Archiv der Kategorie: Gesetze, Gesetzesvorhaben

Zur EU-Richtlinie 2014/53/EU und deren Folgen für Router-Firmware (Deutschlandfunk)

Der Deutschlandfunk hat am vergangenen Samstag in der Sendung „Computer & Kommunikation“ einen Beitrag mit dem Titel „Regeln für Router-Software Hinterzimmer-Lösung“ gebracht, in dem es um die EU-Richtlinie 2014/53/EU geht. U.a. bin ich zu der Thematik befragt worden.

Wer mehr wissen will, kann den Beitrag nachlesen oder nachhören. Außerdem sind die folgenden Beiträge sicher interessant:

Bundesrat will TMG-Gesetzesentwurf abändern: Privilegierung auch für WLANs ohne Wenn und Aber

Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats hat eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf (BR-Drs. 440/15) der Bundesregierung zur Änderung des TMG abgegeben (Stellungnahme hier, BR-Drs. 440/1/15). Darin werden insbesondere die bisherigen Voraussetzungen der Verschlüsselung und Einholung einer Erklärung gestrichen und durch ein Verbot des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Rechtsverletzer ersetzt.

Der Gesetzestext soll nun lauten:

§ 8 Abs. 3: „Der Ausschluss der Verantwortlichkeit (Absatz 1) umfasst [auch] Diensteanbieter von drahtlosen Netzwerken und Funknetzwerken, die sich an einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten (öffentliche Funknetzwerke).

Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.“

§ 8 Abs. 4: „Diensteanbieter nach Absatz 3 können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.“

Wie man sieht, ist insbesondere § 8 Abs. 4 TMG-E gestrichen worden.

Zur Begründung führt der Bundesrat erfreulicherweise folgendes an (Hervorhebungen hier):

„Der Regierungsentwurf normiert, dass eine Haftung als Störer von Dienste- anbietern nicht in Betracht kommt, wenn „der Diensteanbieter angemessene Sicherungsmaßnahmen“ ergriffen hat. Diese Regelungen in § 8 Absatz 4 Satz 2 des Regierungsentwurfs sind nicht geeignet, die verfolgten Ziele – die Verbreitung von WLAN im öffentlichen Raum zu stärken und diesbezügliche Rechtssicherheit zu schaffen – zu verwirklichen. Denn es werden unbestimmte Rechtsbegriffe, wie „zumutbare Maßnahmen“ und „angemessene Sicherungs- maßnahmen“, verwendet, welche nicht die angestrebte Rechtsklarheit schaffen, sondern weiterhin der Auslegung durch die Gerichte bedürfen. Dies führt im Ergebnis zu keiner Verbesserung im Vergleich zu der jetzigen Rechtslage, nach welcher zwar die Kriterien der Störerhaftung durch eine Vielzahl von Entscheidungen herausgebildet worden sind, letztendlich jedoch – auch bedingt durch die Vielzahl der unterschiedlichen Fallkonstellationen – keine „klaren Vorgaben“ für WLAN-Anbieter ersichtlich sind, an denen sie sich orientieren können, um die Störerhaftung wirksam auszuschließen. Das Ziel, die Verbreitung von WLAN im öffentlichen Raum zu stärken, kann nicht erreicht werden, wenn lediglich versucht wird, die jetzige durch Einzelfallrechtsprechung geschaffene Rechtslage in Gesetzesform zu gießen. Es sind vielmehr Regelungen erforderlich, die sich klar hiervon abgrenzen und klarstellen, dass die Grundsätze der Störerhaftung von WLAN-Anbietern künftig in Deutschland – wie auch derzeit bereits in zahlreichen anderen europäischen Ländern – nicht mehr gelten sollen. Dies leistet die hiermit verfolgte Änderung von Absatz 4.

Nur durch das Streichen von § 8 Absatz 4 Satz 2 im Regierungsentwurf ist das Ziel des Regierungsentwurfs zu erreichen. Wenn die Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots erhöht werden soll, kann nicht zwischen unberechtigten und berechtigten Zugriffen unterschieden werden. Ein öffentlicher WLAN-Hotspot richtet sich an die nicht näher eingegrenzte Öffentlichkeit.

Von der Verbreitung öffentlicher WLAN-Hotspots sind keine nachteiligen Effekte auf die Strafverfolgung zu erwarten. Die Auflagen etwa zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen und Erteilung von Auskünften nach § 110 Telekommunikationsgesetz und § 113 Telekommunikationsgesetz gelten nach den Vorgaben und kontrolliert von der Bundesnetzagentur auch für Betreiber von WLAN-Zugangsnetzen oberhalb der Marginaliengrenze. Zudem nutzen private Anbieter für die Internetanbindung ihrer WLAN-Zugangspunkte die Angebote kommerzieller Accessprovider, die den Rahmenbedingungen des Telekommunikationsgesetzes unterliegen.

Auch eine Zunahme von Urheberrechtsverletzungen ist nicht zu erwarten. Denn zum einen ist die Bandbreite von öffentlichen, also mit vielen Menschen geteilten, WLAN-Hotspots dafür typischerweise zu gering. Freifunk-Software zum Beispiel erlaubt es Anbietern außerdem, die insgesamt über WLAN zur Verfügung gestellte Bandbreite zu reduzieren. Zum anderen ist die Bedeutung des Filesharing bei Urheberrechtsverletzungen gesunken. Die überwiegende Zahl der Verletzungen wird heute mittels Streaming begangen – so zum Beispiel die bekannten Fälle wie Kinox.to. Beim Streaming sind aber WLAN- Zugangspunkte gänzlich ungeeignet für die Anbindung der Server, auf denen das gestreamte Material vorgehalten wird.

Es gibt auch keinen nachgewiesenen Bedarf für eine Anhebung des Schutzniveaus im Bereich von WLAN-Hotspots. Urheberrechtsverletzungen im Internet sind nicht dem Vorhandensein von WLAN-Hotspots geschuldet. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg berichtet dazu: „Im Rahmen unseres seit 2012 laufenden Projekts mit Kabel Deutschland wurden die Public-Wifi- Hotspots nicht für Urheberrechtsverletzungen genutzt. Es gab bei Kabel Deutschland in dieser Zeit keine IP-Adressabfragen wegen Urheber- rechtsverletzungen (letzter Stand: 9. Februar 2015).“ Auch aus anderen Staaten mit mehr öffentlichen WLAN-Zugangspunkten und ohne Störerhaftung wie zum Beispiel den Niederlanden ist nicht bekannt, dass öffentliche WLAN- Hotspots ein gravierendes Problem bei Urheberrechtsverletzungen darstellen.

Der neu vorgeschlagene Satz 2 trägt den Interessen der durch rechtswidrige Handlungen Geschädigten Rechnung. Hier wird das Privileg eingeschränkt: Wer ein öffentliches Funknetzwerk einrichtet und mit den Nutzern zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen etwa bei Urheberrechtsverletzungen zu begehen, genießt es ausdrücklich nicht.

Von den im Regierungsentwurf aufgeführten „angemessenen Sicherungsmaßnahmen“ ist keine substanzielle Auswirkung für Strafverfolgung und das Themengebiet Urheberrechtsverletzungen zu erwarten. Jedoch sind gravierende negative Auswirkungen dieser Normierung für die Verbreitung öffentlicher WLAN-Zugangspunkte zu erwarten: Rechtsunsicherheit hat zu der niedrigen Verbreitung solcher Angebote in Deutschland geführt, neue Rechtsunsicherheit wird denselben Effekt haben.“

Die Stellungnahme des Bundesratswirtschaftsausschusses ist durchweg zu begrüßen. Sie greift die Kritik am Gesetzesentwurf auf (eingehend Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298 ff.; Übersicht meiner Beiträge zum TMG-Änderungsgesetz hier)  und folgt ihr mit einer Streichung von § 8 Abs. 4 S. 2 TMG-E. Man sollte es vielleicht nicht so laut sagen, aber im Grunde entspricht der Vorschlag des Bundesrats damit demjenigen des Digitale Gesellschaft e.V. (dazu hier).

Die jeweilige Ergänzung zum kollusiven Zusammenwirken, die der Bundesrat jetzt vorschlägt, wäre dabei eigentlich nicht erforderlich. Denn § 8 Abs. 1 S. 2 TMG, der durch den Entwurf in § 8 Abs. 4 S. 1 TMG in Bezug genommen wird, sieht genau dies schon vor: Ein Anbieter, der kollusiv mit dem Rechtsverletzer zusammenarbeitet, ist nicht privilegiert. Wäre also doppelt, dient aber nach der Gesetzesbegründung der Beruhigung von Ängsten.

 

Im Übrigen lehnt der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates in seiner Stellungnahme auch den Vorschlag der Bundesregierung zu § 10 TMG ab:

„Die vorgeschlagene Haftungsverschärfung ist im Hinblick auf ihre zu erwartenden negativen Auswirkungen auf Medienvielfalt und Meinungsfreiheit abzulehnen.“

Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung: Keine Speicherpflicht für WLANs (Update)

Ich hatte am 20.5.2015 hier im Blog unter dem Titel „Die geplante Vorratsdatenspeicherung und WLAN-Hotspots – (Kein) Untergang für WLANs?“ schon einmal zum Anwendungsbereich des neuen Vorratsdatenspeicherungsgesetzes geschrieben und war damals zum Schluss gekommen, dass (der Großteil der) Betreiber von WLANs wohl nicht nach § 113a TKG speichern müsste.

Nun hat der Bundestag heute in namentlicher Abstimmung den „Entwurf eines Gesetzes zur Einfu?hrung einer Speicherpflicht und einer Ho?chstspeicherfrist fu?r Verkehrsdaten“ (mit geringen Änderungen) verabschiedet.

Meine damals geäußerte Auffassung ist nun durch den Bundestag bestätigt worden. In der Gesetzesbegründung wird nämlich auf S. 37 ausdrücklich auf die Mitteilung Nr. 149/15 der Bundesnetzagentur Bezug genommen (zu deren Auswirkungen Sassenberg/Mantz, MMR 2015, 428). Darin heißt es (Hervorhebungen hier):

„Zu § 113a TKG-E

Die Vorschrift beschreibt den Kreis der zur Speicherung Verpflichteten. Nach Absatz 1 Satz 1 richten sich die Speicherpflichten an diejenigen, die öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste im Sinne von § 3 Nr. 6 a) TKG erbringen, also nicht an diejenigen, die lediglich daran mitwirken. Erbringer zeichnen sich dadurch aus, dass den Kunden regelmäßig ein eigener, in der Regel auf unbestimmte Dauer angelegter, Telekommunikationsanschluss zur selbständigen Verwendung überlassen wird. Nicht verpflichtet sind demnach Anbieter, die ihren Kunden nur eine kurzzeitige Nutzung des Telekommunikationsanschlusses ermöglichen, zum Beispiel Betreiber von Hotels, Restaurants und Cafés, die ihren Kunden eine Telefon- oder Internetnutzung zur Verfügung stellen (zur näheren Bestimmung des Begriffs des „Erbringens“ vergleiche die Mitteilung Nr. 149/2015 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur). Die Regelung des Satzes 2 umfasst im Vergleich zu § 113a Absatz 1 Satz 2 TKG a. F. nunmehr sowohl den Fall, dass der Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste keine der nach dieser Vorschrift zu speichernden Daten selbst erzeugt und verarbeitet, als auch den Fall, dass er nur einige, aber nicht alle der zu speichernden Daten selbst erzeugt und verarbeitet. Die Verpflichtung zur Sicherstellung der Speicherung nach Satz 2 besteht jedoch nur, soweit die Daten bei der Erbringung des Dienstes erzeugt oder verarbeitet werden.“

Damit gilt wohl als sicher, was ich im letzten Beitrag geschrieben hatte:

„Dabei sieht die Bundesnetzagentur die Betreiber von WLAN-Hotspots in Cafés, Hotels etc., die lediglich ihren Internetanschluss mit anderen teilen und den Nutzern nicht einen eigenen Telekommunikationsanschluss zur Verfügung stellen, nicht als „Erbringer“ an, sondern lediglich als „Mitwirkende“ an einem Telekommunikationsdienst. Es ist ein wenig komplizierter als hier dargestellt – wer mag, schaue sich das im Amtsblatt an –  aber im Grunde sagt die Bundesnetzagentur, dass Betreiber von WLAN-Hotspots (in der Regel) keinen TK-Dienst „erbringen“. Man kann das dogmatisch kritisieren und es hat möglicherweise auch Folgen, die die Bundesnetzagentur vielleicht nicht bedacht hat.

Wenn man allerdings die Auslegung der Bundesnetzagentur ernst nimmt (und sie ist diejenige, die auf die Durchsetzung der Regeln des TKG, also auch der Vorratsdatenspeicherung nach § 113a TKG achtet, siehe § 115 TKG), dann findet § 113a TKG-E bzw. die gesamte Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung auf WLANs keine Anwendung!“

Kein großer Sieg, aber jedenfalls ein Wermutstropfen für alle WLAN-Betreiber.

 

Update (16.10.2015, 21:30h): Mir ist mitgeteilt worden, dass Mitglieder der Regierungsparteien auch die Auswirkungen für Freifunk schon erfasst haben:

„Nutzer der Freifunk-Idee gelten nach Auffassung der BNetzA demnach in der Regel nicht als Erbringer von TK-Diensten. Inwieweit der Freifunker e.V. als Erbringer einzustufen ist, wird von der Bundesnetzagentur derzeit untersucht.“

TMG-Änderungsgesetz zur WLAN-Haftung: Der aktuelle Fahrplan

Wie mir zugetragen wurde, soll das TMG-Änderungsgesetz nun durch das Gesetzgebungsverfahren und Anfang nächsten Jahres dann wohl in Kraft treten.

Dabei wird der Bundesrat bis zum 06.11.2015 Stellung nehmen. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 3./4.12.2015 geplant, am 16.12.2015 soll die Anhörung im Wirtschaftsausschuss erfolgen. Die zweite Lesung soll dann am 14./15.01.2016 sein.

Eine Übersicht meiner Beiträge zum TMG-Änderungsgesetz findet sich hier.

„Freie WLAN-Hotspots in Hessen“ – Anhörung im Landtag Hessen am 12.11.2015

Der Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung des Hessischen Landtags wird am 12.11.2015 um 13:00h eine Anhörung zum Thema „Freie WLAN-Hotspots in Hessen“ durchführen, zu der eine Vielzahl an Verbänden, Interessenvertretern und Sachverständigen eingeladen worden sind

1. Antrag

Grundlage ist ein Antrag der hessischen SPD-Fraktion (LT-Drs. 19/900, PDF) vom 28.04.2015 (dazu eine Mitteilung des hessischen Landtagsabgeordneten Tobias Eckert (SPD)). Dieser Antrag lautet:

Der Landtag wolle beschließen:

1. Der Landtag sieht im Ausbau von öffentlichen drahtlosen lokalen Netzwerken (WLAN- Hotspots) einen wichtigen Beitrag für die wirtschaftliche und touristische, aber auch gesellschaftliche Entwicklung Hessens.

2. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, den Zugang zu öffentlichen drahtlosen lokalen Netzwerken in Hessen zu unterstützen und zu fördern.

3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine rechtssichere Novellierung des Telemediengesetzes einzusetzen, indem die Haftungsbeschränkung für Access-Provider nach §8 Telemediengesetz auf alle Betreiber unabhängig von ihrem jeweiligen institutionellen und organisatorischen Hintergrund erweitert wird.

4. Der Landtag sieht die Gefahr für mögliche Rechtsverletzungen der Nutzer bei jeder Betreiberform (kommerziell, öffentlich oder privat) gleichermaßen gegeben und dies muss demnach einheitlich geregelt sein.

5. Der Landtag beschließt, dass in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Landtages und auch in der unmittelbaren öffentlichen Umgebung des Landtages WLAN-Hotspots eingerichtet werden.

2. Fragebogen

Die eingeladenen Verbände, Interessenvertreter und Sachverständigen (darunter Freifunk Wiesbaden, Förderverein Freie Netze e.V., Chaos Computer Club, Digitale Gesellschaft e.V., Ulf Buermeyer (@vieuxrenard) u.v.m.), sind gebeten, vorab eine schriftliche Stellungnahme zu erstellen, die dann u.a. auf der Homepage des Landtags Hessen veröffentlicht werden soll. Hierfür haben die im hessischen Landtag vertretenen Parteien einen Fragebogen erstellt. Dieser lautet wie folgt:

1. Rechtliche Rahmenbedingungen
a) Was ist der rechtliche Unterschied zwischen Content-, Host- und Access-Providern und inwiefern ist diese Einordung für WLAN-Betreiber von Bedeutung?

b) Wann erfahren Access-Provider eine Haftungsprivilegierung?
c) Welche Maßnahmen müssen Access-Provider ergreifen, wenn wiederholte Rechtsverletzungen auftreten?
d) Welche Haftungsrisiken bestehen derzeit für WLAN-Betreiber, welche der TMG-Privilegierung nicht unterliegen?
e) Welche Haftungsprivilegierungen sind de lege ferenda denkbar?
f) Existieren Gründe, zukünftig zwischen privaten und gewerblichen/institutionellen Betreibern zu unterscheiden?
g) Bestehen neben den zivilrechtlichen Haftungsfragen sicherheitspolitische bzw. strafverfolgungserhebliche Bedenken?
h) Wie ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Betreibern offener WLAN-Netze einzuordnen im Hinblick auf Beihilfe, Mittäterschaft und (Eventual-)Vorsatz?

2. Datenschutz und Datensicherheit
a) Aus welchen Gründen ist es sinnvoll/ nicht Sinnvoll Haftungsprivilegierungen nur für verschlüsselte Verbindungen vorzusehen?
b) Bedarf es technischer Auflagen für den Betrieb zur Gewährung von Datenschutz- und Datensicherheit? Gibt es allgemeine Standards?

3. Internationaler Vergleich
a) In welchem rechtlichen Rahmen im Hinblick auf zivil- und strafrechtliche Aspekte operieren WLAN-Betreiber im internationalen Vergleich?
b) Welche Erkenntnisse lassen sich hieraus für Deutschland und Hessen ableiten?

4. Ausbau
a) Welche Gründe sprechen für und gegen öffentliche Förderung bei Aufbau und/oder Betrieb von WLAN-Netzen?
b) Welche Instrumente der Förderung existieren? Welche sind Ihnen bekannt? Welche Formen der Förderung wären denkbar?
c) Welche Betreibermodelle existieren? Welche Modelle werden am häufigsten gewählt und wie kann man dies erklären?
d) Welche Rolle kann das Modell „freifunk“ für den Ausbau des WLAN in Hessen spielen?
e) Welche Gründe sprechen für eine Zusammenarbeit der Kommunen, der Städte, der Landkreise und des ÖPNV beim Aufbau eines öffentlichen WLANs? Welche Gründe sprechen dagegen?
f) Wer trägt die Kosten für den Aufbau und den Betrieb von WLAN-Netzen?

5. Wirtschaftliche Bedeutung und Effekte
a) Welche Nutzen haben Städte und Gemeinden durch freie öffentlich zugängliche WLAN-Netze?
b) Haben freie öffentlich zugängliche WLAN-Netze auch für die Tourismuswirtschaft eine Bedeutung?
c) Welchen Nutzen haben andere Wirtschaftssektoren und Branchen durch frei öffentlich zugängliche WLAN-Netze?
d) Sind Auswirkungen auf (lokale) Telekommunikationsbetreiber zu erwarten, die inzwischen Vergleichbare Leistungen (z.B. LTE) im Rahmen von Nutzerverträgen gegen Rechnung zur Verfügung stellen?
e) Was ist beim Aufbau eines öffentlich geförderten und/oder betriebenen WLAN-Netzes im Hinblick auf das Wirtschaftsverwaltungsrecht zu beachten, wenn bestehende WLAN-Angebote (z.B. durch die Telekom) bestehen?

6. Förderprojekte im Bundesvergleich
a) Welche staatlich geförderten WLAN-Projekte existieren derzeit in Deutschland?

3. Einschätzung / Eure Mithilfe

Der Antrag datiert vom April 2015. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um einen Antrag der (hessischen) Oppositionspartei SPD handelt. Zwischenzeitig hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Änderung (u.a.) von § 8 TMG auf den Weg gebracht (s. dazu die Artikel-Übersicht), wobei dieser u.a. von (Bundes-)SPD ausging. Der Gesetzesentwurf könnte bald im Bundestag zur Entscheidung anstehen. Dabei ist von praktisch allen Seiten heftige Kritik an dem Entwurf geübt worden (eine Übersicht findet sich hier). Von daher stellt diese Anhörung eine Möglichkeit dar, die Kritikpunkte noch einmal zu verdeutlichen und insofern auf die Landesparteien in Hessen einzuwirken. Gerade die ersten drei Punkte des Antrages der hessischen SPD wird der derzeitige Gesetzesentwurf nämlich verfehlen: Förderung und Unterstützung des Zugangs zu öffentlichen drahtlosen Netzwerken und Schaffung von Rechtssicherheit.

Dr. Thomas Sassenberg und ich sind ebenfalls zu der Anhörung eingeladen worden und werden der Einladung folgen. Wir werden eine gemeinsame schriftliche Stellungnahme abgeben, die dann sowohl hier im Blog als auch auf der Webseite des Landtages veröffentlicht werden wird.

Ich lade alle Leser herzlich ein, mir per E-Mail oder in den Kommentaren Hinweise zur Beantwortung der Fragen zu geben. Besonders interessieren würden mich Hinweise zu den Fragen unter 5. und 6., also zu Erfahrungen bei der wirtschaftlichen Bedeutung und zu bisherigen Förderprojekten. Über ein paar Projekte ist ja (teils auch hier im Blog) berichtet worden (z.B. MABB, lokale Freifunk-Projekte). Dennoch sind mir sicher bei weitem nicht alle Förderprojekte und erst recht nicht die konkreten Details und Erfahrungen bekannt.Daher würde ich mich über Tipps und Mitteilungen freuen, die ich in der Stellungnahme und der Anhörung verarbeiten kann.

Auch für den internationalen Vergleich (Fragen zu 3.) und allen anderen Punkten nehme ich gerne Anregungen entgegen!

Bundeskabinett beschließt WLAN-Gesetz zur Änderung des TMG

Am 16.9.2015 hat das Bundeskabinett den Referentenentwurf zur Änderung des TMG beschlossen. Geändert werden sollen § 8 TMG (Haftung des Access Providers) und § 10 TMG (Haftung des Host Providers).

In § 8 TMG soll die Haftung für Betreiber von WLANs reformiert werden. Ziel des Gesetzes ist die Förderung der Verbreitung von WLANs – allerdings ein untauglicher Versuch.

Ich habe mich mit dem Gesetzesentwurf, der zwischenzeitig noch geändert wurde, schon mehrfach auseinander gesetzt. Der Entwurf ist – in der Fassung vom 15.6.2015 – auch unverändert durchs Bundeskabinett. Ich muss meine Kritik an dem Entwurf hier nicht erneut wiederholen und verweise jetzt nur noch auf meine bisherigen Beiträge:

Zum Beschluss des Kabinetts gibt es auch einige andere erhellende Beiträge (Auswahl):

Heute: Anhörung der Bundesnetzagentur zur Anpassung der Technischen Richtlinie TK-Überwachung (auch: WLAN)

Ein aktueller Hinweis:

Heute ab 9:00h findet in der Bundesnetzagentur eine Anhörung zur TR TKÜV, Ausgabe 6.3 (veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 14 am 29.07.15) statt.

Dabei geht es um die Umsetzung von TK-Überwachungsmaßnahmen. Aus der Mitteilung der Bundesnetzagentur:

„Die Anpassungen werden hauptsächlich infolge der Fortschreibung der bereits in der Richtlinie zur Anwendung kommenden europäischen und internationalen Standards notwendig. Betroffen von den Anpassungen sind der Teil A der TR TKÜV in den Bereichen VoIP, Mobilfunk, Internetzugang (WLAN) und der Teilnahme am IP-VPN sowie der gesamte Teil B. Die Bundesnetzagentur hat dementsprechend eine Entwurfsfassung der TR TKÜV für eine künftige Ausgabe 6.3 erstellt.

Nachfolgend erhalten Sie einen groben Überblick darüber, was von der Ausgabe 6.2 zur Ausgabe 6.3 in den technischen Bereichen geändert wurde. Neben einer redaktionellen Überarbeitung des gesamten Dokuments wurden die beiden Teile A und B an den aktuellen Stand der Technik angepasst wie folgt:

Teil A:

  • Ergänzung: Maßnahmen zur Bereitstellung der vollständigen Überwachungskopie am IP-basierten Übergabepunkt (Punkt 3.3)
  • Anlage C: Ergänzung zu Standortinformationen
  • Anlage D: Ergänzung zu Standortinformationen
  • Anlage F: Ergänzungen zu Network Element Identifier, Payload Direction, Keep-Alives und IP-Adressen
  • Anlage G: Ergänzungen zu Network Element Identifier, Payload Direction, Keep-Alives und IP-Adressen
  • Anlage H: Erläuterung zur Mid-Session-Interception, Verpflichtung zur grundsätzlich vollständigen Ausleitung der Telekommunikation, Ergänzungen zu Network Element Identifier, Payload Direction und Keep-Alives und IP-Adressen

Teil B:

  •  Komplette Überarbeitung von Teil B (u.a. Behandlung von Fehlerfällen; Normierung der Antwortdaten BDA/VDA; „Other Information“; Aktualisierung der Natparas; Entfernung der mittlerweile veralteten XML-Beispieldateien, die künftig auf der Internetseite der BNetzA zu finden sein werden)

Der aktuelle Entwurf der TR TKÜV, Ausgabe 6.3, steht hier ab dem 01.08.2015 in zwei Versionen zum Download bereit:In der Reinschrift-Version sind alle vorgenommenen Änderungen an der derzeit geltenden Ausgabe 6.2 schon  zu einem Entwurf der Ausgabe 6.3 verarbeitet. TR TKÜV Reinschrift vom 14.08.15 (pdf, 3 MB)

In der Korrekturmodus-Version können die Änderungen, die in der TR TKÜV Ausgabe 6.2 vorgenommen wurden, nachvollzogen werden.

TR TKÜV Korrekturmodus vom 14.08.15 (pdf, 3 MB)

Die 1. Korrekturmodus-Version vom 01.08.2015 finden Sie nachfolgend:

TR TKÜV Ausgabe 6.3 Korrektur-Version (pdf, 3 MB)“

Rechtsunsicherheit, der TMG-Gesetzesentwurf und öffentliche WLANs

Ich habe hier im Blog sowohl auf Fälle hingewiesen, in denen öffentliche WLANs im Allgemeinen und Freifunk im Speziellen durch die weiterhin bestehende Rechtsunsicherheit behindert, wenn nicht verhindert werden (u.a. hier, hier und hier), ebenso habe ich auf Fälle hingewiesen, in denen die Zusammenarbeit mit den Kommunen funktioniert oder geplant ist (hier, hier, hier, hier und hier).

Zur allgemeinen Rechtsunsicherheit kommen bereits jetzt erste (negative) Effekte der geplanten Änderung der Haftung beim Betrieb von WLANs im Telemediengesetz (TMG, zum Gesetzesentwurf eingehend hier, hier und hier sowie im Aufsatz von Thomas Sassenberg und mir in der Zeitschrift CR 2015, 298):

Die Neue Westfälische berichtete vor wenigen Tagen über geplante öffentliche WLANs in Paderborn (Hervorhebungen hier):

„Freies W-LAN in der City sei nach Meinung der Christdemokraten ein zusätzlicher Service für Kunden, Bürger und Touristen. … doch komme jetzt durch geplante neue gesetzliche Vorgaben mehr Dynamik in die Angelegenheit.

So soll nach einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung die bisherige rechtliche Problematik der sog. Störerhaftung beseitigt werden. Bislang mussten Anbieter von W-LAN für ihre Kunden haften, falls Nutzer beispielsweise illegal urheberrechtlich geschützte Inhalte heruntergeladen haben. Deswegen war wiederholt – auch in Paderborn – das Konzept der „Freifunker“ genannt worden. Danach würden viele offene W-LAN-Netze zusammengeschlossen und sollten dann der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Doch sieht der neue Gesetzesentwurf offenbar vor, dass die Nutzer namentlich genannt werden.

Weil das in der Praxis schlicht unmöglich sei, so die CDU, werde ein solches Projekt in vielen Städten bereits wieder „ad acta“ gelegt. …“

Mit anderen Worten: Schon jetzt wirft der TMG-Gesetzesentwurf seine Schatten voraus und behindert den Aufbau von WLANs, Pläne werden gar „ad acta“ gelegt.

Anzumerken ist dazu allerdings, dass die CDU in Paderborn erneut überlegen sollte.

Zunächst mussten Nutzer nach dem (alten) TMG-Entwurf nicht namentlich „genannt werden“, sondern sollten dem Betreiber „namentlich bekannt“ sein. Sinn und Zweck war wohl, die Bereitstellung rein privater WLANs auf den privaten Bereich zu beschränken (s. dazu hier; FAQ des Bundeswirtschaftsministeriums Frage 1, dazu hier; ferner Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298, 302 f.). Die Interpretation, die der Äußerung der CDU in Paderborn zu Grunde liegt, ist nach meiner Auffassung deshalb falsch – der Gesetzesentwurf wurde allerdings auch von anderen so verstanden, z.B. von Bergt bei CR-Online.

Am wichtigsten aber ist: Die Bundesregierung hat die entsprechende Passage, nämlich § 8 Abs. 5 TMG-RefE, im aktuellen Gesetzesentwurf schlicht gestrichen. Die Namensnennung oder die Bekanntheit der Nutzer ist damit – auch bei rein privaten WLANs – kein Thema mehr. Dementsprechend müsste die CDU also öffentliche WLANs und die Zusammenarbeit mit Freifunk in Paderborn wieder vom Aktenstapel herunter und in die Hand nehmen …

(Vielen Dank an Freifunk Paderborn für den Hinweis auf den Artikel)

Der geänderte WLAN-Gesetzesentwurf zur Änderung des TMG: Keine Verbesserungen für öffentliche WLANs

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf zur Änderung der Haftungssituation bei WLANs überarbeitet und mittlerweile auch bei der EU-Kommission notifiziert (aktueller Text hier; Michel Vorsprach hat eine Synopse des alten und neuen Entwurfstexts hergestellt, danke dafür!).

Wie bereits gemunkelt worden ist, wurde insbesondere § 8 Abs. 5 TMG, der spezielle Anforderungen für private (insbesondere familiäre) WLANs vorsah, gestrichen.

Ich möchte auf die Änderungen in aller Kürze eingehen. Größtenteils verbleibt es bei meinen bisherigen Ausführungen zum Entwurf und zur FAQ des BMWi:

1) Redaktionelle Änderungen

Der neue Entwurf hat einige redaktionelle Änderungen erfahren. Auffallend ist insbesondere, dass – allein in der Begründung – nicht mehr vom „Anbieter“ sondern vom „Betreiber von WLAN-Netzen“ oder „WLAN-Betreiber“ die Rede ist. Der Text hingegen spricht weiterhin vom „Diensteanbieter“.

2) Anwendungsbereich der Privilegierung

§ 8 Abs. 4 TMG-Entwurf gilt – anders als zuvor – nun für alle Anbieter nach § 8 Abs. 3 TMG-E (also alle, die – kumulativ – Zugang zu Informationen vermitteln, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 TMG erfüllen und ein WLAN anbieten). Die Unterscheidung zwischen dem „privaten“ und dem „geschäftsmäßigen“ Anbieter bzw. „als öffentliche Einrichtung“ entfällt komplett. Für Private gilt daher genau das selbe wie für Nicht-Private. Entscheidendes Kriterium ist also nur noch, ob das WLAN „Nutzern zur Verfügung gestellt wird.“ Das trifft nach dem Wortlaut auch auf den privaten Anschlussinhaber zu, der nur seinen Familienmitgliedern das WLAN zur Verfügung stellt. Es kommt daher nicht darauf an, ob das WLAN auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, obwohl Ziel des Gesetzes ja die Förderung der Verbreitung von öffentlichen WLANs ist.

Dies stellt die Begründung nun auch explizit klar (Hervorhebung hier):

„In diesem Sinne kodifiziert § 8 Absatz 4 Satz 1 TMG, dass alle Diensteanbieter, unabhängig davon, ob sie ihr WLAN zu kommerziellen Zwecken, im privaten Umfeld oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen, grundsätzlich dann nicht als Störer in Anspruch genommen werden können, wenn sie die ihnen zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern.“

Mit dem Gesetz wird daher auch die bisherige Filesharing-Rechtsprechung auf den Prüfstand gestellt werden müssen, sobald sich der in Anspruch genommene Anschlussinhaber damit verteidigt, dass er (z.B. seinen Familienmitgliedern) ein WLAN zur Verfügung gestellt hat und darlegt, dass diese Nutzer als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen. Denn dann käme die Rechtsprechung um eine Prüfung des (neuen) § 8 TMG und von dessen Voraussetzungen nicht mehr umhin.

3) Voraussetzung der Privilegierung: Zumutbare Maßnahmen

Die Bundesregierung hat den Gesetzesentwurf insbesondere etwas entschlackt und die Gesetzesbegründung ergänzt.

a) Verschlüsselung

Die Anforderung der Verschlüsselung hat sie aus dem Gesetzestext gestrichen und belässt es jetzt bei der Anforderung von zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs durch unberechtigte Dritte. Dass hierfür z.B. Verschlüsselungsmaßnahmen ergriffen werden, steht nun nur noch in der Gesetzesbegründung:

„Erste Voraussetzung für eine Befreiung von der Störerhaftung ist, dass der WLAN-Betreiber sein Netzwerk in angemessener Form technisch gegen den Zugriff durch Unberechtigte sichert. […] Die jeweils angemessene Sicherungsmaßnahme kann im Sinne der gebotenen Technologieneutralität der Betreiber selbst bestimmen. Hierfür kommt insbesondere die Verschlüsselung des Routers in Betracht, die vielfach bereits vom Hersteller vorgesehen ist, wie gegenwärtig in Form des WPA2-Standards. Möglich wäre aber auch eine freiwillige Registrierung der Nutzer.“

Dass das Erfordernis einer Verschlüsselung dem Ziel der Förderung von öffentlichen WLANs widerspricht, habe ich bereits mehrfach (hier und hier) zum Ausdruck gebracht (siehe auch eingehend Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298). Noch immer begründet die Bundesregierung diese Anforderung u.a. mit dem Schlagwort Cybersicherheit. Sicherheit des WLANs kann aber eben auch ohne Verschlüsselung hergestellt werden. Der Gesetzesentwurf belässt es daher bei der daraus resultierenden erheblichen rechtlichen Unsicherheit für den Betreiber.

b) Registrierung

Als Alternative zur Verschlüsselung soll – jetzt neu – insbesondere eine „freiwillige Registrierung der Nutzer“ in Betracht kommen.

Unklar ist aber, was das bedeutet: „Freiwillig“ für den Anbieter oder „freiwillig“ für den Nutzer? – Vermutlich eher für den Anbieter.

Die Bundesregierung will mit dem Merkmal der „Freiwilligkeit“ eventuell datenschutzrechtlichen Problemen aus dem Weg gehen und den Anbieter auf die allgemeinen datenschutzrechtlichen Normen verweisen. Eine konkrete Ermächtigung zur Erhebung von personenbezogenen Daten enthält der TMG-Entwurf aber weiterhin nicht. Es dürfte daher weiterhin gelten, was das BMWi in seiner FAQ festgestellt hat: Der TMG-Entwurf verpflichtet nicht zur Registrierung der Nutzer oder zur Erstellung von Protokollen.

Weiter ist unklar, was (also welche Daten) diese Registrierung umfassen soll. Wenn man sie mit der Verschlüsselung vergleicht, dürfte es aber nicht erforderlich sein, Namen und Adresse zu erfassen. Denn auch bei der Verschlüsselung bleibt der Nutzer dem Anbieter im Ergebnis unbekannt. Vielmehr könnte es wohl ausreichen, wenn man sich die E-Mail-Adresse des Nutzers mitteilen lässt. Ob diese wiederum verifiziert werden muss, bleibt ebenso offen.

c) Erklärung, keine Rechtsverletzungen zu begehen

Verblieben ist es dabei, dass der Anbieter vom Nutzer eine Erklärung einholen muss, dass dieser keine Rechtsverletzungen begehen wird. Dieser Punkt ist – da er im Ergebnis ein reines Placebo darstellt – vielfach kritisiert worden (s. hier und Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298).

 4) Neu: § 2a TMG

Neu ist § 2a TMG-E. Die Regelung dient der Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Dienste 2010/13/EU und hat für die materiell-rechtlichen Fragen wenig Bedeutung.

5) Fazit, tl;dr

Insgesamt stellen die Veränderungen keine Verbesserungen dar. Die grundlegende Kritik, die vor allem auch von Verbänden kam, hat die Bundesregierung nicht aufgegriffen. Stattdessen hat sie – für familiäre WLANs erfreulich – § 8 Abs. 5 TMG-Entwurf gestrichen.

Für öffentliche WLANs hält aber auch der neue Entwurf keine positiven Nachrichten bereit. Das Ziel der Förderung öffentlicher WLANs wird wohl auch er klar verfehlen.

Auf dem Fast-Track: Bundesregierung notifiziert EU-Kommission über Entwurf zur (neuen) Vorratsdatenspeicherung

Nach der Europäischen Richtlinie 98/34/EG müssen Mitgliedsstaaten „Technische Vorschriften“ im Sinne von Art. 1 Nr. 11 RL 98/34/EG  bei der EU-Kommission notifizieren (mehr dazu vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages hier, PDF). Zu diesen „technischen Vorschriften“ gehören auch Normen, die Dienste der Informationsgesellschaft betreffen, also vereinfacht gesagt insbesondere Regelungen im Zusammenhang mit Telekommunikation und Telemedien.

Diese sogenannte TRIS-Notifizierung hat die Bundesregierung nun am 5.6.2015 vorgenommen (der gemeldete Gesetzestext findet sich hier) und damit die Weichen für das Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung weiter auf „Vorwärts“ geschaltet.

Aus der Notifizierung:

„8. Inhaltszusammenfassung
Das Gesetz führt eine Pflicht für die Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste ein, bestimmte Verkehrsdaten für eine Dauer von vier Wochen (Standortdaten) bzw. zehn Wochen (Verbindungsdaten) zu speichern und macht Vorgaben, die die Sicherheit der gespeicherten Daten gewährleisten sollen.

9. Kurze Begründung
Seitdem das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG von dem Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist (Urteil vom 2. März 2010, BVerfGE 125, 260) gibt es in Deutschland keine Pflicht für Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, Verkehrsdaten ihrer Kunden zu speichern. Um Schutzlücken bei der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr zu schließen, führt das Gesetz eine solche ein. Das Gesetz macht von der Ermächtigung in Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie 2002/58/EG Gebrauch und setzt die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 8. April 2014) um.

15. Folgenabschätzung
Für die Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste entsteht durch die Erfüllung der im Gesetz vorgesehenen Speicherpflicht und die damit verbundenen Regelungen zur Verwendung der Daten, zur Gewährleistung der Datensicherheit und Datenqualität, zur Protokollierung der Zugriffe auf die Daten sowie zur Aufnahme bestimmter Angaben in das zu erstellende Sicherheitskonzept ein zusätzlicher Aufwand. Dieser ist derzeit nicht bezifferbar. Vgl. im Einzelnen S. 3 f. und 31 ff. des Entwurfs.“

Die EU-Kommission und die u?brigen EU-Mitgliedsstaaten haben nach der Notifizierung drei Monate Zeit, um Bemerkungen vorzubringen (Art. 8 Abs. 2, 9 Abs. 1 RL 98/34/EG). Während dieser Zeit, also bis zum 7.9.2015 gilt eine Stillhaltefrist, in der das Gesetz nach Art. 9 Abs. 1 RL 98/34/EG nicht „angenommen“ werden darf. Demensprechend könnte das Gesetz frühestens im September 2015 in Kraft treten.

Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Kommission oder die anderen Mitgliedsstaaten hier Einwände erheben werden. Dies ist nicht ganz fernliegend, da der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments im Januar 2015 herausgestellt hatte, dass auch nationale Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung mit dem EuGH-Urteil, mit dem die entsprechende Richtlinie gekippt worden war, nicht mit europäischem Recht vereinbar sein dürften. Auf der anderen stehen aber wohl zumindest einige Mitgliedsstaaten einer (jeweils) nationalen Neuregelung eher positiv gegenüber. Die Bundesregierung stellt sich ja letztlich auch auf den Standpunkt, dass der Entwurf die gerichtlichen Vorgaben beachtet, was ihr viel Kritik eingebracht hat.

Wenn aber im Rahmen des Notifizierungsverfahrens Einwände erhoben werden, könnte dies für die Bundesregierung unangenehm werden, da sie dann noch weiter in Erklärungsdruck kommten würde. Grundsätzlich sieht die RL 98/34/EG sogar vor, dass nationale Gesetzesentwürfe für 12 oder 18 Monate blockiert werden können. Voraussetzung dafür wäre aber, dass die EU eine Richtlinie plant, die den Gegenstand des nationalen Gesetzes betrifft. Das ist aber derzeit wohl eher nicht der Fall.

Die Notifizierung zeigt also jedenfalls den Zeitplan der Bundesregierung. Immerhin drei Monate bleiben aber, um noch Einfluss zu nehmen.