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Aufsatz: Die Meldepflicht nach § 6 TKG – Mitteilung Nr. 149/2015 der Bundesnetzagentur und ihre Folgen, MMR 2015, 428

In eigener Sache:

Im aktuellen Heft 7 der Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR) ist nun der Beitrag von Thomas Sassenberg und mir mit dem Titel „Die Meldepflicht nach § 6 TKG – Mitteilung Nr. 149/2015 der Bundesnetzagentur und ihre Folgen“ erschienen (MMR 2015, S. 428 ff.).

Ich hatte die Mitteilung der Bundesnetzagentur zur Meldepflicht nach § 6 TKG (Nr. 149/2015) (PDF) schon in meinem Blog-Beitrag „Die geplante Vorratsdatenspeicherung und WLAN-Hotspots – (Kein) Untergang für WLANs?“ angesprochen. Im Wesentlichen geht es darum, dass die Bundesnetzagentur den Begriff des „Erbringens“ bei WLANs im Rahmen der Meldepflicht nach § 6 TKG anders (als bisher) auslegen will. Dies hat einige nachteilige Folgen, unsere These ist, dass die Änderung Folgefragen auslöst – was sich z.B. im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung unmittelbar gezeigt hat.

Aus dem Beitrag:

Die Bundesnetzagentur hat sich in der im Amtsblatt 4/2015 veröffentlichten Mitteilung Nr. 149/2015 mit dem Anwendungsbereich für meldepflichtige Telekommunikationsdienste nach § 6 TKG beschäftigt und ist dabei insbesondere der Frage nachgegangen, wann Betreiber von öffentlichen WLAN-Hotspots einer Meldepflicht unterliegen. Die Mitteilung der Bundesnetzagentur soll Unsicherheiten hinsichtlich der Meldepflichten beseitigen, führt tatsächlich jedoch zu Folgefragen. Der nachfolgende Beitrag soll klären, ob die von der Bundesnetzagentur gewählte Auslegung – insbesondere in Bezug auf die Meldepflicht – im Einklang mit dem TKG sowie europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben steht.

I. Ausgangssituation und bisherige Auffassung in der Literatur

1. Ausgangssituation

Bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) sind derzeit 3.583 Unternehmen gemeldet.[1] Dabei hat die Zahl der gemeldeten Unternehmen in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen, obwohl es bei den „klassischen Telefonieanbietern“ zu Konsolidierungen gekommen ist.[2] Meldepflichtig ist nach § 6 Abs. 1 TKG derjenige, der gewerblich öffentliche Telekommunikationsnetze betreibt oder gewerblich öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringt. An die Tatbestandsmerkmale der Gewerblichkeit und Öffentlichkeit sind dabei nur geringe Anforderungen zu stellen,[3] so dass der Anwendungsbereich und damit die Meldepflicht nach bisher herrschender Meinung bei entgeltlichen E-Mail-Providern sowie öffentlichen WLAN-Hotspots, welche zum Zwecke der Absatzförderung geöffnet wurden, eröffnet war.[4]

Die Vielzahl von unterschiedlichen Betreibermodellen[5] sowie insbesondere die genannten Tatbestandsmerkmale der Gewerblichkeit und Öffentlichkeit führen bei Betreibern von öffentlichen WLAN-Hotspots zu Unsicherheiten über die Notwendigkeiten einer Meldung. Hinzu kommt, dass bei den Betreibern von öffentlichen WLAN-Hotspots Unklarheit darüber besteht, ob sie sich als sog. Access Provider auf die Haftungsprivilegierung nach § 8 TMG berufen können.[6] Dies hatte in der Praxis zum Teil die Folge, dass Anbieter der Meldepflicht auch dann nachgekommen sind, wenn die Voraussetzungen für eine Meldung tatsächlich nicht vorlagen. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass sich auf der Internetseite der Bundesnetzagentur der (zutreffende) Hinweis findet, dass die Meldung nach § 6 TKG keine Auswirkungen auf die Frage der Störerhaftung hat.[7]

Die Meldepflicht nach § 6 TKG dient dazu …

AG Schweinfurt: WLAN-Betreiber muss werkseitig vorgegebenes Passwort ändern

Auf initiative-abmahnwahn.de wird über ein aktuelles Urteil des AG Schweinfurt berichtet, in dem es um die Störerhaftung des Inhabers eines privaten WLANs geht (PDF, rund 4,5 MB).

Anders als zuvor das AG Frankfurt (Urteil und Anmerkung, MMR 2013, 607 – PDF; s. auch Koch, jurisPR-ITR 1/2014, Anm. 4) und das AG Hamburg (Urteil vom 09.01.2015 – 36a C 40/14) vertritt das AG Schweinfurt, dass der WLAN-Inhaber als Störer haftet, wenn er das werkseitig vorgegebenes Passwort nicht ändert. So konnte man die BGH-Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (dazu hier, hier, hier, hier, hier und meine Anmerkung in MMR 2010, 568) verstehen. Allerdings dürfte der BGH hier von falschen Tatsachen ausgegangen, außerdem sind zufällig vergebene, werksseitige Passwörter häufig deutlich sicherer als selbst gewählte (auf diese Frage bin ich konkret hier eingegangen). Anders kann dies allerdings sein, wenn das werkseitige Passwort durch den Hersteller gewählt war und angegriffen werden kann, so z.B. früher bei mehreren Routern der Marke Speedport der Telekom.

Interessant für den Leser könnte in diesem diesem Zusammenhang noch ein Urteil des AG Braunschweig aus dem letzten Jahr sein, in dem es um die Haftung für einen bekanntermaßen unsicheren WLAN-Router ging.

 

Freifunk und Kommunen, Teil 4 (heute: 3-Ländereck)

Rüdiger vom Freifunk 3-Ländereck hat mich im Nachgang zu meinen Berichten zur Zusammenarbeit von Kommunen mit Freifunk (hier, hier, hier, hier, hier und hier) auf eine ganze Reihe von erfolgreichen Kooperationen im Dreiländereck DE/FR/CH mit verschiedenen Gemeinden hingewiesen.

Hier, was Rüdiger mir freundlicherweise mitgeteilt hat (Danke!):

1. Stadt Rheinfelden

Städt. IT betreibt ca. 10 eigene Knoten (Rathaus, Stadtbibliothek,  Sportstätten). Die Stadtverwaltung und die städt. Wirtschaftsförderung unterstützen Freifunk aktiv und haben z.B. den beigefügten Flyer in 10.000er Auflage finanziert, Gewerbetreibende angeschrieben. Nutzung städt. Gebäude zugesagt, städt. Wohnbau bietet ebenfalls Gebäude und Nutzungsüberlassung einer eigenen Dark Fibre aus ihrem städt. Glasfasernetz für Freifunk-Backbone, Pilotprojekt: Fußgängerzone, danach weitere städtische Objekte

2. Gemeinde Grenzach-Wyhlen

Rathaus, weitere städt. Objekte in Vorbereitung (z.B. Schwimmbad, Haus der Begegnung), Nutzung städt. Gebäude zugesagt, finanzielle Unterstützung für Server-Infrastruktur zugesagt

3. Gemeinde Binzen

Ab Oktober Rathaus und weitere städt. Gebäude, Aufruf zur Teilnahme an Gewerbetreibende

4. Landratsamt Lörrach

Abstimmung zur Versorgung der Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises mit Freifunk (Termin 3.7.: konkrete Absprachen für GU Efringen-Kirchen)

5. Stadt Lörrach

Vorgespräch mit städt. Wirtschaftsförderung erfolgreich, Kooperation geplant, Terminanfrage der Stadt: 10.07.

6. Bad Säckingen

Probebetrieb im Rathaus zum Brückenfest, dauerhafte Versorgung Rathaus und weiterer Objekte von städt. IT angefragt.

7. Weitere Landgemeinden

– unterschiedlich intensive Kooperationen in Ühlingen-Birkendorf, Kleines Wiesental, Kandertal

 

Ich muss sagen, dass mich die Anzahl an Gemeinden, die doch mit Freifunkern zusammenarbeitet, dies plant oder erwägt, mich sehr positiv überrascht!

Alle Knoten des Freifunk 3-Ländereck finden sich hier in der Karte.

Freifunk und Kommunen, Teil 3 (heute: Ballenstedt und Regensburg)

Es gibt wie schon mehrfach angemerkt (hier, hier, hier und hier), positive Beispiele für die Förderung und/oder Zusammenarbeit von Kommunen mit Freifunkern. Hier noch ein paar mehr:

1. Ballenstedt

In der Stadt Ballenstedt sollen öffentlich geförderte Freifunk-Knoten touristische Plätze abdecken.

2. Regensburg

Die Mittelbayrische berichtet, dass sich die CSU-Fraktion in Regensburg das Landratsamt aufgefordert hat, die Möglichkeiten zur Unterstützung eines solchen Freifunk-Netzes im Landkreis zu prüfen.

 

Ihr wisst von weiteren Projekten in anderen Städten: Hinweise nehme ich gerne in den Kommentaren oder per E-Mail entgegen 🙂

(Mehr) Erfolgsgeschichten: Freifunk und die Kommunen

Auf meinen Beitrag „Erfolgsgeschichten“ von gestern hin wurde ich (zu Recht) darauf aufmerksam gemacht, dass ich die neueste Erfolgsgeschichte aus Rostock vergessen habe.

Wie das Rostocker OpenNet schon am 7.6.2015 gemeldet hat, hat die Bürgerschaft Rostock sich entschieden, Freifunk zu unterstützen. Die Stadt Rostock will dafür dem lokalen Freifunk-Verein den Zugang zu den Dächern der öffentlichen Gebäuden der Stadt erleichtern.

Jetzt soll der Antrag zunächst von der Stadtverwaltung geprüft und gemeinsam erörtert werden, wie die Zusammenarbeit konkret realisiert werden kann.

Näheres beim OpenNet e.V.

Erfolgsgeschichten: Freifunk kommt (endlich) in Kommunen an

Ich habe hier in letzter Zeit mehrfach über „Rechtsunsicherheit kills Public Wi-Fi“ berichtet und damit gemeint, dass Kommunen die weiter bestehende Rechtsunsicherheit zur Störerhaftung als Grund anführen, um selbst keine WLANs anzubieten oder Freifunk-Netze bzw. -Initiativen zu fördern (so z.B. Braunschweig, Gütersloh und Magdeburg, positiv aber Bremen).

Es gab in den letzten Wochen aber einige positive Nachrichten, die nicht unerwähnt bleiben sollen:

1. Gütersloh

Nachdem die Stadt Gütersloh den Freifunkern zunächst eine Absage erteilt hatte, berichtet Freifunk Gütersloh über eine Sitzung des Hauptausschusses der Stadt. Dort wurde der folgende Antrag (Update: mit Ausnahme von Punkt 1, über den nicht abgestimmt wurde – danke an wusel für den Hinweis!) angenommen:

  1. Die Ver­wal­tung wird be­auf­tragt, durch den Netz­be­trei­ber Regio IT den Port 10.000 frei­zu­schal­ten, um so die Vor­aus­setz­ung zu schaf­fen, dass Frei­funk Gü­ters­loh an dem Netz der Stadt Gü­ters­loh be­trie­ben wer­den kann
  2. Zeit­nah soll zu­sam­men mit der Bür­ger­ini­ti­ative Frei­funk Gü­ters­loh die Ver­sor­gung des Rat­haus (ins­be­son­de­re der öf­fent­lichen War­te­be­reiche wie z. B. das Bür­ger­büro) so­wie der Kul­tur­räume re­ali­siert wer­den.
  3. Des Wei­ter­en soll ge­prüft wer­den, wel­che zu­sätz­lichen städt­ischen Stand­orte – auch in der Nähe von oder in den Un­ter­künf­ten für Flücht­lin­ge und Asyl­an­ten – sich für eine kurz­fris­ti­ge Re­ali­sier­ung eig­nen.

2. Essen

Die Stadte Essen geht nach einem Bericht der WAZ auf Freifunk zu:

„Seit einer Weile liebäugelt die Stadt Essen mit der Idee, Essenern und Touristen kostenloses WLAN zur Verfügung zu stellen. Mehrere Modelle wurden geprüft, doch alle müssen mit Barem oder mit Daten bezahlt werden. Eine Alternative bietet der nicht-kommerzielle Freifunk e.V., der jetzt mit der Stadt ins Gespräch kommt. Am Mittwoch entscheidet der Rat über eine engere Zusammenarbeit mit dem Verein.

In der Ratsvorlage bietet man dem Verein nämlich an, „städtische Gebäude für Installation und Betrieb der für ein freies WLAN nötigen technischen Infrastruktur zu nutzen“.

Auch eine finanzielle Unterstützung der Freifunker soll geprüft werden.“

3. Hennef

Die Stadtverwaltung Hennef hat gemeldet, dass sie in der Touristen-Information einen Freifunk-Knoten aufgestellt hat und weitere folgen sollen.

„Weitere städtische Freifunk-Nodes – zu Deutsch „Knoten“ – sind im Bürgerzentrum im neuen Rathaus sowie in der Meys Fabrik geplant. … Bürgermeister Klaus Pipke und der städtische Wirtschaftsförderer Thomas Kirstges hoffen, dass sich nun auch mehr und mehr Geschäfte mit eigenen Freifunk-Nodes anschließen. „

4. Münster

Wie der Freifunk Münsterland berichtet, hat die Stadt Münster mit der Vorlage „Digitale Stadt Münster – WLAN“ u.a. die Unterstützung von Freifunk in der Stadt beschlossen (Beschlussvorlage hier, Tagesordnung der Sitzung hier, dort Punkt 13.2).

5. Mülheim

Auch die Stadt Mülheim plant ein freies, innerstädtsiches WLAN-Netz:

„Im Moment sieht es danach aus, dass die Stadt das Netz mit der Initiative des Freifunk Rheinland e.V. auf die Beine stellen wird. Laut Kämmerer Bonan hat es bereits mehrere Gespräche gegeben. Ersten Schätzungen zufolge werde der flächendeckende Aufbau für die Freiflächen zwischen historischem und technischem Rathaus einmalig 4000 Euro kosten. Danach müsste die Stadt jährlich 1300 Euro zahlen. Allerdings gibt es einen Haken: Die geplante Änderung des Telemediengesetzes und die geplante Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung könnten die Arbeit der Freifunker massiv erschweren.“

6. Landtag Nordrhein-Westfalen

Auch nicht unerwähnt soll bleiben, dass der nordrhein-westfälische Landtag heue einen Antrag zur Förderung von Freifunk angenommen hat. Dazu aber dann in einem separaten Blog-Eintrag mehr.

Der geänderte WLAN-Gesetzesentwurf zur Änderung des TMG: Keine Verbesserungen für öffentliche WLANs

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf zur Änderung der Haftungssituation bei WLANs überarbeitet und mittlerweile auch bei der EU-Kommission notifiziert (aktueller Text hier; Michel Vorsprach hat eine Synopse des alten und neuen Entwurfstexts hergestellt, danke dafür!).

Wie bereits gemunkelt worden ist, wurde insbesondere § 8 Abs. 5 TMG, der spezielle Anforderungen für private (insbesondere familiäre) WLANs vorsah, gestrichen.

Ich möchte auf die Änderungen in aller Kürze eingehen. Größtenteils verbleibt es bei meinen bisherigen Ausführungen zum Entwurf und zur FAQ des BMWi:

1) Redaktionelle Änderungen

Der neue Entwurf hat einige redaktionelle Änderungen erfahren. Auffallend ist insbesondere, dass – allein in der Begründung – nicht mehr vom „Anbieter“ sondern vom „Betreiber von WLAN-Netzen“ oder „WLAN-Betreiber“ die Rede ist. Der Text hingegen spricht weiterhin vom „Diensteanbieter“.

2) Anwendungsbereich der Privilegierung

§ 8 Abs. 4 TMG-Entwurf gilt – anders als zuvor – nun für alle Anbieter nach § 8 Abs. 3 TMG-E (also alle, die – kumulativ – Zugang zu Informationen vermitteln, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 TMG erfüllen und ein WLAN anbieten). Die Unterscheidung zwischen dem „privaten“ und dem „geschäftsmäßigen“ Anbieter bzw. „als öffentliche Einrichtung“ entfällt komplett. Für Private gilt daher genau das selbe wie für Nicht-Private. Entscheidendes Kriterium ist also nur noch, ob das WLAN „Nutzern zur Verfügung gestellt wird.“ Das trifft nach dem Wortlaut auch auf den privaten Anschlussinhaber zu, der nur seinen Familienmitgliedern das WLAN zur Verfügung stellt. Es kommt daher nicht darauf an, ob das WLAN auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, obwohl Ziel des Gesetzes ja die Förderung der Verbreitung von öffentlichen WLANs ist.

Dies stellt die Begründung nun auch explizit klar (Hervorhebung hier):

„In diesem Sinne kodifiziert § 8 Absatz 4 Satz 1 TMG, dass alle Diensteanbieter, unabhängig davon, ob sie ihr WLAN zu kommerziellen Zwecken, im privaten Umfeld oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen, grundsätzlich dann nicht als Störer in Anspruch genommen werden können, wenn sie die ihnen zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern.“

Mit dem Gesetz wird daher auch die bisherige Filesharing-Rechtsprechung auf den Prüfstand gestellt werden müssen, sobald sich der in Anspruch genommene Anschlussinhaber damit verteidigt, dass er (z.B. seinen Familienmitgliedern) ein WLAN zur Verfügung gestellt hat und darlegt, dass diese Nutzer als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen. Denn dann käme die Rechtsprechung um eine Prüfung des (neuen) § 8 TMG und von dessen Voraussetzungen nicht mehr umhin.

3) Voraussetzung der Privilegierung: Zumutbare Maßnahmen

Die Bundesregierung hat den Gesetzesentwurf insbesondere etwas entschlackt und die Gesetzesbegründung ergänzt.

a) Verschlüsselung

Die Anforderung der Verschlüsselung hat sie aus dem Gesetzestext gestrichen und belässt es jetzt bei der Anforderung von zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs durch unberechtigte Dritte. Dass hierfür z.B. Verschlüsselungsmaßnahmen ergriffen werden, steht nun nur noch in der Gesetzesbegründung:

„Erste Voraussetzung für eine Befreiung von der Störerhaftung ist, dass der WLAN-Betreiber sein Netzwerk in angemessener Form technisch gegen den Zugriff durch Unberechtigte sichert. […] Die jeweils angemessene Sicherungsmaßnahme kann im Sinne der gebotenen Technologieneutralität der Betreiber selbst bestimmen. Hierfür kommt insbesondere die Verschlüsselung des Routers in Betracht, die vielfach bereits vom Hersteller vorgesehen ist, wie gegenwärtig in Form des WPA2-Standards. Möglich wäre aber auch eine freiwillige Registrierung der Nutzer.“

Dass das Erfordernis einer Verschlüsselung dem Ziel der Förderung von öffentlichen WLANs widerspricht, habe ich bereits mehrfach (hier und hier) zum Ausdruck gebracht (siehe auch eingehend Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298). Noch immer begründet die Bundesregierung diese Anforderung u.a. mit dem Schlagwort Cybersicherheit. Sicherheit des WLANs kann aber eben auch ohne Verschlüsselung hergestellt werden. Der Gesetzesentwurf belässt es daher bei der daraus resultierenden erheblichen rechtlichen Unsicherheit für den Betreiber.

b) Registrierung

Als Alternative zur Verschlüsselung soll – jetzt neu – insbesondere eine „freiwillige Registrierung der Nutzer“ in Betracht kommen.

Unklar ist aber, was das bedeutet: „Freiwillig“ für den Anbieter oder „freiwillig“ für den Nutzer? – Vermutlich eher für den Anbieter.

Die Bundesregierung will mit dem Merkmal der „Freiwilligkeit“ eventuell datenschutzrechtlichen Problemen aus dem Weg gehen und den Anbieter auf die allgemeinen datenschutzrechtlichen Normen verweisen. Eine konkrete Ermächtigung zur Erhebung von personenbezogenen Daten enthält der TMG-Entwurf aber weiterhin nicht. Es dürfte daher weiterhin gelten, was das BMWi in seiner FAQ festgestellt hat: Der TMG-Entwurf verpflichtet nicht zur Registrierung der Nutzer oder zur Erstellung von Protokollen.

Weiter ist unklar, was (also welche Daten) diese Registrierung umfassen soll. Wenn man sie mit der Verschlüsselung vergleicht, dürfte es aber nicht erforderlich sein, Namen und Adresse zu erfassen. Denn auch bei der Verschlüsselung bleibt der Nutzer dem Anbieter im Ergebnis unbekannt. Vielmehr könnte es wohl ausreichen, wenn man sich die E-Mail-Adresse des Nutzers mitteilen lässt. Ob diese wiederum verifiziert werden muss, bleibt ebenso offen.

c) Erklärung, keine Rechtsverletzungen zu begehen

Verblieben ist es dabei, dass der Anbieter vom Nutzer eine Erklärung einholen muss, dass dieser keine Rechtsverletzungen begehen wird. Dieser Punkt ist – da er im Ergebnis ein reines Placebo darstellt – vielfach kritisiert worden (s. hier und Mantz/Sassenberg, CR 2015, 298).

 4) Neu: § 2a TMG

Neu ist § 2a TMG-E. Die Regelung dient der Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Dienste 2010/13/EU und hat für die materiell-rechtlichen Fragen wenig Bedeutung.

5) Fazit, tl;dr

Insgesamt stellen die Veränderungen keine Verbesserungen dar. Die grundlegende Kritik, die vor allem auch von Verbänden kam, hat die Bundesregierung nicht aufgegriffen. Stattdessen hat sie – für familiäre WLANs erfreulich – § 8 Abs. 5 TMG-Entwurf gestrichen.

Für öffentliche WLANs hält aber auch der neue Entwurf keine positiven Nachrichten bereit. Das Ziel der Förderung öffentlicher WLANs wird wohl auch er klar verfehlen.

Die geplante Vorratsdatenspeicherung und WLAN-Hotspots – (Kein) Untergang für WLANs?

Netzpolitik.org hat den derzeitigen Regierungsentwurf zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (euphemistisch als Höchstspeicherfrist bezeichnet) veröffentlicht (PDF). Bei Zeit-Online werden die Folgen der Vorratsdatenspeicherung diskutiert.

Zeit-Online sieht WLANs in der Pflicht zur Einrichtung der Vorratsdatenspeicherung, Rechtsanwalt Härting prophezeit im Interview das endgültige Aus für WLANs:

„Hat der Entwurf Auswirkungen auf andere Personen? Ja. Neben den Whistleblowern könnte er Anbietern von freien WLAN-Zugängen erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Denn er verpflichtet alle „Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste“, solche Daten zu speichern. Das sind nicht nur Telekommunikationsunternehmen. Im Zweifel betrifft das Gesetz jeden Cafébetreiber, der einen öffentlichen WLAN-Knoten zur Verfügung stellt. Verfassungsrechtler Härting sagt: „Das wäre das endgültige Aus für WLAN im öffentlichen Raum.“

Es stellt sich allerdings die Frage, ob das tatsächlich der Fall ist. Um es gleich vorweg zu nehmen: Eine eindeutige Antwort kann ich hier nicht geben. Es gibt aber – auch wenn die Vorratsdatenspeicherung kommt – guten Grund zur Hoffnung:

1. Der Gesetzesentwurf: Verpflichtet sind „Erbringer“ von öffentlichen TK-Diensten

§ 113a Abs. 1 TKG-E soll nach dem VDS-Entwurf u.a. lauten (Hervorhebung hier):

„Die Verpflichtungen zur Speicherung von Verkehrsdaten, zur Verwendung der Daten und zur Datensicherheit nach den §§ 113b bis 113g beziehen sich auf Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste. Wer öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringt, aber nicht alle der nach Maßgabe der nachstehenden Regelungen zu speichernden Daten selbst erzeugt oder verarbeitet, hat (1) sicherzustellen, dass die nicht von ihm selbst bei der Erbringung seines Dienstes erzeugten oder verarbeiteten Daten gemäß § 113b Absatz 1 gespeichert werden, und (2) der Bundesnetzagentur auf deren Verlangen unverzüglich mitzuteilen, wer diese Daten speichert.“

Nun ist die Frage, wer „Erbringer öffentlicher TK-Dienste“ ist. Nach bisheriger, eindeutiger Auffassung in der Literatur wohl auch der Betreiber eines WLAN-Hotspots (Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, 2014, Rn. 33 m.w.N.).

2. Die neue Auslegung der Bundesnetzagentur

Hier kommt nun aber eine am 4.3.2015 veröffentlichte Mitteilung der Bundesnetzagentur zur Meldepflicht nach § 6 TKG (Nr. 149/2015) (PDF) in Spiel (s. dazu kurz hier). Dr. Thomas Sassenberg und ich haben uns diese Mitteilung vor kurzem genauer angesehen, das Ergebnis wird im Juni- oder Juli-Heft der Zeitschrift Multimedia und Recht (MMR) in einem Beitrag unter dem Titel „Die Meldepflicht nach § 6 TKG – Die Mitteilung Nr. 149/2015 der Bundesnetzagentur und ihre Folgen“ erscheinen.

Warum ist diese Mitteilung hier relevant? Nun, die Bundesnetzagentur hat in der Mitteilung Nr. 149/2015 festgelegt, wie sie in Zukunft den Begriff des „Erbringens“ von Telekommunikationsdiensten auslegen will.

Dabei sieht die Bundesnetzagentur die Betreiber von WLAN-Hotspots in Cafés, Hotels etc., die lediglich ihren Internetanschluss mit anderen teilen und den Nutzern nicht einen eigenen Telekommunikationsanschluss zur Verfügung stellen, nicht als „Erbringer“ an, sondern lediglich als „Mitwirkende“ an einem Telekommunikationsdienst. Es ist ein wenig komplizierter als hier dargestellt – wer mag, schaue sich das im Amtsblatt an –  aber im Grunde sagt die Bundesnetzagentur, dass Betreiber von WLAN-Hotspots (in der Regel) keinen TK-Dienst „erbringen“. Man kann das dogmatisch kritisieren und es hat möglicherweise auch Folgen, die die Bundesnetzagentur vielleicht nicht bedacht hat.

Wenn man allerdings die Auslegung der Bundesnetzagentur ernst nimmt (und sie ist diejenige, die auf die Durchsetzung der Regeln des TKG, also auch der Vorratsdatenspeicherung nach § 113a TKG achtet, siehe § 115 TKG), dann findet § 113a TKG-E bzw. die gesamte Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung auf WLANs keine Anwendung!

Das WLAN-Sterben wird also – jedenfalls aufgrund der Vorratsdatenspeicherung im aktuellen Entwurf – voraussichtlich nicht einsetzen. Problematischer ist insoweit der Referentenentwurf zur Änderung von § 8 TMG.

Im Übrigen ist das auch tatsächlich kein echtes Problem, denn der „echte Erbringer des TK-Dienstes“, also derjenige, der z.B. den DSL-Anschluss zur Verfügung stellt, der über WLAN geteilt wird, der muss ja nach § 113a TKG-E speichern. Eine Schutzlücke gibt es – ähnlich wie das ja auch in dem Zusammenspiel von § 113a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TKG-E ersichtlich wird (siehe dazu S. 40/41 der Begründung zum Referentenentwurf) – nicht.

Unklar ist, ob die Bundesregierung hieran gedacht hat. Es ist allerdings damit zu rechnen bzw. zu hoffen, dass sie sich mit der Bundesnetzagentur abgestimmt hat, und die hätte wohl darauf hingewiesen.

3. Verbindlichkeit der Auslegung der Bundesnetzagentur auch für § 113a TKG-E

Eines ist noch zu beachten: Eigentlich hat sich die Bundesnetzagentur in der Mitteilung Nr. 149/2015 nur mit der Meldepflicht nach § 6 TKG auseinandergesetzt und nicht mit anderen Normen. Allerdings nutzt sie hierfür eben eine andere Auslegung eines Begriffs, der sich in einer Vielzahl von Normen des TKG wiederfindet, nämlich des „Erbringers von öffentlichen TK-Diensten“. Und es gibt aus meiner Sicht keinen logischen und rechtsdogmatisch haltbaren Grund, die Auslegung des Begriffs in § 6 TKG anders zu handhaben als in anderen Normen. In diese Richtung gehen auch Äußerungen von Mitarbeitern der Bundesnetzagentur, von denen ich gehört habe. Hier wurde auf einem Treffen im Hinblick auf die Verpflicht zur TK-Überwachung (nach § 110 TKG) wohl geäußert, dass die TK-Überwachung WLAN-Hotspots nicht treffe, die gar keinen öffentlichen TK-Dienst „erbringen“. Dementsprechend will die Bundesnetzagentur den Begriff wohl über das gesamte TKG  einheitlich auslegen.

Wer wissen will, wofür man WiFi eigentlich braucht …

… dem lege ich den Vortrag von Steffen Meyer-Tippach mit dem Titel „Die Bedeutung von WLAN für die Nutzung audiovisueller Medien“ (Re:publica bzw. Media Convention 2015) sehr ans Herz. Meyer-Tippach stellt das WLAN-Projekt der mabb vor und präsentiert eine Fülle von Zahlen zur Entwicklung der Nutzung von WLAN.

Wer mehr zum Thema Data-Offloading wissen will, hier ein paar Beiträge.

Bremen, WLAN und Freifunk – Bericht der Stadt v. 28.4.2015

Nach einer Mehrzahl von negativen Berichten unter der Überschrift „Rechtsunsicherheit kills Public Wifi“ heute ein positives Beispiel:

Wie Rainer Hamann (SPD) berichtet, soll auf der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit der Hansestadt Bremen am 28. April 2015 ein Bericht vorgestellt worden sein, der den aktuellen Stand der Umsetzung zum Antrag „Freifunk im Land Bremen – Unterstützung für bürgerschaftliches Engagement“ zusammenfasst (Bericht als PDF hier).

Darin heißt es u.a.:

II. Sachstand zur Umsetzung

Seit Januar 2015 haben mehrere Treffen mit Vertretern der Freifunk-Initiative Bremen und des Wirtschaftsressorts stattgefunden. Es wurde besprochen in welcher Form Unterstützungen für die Freifunk-Initiative wünschenswert wären. Neben Einzelprüfungen zu Nutzungsmöglichkeiten öffentlicher Gebäude und der Unterstützung bei zwei Veranstaltungen, wurde gemeinsam die Idee eines Stadtteilprojekts entwickelt. Ziel soll es hierbei sein, die Nutzungspotenziale von Freifunk in einem lokalen Bereich mit unterschiedlichen Beteiligten (Bürgerinnen, Bürger, Unternehmen, Ver- einen, soziale und kulturelle Einrichtungen usw.) sichtbar und in ihrer Funktionalität darstellbar zu machen.

Das Wirtschaftsressort hat weiterhin Kontakt mit Immobilien Bremen (IB Bremen) zur Prüfung der Nutzung öffentlicher Gebäude zur Optimierung des bestehenden Freifunk-Netzes sowie zur Unterstützung einer Veranstaltung aufgenommen.

Die Stadt Bremen positioniert sich auch zum WLAN-Referentenentwurf der Bundesregierung (Hervorhebungen hier):

Die allgemeine freie Verfügbarkeit des Internets über WLAN ist in Deutschland weitaus weniger verbreitet als in vielen anderen Ländern. Die Ursache hierfür liegt darin, dass potentielle Anbieter von WLAN-Internetzugängen aufgrund von Haftungsrisiken durch eine unklare Rechtslage verunsichert sind.

Der Entwurf sieht zum anderen allerdings auch Verschlüsselungs-, Erklärungs- und Informationspflichten als weitere Voraussetzun- gen für eine Freistellung von der sogenannten „Störerhaftung“ vor. Diese Verpflichtungen sind dem eigentlichen Ziel, der Schaffung öffentlicher, unkomplizierter Zugänge zum Internet, nicht dienlich.

Die Modelle der Freifunk-Initiativen werden rechtlich durch den bestehenden Entwurf nicht ausreichend un- terstützt. Sowohl eine obligatorische Verschlüsselung, wie auch eine namentliche Kennung der Nutzerinnen und Nutzer, widersprechen dem Konzept eines offenen und allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehenden öffentlichen WLAN- Netzes. Auch die angedachten bremischen Projekte mit der Freifunk-Initiative Bremen würden in Ihrer Umsetzung rechtlich problematisch. Insbesondere aber würde es zu Akzeptanzproblemen bei Bürgerinnen und Bürgern führen.

Der Senat hat in einer Stellungnahme die Bundesregierung gebeten, im weiteren politischen Verfahren eine rechtssichere Integration der Freifunk-Initiativen sicherzustellen. Der Senat wird den weiteren politischen Prozess aktiv begleiten und sich auf Länderebene sowie im Bundesratsverfahren für eine praktikable und rechtssichere Umsetzung öffentlicher WLAN-Zugänge einsetzen.