Lesetipp: Roggenkamp/Ballhausen, Verantwortlichkeit gewerblicher Hotspot-Betreiber, AnwZert-IT-Recht 18/2014, Anm. 2 – und zur Zumutbarkeit der Verschlüsselung von WLANs

Prof. Dr. Jan Dirk Roggenkamp (@rajdr) und Dr. Miriam Ballhausen (@Miriam_B) haben in der Online-Zeitschrift Anwalt-Zertifikat-IT-Recht einen lesenwerten Beitrag mit dem Titel „Verantwortlichkeit gewerblicher Hotspot-Betreiber“ veröffentlicht (AnwZert-IT-Recht 18/2014, Anm. 2), der insgesamt lesenswert ist (im Augenblick ist der Artikel – ohne Fußnoten – online, es ist aber gut möglich, dass er demnächst nicht mehr verfügbar sein wird).

Die Autoren nehmen u.a. die Urteile des AG Hamburg zur Anwendbarkeit von § 8 TMG auf WLANs (und auch hier und hier) zum Anlass, sich mit der Rechtslage bei gewerblichen Hotspots zu befassen. Dabei gehen sie auf Fragen der Darlegungs- und Beweislast und der Störerhaftung ein. Insbesondere befassen sie sich damit, welche Maßnahmen den Betreibern von WLANs im Rahmen der Prüfungs- und Überwachungspflichten bei der Störerhaftung zuzumuten sind, wobei sie auf Verschlüsselung, Sperren, Registrierung und Belehrung eingehen.

1. Verschlüsselung als zumutbare Pflicht?

Eine Verschlüsselung sehen Roggenkamp und Ballhausen entgegen meiner Auffassung (s. Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 228) als zumutbar an. Sie schreiben dazu:

Die Notwendigkeit der Passworteingabe vor Nutzung eines Hotspots ist in der Praxis üblich. Die Auffassung, die Pflicht zur Verschlüsselung schaffe bereits „eine Hürde, die das Geschäftsmodell zu beeinträchtigen vermag“ überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.

Ich halte diese Argumentation nicht für richtig. Denn bei (insbesondere entgeltlichen) Hotspots mag zwar die Eingabe einer Nutzer/Passwort-Kombination z.B. auf einer Splash-Page durchaus üblich sein. Die Frage der Verschlüsselung, die der BGH in der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ angesprochen hat, und die hier diskutiert wird, betrifft aber bereits die Ebene des Zugangs zum WLAN, z.B. durch WPA2-Verschlüsselung.

Wenn ein WLAN durch eine solche Verschlüsselung gesichert ist, kann der Nutzer ohne Kenntnis des Kennworts überhaupt keinen Zugang zum WLAN erhalten, er kann also auch keinerlei Kommunikation mit dem WLAN aufnehmen.Wer sich kommerzielle Hotspots, z.B. der Telekom genau ansieht, kann erkennen, dass das WLAN an sich unverschlüsselt ist. Wenn sich der Nutzer in das (unverschlüsselte) WLAN einloggt, erhält er aber keinen Zugang zum Internet, sondern nur zur lokalen Informationsplattform mit Möglichkeit der Eingabe der Nutzer/Passwort-Kombination oder dem Erwerb der Zugangsberechtigung z.B. mit Kreditkarte.

Ganz wichtig ist nach meiner Auffassung, dass zu verschlüsselten WLANs nur Nutzer Zugang erhalten können, die ihren Zugang bereits vorher erworben und dabei den WLAN-Schlüssel erhalten haben. Neue Kunden, die sich z.B. auf einer Splash-Page registrieren und dann ihre Nutzer/Passwort-Kombination erhalten, können aber – mangels Zugangsmöglichkeit zum WLAN – nicht gewonnen werden. Im typischen Fall eines Touristen, der durch eine fremde Stadt läuft und ein WLAN nutzen will, ohne z.B. am Kiosk oder im Mobilfunkgeschäft einen Zugang zum WLAN zu erwerben, wird die Gewinnung des Kunden praktisch unmöglich.

Auch die Modelle, bei denen das WLAN zunächst 30-60 Minuten kostenlos angeboten wird und danach nur gegen Entgelt weiter zur Verfügung steht, basieren darauf, dass der Zugang zum WLAN selbst erst einmal ohne Verschlüsselung möglich ist. Nach Ablauf der kostenlosen Nutzungszeit muss der Nutzer dann – aber innerhalb des WLANs – die Berechtigung für die weitere Nutzung erwerben.

Auch in einem Café mit verschlüsseltem WLAN wird der Kunde erst die Bedienung ansprechen müssen, wie man denn Zugang zum WLAN erhält. Dies stellt nach meiner Auffassung einen klaren Wettbewerbsnachteil zum unverschlüsselten WLAN des Cafés nebenan dar.

Letztlich sollen WLANs auch als Informationsplattformen dienen. Die Stadt Berlin bspw. überlegt seit langer Zeit, ein WLAN im Stadtkern aufzubauen bzw. aufbauen zu lassen. Dabei sollen Nutzer nicht nur die ersten 30 Minuten kostenlos im Internet surfen können. Sie sollen zusätzlich auch nach den 30 Minuten auf eine Informationsplattform gelangen, wo sie Informationen über Berlin, zu aktuellen Veranstaltungen etc. erhalten können. Auch dies ist bei Verschlüsselung des WLANs nur möglich, wenn der Nutzer bereits vor Zugang zum WLAN den Schlüssel kennt.

Eine Verschlüsselung ist auch aus diesen Gründen dem gewerblichen Betreiber eines Hotspots unzumutbar.

2. Weitere Pflichten

Weitere Pflichten sehen die Autoren mit der wohl mittlerweile h.M. als nicht zumutbar an. Eine Belehrung sehen sie – zumal vor dem Hintergrund der Entscheidung BGH „BearShare“ – als praktisch unwirksam an:

Nach hier vertretener Auffassung dürfte der tatsächliche Effekt einer solchen Belehrung gegen Null tendieren.

Auch Sperren lehnen sie rundheraus ab (zu den verschiedenen Arten der Sperren s. z.B. Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 231 ff.). Insoweit sind Roggenkamp und Ballhausen in guter Gesellschaft, z.B. das OLG Köln hat kürzlich Sperren als unzumutbar abgelehnt.

3. Fazit

Der Beitrag fasst kurz und lesenswert wichtige Punkte im Hinblick auf die Haftung der Betreiber von gewerblichen WLANs zusammen. Schön (mit Ausnahme des Punkts zur Verschlüsselung) ist jedenfalls das Fazit des Beitrags:

Betreiber gewerblicher Hotspots sind als Access-Provider zu behandeln und genießen die gleichen Haftungsprivilegien wie „richtige“ Access-Provider wie die DTAG, Telefonica, Versatel etc. Maßnahmen die über die Verschlüsselung29 und ggf. eine Nutzerbelehrung hinausgehen, sind unzumutbar und ihr Nichtergreifen kann keine Störerhaftung begründen.

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