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Lesetipp: von Zimmermann, Die Einwilligung im Internet

Ein Lesetipp für Datenschutzrechtler und -interessierte: Die Dissertation von von Zimmermann mit dem Titel „Die Einwilligung im Internet“ ist als PDF vollständig und durchsuchbar im Internet verfügbar (Direktlink, PDF, 1,9 MB).

Die Thematik der Einwilligung ist im Datenschutzrecht in den meisten Fällen wohl die Weichenstellung schlechthin, da sich in den allermeisten Fällen nicht alle Nutzungsarten und -formen über gesetzliche Erlaubnistatbestände (insbesondere § 28 BDSG) lösen lassen. Unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung überhaupt und wirksam erteilt werden kann, ist Gegenstand der Dissertation (Universität Göttingen bei Prof. Spindler) von von Zimmermann.

Die Arbeit ist absolut lesenswert und tiefgründig. Sehr erfreulich ist, dass die Arbeit, die im epubli-Verlag erschienen ist, im Volltext im Internet verfügbar ist, auch wenn das Werk nicht unter einer offenen Lizenz steht. Hier nur ein paar persönliche Hinweise auf einzelne Themen:

Von Zimmermann geht auf den „risk-based approach“ ein, der insbesondere im Zusammenhang mit der Datenschutzgrundverordnung diskutiert wird (S. 52 ff.).

Ferner befasst er sich intensiv (und kritisch) mit den BGH-Entscheidungen „Vorschaubilder“ I + II, die eine bestimmte Form der „konkludenten Einwilligung“ konstruieren (S. 76 ff.):

Die Auswirkungen der Vorschaubilder-Entscheidungen sind gro?ßer als ein erster kurzer Blick vermuten la?sst. Wenn etwa der Bundesgerichtshof ‚nur‘ von „schlichten Einwilligungen“ spricht, begrenzt er damit nicht etwa den Anwendungsbereich seiner Ausfu?hrungen: Alle in dieser Arbeit untersuchten Einwilligungen sind „schlichte Einwilligungen“.

Ab S. 227 geht die Doktorarbeit auf die (nach meiner Auffassung) besonders kritischen Koppelungsverbote ein:

Unter einem Koppelungsverbot ist zu verstehen, dass die Leistung nicht von einer Einwilligung abha?ngig gemacht werden darf. Ansonsten ist die Einwilligung unwirksam und gegebenenfalls bereits das Angebot eine Ordnungswidrigkeit nach § 43 BDSG. …

Neben dem wettbewerbsrechtlichen Koppelungsverbot bestehen die Koppelungsverbote aus § 28 Abs. 3b BDSG und § 95 TKG1261. Sowohl BDSG als auch TKG verbieten die Kopplung der erbrach- ten Leistung mit einer datenschutzrechtlichen Einwilligung fu?r andere Zwecke. Ein Unterschied ko?nnte aber darin gesehen wer- den, dass nach BDSG dem Einwilligenden „ein anderer Zugang zu gleichwertigen vertraglichen Leistungen“ verwehrt sein muss, wa?hrend nach dem TKG auf einen „Zugang zu diesen Tele- kommunikationsdiensten“ abgestellt wird. Aus dieser Differenz im Wortlaut ko?nnte man ablesen, dass im TKG der Anbieter selbst genau diesen Dienst auch ohne Einwilligung anbieten muss, etwa zu einem ho?heren Preis. Dafu?r spricht eine datenschutzfreundliche Auslegung, die durchaus vom Wortlaut gedeckt ist, dagegen jedoch die Intention des Gesetzgebers, TKG und BDSG insoweit gleichlaufend zu behandeln, weshalb das Koppelungsverbot im TKG entsprechend dem des BDSG auszulegen ist. …

Auch auf die Frage der Freiwilligkeit der Einwilligung geht von Zimmermann eingehend ein (S. 238 ff.).

Die Vorlageentscheidung des LG München I zur Haftung bei WLANs zum EuGH in der Analyse – MMR 2015, 85

Mit Beschluss vom 18.9.2014 hat das LG München I mittels Vorlagebeschluss dem EuGH verschiedene Fragen zur Haftung des Betreibers eines gewerblichen WLANs dem EuGH vorgelegt (LG München I, Beschluss vom 18.09.2014 – 7 O 14719/12; Volltext hier).

Die Entscheidung des LG München I habe ich hier im Blog schon analysiert. Nun ist in der Zeitschrift MMR der Aufsatz von Dr. Thomas Sassenberg und mir mit dem Titel „Verantwortlichkeit des Access-Providers auf dem europäischen Prüfstand – Neun Fragen an den EuGH zu Haftungsprivilegierung, Unterlassungsanspruch und Prüfpflichten des WLAN-Betreibers“ erschienen. In diesem Beitrag haben wir die Entscheidung näher analysiert, legen die Rahmenbedingungen einer möglichen Entscheidung des EuGH dar und versuchen eine Prognose (MMR 2015, S. 85 ff. – Heft 2/2015).

Aus dem Beitrag:

Das LG München I hat über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Verantwortlichkeit für einen öffentlichen WLAN-Hotspot geht. Mit Beschluss v. 18.9.2014 hat das LG nun dem EuGH neun Fragen vorgelegt (MMR 2014, 772), deren Beantwortung wesentliche Auswirkungen auf die Verantwortlichkeit nach den Grundsätzen der Störerhaftung haben wird. Inhaltlich und von der Bedeutung her betrifft die Entscheidung nicht nur die Prüfungs- und Überwachungspflichten des Betreibers eines WLAN-Hotspots, sondern stellt auch das Verhältnis der Haftungsprivilegierung nach dem Telemediengesetz einerseits und hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs andererseits auf den Prüfstand. Der nachfolgende Beitrag stellt die Vorlagefragen sowie die zu Grunde liegende nationale Rechtsprechung dar und geht diesen nach.
I. Hintergrund
Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Verbreitung von öffentlichen WLAN-Hotspots in Deutschland eher gering. zur Fussnote 1 Als Hemmnis für den Ausbau werden immer wieder die bestehende Rechtslage, insbesondere die Frage der Verantwortlichkeit sowie die regulatorischen Pflichten angeführt. Folgerichtig hat die derzeitige Bundesregierung im Rahmen ihres Koalitionsvertrags festgehalten, dass eine Klarstellung zu den Haftungsregelungen für WLAN-Hotspots dringend geboten sei. Nachdem es nicht zu dem noch für August 2014 von der Bundesregierung angekündigten Gesetzesentwurf gekommen ist, wurde die Opposition aktiv und legte im November 2014 einen eigenen Entwurf vor. Obwohl seitens der CDU auf ihrem Parteitag Anfang Dezember 2014 noch einmal beschlossen wurde, dass die Haftungsrisiken in Form der „Störerhaftung” für gewerbliche und nicht-gewerbliche WLAN-Betreiber abzubauen seien, liegt ein entsprechender Gesetzesentwurf bisher nicht vor.

Auf europäischer Ebene ist die Frage der Verantwortlichkeit des WLAN-Betreibers von eher untergeordneter Bedeutung. Gleichwohl hat sich die EU-Kommission ausdrücklich zu WLAN bekannt („Europe loves Wi-Fi”). Wie der Entwurf der Telecom Single Market-Verordnung zeigt, stehen im Fokus jedoch primär der Abbau regulatorischer Hemmnisse und die Sicherstellung der Realisierung (z.B. durch Aggregation von Endkundenanschlüssen, also die Zulässigkeit des WLAN-Sharing bei typischen Endkundenanschlüssen).

Nun könnte der nationale Wunsch, die Frage der Verantwortlichkeit des WLAN-Betreibers klarzustellen, durch die Vorlage des LG München I an den EuGH hinfällig werden. Der EuGH soll für einen nicht-kommerziellen WLAN-Hotspot klären, welche Anforderungen an die Diensteanbietereigenschaft zu stellen sind, wann von einem Anbieten i.S.d. Legaldefinition nach Art. 2 lit. b der sog. E-Commerce-Richtlinie (ECRL) auszugehen ist und wann ein Fall der Zugangsvermittlung vorliegt, damit die Privilegierung des Art. 12 ECRL bzw. § 8 TMG zur Anwendung kommt. …

 

Störerhaftung für Datenschutzverstöße Dritter (ZD 2014, 62) – online

In eigener Sache:

Mittlerweile ist mein in Heft 2/2014 der Zeitschrift für Datenschutz (ZD) auf S. 62-66 erschiener  Aufsatz mit dem Titel “Störerhaftung für Datenschutzverstöße Dritter – Sperre durch DS-RL und DS-GVO?” auch online abrufbar (PDF, 0,25 MB).

Der Aufsatz befasst sich mit der Frage, ob z.B. der Betreiber einer Webseite als Störer für Datenschutzverstöße bspw. von Google haften kann. Ausgangspunkt des Aufsatzes sind zwei Entscheidungen: Zum einen die Google Fanpages-Entscheidung des VG Schleswig vom 9.10.2013 (dazu die Meldung des Unabhängigen Datenschutzzentrums Schleswig-Holstein), zum anderen die Entscheidung des LG Potsdam zur Störerhaftung des Admin-C einer Domain für die Datenschutzverstöße des tatsächlichen Domaininhabers.

Aus dem Beitrag:

Soweit ersichtlich ist die Haftung für Datenschutzverstöße Dritter nach den Grundsätzen der Störerhaftung bisher kaum thematisiert worden. Mit einer Entscheidung des LG Potsdam auf der einen und des VG Schleswig auf der anderen Seite ist die Frage im Jahr 2013 in der Zivil- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterschiedlich beurteilt worden. Der folgende Beitrag geht der Frage einer (zivilrechtlichen) Störerhaftung für die Datenschutzverstöße Dritter vor dem Hintergrund der EG-Datenschutzrichtlinie und der geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung nach und beleuchtet die möglichen Folgen einer solchen Haftung für Internet Service Provider.

  1. Einleitung

Die Störerhaftung für Inhalte und Handlungen Dritter ist seit einigen Jahren immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit Inhalten im Internet. Meist standen dabei aber Verletzungen von gewerblichen Schutzrechten, des Namensrechts oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Vordergrund.[1] Die Frage einer Störerhaftung für Datenschutzverstöße Dritter hingegen ist bisher in Rechtsprechung und Literatur eher stiefmütterlich behandelt worden. Die Entscheidungen des LG Potsdam[2] und des VG Schleswig[3] haben diese Frage nun aufgeworfen. In der Literatur wird – jeweils ohne tiefergehende Begründung – eine Störerhaftung für Datenschutzverstöße teils bejaht,[4] teils – für die öffentlich-rechtliche Haftung als Zweckveranlasser – verneint.[5]

  1. Urteil des LG Potsdam

Das LG Potsdam hat mit Urteil vom 31.7.2013 den Admin-C einer Domain als Störer verurteilt. …

Download des Beitrags (PDF, 0,25 MB)

S. auch

Lesetipp: Rauer/Ettig, Creative Commons & Co, WRP 2015, 153

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Wettbewerb in Recht und Praxis“ (WRP) ist ein lesenswerter Aufsatz von Nils Rauer und Diana Ettig mit dem Titel „Creative Commons & Co – Rechtliche Fragestellungen rund um die Nutzung (kostenfreier) Bilddatenbanken“.

Rauer/Ettig führen in Open Content und die Lizenzierungsmodelle ein, wobei der Schwerpunkt auf der Verwendung von Bildern aus Bilddatenbanken wie Flickr, Pixelio, Piqs oder Pixabay liegt. Dabei gehen die Autoren insbesondere auf das Urteil des OLG Köln vom 31.10.2014 – 6 U 60/14 ein (und das Urteil der Vorinstanz), ferner werden aber auch das Pixelio-Urteil des LG Köln (dazu hier; s. auch Stadler, K&R 2014, 213), das in der Berufung zurückgenommen wurde sowie einige andere Urteile zu Bild-Datenbanken, die nicht unmittelbar zu Creative Commons-Lizenzen ergangen sind (zumindest geht es für mich nicht eindeutig aus dem jeweils verfügbaren Text hervor), eingearbeitet bzw. dargestellt.

Hervorzuheben ist noch, dass Rauer/Ettig ebenfalls der Auffassung sind, dass unter Creative Commons-Lizenz stehende Bilder nicht – wie das OLG Köln es vertreten hat – auch im Rahmen der Lizenzanalogie kostenlos seien (ebenso Mantz, GRURInt. 2008, 20, 22 – PDF). Auch kritisieren sie die Entscheidung des OLG Köln, keinen (realen) Lizenzaufschlag aufgrund fehlender Namensnennung anzunehmen.

 

(Un-)zulässigkeit der Deep Packet Injection, Aufsatz „Freund oder Feind auf meiner Leitung?“ in MMR 1/2015

Im aktuellen Heft 1/2015 der Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR) ist ein Aufsatz von mir zur Frage der Zulässigkeit der Deep Packet Injection, also des (schreibenden) Eingriffs in den Datenstrom der Nutzer durch den TK-Anbieter erschienen (MMR 2015, 8 ff.). Der volle Titel lautet „Freund oder Feind auf meiner Leitung? – (Un-)Zulässigkeit des Eingriffs in den Datenstrom durch TK-Anbieter mittels Deep Packet Injection“.

Der Beitrag befasst sich mit dem Umstand, dass manche TK-Anbieter in den HTTP-Datenstrom ihrer Kunden zusätzliche HTML-Tags einfügen bzw. einfügten (z.B. Comcast), die Werbung einblenden oder Tracking ermöglichen können, also statt Deep Packet Inspection „Deep Packet Injection“. Dieses Vorgehen verschiedener Anbieter schon mehrfach bekannt geworden, „Stichworte“ dazu sind Comcast X-Finity, Phorm und Nebuad, wenn auch (noch?) nicht in Deutschland. Erst kürzlich wurde berichtet, dass Verizon und AT&T eine eindeutige ID in den HTTP-Header einfügen. Ich bin in meinem Aufsatz der Frage nachgegangen, ob das Einspeisen von Code vor dem Hintergrund des Fernmeldegeheimnisses, des TK-Datenschutzes sowie wettbewerbsrechtlich zulässig ist und welche Ansprüche die Beteiligten (Endnutzer, Wettbewerber, Webseitenbetreiber, Verbraucherschutzverbände) haben.

Auszug aus dem Beitrag:

(Internet-)Zugangsanbieter versorgen ihre Kunden mit dem Zugang ins Internet. Der Datenstrom der Nutzer fließt daher zwangsläufig durch ihre Anlagen und Netzwerke. Diese strategisch günstige Stellung wollen manche Anbieter für neue Geschäftsmodelle nutzen. Eine Möglichkeit ist der Eingriff in den Datenstrom der Kunden, u.a. um hier Werbung zu platzieren.

Der folgende Beitrag betrachtet die (zivil- und strafrechtliche) Zulässigkeit sowie Rechtsfolgen solcher Eingriffe in den Datenstrom. Dabei sollen zunächst der technische Hintergrund solcher Eingriffe (II.) und die wegen dieses Vorgehens angestrengten Verfahren gegen die Anbieter (III.) dargestellt werden. Daran schließt sich die rechtliche Analyse insbesondere zur Frage der Haftung des TK-Anbieters (IV.) an.
I. Einleitung
TK-Diensteanbieter, die ihren Kunden den Zugang zum Internet verschaffen (im Folgenden: TK-Anbieter bzw. Access-Provider), sind Vermittler zwischen ihren Kunden und dem Internet. Als Folge der technologischen und ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahre bieten sich TK-Anbietern durch ihre Mittlerrolle neue Geschäftsfelder, die ihnen quasi als Nebenprodukt zum Internetzugang zufallen.

So wurde Ende 2012 bekannt, dass der TK-Anbieter Telefónica plante, in Deutschland Standortdaten der eigenen Kunden zu sammeln, zu aggregieren und für Werbezwecke an Dritte zu verkaufen. Während dieses Modell in England bereits in die Tat umgesetzt wurde, nahm Telefónica auf Grund der öffentlichen Entrüstung – und wohl auch, weil dieses Vorgehen wahrscheinlich unzulässig ist – hiervon Abstand.

Ein weiteres Beispiel ist die Praxis einiger TK-Anbieter in den USA, Brasilien und möglicherweise auch Großbritannien, mittels „Deep Packet Injection” in den Datenstrom ihrer Kunden aktiv einzugreifen und dadurch bei ihren Kunden Werbung zu schalten oder Cookies zu platzieren und nebenbei das Surfverhalten ihrer Kunden zu analysieren. Dabei schalteten die TK-Anbieter die Werbung nicht zwangsläufig selbst, sondern arbeiteten hierfür mit Werbenetzwerken oder anderen Unternehmen zusammen. Erst 2014 wurde bekannt, dass auch der amerikanische Access-Provider ComCast Hinweise und Werbung in den Datenstrom der Nutzer seiner „XFinity”-WLAN-Hotspots einspeist. Im Zusammenhang mit diesen Eingriffen in den Datenstrom kam es in den USA, Großbritannien und Brasilien zu Verfahren gegen die betroffenen TK-Anbieter. Nicht bekannt ist bisher, ob deutsche TK-Anbieter bereits heute ähnlich vorgehen, oder ob sie dies planen. I.E. kann davon allerdings nur abgeraten werden.

Texte erstellen in Word schneller als in LaTeX? – Eine Studie aus PLOS One in der Kurzkritik

Kürzlich ist ein Paper von Knauff/Nejasmic im Open Access Journal PLOS One mit dem Titel „An Efficiency Comparison of Document Preparation Systems Used in Academic Research and Development“ erschienen, das die Effizienz bei der Verwendung von wissenschaftlichen Texten untersucht. Das Ergebnis vorweg: Wer mit Word schreibt, ist schneller als beim Schreiben mit LaTeX. Ich will hier gar nicht eine vollständige Kritik des Paper schreiben, sondern nur auf ein paar Punkte hinweisen (s. zum Erstellen von juristischen Doktorarbeiten mit LaTeX hier).

Das Abstract lautet:

The choice of an efficient document preparation system is an important decision for any academic researcher. To assist the research community, we report a software usability study in which 40 researchers across different disciplines prepared scholarly texts with either Microsoft Word or LaTeX. The probe texts included simple continuous text, text with tables and subheadings, and complex text with several mathematical equations. We show that LaTeX users were slower than Word users, wrote less text in the same amount of time, and produced more typesetting, orthographical, grammatical, and formatting errors. On most measures, expert LaTeX users performed even worse than novice Word users. LaTeX users, however, more often report enjoying using their respective software. We conclude that even experienced LaTeX users may suffer a loss in productivity when LaTeX is used, relative to other document preparation systems. Individuals, institutions, and journals should carefully consider the ramifications of this finding when choosing document preparation strategies, or requiring them of authors.

Das Ergebnis an sich ist erstmal etwas überraschend. Man würde erwarten, dass zumindest die erfahrenen LaTeX-Nutzer zumindest gleich schnell sind. Es lohnt sich aber, in das Paper hineinzusehen, um die Ergebnisse besser einordnen zu können (Hervorhebungen von mir):

The probe texts included three different text structures: (1) simple continuous text; (2) text with tables; and (3) mathematical text with several equations. The texts were selected based on a pilot study so that an expert could reproduce around 90% of the text in thirty minutes. …

The participants were instructed to reproduce the source text within thirty minutes. Each participant was given five minutes to familiarize themselves with the text. The performance of each participant was measured for each text sample by three variables: (1) the number of orthographic and grammatical mistakes; (2) the number of formatting errors and typos; and (3) the amount of written text (in symbols and words) produced within 30 minutes.

Es ging im Ergebnis also gar nicht darum, wissenschaftliche Texte zu schreiben, sondern wissenschaftliche Texte abzuschreiben (so auch die Kritik von @twig2nose und @neingeist). Im Ergebnis waren die Word-Nutzer insgesamt schneller und machten weniger Fehler als die LaTeX-Nutzer.

… For all other types of documents, our results suggest that LaTeX reduces the user’s productivity and results in more orthographical, grammatical, and formatting errors, more typos, and less written text than Microsoft Word over the same duration of time.

Als Ratschlag/Handlungsanweisung nehmen die Autoren daher mit:

… our study suggests that LaTeX should be used as a document preparation system only in cases in which a document is heavily loaded with mathematical equations. For all other types of documents, our results suggest that LaTeX reduces the user’s productivity and results in more orthographical, grammatical, and formatting errors, more typos, and less written text than Microsoft Word over the same duration of time.

Wie gesagt, will ich das Ergebnis gar nicht per se in Frage stellen. Das Erstellen von wissenschaftlichen Texten läuft aber (nach meiner Erfahrung) häufig anders ab als in der Studie untersucht. Die Autoren haben insbesondere nicht berücksichtigt, wie sich die Schnelligkeit beim Erstellen von Texten verändert, wenn bereits ein Text mit identischem Format erstellt worden ist. Es ist gerade im wissenschaftlichen Kontext häufig so, dass die Zeitschriften bestimmte Format-Vorgaben machen. Sind diese in einem Fall umgesetzt, kann der erstellte Text als Vorlage verwendet werden, was die Geschwindigkeit ganz erheblich erhöhen dürfte (sowohl in Word als auch in LaTeX).

Ich persönlich empfand es beim Erstellen meiner Doktorarbeit (in LaTeX) zunächst als sehr lästig, alle Formatierungen selbst einzustellen. Es hat auch einiges an Zeit gebraucht, mich in LaTeX einzufinden und einzuarbeiten. Als aber das „Drumherum“ endlich fertig war, habe ich es sehr genossen, mich praktisch nur auf den Text konzentrieren zu können. Formatfragen traten nach dieser Vorarbeit völlig in den Hintergrund. Auch die Erleichterung beim Zitieren und Erstellen der Bibliographie durch ein Einsatz von BibTex war deutlich spürbar (wofür es natürlich bei Word auch Lösungen in Form von EndNote oder Zotero gibt).Gerade in Fällen, in denen man mehr denken als schreiben sollte, stellt eine solche Vorgehensweies mit LaTeX daher eine erhebliche Entlastung dar.

Und einen weiteren Punkt möchte ich hervorheben: Durch die Arbeit mit LaTeX konnte ich zusätzlich eine Versionskontrolle einsetzen. Nach jedem Arbeitstag oder Abschluss eines größeren Abschnitts habe ich meine Text in Subversion eingecheckt. Dadurch war sichergestellt, dass ich bei Datenverlust oder Fehlbedienung praktisch jederzeit auf den (bzw. jeden) vorherigen Stand zurück konnte, was viel an Ruhe in die tägliche Arbeit hereingebracht hat. Ein ähnlich gutes System hat mir für Word bisher niemand zeigen können (natürlich kann man Word-Dateien als Blob einchecken, aber das halte ich für ziemlich witzlos).

Es wäre daher nach meiner Auffassung noch zu untersuchen, wie sich die Geschwindigkeit beim Erstellen von Texten über die Zeit verändert, wenn die Formatierung im Wesentlichen fest steht.

Nicht zu übersehen ist allerdings ein anderes Ergebnis der Studie: LaTeX-Nutzer machten mehr Fehler auch außerhalb der Formatierung. Dies ließe sich möglicherweise damit erklären, dass Word eine Rechtschreibkorrektur inklusive grammatikalischer Korrektur enthält, die (zumindest im deutschsprachigen Raum) durch die von LaTeX-Nutzern verwendeten Editoren nicht erreicht wird. Dies ist tatsächlich ein Argument für die Benutzung von Word, so lange ähnlich leistungsfähige Autokorrekturen nicht mit anderen Tools erreicht werden können.

Ein Ergebnis der Studie kann ich (wie man am obigen Text sieht), deutlich unterschreiben:

Word users rated their respective software as less efficient than LaTeX users (t (35.6) = −2.80, p<.01), but LaTeX users rated the learnability of their respective software as poorer than Word users (t (33.6) = 2.13, p<.05). However, LaTeX users assessed their work as less tiresome (t (35.38) = 2.16, p<.05) and less frustrating than Word users (t (38) = 2.27, p<.05). LaTeX users significantly more often reported to enjoy their work with their respective software than Word users (t (36.27) = −3.23, p<.01).

 

Lesetipp: Mansmann, Ins Netz bei Tempo 300 – Zum WLAN-Ausbau in ICEs

In der aktuellen c’t 2/2015 (S. 60-61) stellt Urs Mansmann unter dem Titel „Ins Netz bei Tempo 300 – ICE-Züge bekommen schnelles Internet“ den aktuellen und zukünftigen Stand des Ausbaus von Mobilfunk und WLAN in den ICEs der Deutschen Bahn dar. Auch hier im Blog wurde schon mehrfach über den Ausbau berichtet (s. z.B. zu den Plänen hier und zum Sachstandsbericht des Bundesverkehrsministeriums).

Mansmann geht dabei auch auf die verschiedenen (spannenden) Probleme mit dem Ausbau ein, z.B.:

Das Zusammenwirken aus hohen gefahrenen Geschwindigkeiten und hoher Frequenz sorgt für eien Dopplereffekt, der per Software ausgeglichen werden muss. …

Hinzu kommt, dass die Mobilfunknetze an Bahnstrecken hohen Spitzenbelastungen ausgesetzt sind. Rund 700 Sitzplätze hat ein ICE1 mit 14 Wagen … Fährt ein ICE vorbei, tauchen auf einen Schlag mehrere hundert Mobilfunktgeräte in einer Zelle auf, die sich nach kurzer Zeit wieder in Nachbarzellen umbuchen. Die Zahl der Nutzer verdoppelt sich, wenn sich zwei ICE auf der Strecke begegnen. …

Insgesamt ein lesenswerter Überblick!

Beitrag „Rechtsfragen beim Betrieb von öffentlichen WLAN-Hotspots“, NJW 2014, 3537 – erschienen

In eigener Sache:

Im aktuellen Heft 49/2014 der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) ist nun der Aufsatz mit dem Titel „Rechtsfragen beim Betrieb von öffentlichen WLAN-Hotspots“ (zusammen mit Dr. Thomas Sassenberg) erschienen (NJW 2014, 3537-3543).

Der Beitrag befasst sich überblicksartig mit Fragen der Verantwortlichkeit für WLAN-Hotspots und regulatorischen Fragen.

Aus dem Beitrag:

Die Verbreitung von WLAN-Hotspots nimmt stetig zu. Gleichzeitig wird aber häufig die bestehende Rechtslage, namentlich Fragen der Verantwortlichkeit und der regulatorischen Pflichten, als Hemmnis für den Aufbau und Betrieb von WLAN-Hotspots angesehen. Im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung ist festgehalten, dass eine Klarstellung zu den Haftungsregelungen für WLAN-Hotspots dringend geboten ist. Ein Entwurf hierfür wurde zunächst noch für August 2014 angekündigt, bisher von der Bundesregierung aber nicht vorgelegt. Zusätzlich diskutiert der europäische Gesetzgeber derzeit einen Verordnungsentwurf, der auch die Verbreitung von WLANs fördern soll. Dieser Beitrag geht überblicksartig auf den Aspekt der Verantwortlichkeit sowie die aus dem Telekommunikationsgesetz (TKG) resultierenden Fragestellungen ein und skizziert die aktuellen Entwicklungen.

I. Hintergrund

1. Regulatorische Anforderungen und Verantwort­lichkeit als Hemmnis?

Einheitlich wird davon ausgegangen, dass zumindest kurz- bis mittelfristig die Anzahl der öffentlichen WLAN-Hotspots weiter zunehmen wird. Grund hierfür ist insbesondere, dass die Mobilfunknetze derzeit nicht in der Lage sind, die entsprechenden Datenmengen aufzunehmen.  Daher sollen – unter dem Stichwort „data offloading“ diskutiert – öffentliche WLANs den Datenverkehr aufnehmen. Dies führt dazu, dass inzwischen in den meisten Hotels und Cafés WLAN-Hotspots zu finden sind und innerstädtische WLANs aufgebaut werden. Auch der Internetzugang in öffentlichen Verkehrsmitteln ist immer wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Verschiedene Netzbetreiber bieten zudem so genanntes WLAN-Sharing an, bei dem technisch der Teilnehmer (als Endkunde) Dritten nicht benötigte Übertragungskapazitäten zur Verfügung stellt und dafür im Gegenzug die Möglichkeit erhält, die weiteren Hotspots des Anbieters bzw. seiner Kunden zu nutzen.  Auch für den Sprachverkehr wird die Anbindung mittels WLAN, wenn auch noch zaghaft, genutzt.

Als Probleme beim Aufbau entsprechender Angebote werden meist Haftungsfragen auf der einen Seite und regulatorische Pflichten auf der anderen Seite angesehen. Dies ist auf Grund der Komplexität gut nachvollziehbar, letztendlich sind die aus beiden Aspekten resultierenden Anforderungen für den Betreiber aber handhabbar. Nichtsdestotrotz beabsichtigen der europäische wie der nationale Gesetzgeber die Förderung des Ausbaus von WLAN-Hotspots durch den Abbau von regulatorischen Hürden. Auf europäischer Ebene wird derzeit ein von der Kommission vorgelegter Vorschlag für eine Verordnung über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents und zur Änderung verschiedener Richtlinien (Single Market-Verordnung) diskutiert, die wesentliche Regelungen für den Aufbau und Betrieb von WLAN-Hotspots vorsieht, indem unter anderem für „Nebenbei-Anbieter“ regulatorische Anforderungen abgebaut und das WLAN-Sharing erheblich vereinfacht werden sollen.  Auf nationaler Ebene wurde zunächst ein Gesetzentwurf zur Regelung der Haftungsfragen angekündigt, aber nicht veröffentlicht. Aus Regierungskreisen war zu hören, dass die Neuregelung wohl bis zur für 2015 angedachten Novelle des TKG zurückgestellt werden soll. …

Die Haftung des WLAN-Betreibers und die Haftungsprivilegierung des § 8 TMG, GRUR-RR 2013, 497 – online

In eigener Sache:

Mein in der GRUR-RR 2013, S. 497 ff., erschienener Beitrag zur Haftung gewerblich betriebener WLANs ist nun auch online verfügbar (PDF). Der Beitrag befasst sich insbesondere mit der Entscheidung des LG Frankfurt (Urt. v. 28.6.2013 – 2-06 O 304/12 – Ferienwohnung), in dem das LG Frankfurt die Haftung des Betreibers eines WLANs im Rahmen der Vermietung von Ferienwohnungen abgelehnt hatte. Damit ist das LG Frankfurt einen ähnlichen Weg gegangen wie schon bei einem Urteil im Jahre 2010 (s. dazu meine Anmerkung hier – PDF).

Aus dem Beitrag (PDF, 0,1 MB):

Das LG Frankfurt hat sich – erneut – mit der Haftung des Anbieters eines gewerblich betriebenen WLANs für die Handlungen seiner Nutzer befasst. Anlässlich dieses Urteils geht der Beitrag auf die für WLANs anzuwendende Haftungsprivilegierung des § 8 TMG ein, behandelt dessen Voraussetzungen und Rechtsfolgen sowie die Neuerungen durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken in § 97a UrhG.

  1. Einleitung

WLANs sind auch in Deutschland praktisch überall anzutreffen. Allerdings hinkt der Ausbau öffentlich zugänglicher bzw. gewerblich betriebener WLANs im Vergleich zum Ausland in Deutschland stark hinterher. Zwar wurden in den letzten Jahren in einigen Städten Deutschlands öffentliche WLANs aufgebaut und es ist insoweit ein positiver Trend zu beobachten. Dennoch sind öffentliche WLANs noch immer die Ausnahme, die jeweils nur relativ kleine Bereiche erschließen. Von einer flächendeckenden Versorgung auch nur in Ballungsgebieten kann keine Rede sein. Grund für diesen Rückstand ist eine weiterhin bestehende große rechtliche Unsicherheit bei der Haftungssituation im Zusammenhang mit WLANs. Diese Rechtsunsicherheit hemmt den Aufbau von gewerblich betriebenen WLANs bis heute.[1] Dabei ist gerade im gewerblichen Bereich das Angebot eines WLANs für (potentielle) Kunden nicht nur zum Standard geworden, sondern praktisch zwingend, um die tatsächlich bestehende Nachfrage der Kunden befriedigen zu können.[2]

In den letzten Jahren hat sich eine umfangreiche Judikatur rund um die Haftung von privaten Internetanschlussinhabern und die Mitbenutzung von privaten WLANs herausgebildet.[3] …

Anmerkung zu LG Berlin, 31.1.2013 – 57 S 87/08, ZD 2013, 618: Personenbezug von IP-Adressen – jetzt online

In eigener Sache:

Meine in der Zeitschrift für Datenschutz (ZD) 2013, S. 625 ff., erschienene Anmerkung zur Entscheidung des LG Berlin, Urt. v. 31.1.2013 – 57 S 87/08 (Personenbezug von IP-Adressen – Volltext hier) zur Frage des Personenbezugs von IP-Adressen ist nun auch online verfügbar (PDF).

Der BGH hat die Frage im Revisionsverfahren zum Urteil des LG Berlin kürzlich dem EuGH vorgelegt (BGH, Beschl. v. 28.10.2014 – VI ZR 135/13). Die Entscheidungsgründe liegen aber noch nicht vor. Ich werde die Gründe nach Erscheinen voraussichtlich kurz in der NJW kommentieren.

Aus der Anmerkung zum Urteil des LG Berlin (PDF, 0,1 MB):

Die Diskussion um die Frage, ob (dynamische) IP-Adressen auch für andere als den Access Provider personenbezogene Daten i.S.d. § 3 BDSG darstellen und damit unter das Regime des Datenschutzes fallen, ist bereits seit mehreren Jahren im Gange. Interessanterweise gibt es hierzu bisher trotzdem nur instanzgerichtliche Entscheidungen (für Personenbezug AG Berlin-Mitte K&R 2007, 600; LG Berlin MMR 2007, 799; LG Berlin CR 2006, 418; VG Wiesbaden MMR 2009, 428; gegen Personenbezug AG München MMR 2008, 860; LG Wuppertal, Beschl. v. 19.10.2010 – 26 Qs 10 Js 1977/08, BeckRS 2010, 25680; wohl auch OLG Hamburg MMR 2011, 281, 282). Das LG Berlin hat sich mit seiner Entscheidung umfassend mit der Thematik beschäftigt und sich nun im Ergebnis der Theorie des relativen Personenbezugs angeschlossen.

1. Im Kern geht es bei dem Streit um die Definition der Bestimmbarkeit des Personenbezugs von Daten speziell in Bezug auf (dynamische) IP-Adressen: Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person. „Bestimmt“ in diesem Sinne ist die Person, wenn sich aus allen der verantwortlichen Stelle zur Verfügung stehenden Daten die Person unmittelbar ableiten lässt (Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl. 2012, § 3 Rn. 10), beispielsweise, wenn die Stelle auch den Namen der Person erhoben und gespeichert hat. Bei der „Bestimmbarkeit“ wiederum wird in der Regel darauf abgestellt, ob die konkrete Person mit Hilfe anderer Informationen und Zusatzwissen ermittelt werden kann (Krüger/Maucher, MMR 2011, 433). Dabei kann …