Schlagwort-Archive: Abmahnung

AG Hamburg, Urt. vom 14.07.2009 – 36a C 149/09: Anwendbarkeit von § 97a Abs. 2 UrhG

AG Hamburg, Urteil vom 14.07.2009 – 36a C 149/09
Leitsätze (des Verfassers):
1. Auf den Verkauf von Bootlegs findet § 97a Abs. 2 UrhG Anwendung.

2. Mahnt der Rechtsinhaber eine Vielzahl von ähnlichen Verletzungen unterschiedlicher Personen in einem kurzen Zeitraum ab, spricht dies für eine Anwendung des § 97a Abs. 2 UrhG.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 100 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 13.11.2008 zu zahlen.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 12% und die Klägerin 88% zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung im Kostenpunkt abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit leistet in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Klägerin eine eingetragene Rechtsanwalts-Partnergesellschaft, begehrt aus abgetretenem Recht einer Mandantin, der Iron Maiden Holdings Ltd., von der Beklagten, die als Brotverkäuferin tätig ist, Ersatz der anlässlich einer urheberrechtlichen Abmahnung angefallenen Anwaltskosten.

Am 6.11.2008 bot die Beklagte auf Internet-Verkaufsplattform X je einen Tonträger „Iron Maide – Live USA“ sowie „Iron Maiden Europe 1992“ mit Aufnahmen der weltweit bekannten Heavy Metal Band Iron Maiden zum Erwerb an. Im Namen der Zedentin Im Namen ihrer Zedentin mahnte die Klägerin daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2008 u. a. auf Unterlassung des Vertriebs von Live-Aufnahmen der Gruppe Iron Maiden ab und forderte sie gleichzeitig zur Zahlung von Abmahnkosten auf. Die Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und lehnte den Ausgleich der Gebühren ab.

Die Klägerin behauptet, bei den von der Beklagten angebotenen Tonträgern handele es sich um sog. „Bootlegs“, inoffizielle und von den Rechteinhabern unautorisierte Mitschnitte von Konzerten der Gruppe Iron Maiden. Inhaberin der Künstlerschutzrechte an allen musikalischen Darbietungen und Aufnahmen in Bezug auf diese Musikgruppe sei die Iron Maiden Holdings Ltd., eine Gesellschaft britischen Rechts. Deren Gesellschafter seien die Bandmitglieder der Gruppe Iron Maiden, die ihre Rechte nach dem Gesellschaftsvertrag auf die Ltd. übertragen hätten. Die Klägerin ist der Ansicht, da sie die Beklagte berechtigt abgemahnt habe könne sie von dieser die Erstattung der im Rahmen dieses Vorgehens nach einem Gegenstandswert von 20.000 € angefallenen Rechtsanwaltsgebühren verlangen. Die Ausnahmevorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG fände keine Anwendung, da es sich vorliegend nicht um einen einfach gelagerten Fall mit nur unerheblicher Rechtsgutverletzung handele, denn mit der britischen Zedentin sei die gesamte Korrespondenz in englischer Sprache zu führen gewesen. Zudem handele es sich um einen komplexen Sachverhalt. Die Tonträger seien Aufnahmen zweier kompletter Konzerte, welche die Beklagte vorsätzlich auf X angeboten habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 859,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2008 zu zahlen.

Die Beklagte, die den geltend gemachten Anspruch in Höhe von € 100,- nebst Zinsen anerkannt hat, beantragt,

die Klage im Übrigen abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Gesetzgeber habe mit § 97a Abs. 2 UrhG gerade vor unverhältnismäßig hohen Abmahnkosten schützen wollen, weshalb sein Anwendungsbereich eröffnet sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in Höhe des anerkannten Betrages begründet (§ 307 ZPO).

Ein weitergehender Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten steht der Klägerin jedoch nicht zu.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt aktivlegitimiert ist, da ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Abmahnkosten gemäß § 97a Abs.2 ZPO auf € 100,- begrenzt ist.

I.

Nach dieser Vorschrift werden für den Fall einer erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Aufwendungen auf € 100 beschränkt. Die vier genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

1. Zunächst einmal hat sich um eine (erste) Abmahnung ggü. der Beklagten in einem einfach gelagerten Fall gehandelt. Wann genau ein solcher vorliegt, ist anhand einer Gesetzesauslegung zu ermitteln. Hierbei ist auf den in der Gesetzesbegründung konkretisierten Willen des Gesetzgebers abzustellen. Danach liegt dann ein einfacher Fall vor, wenn er nach Art und Umfang ohne größeren Arbeitsaufwand zu bearbeiten ist, es sich also um einen Routinefall handelt (RegE = BT-Drs. 16/8783, S. 49). Die Gesetzesbegründung darf dabei nicht dahingehend missverstanden werden, dass diese Voraussetzungen nur vorliegen, wenn die Einschaltung eines Anwalts nicht erforderlich ist. Denn in diesem Fall würde ein Ersatzanspruch bereits an der in § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG normierten Voraussetzung der „Erforderlichkeit“ der Kosten scheitern. Daher ist das Kriterium des „einfach gelagerten Falles“ so zu verstehen, dass Fälle erfasst werden, die zwar nicht so einfach sind, dass ein Erstattungsanspruch gänzlich ausgeschlossen ist, aber dennoch eine Deckelung der Gebühren legitimiert ist. Entscheidend ist, dass der Fall weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufweist, also das Vorliegen und die Geltendmachung einer Rechtsverletzung quasi auf der Hand liegt. Denn nur in diesen Fällen geht nach dem Willen des Gesetzgebers das Schutzinteresse des Verletzers dem Ersatzinteresse des Verletzten vor.

a) Eine rechtliche Schwierigkeit war hier nach dem Tatsachenvortrag der Klägerin nicht gegeben.

aa) Es handelt sich bei sog. „Bootlegs“ grundsätzlich um Urheberrechte verletzende Tonträger, so dass auch die Verletzung des Verbreitungsrechtes durch den Verkauf eines derartigen Tonträgers auf X klar auf der Hand liegt und ohne juristische Probleme – sogar durch einen entsprechend instruierten Nichtjuristen – festgestellt werden kann. Wer die beiden „Bootlegs“ zum Verkauf angeboten hat, ist offensichtlich gewesen, und auch die Frage nach der verletzten Person, also dem Rechteinhaber, hat weder der Iron Maiden Holdings Ltd. noch der Klägerin juristische Schwierigkeiten bereitet. Wo genau der Unterschied zum dem ausdrücklich in der Gesetzesbegründung genannten Beispielsfall der unberechtigten Verwendung eines Fotos bei einer X-Auktion (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg ZUM 2009, 412 ff.) liegen soll, ist nicht ersichtlich.

bb) An dieser Bewertung ändert auch die Tatsache nichts, dass die Bandmitglieder ihre Rechte – entsprechend der in der Musikindustrie gängigen Praxis – im Rahmen des Gesellschaftsvertrages auf die Iron Maiden Holdings Ltd. übertragen haben sollen. Zwar ist zumindest dem mit der Abmahnung beauftragten Anwalt zur Vermeidung einer unberechtigten Abmahnung eine rechtliche Überprüfung der Rechtekette zuzustehen. Käme man jedoch angesichts dessen zu der Feststellung, es liege kein einfach gelagerter Fall vor, so würde dies den Sinn und Zweck des § 97 a Abs. 2 UrhG konterkarieren. Denn zumindest bei anwaltlichen Abmahnungen aus dem Bereich der Musikindustrie wird regelmäßig eine Rechtekette gegeben sein. Auch dass es sich bei der Zedentin um eine Gesellschaft britischen Rechts handelt, lässt vorliegend keine rechtliche Schwierigkeit erkennen. Die Feststellung eines Urheberrechtsverstoßes lag trotz der Internationalität sowohl aus Sicht der Iron Maiden Holdings Ltd. als auch aus der der Klägerin quasi auf der Hand.

b) Auch in tatsächlicher Hinsicht war der Fall nicht schwierig gelagert. Im Tatsachenkern ging es schlicht um den Verkauf zweier CD’s mit Konzertaufnahmen der Gruppe Iron Maiden auf X. Weshalb hierin – wie von der Klägerin geäußert – ein komplexer Sachverhalt zu sehen sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Der pauschale Vortrag, wonach die Klägerin ihrer Mandantin zunächst eine Beratung über das deutsche Urheberrecht habe zukommen lassen müssen, vermag ebenso wenig eine Schwierigkeit in tatsächlicher Hinsicht zu begründen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es Ziel des Gesetzgebers war, vor allem in Fällen von Massenabmahnungen eine Anspruchsbegrenzung vorzunehmen. Genügt jedoch in diesen Fällen – ganz unabhängig davon, ob man vorliegend von einer Massenabmahnung ausgeht, – der bloß pauschale Hinweis auf die vorgenommene anwaltliche Beratung der ausländischen Mandantschaft, so würde die Schutzfunktion des § 97 a Abs. 2 UrhG immer dann leer laufen, wenn Rechteinhaber eine ausländische natürliche oder juristische Person ist. Genau dies wird aber bei den meisten, auf musikalische Urheberrechte gestützte Abmahnungen der Fall sein. Ähnlich ist auch der Vortrag der Klägerin zu beurteilen, wonach sämtliche Korrespondenz mit der Mandantin in englischer Sprache geführt worden sei.

c) Für einen einfach gelagerten Fall spricht zudem, dass die Klägerin – wie gerichtsbekannt ist – in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vorliegenden Abmahnung diverse gleichgelagerte Abmahnungen versandt hat, die allesamt Urheberrechtsverletzungen wegen Veräußerungen von „Bootlegs“ auf X zum Gegenstand hatten. Auch wenn vom Grundsatz her jede Abmahnung für sich betrachtet werden muss, so heißt dies nicht, dass die Häufigkeit derartiger Rechtsverletzungen und die damit verbundene Routine bei der Rechtsverfolgung außer Betracht zu bleiben hat. In diesem Zusammenhang erscheint dem Gericht ein Hinweis auf den praktischen Ablauf einer Abmahnung der vorliegenden Art angebracht. Mangels Vortrags der Klägerin kann wohl kaum angenommen werden, dass die Zedentin selber die Rechtsverletzung, welche ihr gegenüber in Form des Verkaufs von „Bootlegs“ auf X vorgenommen wird, feststellt und sie dann die Klägerin mit einer Abmahnung beauftragt. Auszugehen ist vielmehr davon, dass im General-Auftrag der Zedentin entweder eine Drittfirma oder die klagende Anwaltsgesellschaft selber die Rechtsverstöße ermittelt und dann entweder nach kurzer Rücksprache bei der Ltd. oder sogar ohne eine solche die Abmahnung ausgesprochen wird. Dass es sich bei einer solchen Konstellation um reine Routinefälle handelt, liegt auf der Hand.

2. Bei dem Verkauf der beiden „Bootlegs“ auf X handelte es sich auch um eine nur unerhebliche Rechtsverletzung einer privaten Verkäuferin. Nach der Gesetzesbegründung zu § 97a Abs.2 UrhG erfordert eine unerhebliche Rechtsverletzung ein geringes Ausmaß der Verletzung in qualitativer wie quantitativer Hinsicht, wobei es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (Begr. RegE = BT-Drs. 16/5048, S. 49). Hier wurden von der Beklagten nur zwei „Bootlegs“ auf X angeboten, womit sich die Verletzung noch in einem geringem quantitativen Ausmaß bewegte. Dass es sich dabei um zwei komplette Konzerte gehandelt haben soll, ist nicht ausschlaggebend. Abzustellen ist auf den Tonträger und nicht etwa auf die Anzahl der wiedergegebenen Titel oder die Abspieldauer. Auch in qualitativer Hinsicht vermag das Gericht hier keine erhebliche Rechtsverletzung auszumachen. Es handelt sich um einen gewöhnlichen Verstoß gegen das Verbreitungsrecht (§ 77 UrhG). Insofern die Klägerin darauf abstellt, die Beklagte habe vorsätzlich gehandelt, so vermag auch dieser Vortrag keine qualitativ erhebliche Rechtsverletzung zu begründen. Zum einen steht der Vorsatz der Beklagten nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Denn die Beklagte bezeichnete einen der Tonträger in der Artikelbeschreibung zwar als „Bootleg“, dass sie jedoch wusste, was mit diesem Begriff gemeint ist und sich somit in dem Bewusstsein rechtswidrigen Handelns befand, ist zumindest zweifelhaft. Zum anderen vermag der Vorsatz des Verletzenden nicht generell eine erhebliche Qualität der Rechtsverletzung zu begründen. Zwar hat der Vorsatz gesteigerte Unrechtsqualität. Hätte der Gesetzgeber jedoch für vorsätzliches Handeln grundsätzlich eine Ausnahme von der Beschränkung des Erstattungsanspruchs vorsehen wollten, so wäre zu erwarten gewesen, dass er dies im Gesetzestext oder zumindest in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht hätte.

II.

Ein über € 100,- hinausgehender Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht etwa aus § 97 Abs. 2 UrhG. Denn bei der Begrenzung des Erstattungsbetrages bliebe es auch dann, wenn die Beklagte – wovon auszugehen ist – schuldhaft gehandelt hat. Da an das Vorliegen einer zumindest leicht fahrlässigen Urheberrechtsverletzung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind, würde dies den Tatbestand des § 97 a Abs. 2 UrhG signifikant einengen. Zudem hat der Gesetzgeber die Beschränkung auf 100 Euro nicht von einem fehlenden Verschulden abhängig gemacht (so auch Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 97 a Rn. 38)

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 1, Nr.11 und 711 ZPO.

AG Halle/Saale, Urt. v. 24.11.2009 – 95 C 3258/09: Auswirkungen von § 97a Abs. 2 UrhG auf Altfälle und Höhe des Streitwerts bei einem Film

AG Halle/Saale, Urt. v. 24.11.2009 – 95 C 3258/09: Auswirkungen von § 97a Abs. 2 UrhG auf Altfälle und Höhe des Streitwerts bei einem Film

Leitsätze (des Verfassers):

1. Bei der Bewertung der Rechtsverletzung durch unberechtigtes Bereitstellen eines Films im Internet ist auch bei Altfällen der Sinn und Zweck des § 97a Abs. 2 UrhG zu berücksichtigen.
2. Ein Streitwert von 10.000,- € ist bei nur einem Film nicht gerechtfertigt, da es sich um einen Bagatellfall handelt.

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 305,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 03.05.2009 zu zahlen, die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt 63% der Kosten des Rechtsstreits, der Beklagte zu 37%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Erstattung von Anwaltskosten aufgrund einer Abmahnung. Am 31.03.2007 um 13:44:46 Uhr (MEZ) wurde über das Peer-to-Peer Netzwerk „eMule“ im Internet über den Anschluss mit der IP- Adresse 8. der Film „Genshiken“ zum Hochladen angeboten. Im Rahmen eines staatsanwaltlichen Auskunftsverlangen (§ 113 TKG) konnte festgestellt werden, dass der betreffende Internetanschluss zu diesem Zeitpunkt auf den Beklagten angemeldet war.

Zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Interesse beauftragte die Klägerin einen Rechtsanwalt, der den Beklagten mit Schreiben vom 18.04.2008 (Bl. 12-16 d.A) abmahnte und zur Abgabe einer Unterlassungerklärung aufforderte. Hierdurch sind der Klägerin Kosten entstanden, die sie vom Beklagten ersetzt verlangt.

Die Klägerin behauptet, sie sei die alleinige Inhaberin der Urheber- und Nutzungsrechte für den Film „Genshiken“.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 826,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 03.05.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Abmahnung vom 18.04.2008 sei ihm nicht zugegangen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat teilweisen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 305,50 € zu (§ 97 UrhG, §§ 683 S. 1, 670 BGB).

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechten an dem Film „Genshiken“. Das folgt aus der vorgelegten CD des Werkes mit Urhebervermerk.

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Mit Schreiben vom 18.04.2008 (Bl. 12-16) mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn zur Abgabe der Unterlassungserklärung auf. Dieses Schreiben ist dem Beklagten auch zugegangen. Bei Abmahnschreiben dieser Art hat der Absender einer Abmahnung darzulegen, das Schreiben abgeschickt zu haben. Es obliegt dem Empfänger Umstände vorzutragen, aus denen sich ableiten lässt, die Abmahnung nicht empfangen zu haben (BGH Beschluss vom 21.12.2006 I ZB 17/06).

Die Klägerin konnte glaubhaft darlegen, dass sie die Abmahnung ordnungsgemäß auf den Postweg gebracht hat, da diese nicht mit dem Vermerk „unzustellbar“ zurückgesandt wurde. Dagegen trägt der Beklagte keine Tatsachen vor, die für einen unterbliebenen Zugang sprächen.

Die durch die Abmahnung entstandenen Kosten sind über die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Derjenige, der vom Störer die Beseitigung der Störung verlangen kann, hat nach anerkannter Rechtsprechung einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen als Geschäftsführer ohne Auftrag, soweit er seinerseits bei der Beseitigung der Störung mitwirkt und dabei im Einklang und Interesse mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird (BGH Urteil vom 15.10.1969 I ZR 3/68; Urteil vom 17.01.2002 I ZR 241/99 ).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Durch die vorprozessuale Abmahnung erhielt der Beklagte die Gelegenheit einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Sie lag somit im Interesse des Beklagten und die Klägerin konnte davon ausgehen, dass sie die Aufwendungen für eine solche Abmahnung im Einklang mit dem mutmaßlichen Willen des Störers erbringt. Somit sind insbesondere die durch die Abmahnung entstandenen Kosten eines Rechtsanwaltes zu ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind.

Das unter dem 18.04.2008 an den Beklagten gerichtete Abmahnschreiben war veranlasst und erfolgte ordnungsgemäß. Indem der Beklagte den Film „Genshiken“ im Netzwerk „eMule“ zum Hochladen angeboten hat, hat er gegen die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin verstoßen (§§ 19a, 97 UrhG). Zudem war zum Zeitpunkt der Abmahnung eine Wiederholungsgefahr gegeben, die noch nicht vom Beklagten ausgeräumt wurde. Diese ist für den Unterlassungsanspruch materielle Anspruchsvoraussetzung (§ 97 Abs. 1 UrhG) und wird nach übereinstimmender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur durch die festgestellte Rechtsgutsverletzung vermutet und kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt werden (LG Hamburg ZUM 2006, 661 m.w.N) .

Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes war auch erforderlich im Sinne des § 670 BGB. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die Klägerin zu einer Abmahnung selbst im Stande war, da die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes zumindest aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 475 StPO notwendig war. Nach dieser Vorschrift ist das Akteneinsichtsrecht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einem Rechtsanwalt vorbehalten. Die Einsichtnahme in die Ermittlungsakte war jedoch notwendig, da die Identität des Beklagten erst im Strafverfahren ermittelt werden konnte.

Die Klage ist nur in der tenorierten Höhe begründet.

Die Klägerin macht Gebühren ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 10.000 € geltend. Dieser Gegenstandswert ist für den vorliegenden Rechtsstreit überhöht. Auch wenn das Bereitstellen von Filmen oder Musik in Filesharing-Systemen kein Kavaliersdelikt darstellt, hält das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände einen Streitwert in Höhe von 1.200 € für angemessen.

Durch das Zugänglichmachen von Filmen und Musik im Internet über Filesharing-Systeme wird die Film- und Musikindustrie in erheblichen Umfang geschädigt. Wohl ist dabei das Unrechtsbewusstsein bei einer Vielzahl der Rechtsverletzer überwiegend gering ausgebildet. Die Streitwertbemessung hat jedoch keine abschreckende oder gar sanktionierende Wirkung, sondern orientiert sich an dem Wertinteresse des Gläubigers und an der Intensität der Rechtsverletzung.

Der Beklagte stellte nur einen einzigen urheberrechtlich geschützten Film der Klägerin zum Hochladen bereit. Dies stellte – soweit ersichtlich – zudem den ersten Verstoß des Beklagten gegen die Nutzungsrechte der Klägerin dar. Damit liegt lediglich eine bagatellartige Rechtsverletzung vor, die einen Streitwert in Höhe von 10.000 € nicht rechtfertigen kann (vergleiche LG Darmstadt vom 20.04.2009, 9 Qs 99/09, das eine Bagatelle selbst bei zwei Filmwerken annimmt).

In diesem Zusammenhang geht das Gericht auch nicht von einer gewerblichen Nutzung aus. Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Bereitstellung zur Erlangung eines wirtschaftlichen und kommerziellen Vorteils erfolgt, was zu einer Erhöhung des Streitwertes führte. Dafür sind indes keine Anhaltspunkte gegeben.

Zu berücksichtigen ist ferner der Schutzzweck des § 97a Abs. 2 UrhG. Diese Vorschrift ist am 01.09.2008 im Zuge der Umsetzung der „Enforcement- Richtlinie“ in Kraft getreten. Ziel dieser Norm ist es, den Betroffenen vor unverhältnismäßig hohen Rechnungen der abmahnenden Rechtsanwälte bei erstmaligen Abmahnungen zu bewahren. Auch wenn diese Vorschrift für den vorliegenden Fall nicht unmittelbar berücksichtigt werden kann, da sie nur für Fälle Anwendung finden kann, in denen einen Abmahnung nach dem 01.09.2008 ausgesprochen wurde, wird die Zielsetzung des Gesetzgebers bei Schaffung dieser Norm bei der Streitwertbemessung berücksichtigt.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zudem ein Anspruch auf Schadensersatz zu (§§ 249,252 BGB). Die Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr ist danach zu bestimmen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte. Hiervon ausgehend sind die von der Klägerin geforderten 100,00 € angemessen und ersatzpflichtig.

Zur Höhe des Anspruchs:

Der Schaden setzt sich danach insgesamt zusammen aus 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG Wert 1200€ (110,50 €); Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 €, Kosten Durchführung Ermittlungsverfahren in Höhe von 75,00 € sowie 100,00 € Schadensersatzanspruch für ersparte Lizenzgebühren. Dies ergibt 305,50 €.

Der Zinsanspruch folgt aus dem Gesichtspunktes des Verzuges (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB).

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen, da die überinstanzliche Rechtsprechung bei Urheberrechtsverletzungen durch die Nutzung von Tauschbörsen der Streitwert oftmals bei mindestens 10.000 € ansetzt, wovon das erkennende Gericht in Anbetracht eines erstmaligen Verstoßes des Beklagten und des Schutzzweckes des neuen § 97a Abs. 2 UrhG abweicht.

Lesetipp: Knies/Kettmann, Deckelung der Abmahnkosten nach § 97a Abs. 2 UrhG bei Filesharing-Fällen

Knies und Kettmann haben bereits im Jahr 2009 einen Beitrag zur Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG mit dem Titel „Filesharing und Deckelung der Abmahnkosten auf € 100,00: Greift die neue Regelung des § 97a Abs. 2 UrhG auch in der Tauschbörse? Aufatmen bei den Abgemahnten“ veröffentlicht.

In der Literatur ist noch immer umstritten, ob § 97a Abs. 2 UrhG auf typische Filesharing-Fälle anwendbar ist. Dies hätte zur Folge, dass die Anwaltskosten der Abmahnung, die der Rechtsverletzer nach § 97a Abs. 1 UrhG bzw. über das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu tragen hat, auf 100,- € gedeckelt würde. Da zusätzlich in vielen Fällen es dem Rechtsinhaber schwer fallen dürfte, das Verschulden des Abgemahnten zu beweisen, und dadurch auch der jeweils geforderte Schadensersatzbetrag entfiele, bliebe der „Abmahnindustrie“ für die Abmahnung nur dieser reduzierte Betrag.

Natürlich argumentieren die beteiligten Anwälte vehement gegen eine Anwendbarkeit des § 97a Abs. 2 UrhG.

Die Argumente hat bereits Hoeren in seinem Beitrag in der CR 2009, Heft 6, S. 378 (s. dazu hier) beleuchtet und sich klar für einen Deckelung der Abmahnkosten ausgesprochen.

Der Beitrag von Knies und Kettmann geht in die selbe Richtung und begründet sehr anschaulich, warum die Deckelung greifen muss. Dabei behandeln die Autoren die jeweiligen Argumente:

1. Argument: „Kein einfach gelagerter Fall“, weil Adressermittlung nötig

„Gegenargument: Diese Argumentation ist jedoch nicht schlüssig, da die Abmahnkanzleien tausende Abmahnungen pro Monat erstellen, weshalb sowohl das Anschreiben als auch die Adressermittlung ohne großen Arbeitsaufwand und damit offensichtlich routinemäßig geschieht. Außerdem handelt es sich um einen Standardschriftsatz bei welchen lediglich personenbezogene Daten ersetzt werden. Diese Arbeit wird zudem häufig vom Kanzleipersonal, d.h. nicht zwingenderweise von einem Rechtsanwalt zu erledigen sein. Deshalb wird man bei Filesharing – Fällen meist einen einfach gelagerten Fall bejahen dürfen.“

Damit haben die Autoren völlig recht. Wer die Abmahnungsschreiben gesehen hat, weiß, dass hier exakt einmal der 10-15 Seiten-Brief erstellt wurde (von wenigen Ergänzungen abgesehen). Die jeweiligen Daten des Abgemahnten dürften über eine Serienbrief-Funktion eingefügt werden, so dass der Arbeitsaufwand praktisch Null ist. Auch die Ermittlung der Daten erfolgt in einem einfachen Verfahren. Denn wie sich an den Kostenentscheidungen des OLG Köln zeigt, werden auch die Verfahren nach § 101 UrhG in Einheiten von mehreren 1000 Datensätzen auf einmal betrieben.

2. Argument: Filesharing nicht als Beispiel für eine unerhebliche Rechtsverletzung genannt

Hiergegen wenden die Autoren ein, dass der Gesetzgeber zwar nicht in der Gesetzesbegründung, wohl aber in der Pressemitteilung gerade einen Filesharing-Fall beschrieben hat (s. hier).

Der Gesetzgeber ging also durchaus davon aus, dass auch Filesharing einen „einfach gelagerten Fall“ darstellt. Zudem ist, wie Knies und Kettmann richtigerweise feststellen, ein Unterschied zwischen Filesharing und den in der Gesetzesbegründung genannten Beispielen zumindest in rechtlicher Hinsicht kein Unterschied zu sehen ist.

3. Argument 3: Unüberschaubar großer Adressatenkreis

Auch hier liegen die Autoren richtig, wenn sie meinen:

„Die Beispielsfälle, die der Gesetzgeber (und das Bundesjustizministerium) aufzählen allesamt von Internetsachverhalten ausgehen, sei es durch Einblendung eines Kartenausschnittes auf einer Website oder eben das Angebot durch eine Schülerin zum Download. In all diesen Fällen ist die Verletzung der Urheberrechte (theoretisch) weltumspannend. Der Gesetzgeber wollte und will aber eben genau auch diese Fälle „privaten Unrechts“ unter der Regelung des § 97a Abs. 2 UrhG erfassen.“

4. Argument: Vermengung der Begriffe „gewerbliches Ausmaß“ und „Handeln außerhalb des geschäftlichen Verkehrs

„Für die Erfüllung der vierten Voraussetzung des § 97a Abs. 2 UrhG ist allein entscheidend, dass die Rechtsverletzung nur im privaten Bereich, also weder im geschäftlichen Verkehr oder bei der Berufsausübung, stattgefunden hat, also hinsichtlich ihrer Begehungsweise aus Sicht des Täters beurteilt werden muss (vgl. OLG Köln, MMR 2009, 334 „Die schöne Müllerin“). Die Bedeutung des Begriffs des „gewerblichen Ausmaßes“ im Sinne des Auskunftsanspruchs des § 101 Abs. 1 UrhG muss dagegen aus der Sicht des Rechteinhabers beurteilt werden. Hier kommt es „auf die Schwere der beim Rechteinhaber eingetretenen einzelnen Rechtsverletzung an“ (vgl. OLG Köln, MMR 2009, 334 „Die schöne Müllerin“, mit Verweis auf BT-Drucksache 16/8783, S. 50).“

5. Fazit

Insgesamt ein sehr informativer und wichtiger Beitrag, der die Argumente der Abmahnanwälte gut und logisch widerlegt.

Links:

BGH: Verhandlung zur Haftung für offenes WLAN

Der BGH hat am 18.3.2010 in der Revisionssache zum Thema Haftung für ein offenes WLAN verhandelt (Vorinstanz: OLG Frankfurt a.M, Urteil vom 01.07.2008 – Az. 11 U 52/07, s. dazu hier).

In dem Fall hatte der Beklagte ein unverschlüsseltes WLAN betrieben. Während seines Urlaubs nutzte ein unbekannter Dritter seinen Zugang für Filesharing. Der Beklagte wurde daraufhin abgemahnt und anschließend auf Schadensersatz und Ersatz der Rechtsverfolgungskosten verklagt. Das LG Frankfurt hatte in der ersten Instanz der Klage stattgegeben, das OLG Frankfurt hatte die Klage abgewiesen.

Das Urteil des BGH wird auch deshalb mit großem Interesse erwartet, weil sich die oberinstanzlichen Gerichte in vergleichbaren Fällen widersprochen haben.

Bisher sind über die Verhandlung nur Presseberichte verfügbar. Aus diesem Grund lässt sich nur wenig über den Inhalt sagen. Allerdings weisen fast alle Berichte auf eine gewisse Grundtendenz des BGH hin: Der Berichterstatter hat wohl von der „Eröffnung einer Gefahrenquelle“ gesprochen. Zusätzlich deutet sich an, dass eine Haftung (auch für die Kosten einer Abmahnung) erst nach einem Hinweis entstehen könnte. Letzteres würde im Rahmen der Entwicklung der Rechtsprechung der letzten Jahre zu den Prüfungs- und Überwachungspflichten nicht verwundern und würde auf ein sogenanntes „Notice-and-Takedown“ hinauslaufen (s. dazu hier und hier).

Mit diesen Andeutung ist allerdings noch nicht ausreichend viel bekannt, um über eine Entscheidung des BGH inhaltlich etwas auszusagen. Die Unkenrufe des Rückbaus von offenen Hotspots und offenen Netzen wie Freifunk sind allerdings zu vernehmen.

Dabei hat insbesondere Thomas Stadler in seinem Blog kurz vor der Verhandlung noch einmal sehr eindringlich deutlich gemacht, wo die Unterschiede liegen und warum der BGH sich mit der Problematik intensiver auseinander setzen müsste (s. hier).

Wenn man ein Notice-and-Takedown auf den Betreiber eines Hotspots überträgt, dann ist technisch die Schließung des Knotens allerdings auch die einzige sichere Lösung – was der BGH hoffentlich nicht verkennen wird.

Denn egal wie das Urteil ausfällt: Ob es überhaupt Auswirkungen auf Freifunk haben wird, ist noch nicht klar. Denn der verhandelte Fall liegt einfach anders. Freifunk ist ein Spezialfall, der hohe Grundrechtsrelevanz hat. Ob sich der BGH auch hierzu in seiner Entscheidung äußern wird, muss abgewartet werden.

Verkündungstermin ist am 12.5.2010.

Berichte zur Verhandlung:

Update: Laut Bericht von Thomas Stadler zum 1. LawCamp haben sich dort wohl einige, die bei der Verhandlung anwesend waren, nicht so negativ über die Verhandlung äußern wollen, wie dies in den Presseberichten durchscheint.

AG Frankfurt: Umschwenken von Pauschalpreis zu Abrechung nach RVG bei der Beauftragung zur Abmahnung geht zu Lasten des Abmahnenden, Urt. v. 29.1.2010 – 31 C 1078/09-78

(AG Frankfurt, Urteil vom 29.01.2010, Az. 31 C 1078/09-78) – Volltext

Das AG Frankfurt hat in einem Urteil vom 29.1.2010 einen interessanten Kniff bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit der Forderung von Anwaltsgebühren für Abmahnungen bei Filesharing gefunden:

Der Rechtsinhaber eines Musikwerks hatte generell einen Pauschalpreis für die Abmahnung vereinbart. Im Prozessfalle sollte dann nach RVG abgerechnet werden:

Aus dem Tatbestand:

Die Klägerin hat mit ihren Bevollmächtigten einen Beratungsvertrag abgeschlossen, im Rahmen dessen nach Aufwand abgerechnet wird. Im Rahmen dieses Vertrages werden die außergerichtlichen Abmahnungen vorgenommen, bei denen gleichzeitig ein Vergleichsangebot entsprechend der oben beschriebenen Form unterbreitet wird. In dem Fall, dass dieses Vergleichsangebot von der Gegenseite nicht angenommen wird, berichtigen die Bevollmächtigten dieses an die Klägerin. In einigen Fällen entscheidet sich die Klägerin sodann zur Klageerhebung. In diesen Fällen beauftragt die Klägerin ihre Bevollmächtigten Rechtsanwaltskosten gemäß einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 einzuklagen. Über diese Gebühr wird sodann der Klägerin eine Rechnung erstellt.

Die Klägerin behauptet,
dass ihr ein Schaden an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 651,80 entstanden sei. Ihre Bevollmächtigten hätten eine entsprechende Vergütung in Rechnung gestellt und diese Rechnung sei von der Klägerin auch bezahlt worden. Die Klägerin erachtet des Weiteren einen Schadensersatz in Höhe von EUR 150,00 nach § 97 Abs. 2 UrhG für angemessen.

Aus diesem Grund hat das AG Frankfurt als Schaden nur die vereinbarte Pauschale angenommen. Alles, was darüber hinausginge, sei von der Vereinbarung nicht abgedeckt und daher ein freiwilliges Vermögensopfer – und damit kein Schaden, da dieser nur unfreiwillige Vermögenseinbußen beinhaltet. Da die Klägerin die Höhe dieses Pauschalpreis trotz Bestreiten des Beklagten nicht dargelegt hat, verliert sie ganz:

Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist nicht gegeben.
Es kann insoweit dahinstehen, ob die Klägerin an ihre Bevollmächtigten tatsächlich Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 651,80 gezahlt hat, denn selbst im Falle einer entsprechenden Zahlung würde der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung in entsprechender Höhe zustehen.
Der Klägerin wäre auch im Falle einer entsprechenden Zahlung kein erstattungsfähiger Schaden in entsprechender Höhe entstanden.
Ein Schaden ist eine unfreiwillige Einbuße. Insoweit die Klägerin an ihre Bevollmächtigten eine Zahlung von Rechtsanwaltskosten gemäß einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 geleistet haben mag, so würde es sich jedoch nicht um eine unfreiwillige Einbuße handeln.
Gemäß dem Vorbringen der Klägerin besteht eine Vereinbarung, wonach für die außergerichtliche Abmahntätigkeit ein Pauschalhonorar vereinbart ist. Nur in Höhe der sich hiernach ergebenden Kosten für die hier gegenständliche Abmahnung ist der Klägerin ein Schaden in Form einer unfreiwilligen Einbuße entstanden. Die auf Basis dieses Vertrages erbrachte außergerichtliche Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin war bereits vollumfänglich abgeschlossen und den Bevollmächtigten der Klägerin stand ein Honoraranspruch aus der geschlossenen Vereinbarung zu. Insoweit sich die Klägerin im Anschluss hieran entschieden hat, einen Klageauftrag zu erteilen, in der Klage eine 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 geltend zu machen und nunmehr (nach Abschluss jeglicher Tätigkeit) entsprechend ein Honorar in Höhe einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 zu zahlen, so handelt es sich um eine freiwillige Entscheidung der Klägerin. Den Bevollmächtigten der Klägerin stand kein entsprechender Honoraranspruch zu. Gemäß dem Vortrag der Klägerin bestand insbesondere auch keine grundsätzllche Vereinbarung dahingehend, dass den Bevollmächtigten der Klägerin im Falle der Klageerhebung eine entsprechende Gebühr zusteht, sondern die Entscheidung über die Geltendmachung und etwaige Zahlung einer entsprechenden Gebühr wird ausschließlich durch die Klägerin getroffen.
Eine entsprechende Geltendmachung gegenüber dem Beklagten kommt nach alledem nicht in Betracht. Die Klägerin ist vielmehr darauf verwiesen, ihren Schaden gemäß der sich aus dem geschlossenen Beratungsvertrag ergebenden Vermögenseinbuße zu berechnen und geltend zu machen.
Zur Höhe des sich hiernach ergebenden Schadens mangelt es jedoch an jeglichem Vortrag, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.
Nachdem der Beklagte seit Prozessbeginn bestritten hat, dass der Klägerin ein Schaden in Höhe einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 entstanden ist, mehrfach behauptet hat, dass es eine abweichende Honorarvereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Bevollmächtigten geben muss, auch im Termin vom 18.01.2010 abschließend nochmals darauf hinwies, dass die Klägerin wenn überhaupt nur gemäß der tatsächlich getroffenen Honorarvereinbarung einen Schadensersatzanspruch geltend machen kann und diese Frage auch Gegenstand der umfassenden Erörterungen im Termin vom 18.01.2010 war, bedurfte es diesbezüglich keines weiteren gerichtlichen Hinweises.

Bestätigt hat das AG Frankfurt die Tendenz, dem mutmaßlichen Verletzer im Rahmen der sekundären Beweislast für Schadensersatzansprüche die Darlegung aufzuerlegen, warum nicht er, sondern ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat:

Der Beklagte trägt die sekundäre Darlegungslast zur Angabe der Person, welche in unberechtigter Weise auf seinen Internetanschluss zugegriffen hat bzw. eine Zugriffsmöglichkeit hatte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, Az.: 11 W 58/07, zu finden in juris). Dieser Darlegungslast ist der Beklagte nicht nachgekommen. Die pauschale Behauptung, dass Dritte Personen am Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss hatten, ist unsubstantiiert und eine konkrete Benennung bzw. ein Beweisangebot liegt mit der Benennung von Zeugen N.N. nicht vor.
Nachdem der Beklagte hierauf von der Klägerin umfassend unter Bezugnahme auf Rechtsprechungshinweise hingewiesen wurde, bedurfte es insoweit keines weiteren Hinweises des Gerichts.

(via Wilde, Beuger & Solmecke)

s. auch:

Lesetipp: Bleich, Die Abmahn-Industrie – Wie mit dem Missbrauch des Urheberrechts Kasse gemacht wird, c’t 1/2010, S. 154-157

In Heft 1/2010 der c’t hat Holger Bleich unter dem Titel „Die Abmahn-Industrie – Wie mit dem Missbrauch des Urheberrechts Kasse gemacht wird“ eine Bestandsaufnahme der Massenabmahnungen in Deutschland veröffentlicht.

Interessant sind bereits die Zahlen der Auskunftsbegehren des Landgericht Köln: 2008 noch 82, 2009 bereits 2824, wobei 15-3500 Adressen pro Antrag betroffen waren, die in der Summe schon „in die Millionen“ gehen sollen.

Insbesondere arbeitet der Autor heraus, dass für die Rechteinhaber die Massenabmahnung deutlich profitabler sein könnte als der legale Verkauf des Stücks.

Weiter führt er mehrere Fälle an, in denen die behauptet sichere Beweislage unzweifelhaft falsch sein dürfte, was die Gerichte teilweise kaum beeindruckt:

„Ist die Abmahnung erst einmal ins Haus geflattert, hat sich die Beweislastumkehr bereits umgekehrt. Die Gerichte schenken eher der angeblich beweissicheren, unabhängigen Datenerhebung Glauben als den Beteuerungen der Abgemahnten. Wer in dieser Falle steckt, muss Gegenbeweise liefern, und selbst eine Log-Datei oder der Beleg der Abwesenheit genügen als Nachweise kaum.“

Weiter stellt der Artikel einzelne Protagonisten der „Abmahn-Industrie“ und die Finanzierungsmodelle (die Anwälte finanzieren sich quasi selbst) dar.

Schlussendlich enthält der Artikel ein Interview mit Rechtsanwalt Dr. Römermann, Hannover, mit dem Titel „Verbotene Rechtsdienstleistungen?“ über die Tätigkeit von Unternehmen, die die Rechtsverletzungen aufdecken und aufzeichnen.

Lesetipp: Ebke/Werner, Anmerkung zu LG Köln, Urt. v. 13.5.2009 – 28 O 889/08: Anwendungsbereich von § 97a Abs. 2 UrhG, CR 2009, 687

In der CR 2009, Heft 10, S. 687-689 haben Hans Ebke und Dennis Werner eine Anmerkung zum Urteil des LG Köln, Urt. v. 13.5.2009 – 28 O 889/08 (Volltext und sehr kurze Besprechung hier), veröffentlicht.

Ich nehme dies zum Anlass, neben der Anmerkung auch auf das Urteil selbst noch einmal etwas näher einzugehen:

1. Prüfungs- und Überwachungspflichten

Das LG Köln hatte in diesem Urteil zunächst zur Prüfungs- und Überwachungspflicht des Inhabers eines Internet-Anschlusses Stellung genommen. Dabei offenbart das LG Köln leider, dass es die Pflichten immer weiter und weiter zieht. Bei der Überlassung eines Internetzugangs an Dritte soll danach der Inhaber nicht zur Verwendung von Benutzerkonten sowie einer Firewall verpflichtet sein, um Downloads zu verhindern, sondern auch „weitere Maßnahmen“ ergreifen.

Daran zeigt sich leider, dass die Gerichte sich erst nach und nach einen gewissen Kenntnisstand erarbeiten – und diesen dann noch falsch einsetzen. Denn was die Benutzerkonten tatsächlich bringen sollen, erschließt sich nicht ohne weiteres. Und wenn der Anschlussinhaber diese einsetzt, dann muss es eben eine Firewall sein – die gegen Filesharing in aller Regel auch nichts bringt, da die Verbindungen bei Filesharing-Anwendungen in aller Regel gerade vom Rechner des Betroffenen ausgehen und dadurch an der Firewall ohnehin vorbeikommen dürften. Und wenn nicht, ist die Umgehung einer Personal Firewall kein echtes Kunststück.

Nachdem es also in den Urteilen zunächst hieß, dass diese Maßnahmen erforderlich und ausreichend seien, um einer Haftung zu entgehen, verlangt das LG Köln nun noch mehr. Der Maßstab wird also von Urteil zu Urteil immer weiter verschärft, eine Grenze ist nicht zu erkennen, die Haftung wird ins Uferlose ausgeweitet. Mit einer nachvollziehbaren Bestimmung der Prüfungs- und Überwachungspflichten hat das nichts mehr zu tun (s. zu den Anforderungen näher Mantz, Rechtsfragen offener Netze, S. 254 ff., Download hier).

2. Anwendungsbereich von § 97a Abs. 2 UrhG

Das LG Köln hat sich weiter mit § 97a Abs. 2 UrhG auseinander gesetzt, zu diesem Teil haben Ebke und Werner sehr aufschlussreich Stellung genommen – und die Entscheidung des LG Köln in Teilen kritisiert.

a. Altfälle

Bisher wurde meist vertreten, dass § 97a Abs. 2 UrhG nicht auf Fälle vor Inkrafttreten des Gesetzes Anwendung findet, so auch das LG Köln hier.

Anderer Auffassung war das OLG Brandenburg, Urt. v. 3.2.2009 – 6 U 58/08, CR 2009, 251). Ebke und Werner schließen sich dieser Auffassung mit sehr guten Argumenten an. Sie verweisen auf die Gesetzesmaterialien zu § 97a Abs. 2 UrhG sowie darauf, dass der von § 97a UrhG betroffene Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683, 670 BGB nicht mit der Rechtsverletzung, sondern hauptsächlich mit der Zahlung des Verletzten an den Bevollmächtigen (den Rechtsanwalt) entsteht. Lag also die Rechtsverletzung vor dem 1.9.2008, die Zahlung aber danach, fände die Deckelung Anwendung.

Nach dieser Argumentation müsste der verteidigende Rechtsanwalt auf jeden Fall den Nachweis der Zahlung des Rechtsinhabers für den konkret vorliegenden Fall verlangen. Erst dann könnte das Gericht entscheiden, ob ein Altfall vorliegt oder nicht. Es wird sich zeigen müssen, ob die Gerichte diese Argumentation in Zukunft aufgreifen werden.

b. Einfach gelagerter Fall

Leider hat das LG Köln generell im Bereich des Urheberrechts angenommen, dass kein einfach gelagerter Fall vorliege. Diese Ansicht ist abzulehnen (s. schon Hoeren, CR 2009, 378, dazu näher hier), Ebke und Werner gehen hier wieder mit guten Argumenten auf die Gesetzesbegründung ein.

c. Geschäftlicher Verkehr und Gewerblichkeit.

Weiter beschäftigen sich Ebke und Werner mit den Merkmalen „im geschäftlichen Vekehr“ und der unerheblichen Rechtsverletzung ein, wobei im vorliegenden Fall mit 964 Audiodateien wohl keine unerhebliche Rechtsverletzung vorlag…

Insgesamt ist die Anmerkung von Ebke und Werner sehr interessant und wirft interessante neue Fragen und Argumente für die Diskussion auf.

  • Zu § 97a UrhG s. auch Hoeren, CR 2009, 378 (näher dazu hier)
  • Zum Urteil des LG Köln und Volltext s. hier

LG Köln: Abmahngebühren nach § 97a UrhG bei nicht unerheblicher Rechtsverletzung, Urteil vom 13.5.2009 – Az. 28 O 889/08

LG Köln: Abmahngebühren nach § 97a UrhG bei nicht unerheblicher Rechtsverletzung

Urteil vom 13.5.2009 – Az. 28 O 889/08

Leitsätze (des Verfassers):

1. Keine Rückwirkung des § 97a Abs. 2 UrhG.

2. Eine nur unerhebliche Rechtsverletzung nach § 97a Abs. 2 UrhG ist bei 964 Audiodateien nicht gegeben.

3. Dem Inhaber eines Internetanschlusses ist es zuzumuten, für verschiedene Nutzer Konten mit beschränkten Rechten und eine Firewall einzurichten.

Das LG Köln hat mit Urteil vom 13.5.2009 – Az. 28 O 889/08 über die Reichweite des § 97a Abs. 2 UrhG, der die Abmahngebühren auf 100,- Euro beschränkt, entschieden. Zusätzlich hat das LG Köln zur Störerhaftung Stellung genommen und die Pflichten der Inhaber von Internetanschlüssen konkretisiert.

Bei einem Umfang von 964 Dateien dürfte tatsächlich von einer nicht unerheblichen Rechtsverletzung auszugehen sein. Allerdings sind die Anforderungen, die das LG Köln an die Prüfungs- und Überwachungspflichten stellt, sehr hoch. Außerdem bleibt unklar, was das Gericht mit dem „Einsatz bestimmter Modems“ als Maßnahme zur Verhinderung von Filesharing meinte.

S. zu diesem Bereich auch hier sowie Hoeren, CR 2009, 378.

Vielen Dank an Jörg für die Mitteilung der Entscheidun

Update: Mit Leitsätzen auch bei Medien Internet und Recht (MIR)

Volltext (s. auch hier):

Landgericht Köln, 28 O 889/08

Datum: 13.05.2009
Gericht: Landgericht Köln
Spruchkörper: 28. Zivilkammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 28 O 889/08
Tenor: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen zu 1. bis 4. zu gleichen Teilen € 5.832,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.01.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T A T B E S T A N D : 1
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche hinsichtlich der Abmahnkosten aufgrund von möglichem Filesharing über den Internetzugang der Beklagten. 2
Die Klägerinnen zählen zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Sie sind jeweils Inhaber von zahlreichen Leistungsschutz- und Urheberrechten an verschiedenen Musikstücken. In sog. Online-Tauschbörsen werden Musikstücke als MP3 Dateien von den jeweiligen Beteiligten zum Download angeboten. Hier kann jeder Nutzer der Tauschbörse Musikstücke von den Computern des Anbietenden herunterladen. Hierdurch entstehen den Klägerinnen jährlich Schäden in Millionenhöhe. 3
Am 09.08.2005 um 12:55:00 Uhr (MEZS) wurden unter der dynamischen IP-Adresse 84.150.33.214, die zum fraglichen dem Internetanschluss der Beklagten zuzuordnen war, 964 Musikdateien im MP3 Format zum Download angeboten. Hinsichtlich der einzelnen Musikdateien wird auf die Anlage K2 zur Klageschrift Bezug genommen. Im Hinblick auf ca. 80 % der vorgenannten Musikdateien stehen den Klägerinnen die ausschließlichen Nutzungsrechte sowohl als Tonträgerhersteller sowie über einen Rechteerwerb von den Künstlern zu. Hinsichtlich der einzelnen Titel wird auf die Klageschrift, dort Bl. 5-7 Bezug genommen. 4
Mit der Beklagten im Haushalt lebten neben dem Ehemann der Beklagten deren Kinder. Das älteste Kind war am 09.08.2005 13 Jahre alt. Jedenfalls die älteren Kinder der Beklagten hatten Zugriff auf den Computer und den Internetzugang. Ein eigenes Benutzerkonto für die Kinder wurde eingerichtet. Auch eine Firewall war installiert. 5
Nachdem die Klägerin über die vorgenannte IP-Adresse eine Urheberrechtsverletzung festgestellt hatte, erstatte sie Strafanzeige gegen unbekannt und teilte der Staatsanwaltschaft die IP-Adresse des Internetnutzers mit, von dem die Downloads ermöglicht wurden. Das sodann aufgrund der Zuordnung der IP-Adresse auch gegen die Beklagte geführte Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. 6
Die Klägerinnen erhielten sodann über ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft, aus der sich auch die Identität der Beklagten ergab. Nach Abmahnung durch ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gab die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.2005 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Auf die als Anlage K8 vorgelegte Unterlassungserklärung wird Bezug genommen. 7
Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass sie einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der für die Abmahnung entstandenen Kosten hätten. Dieser ergebe sich aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag und aus § 97 UrhG. Dabei hafte die Beklagte als Inhaberin des streitgegenständlichen Internetanschlusses zumindest als Störerin. Insbesondere hätte die Beklagte als Anschlussinhaberin durch geeignete technische Maßnahmen die Rechtsverletzungen zumindest verhindern müssen. 8
Im Rahmen der Abmahnung sei auch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes möglich gewesen, zumal die Akteneinsicht nur durch einen solchen ermöglicht würde. 9
Der Streitwert sei angemessen mit 400.000,00 € zu bemessen. Der Abrechnung sei sodann eine 1,3-fache Mittelgebühr zugrunde zu legen gewesen. Diese sei aufgrund der Tätigkeit für mehrere Verletzte auf eine 2,2-fache Gebühr zu erhöhen gewesen. Daher bestehe insgesamt der geltend gemachte Anspruch. 10
Die Klägerinnen beantragen, 11

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 1. bis 4. zu gleichen Teilen € 5.832,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.01.2009 zu zahlen.

12
Die Beklagte beantragt, 13
die Klage abzuweisen. 14
Die Beklagte bestreitet, dass sie selbst Musikstücke über ihren Internetzugang zum Download angeboten habe. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie jedenfalls nicht hafte, da sie selbst keine Dateien öffentlich zugänglich gemacht habe. Soweit eine solche Verletzung überhaupt über ihren Internetzugang erfolgt sei, sei sie allen Prüf- und Überwachungspflichten nachgekommen. Weitere Prüfungs- und Überwachungspflichten ihrer Kinder hätten nicht bestanden. 15
Jedenfalls seien ein zu hoher Gebührenrahmen und ein zu hoher Streitwert angesetzt worden. Schließlich sei das Landgericht Köln für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich nicht zuständig. Darüber hinaus bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die Rechtsanwaltsgebühren durch die Klägerinnen gezahlt worden seien. 16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 17
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E : 18
Das Landgericht Köln ist örtlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln ist gegeben, da die Verletzungshandlung – das Downloadangebot der streitgegenständlichen Musikstücke – planmäßig über das Internet auch in Köln und damit im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Köln erfolgte. Die Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO ist daher gegeben, da die unerlaubte Handlung auch in Köln begangen wurde (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Auflage, § 32 Rn. 17, m.w.N.). Da der geltend gemachte Anspruch von den Klägerinnen schlüssig auch auf § 97 UrhG gestützt wird – dies reicht für die Begründung der Zuständigkeit aus (vgl. Vollkommer a.a.O., § 32 Rn. 19, m.w.N.)-, können im Rahmen der Prüfung auch alle weiteren Ansprüche berücksichtigt werden (vgl. Vollkommer, a.a.O., § 32 Rn. 20, m.w.N.). 19
Den Klägerinnen steht ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 5.832,40 € gegen die Beklagte zu. 20
Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer Störung bzw. Unterlassung verlangen kann, hat nach ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht grundsätzlich über dieses Institut einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, soweit er bei der Störungsbeseitigung hilft und im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird (BGH, NJW 1970, 243; 2002, 1494). Die gesetzliche Sonderregelung in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG schließt außerhalb des Wettbewerbsrechts den Ersatz von Abmahnkosten über den vorgenannten Weg nicht aus. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 12 UWG nur die Grundsätze nochmals ausdrücklich anerkannt, die zuvor die Rechtsprechung zum Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bereits entwickelt hatte (vgl. Bornkamm in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004 § 12 Rn 1.77 f. 1.85 ff.) Es entspricht dem mutmaßlichen Willen des Störers, die durch die Verletzungshandlung entstehenden Kosten, auch die der Abmahnung selbst, möglichst gering zu halten. Insbesondere die durch Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts veranlassten Kosten sind daher zu ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. 21
Das an die Beklagte gerichtete Abmahnschreiben war veranlasst und erfolgte ordnungsgemäß, da eine Rechtsverletzung vorlag, für die die Beklagte jedenfalls als Störer haftet und die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht rechtswidrig war. 22
Die Klägerinnen waren hinsichtlich der einzelnen Titel unstreitig zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche aktivlegitimiert. Auch wurden über die Internetzugang der Beklagten 964 Musikdateien, an denen die Klägerinnen zu etwa 80 % ausschließliche Nutzungsrechte besitzen, öffentlich zugänglich gemacht (§ 19a UrhG). Daher bestand ein Unterlassungsanspruch der Klägerinnen gegen die Beklagte aus § 97 UrhG. 23
Da unstreitig ist, dass die Dateien über den Internetzugang der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurden, haftet die Beklagte jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung. Denn auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten war es jedenfalls kein unbekannter Dritter, sondern eine im Haushalt der Beklagten lebende Person (Ehemann oder Kind(er)), die die Urheberrechtsverletzung über den Computer der Beklagten bzw. deren Internetzugang begangen hat. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat (OLG Köln, Az. 6 U 244/06). Zwar setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang im Einzelfall sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (LG Hamburg ZUM 2006, 661 m.w.N.). Dabei wird die Störerhaftung Dritter durch Zumutbarkeitserwägungen eingegrenzt, wobei sich die Art und der Umfang der gebotenen Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben bestimmen (LG Hamburg ZUM 2006, 661; Schricker, UrhG, § 97 Rn. 36 a), wie sich auch die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch welche die Rechtsverletzungen soweit wie möglich verhindert werden, im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten hat (LG Hamburg ZUM 2006, 661 m.w.N.). 24
Wenn die Beklagte Dritten, auch und gerade Mitgliedern ihres Haushalts, innerhalb ihres Haushalts einen Computer und einen Internetzugang zur Verfügung stellte und ihnen dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermöglichte, dann war dieses willentliche Verhalten adäquat kausal für die Schutzrechtsverletzung. Jedenfalls seit dem Auftreten der Filesharing-Software „Napster“ im Herbst 1999 ist derartiges auch nicht mehr ungewöhnlich und wird insbesondere und gerade von Jugendlichen vielfältig in Anspruch genommen. Durch die gesetzgeberischen Bemühungen, dem entgegenzuwirken, und dem verstärkten Tätigwerden der Strafverfolgungsbehörden ist dieser Umstand in den letzten Jahren auch nachhaltig in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt worden. Diese Diskussion wird in den Medien bis zum heutigen Tag regelmäßig zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht. Vor diesem Hintergrund kann niemand – auch nicht die Beklagte – die Augen davor verschließen, dass das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte, insbesondere an minderjährige Jugendliche, die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit mit sich bringt, dass von diesen derartige Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Risiko löst Prüf- und Handlungspflichten desjenigen aus, der den Internetzugang ermöglicht, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen. 25
Diesen ist die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Denn insoweit hätte es der Beklagten nicht nur oblegen, ihren Kindern ausdrücklich und konkret zu untersagen, Musik mittels Filesharing-Software aus dem Internet herunterzuladen. Sie hätte auch weiterhin wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der Rechtsverletzungen ergreifen müssen. Hierzu war sie als Inhaberin des Internetanschlusses auch unzweifelhaft in der Lage. So hätte ein eigenes Benutzerkonto mit beschränkten Rechten eingeräumt werden können. Des Weiteren wäre auch die Einrichtung einer sog. „firewall“, die ein Download von Daten aus dem Computer der Beklagten verhindert hätte, möglich und zumutbar gewesen (vgl. auch LG Hamburg ZUM 2006, 661). Soweit die Beklagte nunmehr mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vorträgt, dass eine „firewall“ installiert gewesen sei und auch Benutzerkonten eingerichtet gewesen seien, führt dies – unabhängig davon, dass der Vortrag nach der mündlichen Verhandlung erfolgt und daher unbeachtlich bleiben muss – zu keinem anderen Ergebnis. Denn aus dem Vortrag ist nicht ersichtlich, dass die Benutzerkonten lediglich mit eingeschränkten Rechten eingerichtet wurden oder die Firewall auch die Downloadvorgänge hätte verhindern können. Hierzu fehlt vielmehr jeglicher Vortrag. Auch andere technische Möglichkeiten, wie die Nutzung bestimmter Modems, setzte die Beklagte nicht ein. 26
Damit liegt eine Rechtsverletzung vor, die grundsätzlich auch zur Erstattung der Abmahnkosten verpflichtet. 27
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war erforderlich im Sinne von § 670 BGB. Für Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist insoweit von Bedeutung, dass der Abmahnende nicht selbst über hinreichende eigene Sachkunde und Möglichkeiten zur zweckentsprechenden Verfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügen darf, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts dann ggf. nicht „erforderlich“ im Sinne des § 670 BGB sein kann (BGH, NJW 2004, 2448). 28
Greifen kann dieser Aspekt freilich in Ausnahmefällen, in denen standardmäßig immer nur ein und derselbe Verstoß ganz routinemäßig für den einzigen Berechtigten mittels „Textbausteinen“ abgemahnt wurde (vgl. bspw. für die routinemäßige Abmahnung des Vertriebs des „ftp-Explorers“ in Serienabmahnungen OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.2.2001 – 20 U 194/00, NJW-RR 2002, 122). Vorliegend greift dieser Aspekt nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht, als es sich gerade nicht nur um einen einfach gelagerten Streitfall handelt. 29
Die Kammer verkennt nicht, dass den Entscheidungsgründen der – selbst nur zu dem ganz engen Ausnahmefall einer Selbstbeauftragung eines Rechtsanwalts zur Verfolgung (ausgerechnet) eines Verstoßes gegen die Berufsordnung der Rechtsanwälte ergangenen – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.05.2004 (NJW 2004, 2448) vielfach der allgemeine Grundsatz entnommen wird, dass bei Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die damit (theoretisch) in der Lage sind, typische Verstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, ein Ersatz von Abmahnkosten ausscheiden soll (vgl. etwa Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 9 Rn. 1.29). Die Entscheidung des BGH liegt indes nach Auffassung der Kammer (vgl. insoweit bereits die Urteile vom 20.07.2005 – 28 S 2/05 und 23.11.2005 – 28 S 6/05 m.w.N) nur auf der Linie der zu Recht zurückhaltenden Rechtsprechung zu Fachverbänden mit eigener und gerade zur satzungsgemäß gebotenen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Kern bereits bestimmter Rechtsabteilung (vgl. BGH, Urt. v. 12.04.1984 – l ZR 45/82, GRUR 1984, 691 m. Anm. Jacobs). Sie ist ferner aus Billigkeitsgründen speziell bei einer Abmahnung durch selbst sachkundige Anwälte nach einer Selbstbeauftragung in Berufsrechtsfragen zutreffend und überzeugend. Dies hat auch der Bundesgerichtshof jüngst bestätigt (vgl. BGH, Az. I ZR 219/05). 30
Darüber hinaus wäre die Einschaltung eines Rechtsanwaltes auch aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 475 StPO zwingend gewesen. Hiernach ist das Akteneinsichtsrecht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einem Rechtsanwalt vorbehalten. Die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft war jedoch notwendig, da die Identität der Beklagten erst im Strafverfahren ermittelt werden konnte. Ohne die Kenntnis der persönlichen Daten der Beklagten wäre eine sachgerechte Verfolgung der Ansprüche der Beklagten jedoch nicht möglich gewesen. 31
Etwas anderes folgt auch nicht aus einem etwaigen Rechtsmissbrauch der Klägerinnen gem. § 242 BGB. Die illegale öffentliche Zugänglich-Machung urheberrechtlich geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln im Internet über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wird. Dieser Umstand hat auch den Gesetzgeber inzwischen bewogen, tätig zu werden und die einschlägigen Gesetze zu verschärfen, um derartigen Rechtsverletzungen wirksam entgegen zu wirken und die Rechtsstellung der Urheber und der Inhaber von Nutzungsrechten zu stärken (vgl. hierzu auch OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 342). Vor diesem Hintergrund sind die verstärkten Bemühungen der Musikindustrie, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen und diese zu unterbinden, zu sehen, die sich in der erhöhten Anzahl an Abmahnungen niederschlägt. Ein Rechtsmissbrauch kann darin nicht erblickt werden. Diese Bemühungen stellen sich vielmehr als legitime Wahrnehmung von berechtigten Rechten und Ansprüchen von Unternehmen wie dem der Verfügungsklägerin dar und darüber hinaus als einziges Mittel, um den Rechtsverletzungen wirksam und effektiv entgegen zu wirken. 32
Die Klägerinnen haben auch einen Anspruch als Gesamtgläubiger. Dies nimmt die Kammer in ständiger Rechtsprechung an. In der Sache 28 O 480/06 führte die Kammer folgendes aus: 33

„… Allerdings ist für die Gebührenberechnung keine getrennte Abrechnung vorzunehmen gewesen. Bei der Abmahnung des Beklagten namens und in Vollmacht der Mandantschaft des Klägers handelt es sich um „dieselbe Angelegenheit“ für mehrere Auftraggeber im Sinne von § 7 Abs. 1 RVG. Der gebührenrechtliche Begriff „dieselbe Angelegenheit“ dient zur Abgrenzung desjenigen anwaltlichen zusammengehörenden Tätigkeitsbereich, den eine Pauschgebühr abgelten soll, wobei es auf die Art und den Umfang des Auftrags des Anwalts im konkreten Einzelfall ankommt (vgl. BGH, NJW 1995, 1431; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 15 Rn. 11 m.w.N.). Die Verfolgung der Urheberrechtsverstöße des Beklagten erforderte jedoch für beide Mandantinnen ein gleichwertiges Tätigwerden nach Art und Umfang. Dies belegt letztlich auch der Umstand, dass die Abmahnung des Beklagten in einem einheitlichen Schreiben erfolgte. Entgegen der Berechnung des Klägers ist wegen des zusätzlichen Auftraggebers daher eine um 0,3 erhöhte Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 500.000 € zu nehmen. Eine 1,3 Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG ist für eine Abmahnung angemessen. Es handelt sich nicht um eine Serienabmahnung in einer einfachen Angelegenheit, sondern um eine Urheberrechtsverletzung und damit eine schwere Materie. Bei mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit ist ein Erhöhung um 0,3 gem. Nr. 1008 VV RVG vorzunehmen.“

34
Hieran hält die Kammer fest. 35
Auch der Streitwert ist hier dann nach den vorstehenden Ausführungen und entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer ohne weiteres mit 400.000 € (100.000,00 € je Verletztem bei jeweils mehr als 20 Titeln, die pro Klägerinnen im Einzelnen dargelegt worden sind) zu berechnen. Dabei ist die vorgenannte Pauschalierung bereits mit eingeflossen. 36
Die Erhöhungsgebühr wird ebenfalls geschuldet, da mehrere Parteien von den Prozessbevollmächtigten vertreten wurden. Auch die weitere Berechnung ist zutreffend. 37
Soweit die Beklagte behauptet, es bestünden Honorarvereinbarungen zwischen den Klägerinnen und ihren Prozessbevollmächtigten, erfolgt diese Behauptung ins Blaue hinein und ist daher nicht zu berücksichtigen. Die Frage, ob die Klägerinnen die Kosten für die Abmahnung an ihre Prozessbevollmächtigten bereits erstattet haben, kann ebenfalls offen bleiben, da die Beklagte jedenfalls die Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert hat, so dass ein Zahlungsanspruch gegeben ist: 38
Der Anspruch besteht auch auf Zahlung und nicht auf Freistellung. Nach § 257 BGB umfasst die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz auch die Verpflichtung zur Freistellung hierfür eingegangener Verbindlichkeiten (BGH NJW-RR 2005, 887). Zwar geht nach § 250 S. 2 BGB der Befreiungsanspruch nach § 257 BGB erst dann in einen Geldanspruch über, wenn der Geschädigte erfolglos eine Frist zur Herstellung (hier: Freistellung) mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Einen Befreiungsanspruch haben die Kläger bislang nicht geltend gemacht; sie verlangen vielmehr Zahlung. Allerdings wandelt sich der nach § 257 BGB bestehende Befreiungsanspruch auch dann in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH NJW 2004, 1868 m.w.N.). Die ist der Fall, da der begründete Klageabweisungsantrag ein solches Verweigern darstellt (BGH NJW-RR, 1987, 43; BGH NJW 1999, 1542; OLG Düsseldorf, NJW 1978, 1387). 39
Die Argumentation der Beklagten, die gesetzliche Wertung durch die Deckelung der Abmahnkosten auf 100,00 € führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Denn die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen und auch die Ansprüche sind vor dem Inkrafttreten des § 97a UrhG n.F. entstanden. Da eine Rückwirkung des § 97a Abs. 2 UrhG nicht ausdrücklich angeordnet wurde, kommt eine solche nicht in Betracht. Darüber hinaus kommt die Anwendung des § 97a Abs. 2 UrhG auch nur in Betracht, wenn eine unerhebliche Rechtsverletzung eingetreten ist. Dies ist angesichts der 964 zum Download angebotenen Audiodateien nicht der Fall. 40
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 41
Streitwert: 5.832,40 Euro. 42

Keine Rechtsprechung zu § 97a UrhG und Filesharing?

Prof. Thomas Hoeren hat in der CR 2009, Heft 6, S. 378 ff. einen Aufsatz mit dem Titel „100 € und Musikdownloads – die Begrenzung der Abmahngebühren nach § 97a UrhG“ veröffentlicht, der hier als Anlass zu einer kurzen Betrachtung von § 97a UrhG genutzt werden soll.

1. Die Regelung des § 97a UrhG

Gemäß § 97a UrhG wird in einfach gelagerten Fällen die Abmahngebühr auf 100 € begrenzt. Hoeren untersucht in seinem Aufsatz, ob § 97a UrhG in Fällen von Musikdownloads greift – eine sinnvolle Sache, da in den derzeitigen Abmahnung die Anwaltskanzleien jeweils viel Raum darauf verwenden, zu erklären, warum die Filesharing-Sache so ungemein kompliziert ist und deshalb die Deckelung nicht greift.

Der Wortlaut der Norm:

§ 97a Abmahnung

(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.
(2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.

2. Die Bewertung von Hoeren, CR 2009, 378
Hoeren schreibt hierzu, dass der Rechercheaufwand nicht hoch sei – dies dürfte im Hinblick darauf, dass die eingeschalteten Kanzleien die Auskunftsbegehren jeweils in  Blöcken von 10.000 Stück einreichen, richtig sein. Normalerweise dürfte bei Angeboten in Tauschbörsen immer ein einfach gelagerter Fall vorliegen. Denn wenn die Fälle so kompliziert wären, wie dies in den Abmahnschreiben jeweils betont wird, dann hätte nicht eine einzige Kanzlei innerhalb eines Jahres 60.000 dieser Fälle bearbeiten können (s. hier). Hoeren schreibt weiter, es lasse sich auch nicht vertreten, dass kein einfach gelagerter Fall vorliegen, weil der Abgemahnte Widerspruch erhoben habe, wenn der Abgemahnte nur der Kostenerstattung, nicht aber der Abmahnung an sich widerspreche. Anschließend geht Hoeren intensiv darauf ein, wann eine Rechtsverletzung durch das Angebot in einer Musiktauschbörse „unerheblich“ ist.
Weiter sei das Angebot in Tauschbörsen in aller Regel nicht als „im geschäftlichen Verkehr“ anzusehen.

Insgesamt ein interessanter Artikel, in dem Hoeren auf die wesentlichen Punkte zu § 97a UrhG eingeht.

3. Keine Rechtsprechung zu § 97a UrhG und Filesharing?

Kürzlich wurde mir ein Fall geschildert, in dem der wegen Filesharings Abgemahnte nur bereit war, die gedeckelte Gebühr i.H.v. 100 Euro zu zahlen und sich auf § 97a UrhG berief. Die abmahnende Rechtsanwaltskanzlei wollte das natürlich erst einmal nicht hinnehmen. Im Telefongespräch zwischen den Anwälten ließ sich die Sache aber schnell ausräumen: Die Drohung des Abgemahnten, die Frage mit § 97a UrhG – gerne auch vor dem LG Hamburg – endgültig klären zu lassen, reichte aus, um die Abmahnkanzlei zu überzeugen, sich mit 100 Euro zu begnügen.

Dieses Vorgehen – erst volle Gebühren zu verlangen und anschließend 100 Euro zu akzeptieren, wenn der Abgemahnte sich ernsthaft auf § 97a UrhG beruft – scheint derzeit bei den Abmahnern üblich zu sein: Eine schnelle Recherche nach Rechtsprechung nach § 97a UrhG ergibt übrigens (Stand 12.7.2009) zwei Urteile, keines davon mit Bezug zum Filesharing (wer nähere Informationen bzw. andere Urteile hat, gerne hier in den Kommentaren oder per Mail an mich), nämlich

Während die Abmahnkanzleien beim neuen § 101 UrhG ganz schnell waren und innerhalb weniger Tage nach Inkrafttreten einstweilige Verfügungen bei einer ganzen Reihe von Gerichten erwirkt hatten (s. dazu hier; hier; sowie eingehend Mantz, K&R 2009, 21), scheint das Interesse an Urteilen zu § 97a UrhG „begrenzt“ zu sein – was für die Sinnhaftigkeit der Norm spricht, und im Ergebnis auch für die Auffassung von Hoeren. Die Abmahner scheinen Angst davor zu haben, dass ihnen ihr Geschäftsmodell wegbricht, auch wenn bei diesem Massengeschäft selbst 100 Euro noch ausreichend sein dürften.

Update: Mittlerweile ist eine Entscheidung des LG Köln zu § 97a UrhG und Filesharing bekannt geworden, s. hier.