahrung des Fernmeldegeheimnisses, Art. 10 Abs. 1 GG, und auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, dar, mag der Eingriff auch nicht schwerwiegend sein (BGH, MMR 2011, Tz. 27, Tz. 28). Die Richtlinien zum Schutz des geistigen Eigentums einerseits und des Datenschutzes andererseits gebieten es nicht, die Pflicht zur Mitteilung personenbezogener Daten im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens vorzusehen (EuGH, GRUR 2008, 241 Tz. 70 Promusicae; BVerfG, Beschl. v. 17. Feb. 2011, 1 BvR 3050/10, BeckRS 2011, 48780, Nichtannahme der gegen die Entscheidung des OLG Hamm gerichteten Verfassungsbeschwerde). Dieser Grundrechtseingriff bedarf einer legitimierenden gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfG, NJW 2012,1419 Rn. 110, Rn. 164). Es kommt allein dem Gesetzgeber zu, einen Ausgleich herzustellen zwischen den Interessen dieser Inhaber privater Rechte, die von Verfassung wegen zu schützen sind, und den datenschutzrechtlichen Belangen der Internetnutzer, die ihrerseits verfassungsrechtlich geschützt sind (Senat, Besch!, v. 30. Mai 2011, I-20 W 127/10; OLG München, Beschl. v. 21. Nov. 2011, 29 W 1939/11, ZUM 2012, 592 Rn. 5). Das insoweit bestehende Spannungsverhältnis verdeutlicht gerade das zur Untermauerung des Anspruchs angeführte Argument, Urheberrechtsverletzungen stellten eine Straftat dar. Der Gesetzgeber hat im Bereich der Strafverfolgung genau geregelt, wann Straftaten einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis und das Recht auf informelle Selbstbestimmung rechtfertigen. Zu den in § 100a Abs. 2 StPO genannten Katalogtaten gehören Urheberrechtsverletzungen nicht.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem durch Beschluss vom 30. Mai 2011 beschiedenen im Grunde nicht. Auch vorliegend müsste die Beteiligte Unterlagen, derer sie für die ordnungsgemäße Führung ihres Unternehmens nicht bedarf, nur deshalb erstellen, damit sie dem Auskunftsverlangen der Antragstellerin nachkommen kann. Der Senat hat sich in seiner eingangs zitierten Grundsatzentscheidung vom 15. März 2011 bereits mit der von der Antragstellerin begehrten Sicherung im System vorhandener, aber nicht gespeicherter Daten auseinandergesetzt. Es geht bei dem von der Antragstellerin begehrten Verbot der Löschung nicht um ein Unterlassen, sondern um ein Handeln, da Daten, die bisher nicht automatisch abgerufen werden können, erstmals in dieser Weise gespeichert werden sollen. Eine Pflicht zur Datensicherung ohne gesetzliche Grundlage ist jedoch zu verneinen (Senat, Urt. v. 15. März 2011, U20U 136/10).

Erst die Speicherung und die ihr notwendig vorgelagerte Ermittlung der Daten wären eine Erhebung im Sinne von § 3 Abs. 3 BDSG, die den Eingriff in den Schutzbereich des Telekommunikationsgeheimnisses begründet. Nach § 3 Abs. 3 BDSG ist Erheben das Beschaffen von Daten über den Betroffenen. Die Datenerhebung setzt folglich ein aktives, von einem entsprechenden Willen getragenes Handeln voraus, während die bloße objektive Begründung der Verfügung über die Daten nicht ausreicht (Dammann in Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl., § 3 Rn. 102). Erforderlich ist ein zielgerichtetes Handeln der fraglichen Stelle, die sich hierdurch Kenntnis von den Daten verschafft; es genügt nicht, wenn die Informationen ihr ohne eigenes Zutun zugehen (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2004, 316). Von daher stellt das reine Vorhandensein der IP-Adressen im System der Beteiligten noch keine Erhebung der Daten da, die hierfür erforderliche willentliche Kenntnisnahme durch aktives Handeln würde erst im Zuge ihrer (manuellen) Ermittlung zum Zwecke der Speicherung erfolgen. Jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von Kommunikationsdaten sowie jede Auswertung ihres Inhalts oder sonstige Verwendung stellt einen Grundrechtseingriff dar, weshalb in der Erfassung von Telekommunikationsdaten, ihrer Speicherung, ihrem Abgleich mit anderen Daten, ihrer Auswertung, ihrer Selektierung zur weiteren Verwendung oder ihrer Übermittlung an Dritte je eigene Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis liegen (BVerfG, NJW 2010, 833 Rn. 190).

Hieran vermag der Umstand, dass die Antragstellerin sich nicht direkt an die Beteiligte wendet, sondern ihr Ziel über den Erlass einer Sicherungsanordnung zu erreichen sucht, nichts zu ändern. So oder so sollen die Voraussetzungen für eine spätere Auskunftserteilung erst geschaffen werden, obwohl das Gesetz einen Anspruch auf Schaffung der Voraussetzungen gerade nicht vorsieht. Die Beteiligte soll ad hoc das leisten, wofür sie in Ermangelung einer gesetzlichen Bestimmung die Grundlagen gerade nicht legen muss und darf.

Auf § 96 TKG kann der Eingriff nicht gestützt werden, da die Vorschrift die Telekommunikationsdiensteanbieter nur zur Speicherung von Daten zu den in diesem Abschnitt des Telekommunikationsgesetzes genannten Zwecken ermächtigt, wozu eine Speicherung zur Erteilung der Auskunft nach § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG nicht gehört. Mit § 113 TKG kann eine Speicherung zum Zwecke der Auskunftserteilung an Private schon?deswegen nicht begründet werden, weil die Norm lediglich eine Auskunftserteilung an staatliche Stellen regelt. Zudem ist § 113 TKG verfassungskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass er für sich allein Auskunftspflichten der Telekommunikationsunternehmen noch nicht begründet. Vielmehr setzt er für die abschließende Begründung einer Auskunftspflicht eigene fachrechtliche Ermächtigungsgrundlagen voraus, die eine Verpflichtung der Telekommunikationsdiensteanbieter gegenüber den jeweils abrufberechtigten Behörden aus sich heraus normenklar begründen. Überdies darf § 113 Abs. 1 TKG nicht so ausgelegt werden, dass er eine Zuordnung dynamischer IP-Adressen erlaubt (BVerfG, NJW 2012, 1419 Rn. 164).

Vor diesem Hintergrund kann auch die Gestattung der Erteilung der Auskunft unter Verwendung der gesicherten Verkehrsdaten keinen Bestand haben, da hierdurch der legitimationslose Grundrechtseingriff perpetuiert würde.

Die Anordnung einer Kostenerstattung unterbleibt. Fu?r das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes u?ber das Verfahren in Familjensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, § 101 Abs. 9 Satz 4 UrhG. Gema?ß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Nach der Auffassung des Senats entspricht es im vorliegenden Fall nicht billigem Ermessen, die Kosten in einem u?ber § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG hinausgehenden Umfang der Antragstellerin aufzuerlegen. Das bloße Unterliegen der Antragstellerin in der Sache rechtfertigt kein abweichendes Ergebnis. Der Gesetzgeber hat – anders als in Bereich der Zivilprozessordnung – gerade nicht allein auf diesen Aspekt abgestellt. Um der Antragstellerin weitere Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, mu?ssten besondere Umsta?nde hinzukommen, die die Belastung nach billigem Ermessen rechtfertigen ko?nnten (vgl. a. OLG Frankfurt, Beschl. v. 22. Dez.2010, Az. 11 W11/10). Hieran fehlt es vorliegend. Insbesondere liegt kein Fall des § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG vor. Danach soll das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste. Angesichts der anstehenden Rechtsfragen kann von einer erkennbaren Erfolglosigkeit noch nicht die Rede sein.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da die zentrale Rechtsfrage der Zula?ssigkeit der Anordnung der Sicherung der Verkehrsdaten eine einstweilige Anordnung betrifft. Gema?ß § 70 Abs. 4 FamFG findet gegen einen Beschluss im Verfahren u?ber die Anordnung, Aba?nderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung die Rechtsbeschwerde nicht statt.

S. auch

 

LG Frankfurt, Beschl. v. 4.10.2012 – 2-3 O 152/12: Auskunft des Netzbetreibers nach § 101 UrhG kann veraltet sein

LG Frankfurt, Beschl. v. 4.10.2012 – 2-3 O 152/12

Leitsätze (von @offenenetze):

  1. Unterlässt es der Rechteinhaber vor Geltendmachung seiner Ansprüche die vom Netzbetreiber erhaltenen Daten des Anschlussinhabers beim Subprovider zu verifizieren, obwohl er wusste, dass die Auskunft des Netzbetreibers eventuell auf veralteteten Daten basiert, sind daraus entstehende Kosten nicht zu ersetzen.
  2. Weicht die vom Netzbetreiber über den Anschlussinhaber erteilte Auskunft vom tatsächlichen Anschlussinhaber ab, muss der Anschlussinhaber nicht aufgrund der prozessualen Wahrheitspflicht nach § 138 ZPO über den Grund dieser Diskrepanz aufklären, wenn er dadurch ggf. eine von ihm begangene Straftat offenbaren müsste.

§§ 823, 1004 BGB; § 8 TMG; § 97 UrhG

Im Beschluss des Landgerichts Frankfurt, mittels dessen dem Klagegegner teilweise Prozesskostenhilfe gewährt wird, ging es im Wesentlichen um die Klage eines Rechtsinhabers wegen der Verbreitung eines Werks über ein Filesharing-Netzwerk. Der Beschluss offenbart ein  interessantes Detail: Der Internetanschluss des Beklagten war von einem Reseller/Subprovider, allerdings zunächst angemeldet auf den Sohn des Beklagen. Beim Netzbetreiber war in der Folge als Anschlussinhaber der Sohn des Beklagten gespeichert, obwohl der Beklagte vor der Verbreitung des Werks seinen Namen als Anschlussinhaber beim Reseller/Subprovider angegeben und damit die Daten korrigierte hatte. Als die Klägerin die IP-Adresse des Anschlusses feststellte und beim Netzbetreiber nach § 101 UrhG Auskunft verlangte, erhielt sie die – falschen – Daten des Sohnes des Beklagten und mahnte diesen ab. Erst danach holte die Klägerin eine weitere Auskunft beim Reseller/Subprovider ein.

Im Verfügungsverfahren gegen den Beklagten legte die Klägerin beide Auskünfte vor. Für das Landgericht Frankfurt sah es also so aus, als ob zu einem Zeitpunkt und einer IP-Adresse zwei unterschiedliche Anschlussinhaber gespeichert waren. Es wies daraufhin im Verfügungsverfahren ab und legte der Klägerin die Kosten auf. Im Hauptsacheverfahren wollte die Klägerin erreichen, dass der Beklagte die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt und unterlag auch diesbezüglich.

Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt offenbart, dass bei einem Netzbetreiber veraltete Daten über den Anschlussinhaber vorliegen können, wenn der Anschluss über einen Reseller/Subprovider gebucht wurde. Es ist möglicherweise auch üblich, dass in Filesharing-Fällen trotz entsprechenden Hinweises des Netzbetreibers eine zusätzliche Auskunft vom Reseller/Subprovider nicht eingeholt wird, vermutlich um diesbezüglich Kosten zu sparen.

Demnächst erscheint zu dem Beschluss des Landgerichts Frankfurt eine Anmerkung von mir in der Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR).

Volltext

Tenor

Dem Beklagten wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt …, Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt, soweit er sich gegen die mit der Klage vom … geltend gemachten Freistellungs- und Zahlungsansprüche (Klageanträge 2. – 5.) verteidigt.

Im Übrigen, nämlich hinsichtlich des mit der Klage vom … geltend gemachten Unterlassungsanspruchs (Klageantrag Ziffer 1.), wird der Prozesskostenhilfeantrag vom … zurückgewiesen.

Aus den Gründen

1. Der Prozesskostenhilfeantrag war insoweit mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückzuweisen, wie sich der Beklagte gegen den unter dem Klageantrag Ziffer 1. geltend gemachten Unterlassungsantrag verteidigen möchte.

Anders als noch im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren … hat die Klägerin nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die für den fraglichen Zeitpunkt ermittelte IP-Adresse dem Beklagten als Anschlussinhaber zugeteilt war. Zwar war im Widerspruchsverfahren noch nicht nachvollziehbar, warum die Abfragen zu ein- und derselben IP-Adresse für denselben Zeitpunkt zur Benennung von zwei unterschiedlichen Personen als Benutzer führen konnten, wobei die Auskunft des Netzbetreibers T auf den minderjährigen Sohn des Beklagten lautete, wohingegen die spätere Auskunft des Providers A auf den Beklagten lautete. Nunmehr hat die Klägerin – anders als im Eilverfahren – hier als Anlage K 5 das Schreiben der Beklagtenvertreter vom … vorgelegt, in welchem diese selbst den Beklagten auf die zweite Abmahnung hin als „den tatsächlichen Anschlussinhaber“ bezeichnet haben, nachdem zuvor noch der minderjährige Sohn L abgemahnt worden war. Außerdem ergibt sich aus dem jetzt als Anlage K 11 vorgelegten Schreiben von T vom …, dass T die Inhaberdaten nur zu Beginn des Vertragsverhältnisses entsprechend den Mitteilungen der Subprovider speichert und dann nicht mehr aktualisiert, weshalb die dortigen Daten von zwischenzeitlich aktualisierten Daten beim Subprovider abweichen könnten. Das macht plausibel, dass bei T ein anderer Vorname für den Anschlussinhaber gespeichert sein konnte als beim Provider A. Insoweit ergibt sich auch aus dem nun als Anlage K 10 vorgelegten eMail-Verkehr der Klägervertreter mit dem Provider A, dass vom Vorgänger-Provider B als Anschlussinhaber zunächst L geführt worden war, an den auch der Schriftverkehr von B durchgehend gerichtet war und der so zu Beginn des Vertragsverhältnisses an T als Anschlussinhaber mitgeteilt wurde. Nicht gegenüber T mitgeteilt wurde dann die – warum auch immer erfolgte – namentliche Änderung des Anschlussinhabers auf S (den Beklagten), den dann der Nachfolger von B, nämlich A, auf die Anfrage der Klägerin als Anschlussinhaber mitteilte. Dem hiernach substantiierten Vortrag dahin, dass der Beklagte der Anschlussinhaber im Verletzungszeitpunkt war, ist der Beklagte nicht hinreichend entgegengetreten, zumal die Beklagtenvertreter selbst in dem Schreiben Anlage K 5 die Inhaberschaft des Beklagten eingeräumt haben.

Die Rechtskraft des Widerspruchsurteils aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren steht entgegen der Ansicht des Beklagten einer abweichenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht entgegen, weil die Streitgegenstände verschieden sind.

2. Nach dem Sach- und Streitstand hat aber die vom Be­klag­ten beabsichtigte Rechtsverteidigung gegen die geltend gemachten Freistellungsansprüche (Klageanträge Ziffer 2. – 4.), die sich auf die Freistellung der Klägerin von den ihr mit Urteil vom … entstandenen beziehungsweise auferlegten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten aus dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungs­verfahren richten, hinreichende Erfolgsaussichten. Die Klägerin stellt insoweit anspruchs­begründend darauf ab, dass der Beklagte entgegen der ihn treffenden prozessualen Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO die Kammer im Widerspruchsverfahren nicht darüber aufgeklärt habe, dass er den Internetanschluss zunächst im Oktober 2007 auf den Namen seines Sohnes L angemeldet habe und dass der Anschluss dann nur bei seinem Provider A auf seinen Namen S geändert worden sei, nicht aber bei dem Netzbetreiber T. Hierdurch habe der Beklagte bei der Kammer diejenige Fehlvorstellung hervorgerufen, aufgrund derer die Kammer im Widerspruchsurteil die ausreichende Glaubhaftmachung der Passivlegitimation des Beklagten für die Klägerin verneint habe, was zur Kostenlast der Klägerin geführt habe. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hingegen hätte die Kammer – so die Auffassung der Klägerin – die einstweilige Verfügung im Widerspruchsurteil bestätigt und die Kosten des Eilverfahrens, die Gegenstand der Freistellungsanträge sind, nicht ihr auferlegt.

Die Klage ist insoweit nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand unschlüssig. Die von der Klägerin postulierte Wahrheitspflicht des Beklagten nach § 138 Abs. 1 ZPO dahin, eine ursprüngliche Anmeldung des Internet­anschlusses beim damaligen (später von A übernommenen) Subprovider B auf den Namen seines Sohnes zu offenbaren, um so die Dunkel­heiten aufzuklären, die sich aus den widersprüchlichen Auskünften des Netzbetreibers T einerseits und des Subproviders A anderer­seits ergaben, bestand tatsächlich nicht. Die Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO der Partei endet dort, wo sie gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihr begangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfGE 56, 37, juris-Rn. 19; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 138 ZPO, Rn. 24; Thomas/Putzo/Reichold, § 138 ZPO, Rn. 7). Hier hätte sich der Beklagte, dem im einstweiligen Ver­fügungs­verfahren das öffentliche Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Musiktitel vorgeworfen wurde, bei dem von der Klägerin gewünschten aufklärenden Vortrag der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung nach den §§ 106 Abs. 1, 15 Abs. 2, 19 a UrhG ausgesetzt. Eine entsprechende Wahrheitspflicht bestand daher nicht.

Im Übrigen lag der eigentliche Grund für die von der Kammer nach dem Sach- und Streitstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu recht als widersprüchlich angesehene Glaubhaftmachungslage in prozessualen Nachlässigkeiten der Klägerin. Im einstweiligen Verfügungsverfahren hatte die Klägerin schon nicht das hier als Anlage K 5 vorgelegte Schreiben der Beklagtenvertreter vom 12.08.2011 vorgelegt, in welchem diese den Beklagten als „den tatsächlichen Anschlussinhaber“ bezeichnet haben. Außerdem ergibt sich aus dem jetzt als Anlage K 11 vorgelegten Schreiben von T vom 29.02.2012, dass die dort Auskunft begehrenden Rechteinhaber, zu denen auch die Klägerin zählt, darauf hingewiesen werden, dass T die Inhaberdaten nur zu Beginn des Vertragsverhältnisses entsprechend den Mitteilungen der Subprovider speichert und dann nicht mehr aktualisiert, weshalb die Rechteinhaber verpflichtet seien, diese Daten beim Subprovider als noch aktuell verifizieren zu lassen; insofern sei den Rechteinhabern bekannt, dass diese Daten bei T veraltet sein könnten. Das aber hatte die Klägerin objektiv nicht rechtzeitig nach der Auskunft von T vom 29.06.2012 getan, da die weiteren Nachfragen, die dann zu dem als Anlage K 10 vorgelegten eMail-Verkehr mit A führten, erst mit eMail der Klägervertreter vom 02.01.2011 angestellt wurden, mithin nur rund 2 Wochen vor dem Widerspruchstermin im einstweiligen Verfügungsverfahren. Dieser erhellende eMail-Verkehr zog sich dann bis zum 29.03.2012 hin und führte dann zu nachvollziehbaren Erläuterungen seitens A hinsichtlich des zunächst verwirrenden Namenswechsels und zur Vorlage des ursprünglichen Schriftverkehrs, den bereits der frühere Subprovider mit dem Beklagten unter dem Vornamen dessen Sohnes L geführt hatte.

Nach dem Sach- und Streitstand hat auch die vom Be­klag­ten beabsichtigte Rechtsverteidigung gegen die geltend gemachten Abmahnkosten (Klage­antrag Ziffer 5.), die sich ausweislich der Klagebegründung auf die erste Ab­mahnung vom 01.07.2011 gegen L (den Sohn des Beklagten) beziehen, hinreichende Erfolgsaussichten. Der Sohn L war nie Unter­lassungsschuldner, was der Klägerin bei sorgfaltsgemäßer und rechtzeitiger Nachfrage auch bekannt geworden wäre. Eine Abmahnung der falschen Person ist weder als Geschäftsführung ohne Auftrag zweckentsprechend, noch zur Schadensbeseitigung erforderlich und beruht auch nicht auf irgendwelchen Falschangaben des Beklagten gegenüber der Klägerin oder dem Gericht.