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Anmerkung zu AG Frankfurt, Urt. v. 14.6.2013 – 30 C 3078/12 (75), MMR 2013, 607: WLAN-Schlüssel – jetzt online

In eigener Sache:

Meine in der MMR 2013, S. 607 ff. erschienene Anmerkung zur Entscheidung des AG Frankfurt, Urt. v. 14.6.2013 – 30 C 3078/12 (75) (Volltext hier) zur Frage, ob der Inhaber eines WLAN-Routers immer den WEP/WPA-Schlüssel ändern muss ist nun auch online verfügbar (PDF).

Aus der Anmerkung:

Das Urteil des AG Frankfurt ist ein Beleg dafür, dass in Teilbereichen der Störerhaftung der privaten Internetanschlussinhaber Rechtssicherheit einkehrt. Es enthält aber zusätzlich begrüßenswerte Klarstellungen.

  1. Insbesondere mit seiner Entscheidung „Morpheus“ (BGH MMR 2013, 388 m. Anm. Hoffmann) im Hinblick auf die Aufsichtspflichten von Eltern für ihre (zumindest jugendlichen) Kinder hat der BGH eine klare Linie dahingehend aufgezeigt, dass Eltern ihre Kinder belehren, aber ohne konkrete Hinweise nicht überwachen müssen. Diese Linie ist von den Instanzgerichten nun übernommen worden. Das OLG Frankfurt hat die Rechtsprechung kürzlich insoweit ergänzt, dass Ehepartner sich nicht gegenseitig überwachen müssen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2013, 246). Diesen Vorgaben der höheren Rechtsprechung ist das AG in überzeugender Weise gefolgt.

2. Von Interesse ist an dem Urteil insbesondere der letzte Abschnitt …

Anmerkung zu AG Frankfurt, Urt. v. 14.6.2013 – 30 C 3078/12 (75) (Personalisierung des Kennworts eines WLAN-Routers) erschienen (MMR 2013, 607)

In eigener Sache:

Mittlerweile ist meine Anmerkung zum Urteil des AG Frankfurt, Urt. v. 14.6.2013 – 30 C 3078/12 (75) erschienen. Das Urteil befasst sich mit der Frage der Störerhaftung für ein WLAN bei fehlender Personalisierung des Kennworts des WLAN-Routers. Die Anmerkung ist in Heft 9/2013 der Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR 2013, 607) abgedruckt. Der Volltext mit Leitsätzen von mir findet sich hier.

  • Weitere Publikationen s. hier.

AG Frankfurt, Urt. v. 14.6.2013 – 30 C 3078/12 (75): Personalisierung des Kennworts eines WLAN-Routers

Leitsatz (des Verfassers): Authentifizierungsschlüssel eines WLAN-Routers, die bereits ab Werk individuell pro Gerät vergeben werden, gewähren ein hinreichendes, hohes Schutzniveau. Eine Personalisierung ist in diesem Fall auch vor dem Hintergrund des Urteils BGH „Sommer unseres Lebens“ nicht erforderlich.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten sowie Kostenersatz wegen der durch die erfolgte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern und ist als solche Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte des streitgegenständlichen Musikalbums _____ (Doppel-CD) der Musikgruppe ______ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.12.2009 (Anlage K 3) mahnte die Klägerin den Beklagten ab, weil am 18.07.2009 um 12:45 Uhr (MEZ) über den Internetanschluss mit der IP-Adresse „79.229.15.172“ das Musikalbum _____ (Doppel-CD) der Musikgruppe _____ als Musikdatei zum Herunterladen verfügbar gemacht worden sei. Sie forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, wonach dieser sich verpflichten sollte, es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,- Euro zu unterlassen, geschütztes Musikrepertoire der Unterlassungsgläubiger ohne deren erforderliche Einwilligung im Internet verfügbar zu machen oder sonst wie zu verwerten. Eine entsprechende Erklärung gab der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab.

Die Klägerin behauptet, die von ihr in Auftrag gegebenen Ermittlungsmaßnahmen zur Feststellung von Verletzungen ihrer Leistungsschutzrechte durch unautorisierte Internet-Angebote hätten ergeben, dass am 18.07.2009 um 12:45 Uhr (MEZ) über den Internetanschluss mit der IP-Adresse „79.229.15.172“ das Musikalbum _____ (Doppel-CD) der Musikgruppe _____ zum Herunterladen verfügbar gemacht worden sei. Der Internet-Serviceprovider des Beklagten habe Auskunft dahingehend gegeben, dass die IP-Adresse zum oben genannten Zeitpunkt dem Internetzugang des Beklagten zugeordnet gewesen sei.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte selbst habe die streitgegenständlichen Musikalbum für den Abruf durch andere Teilnehmer des Filesharing-Systems verfügbar gemacht.

Die Klägerin beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Wertersatz in Höhe von mindestens 2.500,- Euro und 1.379,80 Euro Kostenersatz neben jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

                   die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe die behauptete Rechtsverletzung nicht begangen. Er habe zu keinem Zeitpunkt die streitgegenständliche Datei und ein Filesharingprogramm auf seinem Rechner vorgehalten. Zu dem damaligen Zeitpunkt seien seine Ehefrau mit ihrem Rechner, sein 16-jähriger Sohn mit seinem Laptop sowie seine 20-jährige Tochter mit ihrem Laptop über das WLAN-Netzwerk an dem Internetanschluss des Beklagten angebunden gewesen. Der Beklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass einer der übrigen Familienmitglieder den Anschluss für rechtswidrige Aktivitäten nutzt. Er habe im September 2006 im Familienkreis mit der Ehefrau die zwei Kinder belehrt, illegales und strafbares Herunterladen und zum Download bereit stellen von urheberrechtlich geschützten Werken zu unterlassen und insbesondere keine Tauschbörsen zu nutzen. Er habe seinen Kindern ausdrücklich die Nutzung der Dienste BitTorrent, Applejuice, Directconnect und eDonkey, aber auch die Nutzung vergleichbarer Dienste untersagt.

Der Beklagte behauptet ferner, der von ihm im streitgegenständlichen Zeitpunkt genutzte W-Lan-Router sei eine Fritz-Box W-Lan 750 gewesen. Der Internetanschluss sei WEP-verschlüsselt gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin _____ sowie die informatorische Anhörung des Beklagten.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 24.05.2013 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus § 32 ZPO. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die beanstandete Handlung begangen worden ist. Dies ist hier der Ort, an dem auch nur eines der spezifischen Tatbestandsmerkmale des Deliktes verwirklicht worden ist, also nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Erfolgsort (vgl Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 32 Rn 16). Da eine ins Internet gestellte Tonaufnahme auch in Frankfurt aufgerufen werden konnte, ist das Amtsgericht  Frankfurt örtlich zuständig.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz aus § 97 Abs. 2 UrhG, da eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht kommt.

Die Klägerin hat dafür, dass der Beklagte selbst die Urheberrechtsverletzung begangen hat, keinen Beweis angeboten. Die Klägerin kann sich insofern auch nicht auf Beweiserleichterungen stützen. Denn die tatsächliche Vermutung, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für eine von diesem Anschluss aus begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – juris), ist hinreichend entkräftet.

Die Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers beruht nämlich (mangels einer dem § 831 Abs. 1 S. 2 BGB oder § 18 Abs. 1 S. 2 StVG  entsprechenden Regelung) nicht auf einer gesetzlichen Wertung, sondern wie der Beweis des ersten Anscheins auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Diese Annahme wird erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs – nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses – ergibt. Dafür wird es regelmäßig genügen, wenn Hausgenossen des Anschlussinhabers – wie sein Ehegatte – selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können. (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.03.2011, I-6 W 42/11, 6 W 42/11 – juris; OLG Köln, Urteil v. 16.05.2012, I-6 U 239/11, 6 U 239/11).

Dies ist vorliegend der Fall, da der Beklagte der ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegenden sekundären Darlegungslast (BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08) nachgekommen ist.

Er hat substantiiert dargetan und in seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass neben ihm, die im Haushalt wohnende Ehefrau, seine damals 20-jährige Tochter und sein damals 16-jähriger Sohn über eigene Rechner verfügten, die jeweils Zugriff zu dem W-Lan-Anschluss hatten. Seine Angaben sind glaubhaft und lebensnah. Er berichtete in Übereinstimmung mit der Zeugin widerspruchsfrei und objektiv von den damaligen Verhältnissen. Das Gericht hat keinen Zweifel, dass in einem Vier-Personenhaushalt im Jahr 2009 alle Familienmitglieder – insbesondere Kinder im Alter von 16 und 20 Jahren – über eigene Computer verfügen und das Internet nutzen.

Es ist daher ernsthaft möglich, dass die rechtsverletzende Handlung von einem der drei weiteren Familienmitglieder begangen worden ist, das ebenfalls den W-Lan-Anschluss des Beklagten nutzte.

Dafür, dass der Beklagte als Anstifter oder Gehilfe an der Tat seiner Familienmitglieder beteiligt gewesen sein könnte und aus diesem Grunde auf Schadensersatz haften würde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

2.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG,

Der Beklagte haftet als Inhaber des Internetanschlusses auch nicht als Störer wegen einer von einem Dritten begangenen Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung. Auch die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten sind daher nicht begründet, da die Abmahnung unter keinem Gesichtspunkt berechtigt war.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – juris)

Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht, insbesondere die Pflicht zur Belehrung und Beaufsichtigung von Kindern, richten sich nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens. Dabei hängt es hauptsächlich von den Eigenheiten des Kindes und seinem Befolgen von Erziehungsmaßnahmen ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichen oder deren Beachtung auch überwacht werden muss (vgl BGH, NJW 2009, 1952 Rn. 17; NJW 2009, 1954 Rn. 14, jeweils mwN).

Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt. (BGH, Urteil v. 15.11.2012, I ZR 74/12 – juris)

Der Beklagte hat seiner Aufsichtspflicht dadurch genügt, dass er seinen Kindern die rechtswidrige Teilnahme an Internettauschbörsen nach einer entsprechenden Belehrung verboten hat. Der Beklagte hat in seiner informatorischen Befragung nachvollziehbar, lebensnah und glaubhaft vorgetragen, er habe seinerzeit über so genannte illegale Tauschbörsen gehört und mit seinen Kindern im September 2006 darüber gesprochen und ihnen die Teilnahme an solchen verboten. Er sei hierfür sensibilisiert gewesen, da er auch selbständig sei, er von den finanziellen Nöten von Musikern wisse und das es sich bei der entsprechenden Musik um geistiges Eigentum handle, was man nicht ohne Zahlung illegal herunterladen dürfe. Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht auch, dass der Beklagte in seiner informatorischen Anhörung nicht nur für ihn Günstiges mitteilte, sondern u.a. auch angab, dass er den Authentifizierungsschlüssel auf seiner Fritz-Box nicht personalisiert habe.

Damit ist der Beklagte den an die Vorgabe von Verhaltensregeln zu stellenden Anforderungen gegenüber seinen Kindern nachgekommen.

Eine Verletzung zumutbarer Prüfpflichten gegenüber der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin ______, ist ebenfalls nicht festzustellen. Denn es sind keine konkreten Anhaltspunkte zu erkennen, dass der Beklagte wusste oder hätte wissen müssen, dass seine Ehefrau Urheberrechtsverletzungen über seinen Internetanschluss begeht, die er durch zumutbare Maßnahmen hätte verhindern können. Denn ein Ehemann kann seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, den auf seinen Namen laufenden Internetanschluss überlassen, ohne diese ständig überwachen zu müssen. Sofern der Anschlussinhaber nicht mit einer Rechtsverletzung durch seinen Ehepartner rechnen muss, sind Hinweis-, Aufklärungs- und Überprüfungspflichten diesem gegenüber unzumutbar. (OLG Frankfurt, Beschluss v. 22.03.2013, Az. 11 W 8/13)

Der Beklagte hat auch die ihm als Betreiber eines WLAN-Anschlusses obliegende Prüfungspflicht hinsichtlich ausreichender Sicherungsmaßnahmen nicht verletzt.

Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung teilte der Beklagte mit, seine W-Lan-Verbindung sei über WEP und einen 13-stelligen werksseitigen Authentifizierungsschlüssel gesichert gewesen. Dieser habe sich auf der Rückseite seiner Fritz-Box befunden. Zwar hat der Beklagte dieses Passwort nicht in ein persönliches Passwort geändert. Allerdings handelt es sich – gerichtsbekannt – bei den auf einer Fritz-Box seit 2004 verwendeten Authentifizierungsschlüsseln um solche, die bereits ab Werk individuell pro Gerät vergeben werden. Vor diesem Hintergrund ist der seitens des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 12.05.2010, I ZR 121/08 erstrebte Zweck eines hohen Schutzniveaus, welches den Zugriff unbefugter Dritter ausschließt, auch ohne ein persönliches Passwort – das regelmäßig nicht länger als 13-stellig sein wird – erreicht. Der Bundesgerichtshof kann in der oben zitierten Entscheidung lediglich die Fälle im Blick gehabt haben, in denen die Router einer Modellreihe werksseitig über den gleichen Authentifizierungsschlüssel verfügen, so dass ein effektiver Schutz für diese Fälle nur über eine sofortige Personalisierung des Passwortes gewährleistet war. (vgl. Mantz, Anm. zu BGH Urt. v. 12.05.2010 in MMR 2010, 569)

AG Frankfurt a.M.: Keine Störerhaftung des Anschlussinhabers bei Belehrung des rechtsverletzenden Dritten

(AG Frankfurt a.M., Urt. vom 25.03.2010 – 30 C 2598/08-25)

Leitsätze (d. Verfassers):

  1. Steht fest, dass ein Dritter die in Frage stehende Rechtsverletzung begangen hat, und dass der Beklagte den Dritten vorher darauf hingewiesen hat, keine Rechtsverletzungen zu begehen, haftet der Beklagte weder auf Schadensersatz noch nach den Grundsätzen der Störerhaftung.
  2. Eine Pflicht zum Hinweis und zur Überwachung besteht erst bei konkreten Anhaltspunkten, also wenn dem Anschlussinhaber frühere Verletzungen gleicher Art bekannt sein müssten.

Gerade ist ein Urteil des AG Frankfurt a.M. bekannt geworden, in dem sich das Gericht mit der Frage auseinandersetzt, ob der Anschlussinhaber, der seine Nutzer darauf hinweist, dass er Rechtsverletzungen zu unterlassen habe, als Störer haftet.

Im konkreten Fall hatte ein Dritter als Zeuge bekundet, dass er – und nicht der abgemahnte Beklagte – die Rechtsverletzung begangen hat. Weiter sei er vom Beklagten auch darauf hingewiesen worden, Tauschbörsen nur zu nutzen, um legal verfügbare Titel herunterzuladen.

Diese Frage ist durchaus relevant. Der BGH sieht als ein Element bei der Bemessung der Prüfungs- und Überwachungspflichten die Eigenverantwortlichkeit des unmittelbar Handelnden (BGH NJW 2001, 3265, 3267 – ambiente.de; BGH GRUR 2003, 969, 970 f.; vgl. BGH NJW 1997, 2180, 2181 – Architektenwettbewerb; BGH GRUR 1997, 909, 911- Branchenbuch-Nomenklatur; BGH GRUR 1999, 418, 429 – Möbelklassiker, jeweils m.w.N., sowie eingehend Mantz, Rechtsfragen offener Netze, Karlsruhe 2008, S. 254 ff. – online verfügbar). Allerdings haben die meisten Gerichte speziell bei der Störerhaftung für Familienmitglieder darauf in der Regel keinen Wert gelegt.

Weiter stellt das Gericht fest, dass eine Pflicht zum Hinweis und zur Überwachung erst bei konkreten Anhaltspunkten bestehe, was nur dann der Fall sei, wenn „dem Anschlussinhaber frühere Verletzungen gleicher Art … bekannt sein müssten.“

Der Volltext ist als PDF bei JurPC verfügbar.

AG Frankfurt a.M., Urt. v. 17.9.2009 – 31 C 975/08 – 10: Keine Pflicht zur Verhinderung der Installation von Filesharing-Software auf durch Minderjährige genutztem Rechner

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 17.9.2009 – 31 C 975/08 – 10

Das erkennende Gericht folgt demgegenüber dem Urteil des LG Frankfurt vom 12.04.2007, MMR 2007, 804 ff, in dem ausgeführt wird, dass die Prüf- und Handlungspflichten des Anschlussinhabers sich nicht darauf erstrecken, bereits die Installation von potentiell rechtsverletzenden Programmen wie Filesharing-Systemen, Email-Programmen oder Chatsoftware in jedem Fall zu verhindern. Diese können auch für rechtmäßige Ziele verwendet werden. Das Gericht vermag keinen Grund zu erkennen, weshalb in diesem konkreten Fall die Nutzung entsprechender Software generell technisch unmöglich zu machen wäre. Zwar ist das exakte Alter der Schwester des Beklagten ungeklärt geblieben. Schlussendlich kommt es aber nicht entscheidend darauf an, ob sie 13 oder 14 Jahre alt war. Jedenfalls war sie fast oder schon strafmündig. In einem solchen Alter reichen nach Auffassung des Gerichts Belehrungen und erforderlichenfalls Kontrollen aus. (Hervorhebungen durch Verf.)

Volltext:

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 17.9.2009 – 31 C 975/08 – 10

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Aufwendungs- sowie Schadensersatz wegen des unerlaubten Anbietens eines Videofilm in einer Tauschbörse am 04.08.2007 um 5:49:24 Uhr.

Die Klägerin betreibt ein Tonträgerunternehmen.

Der Beklagte besitzt einen PC mit Internetzugang. Der Beklagte lebte zum obengenannten Zeitpunkt mit seinen Eltern und seiner minderjährigen Schwester in einer Wohnung.

Im Internet gibt es Tauschbörsen, in denen die Benutzer sich im Rahmen eines Peer-to-Peer-Netzwerkes gegenseitig über die jeweilige Tauschplattform Daten zur Verfügung stellen. Hierzu sind alle Computerbenutzer über eine bestimmte Software in einem eigenen Netzwerk miteinander verbunden. Um an einem Netzwerk teilnehmen zu können, ist es erforderlich, eine entsprechende Software, die im Internet kostenlos angeboten wird, herunter zu laden und zu installieren sowie sich selbstzu registrieren und einen Benutzernamen anzugeben. Jeder Nutzer der Internettauschbörse bietet den anderen Nutzern sodann Einblick in einem bestimmten Teil der Festplatte seines Computers. Die Daten werden dann gegenseitig über die Tauschplattform zur Verfügung gestellt. Dabei bietet jeder, der auch nur ein Datenpaket einer Datei von einem anderen Nutzer auf seine Festplatte lädt, dieses Datenpaket bereits wieder anderen Nutzern zum Download durch diese an.

Die Klägerin beauftragte die … AG aus der Schweiz, alle einschlägigen Internettauschbörsen hinsichtlich des Anbietens des Filmes … zu überwachen und die Internet-Protokoll-Adresse (IP) des Anbieters nebst Datum und Zeit zu erfassen und zu speichern.

Zum Vorgehen der … AG und zur Arbeitsweise deren Programms „File Sharing Monitor V 1.3.1“ wird auf die Ausführungen in der Klageschrift Bl. 16-18, sowie des beigefügten Gutachtens des … vom 22.09.2005, Anlage K4, Bl. 42-66 d. A., Bezug genommen.

Am 04.08.2007 um 05:49:24 Uhr wurde mit Hilfe der Software der … AG ein Nutzer mit der IP-Adresse … erfasst, der zu diesem Zeitpunkt den Film … anderen Teilnehmern einer Tauschbörse zum Download anbot.

Nachdem am 06.08.2007 von der Klägerin Strafanzeige erstattet worden war, ermittelte die Staatsanwaltschaft Frankfurt den zu der IP-Adresse gehörenden Internetservice-Provider, der gegenüber der Staatsanwaltschaft am 13.08.2007 Auskunft über die Anschlussinhaber der nachgefragten IP-Adressen erteilte. Nach dieser Auskunft war die fragliche IP-Adresse zum maßgeblichen Zeitpunkt für den Anschluss des Beklagten vergeben.

Hiervon erlangte die Klägerin im Wege der Akteneinsicht am 20. 09. 2007 Kenntnis. Die Klägerin mahnte daraufhin den Beklagten mit Schreiben vom 11.10.2007 (Anlage K11, Bl. 79 ff. d. A.) ab, begehrte Schadensersatz in Höhe von EUR 275,00 und Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von pauschal EUR 250,00 bis zum 25.10.2007 und forderte den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum gleichen Datum auf.

Der Beklagte wies die Ansprüche per Anwaltsschreiben vom 13.11.2007 zurück, in dem er erklären ließ, der entsprechende Film sei von seiner 13-jährigen Schwester heruntergeladen worden, die entsprechenden Programme seien zwischenzeitlich gelöscht. Daraufhin verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 26.11.2007 vom Beklagten die Bezahlung der ihr gemäß Kostennote vom 26.11.2007 (Bl. 212 d. A.) entstandenen Anwaltskosten in Höhe von EUR 651,80 aus einem Gegenstandswert von EUR 10.000,00 bis zum 10.12.2007.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte sei für das von seinem Anschluss aus erfolgte Weiterverbreiten des Filmes verantwortlich. Denn der Beklagte unterliege einer Störerhaftung, die rechtswidrige Handlung sei in seiner Sphäre und seinem Verantwortungsbereich geschehen.

Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin des ausschließlichen Rechts, den Film … über dezentrale Computernetze auszuwerten und in solches öffentlich zugänglich zu machen. Alleiniger Produzent des Filmes sei die … Productions e. K. in Person des … Dieser habe die Filmidee gehabt, den Film produziert und alle Kosten und Risiken getragen. Daher habe sie die oben aufgeführten Rechte durch Vertrag vom 28.02./02.03.2007 (Anlage K2, Bl. 32-35 d. A.) erwerben können.

EUR 225,00 stünden ihr als Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie zu. Dieser Betrag liegt nach Ansicht der Klägerin weit unter dem Betrag, den sie im Rahmen eines Lizenzvertrages hätte verlangen können.

Bei weiteren EUR 651,80 handele es sich um Abmahnkosten, die ihr aus Geschäftsführung ohne Auftrag zustünden.

Das Amtsgericht Hünfeld hat unter dem 20.03.2008 einen Vollstreckungsbescheid erlassen, durch den der Beklagte dazu verurteilt wurde, an die Klägerin EUR 926,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 275 seit dem 06.09.2007 und aus EUR 651,80 seit dem 29.12.2007 zu zahlen. Dieser Vollstreckungsbescheid ist dem Beklagten am 26.03.2008 zugestellt worden. Am 04.04.2008 ging sein Einspruch beim Mahngericht ein.

Die Klägerin beantragt,

den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt,

den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Nach Rüge der örtlichen Zuständigkeit und dem Bestreiten der Inhaberschaft der entsprechenden Rechte mit Nichtwissen vertritt der Beklagte die Auffassung, es liege keine Urheberrechtsverletzung vor, da es bereits an der für das Entstehen von Urheberrechten erforderlichen Schöpfungstiefe des Werkes fehle, da es sich lediglich um einen Pornofilm handele.

Zudem seien die durch Einschaltung der Staatsanwaltschaft gewonnen Erkenntnisse hinsichtlich der Zuordnung der ermittelten IP zu dem Anschluss des Beklagten nicht verwertbar, da es sich um erhobene Verkehrsdaten handele, die nur bei einer hier unzweifelhaft nicht vorliegenden schweren Straftat im Sinne des § 100a Abs. 2 StPO übermittelt werden dürften.

Darüber hinaus sei die Abmahnung durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin rechtsmissbräuchlich, da diese nur dem Zweck gedient habe, den Beklagten zur Zahlung des Schadenslizenz und der Rechtsanwaltsgebühren zu verpflichten, an der Unterlassung habe kein echtes Interesse bestanden.

Im Übrigen habe er die fragliche Datei nicht selbst heruntergeladen oder zum Download angeboten. Er habe sich zum fraglichen Zeitpunkt in der Wohnung, in der sich der Computer befunden hatte, nicht aufgehalten, da er die neue Wohnung der Familie in … gemeinsam mit seinem Vater renoviert habe.

Seine Schwester hätten sowohl er selbst als auch seine Eltern regelmäßig und eindringlich darüber belehrt, dass sie keine Urheberrechtsverletzungen im Internet begehen dürfe. Pflicht zur Belehrung seiner Eltern treffe ihn, da es keinerlei Anhaltspunkt für Verstöße durch diese gebe, nicht. Überwachungspflichten träfen ihn weder hinsichtlich seiner Schwester noch hinsichtlich seiner Eltern.

Auch sei die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten für die Abmahnung nicht erforderlich gewesen, da die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen gleichgelagerte Rechtsverletzungen verfolge und daher die Abfassung eines Musterschreibens durch Rechtsanwälte, welches die Klägerin dann eigenständig weiterverwenden hätte können, ausreichend sei.

Eine Rechtsverletzung durch den Beklagten könne durch die Dokumentation der Firma … AG nicht nachgewiesen werden, da die Protokolle dieser Firma von deren Mitarbeitern manipuliert werden könnten.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschlüssen vom 31.10.2008, Bl. 232 f. d. A., und 19.03.2009, Bl. 252 f. d. A., durch Vernehmung der Zeugen … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Amtsgerichts Bochum vom 11.02.2009, Bl. 247-247 R d. A. und das Protokoll des Amtsgerichts Bückeburg vom 10.06.2009, Bl. 266 ff. d. h., Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, und hat auch in der Sache Erfolg.

Denn die ursprüngliche Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main folgt aus § 32 ZPO. Denn der ins Internet gestellte Film konnte auch in F. abgerufen werden. Damit liegt der Erfolgsort, der für die Annahme des Gerichtsstands nach § 32 ZPO ausreicht, auch in F. Eine rechtsmissbräuchliche Wahl des Gerichtsstandes kann der Klägerin hier auch nicht vorgeworfen werden, da sie selbst ihren Sitz in F. hat und damit ein hinreichender Bezug zum gewählten Gerichtsstand besteht.

Der Gerichtsstand nach § 32 ZPO gilt insbesondere auch für andere Ansprüche im Zusammenhang mit der Rechtsverletzung, also auch für die Geltendmachung von Abmahnkosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die ordnungsgemäße Prozessvertretung der Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten ist nachgewiesen durch die vorgelegte Originalvollmacht vom 09.05.2008, Bl. 174 d. A., in Verbindung mit dem Handelsregisterauszug vom 25.08.2008, Bl. 211 d. A.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten jedoch keinerlei Ansprüche, und zwar weder auf Schadensersatz noch auf Ersatz der Abmahnkosten.

Sie ist, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, zwar Inhaberin der behaupteten Rechte. Dies ergibt sich sowohl aus dem entsprechenden Vermerk des – allerdings nur im Kopie -vorgelegten Videocovers als auch aus der Aussage des Zeugen … der bestätigen konnte, dass Herr … die Idee zu dem Film hatte, den Film produzierte, finanzierte, alle Kosten und Risiken trage. Dieser ist mithin der Hersteller des Films und konnte die von der Klägerin hier geltend gemachten Nutzungs- und Verwertungsrechte in dezentralen Computernetzen durch die vorgelegte Rahmeneckwertevereinbarung erwerben.

Allerdings fehlt es an der Passivlegitimation des Beklagten. Dieser hätte die Abmahnkosten nach §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB nur dann zu tragen, wenn er als Störer für die – unstreitig von seinem Anschluss aus begangene – Urheberrechtsverletzung einzustehen hätte.

Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht der Fall.

Zwar spricht der Anschein dafür, dass der Beklagte selbst die über seinen Anschuss begangene Rechtsverletzung begangen hat. Dieser Anschein ist hier aber widerlegt.

Zunächst hat der Beklagte selbst die Urheberrechtsverletzung nicht begangen und mangels Kenntnis von der konkreten Verletzung auch nicht als Teilnehmer an ihr mitgewirkt. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht lest, dass seine minderjährige Schwester den Filmschnipsel heruntergeladen und hierdurch automatisch zum Upload bereitgehalten hat. Das Gericht folgt den Aussagen der Eltern des Beklagten, der …, die das Geschehen aus ihrer Sicht schilderten.

Nach Aussage der Mutter kam die Schwester des Beklagten zu ihr und erklärte, sich etwas zum Thema „Jagd und Wald“ aus dem Internet herunterladen zu wollen. In Anbetracht des Titels des hier in Rede stehenden Filmes erscheint es zwar zunächst fernliegend, dass es sich hier um eine Verwechselung handeln könnte. Es ist jedoch gerichtsbekannt, dass allgemein im Internet grundsätzlich unverfängliche Suchbegriffe immer wieder auch Ergebnisse mit pornographischem Inhalt generieren, was schlussendlich den Vorgang plausibel macht, Dass der Downloadvorgang auch abgebrochen wurde, der Film also dem Gesuchten nicht entsprach, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen … der erklärte, er habe ledigIich ca. 5 Minuten des Filmes auf der Festplatte vorgefunden.

Auch dass innerfamiliär bereits am folgenden Wochenende nach Rückkehr des Vaters von den Renovierungsarbeiten reagiert wurde, und zwar durch Löschen des Filmfragments und Hausarrest, nicht erst nach Erhalt der Abmahnung, fügt sich stimmig in das Bild ein.

Zudem bekundete der Vater des Beklagten, er selbst und der Beklagte seien zum fraglichen Zeitpunkt mehrere Tage wegen der Renovierung der neuen Familienwohnung abwesend gewesen.

Hierbei verkennt das Gericht nicht, das die Anwesenheit eines Menschen vor dem PC für das Anbieten einer Datei zum Upload nicht erforderlich ist. Auch die Schwester des Beklagten wird wohl kaum morgens vor sechs Uhr am Rechner gesessen haben. Erforderlich ist lediglich, dass der Rechner online ist. Am lebensnächsten dürfte hier wohl die Annahme sein, dass der Rechner abends nicht ordentlich heruntergefahren und ausgeschaltet wurde. Angesichts der mehrtägigen Abwesenheit des Beklagten und der Bestätigung des Downloads durch die Schwester kommt es hierauf aber nicht an.

Das Gericht hält die Zeugen auch für glaubwürdig. Zwar stehen diese dem Beklagten als dessen Eltern naturgemäß nah, auch dürften sie diejenigen sein, die im Falle einer Verurteilung letztendlich eine Zahlung aufzubringen hätten. Entscheidend ist aber, dass ihre Aussagen plausibel und detailreich sind, insbesondere auch Details aufweisen, die geeignet sind, einen negativen Eindruck zu hinterlassen, wie beispielsweise das „versehentliche“ Nichtlöschen des e.Mule-Programms.

Zuzugeben ist, dass die Zeugin … den wesentlichen und auf den Beweisbeschluss bezogenen Teil ihrer Aussage erst nach Wiedereintreten in die Vernehmung machte. Aus dem Protokoll lässt sich aber schließen, dass das Rechtshilfegericht die Beweisthemen den Zeugin zunächst nicht richtig zugeordnet hatte, da Frau … nach ihrem Bericht zu Beweisthema 1) (Abwesenheit ihres Mannes und Sohnes) befragt wurde, nicht zu Beweisthema 2) (Belehrung der Tochter), vgl. Bl. 267 d. A. „zum weiteren Beweisthema kann ich sagen, dass weder mein Mann noch mein Sohn …“. Sehr wahrscheinlich erfolgte der Wiedereintritt in die Vernehmung daher auf Initiative des Rechtshilfegerichts.

Steht fest, dass die Verletzung durch die minderjährige … oder 14-jährige – Schwester des Beklagten erfolgte, kommt eine Haftung für die Abmahnkosten nur dann in Betracht, wenn der Beklagte, ohne selbst Verletzer zu sein, an der Verletzungshandlung mitgewirkt hat, obgleich es ihm möglich und zumutbar war, diese zu verhindern. Denn damit die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt wird, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach dem Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Das gilt auch für die Verpflichtung, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, durch die die Rechtsverletzungen soweit wie möglich verhindert werden. Auch diese besteht nur im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen, vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 27.05.2009, Az. 12 O 134/09 m. w. N.

Was daraus im Einzelnen für den Anschlussinhaber im Rahmen seiner Sicherungs-, Prüfungs- und Überwachungspflichten folgt, ist in der Rechtsprechung umstritten.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts sind die vom BGH im sogenannten „Halsband-Urteil“ (NJW 2009, 1960 ff.) angelegten Maßstäbe auf den vorliegendes Fall nicht zu übertragen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Inhaber eines …-Mitgliederkontos, dessen Ehefrau sich ohne sein Wissen die Zugangsdaten verschafft und dort unter anderem das namensgebende Cartier-„Halsband“ zur Versteigerung einstellte, für die hierin bestehende Urheberrechtsverletzung als Störer haftete. Der BGH entschied, dass es in diesem Fall eine Störerhaftung bestehe. Es reiche aus, wenn der Inhaber der Mitgliedskontos nicht hinreichend dafür gesorgt habe, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten und das Kennwort des Mitgliedskontos erlange. Der Inhaber müsse sich, wenn dennoch ein Dritter sein Mitgliedskonto benutze, so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt habe. Denn die Zugangsdaten bei … ermöglichten als besonderes Identifikationsmittel im vertraglichen wie im vorvertraglichen Bereich ein Handeln unter einem bestimmten Namen nach außen, wobei die Identifikationsfunktion der Zugangsdaten weit über die Verwendung eines Briefpapiers, Namens oder einer Adresse hinausgehen, bei denen der Verkehr wisse, dass diese gegebenenfalls von jemandem nachgemacht oder unberechtigt verwendet werden können. Die ungesicherte Verwahrung der Zugangsdaten erhöhe daher die Gefahr, dass für den Verkehr Unklarheiten darüber entstehen können, welche Person unter dem betreffenden Mitgliedskonto gehandelt habe und dadurch die Möglichkeiten, den Handelnden zu identifizieren.

Bereits aus dieser Zusammenfassung folgt, dass diese sehr strenge Haftung nicht auf die Zugänglichmachung des gesamten Internetanschlusses übertragbar ist. Entscheidend ist, dass es sich bei … um einen kleinen Ausschnitt aus dem Netz handelt, bei welchem eine Registrierung als Mitglied allein dem Zweck dient, Verträge anzubahnen, abzuschließen und abzuwickeln. Hier hat der Verkehr ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, mit wem er handelt. Entstehen Unklarheiten hierüber durch Nachlässigkeiten des Mitglieds selbst, hat dieses dafür einzustehen.

Dagegen würde die Übertragung der vom BGH entwickelten Grundsätze auf den gesamten Internetzugang als solchen zu einer Gefährdungshaftung des Anschlussinhabers führen, welche im Gesetz keine Grundlage findet. Dies wäre vergleichbar damit, sämtliche über einen bestimmten Telefonanschluss abgeschlossenen Verträge und – soweit vorstelIbar Rechtsverletzungen – dem Inhaber des Telefonanschlusses zuzurechnen, gleichgültig, wer tatsächlich telefoniert hat.

Ebenfalls nicht relevant für den vorliegenden Fall ist die umfassende Rechtsprechung zur Verpflichtung der Sicherung eines Internetanschlusses durch außenstehende Dritte durch Einsatz von Verschlüsselungstechnik. Keine der Parteien behauptet hier einen Zugriff von außen, so dass etwaige Versäumnisse nicht adäquat kausal für die Rechtsverletzung wären.

Auch die Frage eines Passwortschutzes ist hier nicht ausschlaggebend. Die Schwester des Beklagten befand sich mit Erlaubnis des Anschlussinhabers im Internet, ob mit oder ohne eigenem Passwort, spielt zunächst keine Rolle.

Es stellt sich lediglich die Frage, ob der Beklagte seine Schwester lediglich über die Möglichkeiten der Rechtsverletzungen im Internet hätte aufklären und ihr solche untersagen hätte müssen, oder ob er darüber hinaus die Pflicht zu stichprobenartigen Kontrollen, oder – noch weitergehend – die Verpflichtung zur Einrichtung eines – lediglich beschränkten Accounts gehabt hätte.

Von einem großen Teil der Rechtsprechung, der von der Klägerin auch zitiert wird, werden solche Pflichten angenommen. Letztendlich lässt sich die Tendenz feststellen, immer weitergehende Verpflichtungen des Anschlussinhabers zu statuieren, so dass die Trennlinie zwischen Störerhaftung und Gefährdungshaftung mehr und mehr verwischt.

Das erkennende Gericht folgt demgegenüber dem Urteil des LG Frankfurt vom 12.04.2007, MMR 2007, 804 ff, in dem ausgeführt wird, dass die Prüf- und Handlungspflichten des Anschlussinhabers sich nicht darauf erstrecken, bereits die Installation von potentiell rechtsverletzenden Programmen wie Filesharing-Systemen, Email-Programmen oder Chatsoftware in jedem Fall zu verhindern. Diese können auch für rechtmäßige Ziele verwendet werden. Das Gericht vermag keinen Grund zu erkennen, weshalb in diesem konkreten Fall die Nutzung entsprechender Software generell technisch unmöglich zu machen wäre. Zwar ist das exakte Alter der Schwester des Beklagten ungeklärt geblieben. Schlussendlich kommt es aber nicht entscheidend darauf an, ob sie 13 oder 14 Jahre alt war. Jedenfalls war sie fast oder schon strafmündig. In einem solchen Alter reichen nach Auffassung des Gerichts Belehrungen und erforderlichenfalls Kontrollen aus.

Zu diesem Punkt hat bereits das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 20.12.2007, Az. 11 W 58/07, ausgeführt:, dass eine Pflicht, die Benutzung des Internetanschlusses zu überwachen und gegebenenfalls zu verhindern, nur dann bestehen könne, wenn der Anschlussinhaber konkrete Hinweise dafür habe, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen werde. Solche Anhaltspunkte bestünden grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt seine oder hätten bekannt sein können. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist allein das Alter des Kindes hier kein solcher konkreter Anhaltspunkt. Dies mag anders sein, wenn dem Anschlussinhaber bekannt ist, dass sich der oder die Minderjährige grundsätzlich nicht an Anweisungen hält oder ihm grundsätzlich nicht zu vertrauen ist. Solche Anhaltspunkte liegen hier nicht vor.

Diesen Pflichten ist der Beklagte – wohl teilweise vertreten durch seine Eltern – aber auch nachgekommen. Nach Aussage der Zeugin … stand die „strikte Anweisung, dass herunterzuladende Teile aus dem Internet nur über die Einschaltung ihres Bruders oder meiner Person oder meines Mannes erfolgen dürfen,“ … „da aufgrund der Befassung der Familie mit dem Videogeschäft in der Vergangenheit der Tochter bekannt war, dass Filme aus dem Internet nicht heruntergeladen werden dürften, weil man unter Umständen urheberrechtliche Verstöße begehe.“

Aus dem ersten Teil der Aussage der Zeugin … folgt sogar, dass die Schwester des Beklagten um die entsprechende Erlaubnis gebeten und diese wohl auch erteilt bekommen hat („In diesem Zusammenhang ist sie dann auf mich zugekommen und hat gesagt, dass sie sich etwas aus dem Internet herunterladen wolle, was mit Jagd und Wald zu tun habe.“, Bi. 267 d. A.)

Mangels Störereigenschaft des Beklagten besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Abmahnkosten.

Gleiches gilt für den Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. UrhG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

AG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2010 – 30 C 2353/09-75: Anwendbarkeit von § 97a Abs. 2 UrhG auf Filesharing

Das Amtsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 1.2.2010 entschieden, dass die Deckelung der Abmahngebühren nach § 97a Abs. 2 UrhG auf 100,- Euro auch auf Filesharing-Fälle Anwendung findet (Volltext s.u.).

S. dazu auch:

AMTSGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 30 C 2353/09-75

Verkündet am: 01.02.2010

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 250,00 € nebst Zinsen i. H. v. 5-Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.10.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 31%, die Klägerin 69% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des jeweils anderen durch Erbringung einer Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, die ihren Sitz in Frankfurt/M. hat, begehrt die Erstattung vorgerichtlich verauslagter Rechtsanwaltsgebühren, sowie weitergehenden Schadensersatz nach einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin hat mit einer Firma … Records GmbH einen Vertrag geschlossen, die Tonaufnahme „Jump That Rock (What You Want)“ des Künstlers … öffentlich zugänglich zu machen. Die Firma … Records GmbH ihrerseits hat seitens einer Firma … Tunes GbR, welche Inhaberin der Tonträgerrechte ist, u.a. das Recht eingeräumt bekommen, die betreffende Tonträgeraufnahme öffentlich zugänglich zu machen.

Ein von der Klägerin beauftragtes Unternehmen namens … Solutions GmbH aus Darmstadt hat die Software „File Watch“ entwickelt, mit der im Auftrag von Rechteinhabern die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Dateien über Tauschbörsen im Internet beobachtet und protokolliert werden. Der mit der Begutachtung der Zuverlässigkeit der Software beauftragte Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass die von ihm anlässlich verschiedener Prüfungen ins Internet gestellten und öffentlich zugänglich gemachten Dateien durch die Software exakt identifiziert und zu einem exakt festgehaltenen Zeitpunkt unter der dem Internetanschluss des Sachverständigen zugewiesenen IP-Adresse von dessen Rechner herunter geladen und dokumentiert worden sind.

Die Klägerin erhielt von der mit der Überwachung des streitgegenständlichen Tonträgers beauftragten Firma die Information, dass am 02.01.2009 um 16:57:13 Uhr ein Nutzer mit der IP-Adresse 87.xxx.xxx.156 die streitgegenständliche Tonaufnahme anderen Teilnehmern einer Tauschbörse zum Download angeboten hat. Die nach einer Gestattung seitens des Providers DTAG mitgeteilte Zuordnung ergab die Beklagte als Inhaberin der IP-Nummer zum Tatzeitpunkt.

Mit Abmahnschreiben vom 13.05.2009 wurde die Beklagte abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung unter Fristsetzung bis zum 27.05.2009 aufgefordert.

Mit Schreiben vom 27.05.2009 gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab und forderte die Klägerin zur Darlegung der Tonträgerrechte auf.

Mit Schreiben vom 01.09.2009 machte die Klägerin die Kosten der Anspruchverfolgung unter Zugrundelegung eines Gegenstandwertes von 10.000,00 € i.H.v. 651,80 € sowie eine Schadensersatzpauschale, die sie sich den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet hat, i.H.v. 150,00 € geltend.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Amtsgericht Frankfurt örtlich zuständig sei.

Die Klägerin behauptet, berechtigt zu sein, rechtswidrige Angebote Dritter in Peer-to-Peer-Netzwerken im eigenen Namen zu verfolgen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass § 97 a UrhG, der die Abmahngebühren auf 100,00 € begrenzt nicht anwendbar sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 808,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5-Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.10.2009 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das Amtsgericht Frankfurt örtlich unzuständig sei.

Im Übrigen ist sie der Ansicht, dass die Aktivlegitimation der Klägerin nicht dargetan sei, da ein Nutzungsrecht im behaupteten Umfang nicht bestehe und die Beklagte auch keine Störerhaftung treffen. Sie habe weder selbst über ihren Internetanschluss den streitgegenständlichen Tonträger zur Verfügung gestellt noch ein solches Verhalten störend ermöglicht. Diese Datei habe sich auch nie in ihrem Besitz befunden.

Die Beklagte vertritt des Weiteren die Ansicht, dass ein Schadensersatzanspruch auch deshalb nicht bestehe, da hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren zwischen der Klägerin und Prozessvertreter eine Pauschalvergütungsvereinbarung anzunehmen, das Verhalten der Prozessbevollmächtigten im Übrigen rechtsmissbräuchlich sei und schließlich hinsichtlich des pauschalisierten Schadensersatzanspruch dieser bereits nicht bestehe, da keine Unterlizenzen vergeben würden, die analog herangezogen werden könnten.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht Frankfurt ist gern. § 32 ZPO örtlich zuständig, da die ins Internet gestellte Tonaufnahme weltweit und damit auch in Frankfurt abgerufen werden konnte. Die Verletzungshandlung erfolgte hiernach nicht (lediglich) am Wohnort der Beklagten, sondern (auch) in Frankfurt/M. Dass die Klägerin den Gerichtsstand in Frankfurt etwa rechtsmissbräuchlich gewählt haben könnte ergibt sich nicht, da angesichts ihres Geschäftssitzes in Frankfurt ein hinreichender Bezug zum gewählten Ort besteht.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. §§ 683, 670 BGB, § 97a UrhG dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung, jedoch nur in zuerkannter Höhe.

Zunächst hat die Klägerin ausreichend dargetan, aktivlegitimiert zu sein.

So hat die Klägerin durch Vorlage des Covers (Anlage K1), auf dem der Lizenzgeber genannt ist, sowie durch Vorlage des Band- und übernahmevertrages (Anlage K2) und der der Rahmeneckwertevereinbarung vom 27.03.2007 (Anlage 3) substantiiert dargetan, Rechteinhaberin zu sein.

Die Beklagte ist dem Vortrag nicht ausreichend substanziiert entgegengetreten.

Die von ihr hierzu vertretene Rechtsansicht überzeugt nicht, da die Beschränkung der erlaubten Nutzung auf eine bestimmte Nutzungsart der Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts nicht entgegensteht. Auch ist es nicht erforderlich, dass die Antragstellerin ihr Recht selbst positiv, also durch eigene Benutzung nutzen will. Die Berechtigung umfasst vielmehr auch das negative Verbotsrecht, in dessen Ausübung die Klägerin handelt (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008 Az.: 6 Wx 2/08 unter Bezugnahme auf Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 31 Rn. 5).

Die Klägerin ist ihrer Darlegungslast auch in ausreichendem Maße nachgekommen, soweit sie zur Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse vorträgt. Der hiergegen gerichtete Vortrag ist demgegenüber nicht ausreichend substanziell und prozessrechtlich unbeachtlich.

Die Klägerin hat mit der Klageschrift das Verfahren der IP-Adressen-Ermittlung eingehend dargestellt. Insoweit wird auf die Ausführungen, die auch der Beklagten bekannt sind, genommen. Die Klägerin hat zudem das Gutachten des Sachverständigen … vorgelegt, so dass es nun an der Beklagten war, unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin jene Fakten qualifiziert zu benennen und zu erläutern, die ihrer Ansicht nach unzutreffend dargestellt worden sind. Soweit die Beklagte lediglich auf eine angeblich „bekannte“ Fehlerquote des Verfahrens verweist, genügte dies nicht, da sie jedenfalls nach der Vorlage des Gutachtens in die Lage versetzt worden ist, die Richtigkeit der dortigen Angaben unter Bezugnahme auf den konkreten Vorwurf zu überprüfen.

Soweit die Beklagte im Weiteren in Abrede stellt, dass diese Tonaufnahme jemals auf ihrem Computer gewesen sei und sie auch zu keinem Zeitpunkt diese Tonaufnahme ins Internet gestellt habe, war es angesichts des zu ihren Lasten streitenden Anscheinsbeweises an ihr, diese Behauptung zu beweisen, wobei die insoweit angebotene Parteivernehmung mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht in Betracht kam. Weder hat die Beklagte der Parteivernahme zugestimmt, noch besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache.

Die Beklagte haftet hiernach als Inhaberin des Internetanschlusses als Störerin, da aufgrund der Ausführungen davon auszugehen ist, dass über ihren Internetanschluss die Tonaufnahme im Internet angeboten worden ist. Dies kann sie getan haben, was sie bestreitet oder aber ein Dritter, der ihren Internetanschluss zum maßgeblichen Zeitpunkt mit ihrem Einverständnis genutzt hat. Die Beklagte traf insoweit die sekundäre Darlegungslast, da die Klägerin hierüber keine Kenntnis haben kann. Vortrag zur Nutzung anderer ist indes nicht erfolgt, so dass von der Nutzung der Beklagten selbst auszugehen ist.

Der hiernach bestehenden Erstattungspflicht dem Grunde nach steht die bloße Behauptung des Beklagten, wonach es zwischen der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten eine Pauschalvereinbarung gebe, nicht entgegen, da es sich dabei um eine bloße Vermutung handelt, die durch keinerlei Fakten substanziiert ist.

Auch ist nicht relevant, ob die Klägerin die Rechtsanwaltsgebührennote bereits beglichen hat, da in Fällen, in denen sich der zur Freistellung Verpflichtete ernsthaft und endgültig weigert, die Freistellung vorzunehmen, sich der Freistellungsanspruch in einen unmittelbaren Zahlungsanspruch umwandelt (vgl. BGH NJW 2004, 1868).

Die Höhe der Abmahnkosten sind jedoch lediglich i.H.v. 100,00 € begründet, da insoweit § 97a Abs. 2 UrhG einschlägig ist, der normiert, dass für den Fall einer erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Aufwendungen auf 100,- € beschränkt sind.

Die vier genannten Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Beklagte hat bislang keine identischen oder in ihrem Kern im Wesentlichen gleich gelagerten Verletzungshandlungen im Verhältnis zum Kläger begangen.

Im Weiteren wirft auch die rechtliche Bewertung keine Schwierigkeiten (mehr) auf, da inzwischen hinsichtlich der Frage der Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten in vergleichbaren Fällen auf eine umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. Auch der hinsichtlich der Frage des „einfach gelagerten Falles“ von der Klagepartei in Bezug genommene Rechercheaufwand ist mittlerweile durch den Auskunftsanspruch aus § 101 UrhG stark vereinfacht. Allein die Tatsache, dass der Gestattungsantrag über das Gericht zu stellen ist, macht den Vorgang nicht zu einem „rechtlich“ Schwierigen. Schließlich können die Abmahnenden regelmäßig auf vorformulierte Schreiben zurückgreifen, da die rechtliche Bewertung unabhängig von der Art des angebotenen Werkes ist. Es müssen lediglich der Abgemahnt, das konrekte Werk, die Höhe der Kosten und die Nachweise eingefügt werden, was keines großen Aufwands (mehr) bedarf (vgl. zur Subsumtion von „Massenabmahnungen“ unter der einfach gelagerten Fälle Ewert/von Hartz, Neue kostenrechtliche Voraussetzungen bei der Abmahnung im Urheberrecht, MMR 2009, 84 (87)); Prof. Dr. Thomas Hoeren, zur Frage der Begrenzung der Abmahngebühren nach § 97 a UrhG in CR 6/2009). Soweit im Einzelfall ein erhöhter Aufwand erforderlich sein mag, mag dies gegen eine Anwendbarkeit des § 97a sprechen. Vortrag hierzu ist jedoch nicht geführt.

Im Weiteren ist auch die Voraussetzung der „Unerheblichkeit“ der Rechtsverletzung zu bejahen.

Zwar hat die Tauschbörse in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 16/8783,50) nicht explizit Eingang gefunden, soweit dort das öffentliche Zugänglichmachen eines Stadtplanausschnitts auf einer privaten Homepage, eines Liedtextes auf einer privaten Homepage bzw. die Verwendung eines Lichtbildes in einem privaten Angebot einer Internetversteigerung erwähnt worden sind. Die Aufzählung dort hat jedoch nur beispielhaften Charakter. Dass nicht sämtliche einschlägigen Sachverhalte in die Aufzählung Eingang finden konnten, zeigt der Verweis der Gesetzesbegründung auf den Einzelfall. Allen Beispielen der Aufzählung der Gesetzesbegründung ist nun mit dem hiesigen Sachverhalt gemein, dass es sich um eine einmalige Rechtsverletzung durch das Zugänglichmachen eines einzelnen Werkes handelt. Gemein ist den Sachverhalten auch, dass die abstrakte Gefährdung des Downloads durch andere und die Verbreitung durch diesen Personenkreis gleichermaßen besteht. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann zur Frage der Erheblichkeit der Rechtsverletzung auch nicht etwa auf die zu § 101 UrhG entwickelten Kriterien zum gewerblichen Ausmaß der Rechtsverletzung zurückgegriffen werden, wenngleich bei der Subsumtion beider sowohl der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch deren Schwere maßgeblich sein sollen. Das Übertragen der Grundsätze hätte nun aber zur Folge, dass in den Fällen, in denen die Auskunft über § 101 UrhG erteilt wird, grundsätzlich auch die Anwendbarkeit des § 97a Abs. 2 UrhG ausgeschlossen wäre, was nicht gewollt gewesen sein kann, wie nicht zuletzt daraus ersichtlich wird, dass der Gesetzgeber im § 97a UrhG mit der Erheblichkeit der Rechtsverletzung einen anderen Wortlaut gewählt hat, als mit dem gewerblichen Ausmaß in § 101 UrhG, zudem die Einzelfallbetrachtung geboten sein soll.

Dass das zur-Verfügung-Stellen der Datei schließlich außerhalb des geschäftlichen Verkehrs geschehen ist, ergibt die Tatsache, dass die Art und Weise der Handlung nicht eine solche ist, wie man sie von einem gewerblich Handelnden erwarten würde (z.B. Vielzahl von Verbreitungshandlungen oder auch die Absicht, Einnahmen zu erzielen) .

Der Klägerin steht neben dem Anspruch aus § 97 a UrhG darüber hinaus auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch i.H.v. 150,00 € gern. § 97 Abs. 2 UrhG unter Berücksichtigung der Grundsätze der Lizenzanalogie zu.

Die Schadensberechnung auf der Grundlage Lizenzgebühr ist überall dort zulässig, wo Ausschließlichkeitsrechten zur Benutzung einer angemessenen die Überlassung von durch Dritte gegen Entgelt rechtlich möglich ist, wobei es entgegen der Ansicht der Beklagten unerheblich ist, ob der Verletzte tatsächlich Lizenzen vergibt. Insoweit handelt es sich um eine fiktive Form der Schadensberechnung (vgl. Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 97 Rd. 71).

Die Beklagte hat auf die oben dargelegte Zuordnung der über ihre IP-Adresse begangenen Urheberrechtsverletzung jedenfalls fahrlässig gehandelt.

Die Höhe des Anspruchs ist nicht zu beanstanden. Insoweit ist bei der Berechnung darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert hätte und der vernünftige Vertragspartner, der Lizenznehmer, zu bezahlen bereit gewesen wäre. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist der Betrag i.H.v. 150,00 € angemessen (§ 287 ZPO).

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 288, 291 BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.