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Anhörung im Bundestag: TMG-ÄnderungsG zur Haftung bei WLANs (26.6.2017)

Ich hatte hier im Blog bereits den ersten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des TMG besprochen, mit dem (wieder und endlich) die WLAN-Haftung neu geregelt werden soll.

Am 26.6.2017 findet dazu im Wirtschaftsausschuss des Bundestages eine Anhörung statt, zu der ich als Sachverständiger eingeladen worden bin. Hierfür war eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, die ich hier vorab online stelle.

In den nächsten Tagen werden alle Stellugnahmen auf der Webseite des Bundestages erscheinen, ich werde diese dann hier verlinken.

(Update 25.6.2017: Link auf Webseite des Wirtschaftsausschusses)

KG Berlin zur Störerhaftung bei Freifunk mit Zapp-Script und zur Privilegierung nach § 8 TMG

Das Kammergericht (KG) Berlin hat am 8.2.2017 in einem Verfahren eines Freifunkers gegen einen abmahnenden Rechteinhaber eine Entscheidung getroffen. Zu dem Verfahren hatte ich hier im Blog schon berichtet. Kläger war ein Freifunker, der eine Splash-Seite und das Zapp-Script (dazu hier) installiert hatte. Er war abgemahnt worden und hatte daraufhin negative Feststellungsklage mit dem Ziel erhoben, feststellen zu lassen, dass der beklagte Rechteinhaber die in der Abmahnung behaupteten Rechte gegen ihn nicht hat.

Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben (meine Bewertung dazu hier), dagegen hatte die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Verfahrens hat die Beklagte dann auf die Ansprüche gegen den Kläger verzichtet. Daraufhin wurde das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und das Kammergericht musste nur noch über die Kosten entscheiden.

Die Entscheidung im Volltext (meine Anmerkungen dazu unten):

KG Berlin, Beschl. v. 08.02.2017 – 24 U 117/15

Leitsätze (von mir):

  1. Auch nach Änderung des § 8 TMG werden Unterlassungsansprüche von der Privilegierung bei richtlinienkonformer Auslegung nicht erfasst.
  2. Sicherungsmaßnahme im Sinne der Rechtsprechung des EuGH kann nicht nur die Verschlüsselung des WLANs und die Identifizierung der Nutzer sein. Vielmehr können auch andere Maßnahmen, die Rechtsverletzungen der Nutzer erschweren, die Störerhaftung entfallen lassen.

Tenor:

I. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen (§ 91a ZPO).

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.000,- EUR festgesetzt.

GRÜNDE

A.

Nachdem die Parteien den eine negative Feststellungsklage betreffenden Rechtsstreit in der Hauptsache mit widerstreitenden Kostenanträgen für erledigt erlärt haben, war gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Danach erschien dem Senat eine Kostenverteilung wie zu I. des Beschlusstenors quotiert angemessen.

Ohne die auf Seite 7 der Sitzungsniederschrift vom 8. Februar 2017 abgegebene Erklärung, dass die Beklagte gegen den Kläger keine Ansprüche aus einer angeblichen Urheberrechtsverletzung vom 15. März 2013 mehr herleitet, sondern auf diese verzichtet, und die daraufhin übereinstimmend erklärte Erledigung der Hauptsache wäre im Hinblick auf einen gegen den Kläger als Störer gerichteten Unterlassungsanspruch der Beklagten weiter Beweis zu erheben gewesen und war der Prozessausgang insoweit nicht gesichert, sprach insoweit allerdings mehr für ein Obsiegen des Klägers als für sein Unterliegen.

Die in Rede stehende IP-Adresse im fraglichen Zeitpunkt am 15. März 2013 ist dem Kläger zuzuordnen, ohne dass gegen die 1&1 Internet AG als Reseller ein gesonderter Beschluss betreffend die Zuordnung der zu einem bestimmten Zeitpunkt benutzten dynamischen IP-Adresse als bloßes Bestandsdatum erforderlich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Rn. 20 zitiert nach juris – Sommer unseres Lebens). Dass zur fraglichen Zeit am 15. März 2013 über diese IP-Adresse eine Folge von The Walking Dead zum Herunterladen durch andere Nutzer im Wege des Filesharings angeboten worden ist, sieht der Senat ohne Verbleib vernünftiger Zweifel deshalb als zugrundezulegen an, weil unter einer ebenfalls dem Kläger zugeordneten IP-Adresse am 6. April 2013 dasselbe Werk angeboten worden ist. Unbeschadet der Einwände gegen die Erfassung von Rechtsverletzungen für die Beklagte durch die Guardeley Ltd. liegt es ausgesochen fern, dass es kurz nacheinander zu Fehlern bei der Erfassung und Zuordnung gekommen sein soll (vgl. auch OLG Kön, Urteil vom 16. Mai 2012 – I-6 U 239/11- Rn.4 zitiert nach juris).

Auch wenn eine täterschaftliche Begehung durch den Klägerin ausgeräumt ist, weil der Senat hierfür die durch Zeugenaussagen bewiesene und durch die eigenen Angaben des informatorischen angehörten Klägers untermauerte Freifunkereigenschaft des Klägers genügen lässt, stand eine Störerhaftung des Klägers für den auf §§ 97 Abs.1 S.1, 2,19a UrhG gestützten Unterlassungsanspruch weiterhin im Raum. Die schon in BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, Rrn. 22 ff. zitiert nach juris – Sommer unseres Lebens – angesprochene Prüfpflicht mit der Folge der Störerhaftung, wenn gebotene Sicherungsmaßnahmen unterbleiben, besteht nach Auffassung des Senats für „altruistische“ Freifunker auch nach der jüngsten Änderung des § 8 TMG bei richtlinienkonformer Auslegung im Lichte des Urteils des EuGH vom 15. September 2016 – C-484/14 „McFadden“ (GRUR 2016, 1097 ff.) fort. Es kam also bei Beweispflicht des Klägers darauf an, ob er bei Verzicht auf einen Passwortschutz die sonstigen Sicherungsmaßnahmen im Sinne des Beweisbeschlusses vom 19. Januar 2016 (Bd. II Bl. 10 d.A.) tatsächlich und Rechtsverletzungen zumindest hinreichend erschwerend ergriffen hatte. Dies lässt sich nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt der Abgabe der Hauptsacheerledigungserklärungen nicht abschließend beantworten. Auch wenn nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen V…, der allerdings den Router des Klägers selbst in Nachhinein sinnvoll nicht mehr begutachten konnte, den Angaben der vom Kläger benannten Zeugen P… und R… und den eigenen Bekundungen des informatorisch befragten Klägers schon manches dafür spricht, dass dies der Fall gewesen sein könnte, waren noch etliche Restzweifel und Fragen offen. Anders als vom Kläger schriftsätzlich behauptet worden ist, hatte der Zeuge P… das Aufspielen der Firmware auf den Router des Klägers nicht selbst vorgenommen, der Zeuge R… ohne nicht nicht, so dass die Beweisführung mittelbarer bleiben musste, was die Beweisanforderungen im Übrigen mit prägen muss und ein weiteres Abarbeiten der ohnehin schriftsätzlich von der Beklagten zum schriftlichen Sachverständigengutachten bereits angekündigten Fragen unentbehrlich gemacht hätte. Zur Versionsnummer des verwendeten Zapp-Scripts und zum eingestellten Schwellwert ist selbst aus der Aussage des Zeugen P… wenig Honig zu saugen. Unwägbarkeit und weiteren Aufklärungsbedarf zum Schwellwert wirft auch die Angabe des Zeugen R…, der auch größere Datenmengen heruntergeladen hat, auf, im Jahre 2013 habe es bei Benutzen des klägerischen Freifunkanschlusses durch ihn zwar durchaus mal „geruckelt“, im Ergebnis habe er aber die gewünschte Datenmenge erlangt.

Der bei bloßer Störerhaftung nicht gegebene Schadensersatzanspruch fällt hier entsprechend § 92 Abs. 2 ZPO bei der nach § 91a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung nicht ins Gewicht.

B.

Der Streitwert für das Berufungsverfahrens beträgt bis zu 16.000,00 EUR, §§ 3,4 ZPO. Dabei folgt der Senat den Erwägungen der Vorderrichter aus dem Beschluss vom 7. Juli 2015 zur Bewertung der Hauptansprüche, war aber § 4 ZPO zu den Nebenforderungen zu beachten.

 

ANMERKUNG

Mir liegt nur der Beschluss des Kammergerichts vom 8.2.2017 vor. Das KG macht dabei Ausführungen, die ich ohne Kenntnis der Akte und der mündlichen Verhandlungen, insbesondere der bisher schon durchgeführten Beweisaufnahme nicht abschließend bewerten kann. Der folgende Beitrag enthält daher einen gewissen Anteil „Kaffeesatzleserei“.

Weil die Konstellation der negativen Feststellungsklage nicht so häufig ist, spreche ich im Folgenden statt von „Kläger und Beklagte“ lieber von „Freifunker“ und „Rechteinhaber“. Dann sind die Rollen klarer.

Zunächst zur Einstimmung der prozessuale Hintergrund:

Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Für einen solchen Fall sieht § 91a ZPO ein besonderes Verfahren vor, in dem nur noch über die Kosten des Verfahrens entschieden werden soll. Es soll insbesondere nicht mehr Beweis erhoben werden und es soll auch nicht mehr mündlich verhandelt werden. Denn das, worum es eigentlich ging, ist ja von den Parteien schon beigelegt worden.

Das Gericht muss in solchen Fällen eine Entscheidung nach dem bisherigen Sachstand treffen. Kann das Gericht auf dieser Grundlage eine Entscheidung ohne Weiteres treffen, kann es auch eine relativ klare Kostenentscheidung fällen. Als Beispiel hier: Hätte das Kammergericht gesagt, dass der Rechteinhaber keinen Anspruch gegen den Freifunker hatte, hätte der Rechteinhaber die Kosten voll tragen müssen, oder eben anders herum.

Dies war hier aber nicht der Fall. Das KG hat deutlich gemacht, dass es nach dem bisherigen Stand nochmal hätte Beweis erheben müssen. In solchen Fällen ist es üblich, dass eine Kostenteilung (50/50) vorgenommen wird. Denn wie eine Beweisaufnahme ausgeht, kann (und soll) das Gericht nicht voraussehen.

Trotzdem hat das KG hier eine Kostenquote zu Gunsten des Freifunkers angesetzt. Nach dem oben Gesagten ist die Kostenverteilung 1/3 zu 2/3 eher ungewöhnlich, daher muss man sich die Gründe ganz genau ansehen.

Dabei möchte ich auf die folgenden Punkte näher eingehen: IP-Adressermittlung, Täterhaftung und Störerhaftung.

  1. IP-Adressermittlung

Zwischen den Parteien streitig war – wie in vielen Filesharing-Fällen –, ob die von der Beklagten festgestellte IP-Adresse überhaupt dem Anschluss des Freifunkers zuzuordnen war. Traurige Berühmtheit hat dabei die Firma Guardaley erlangt, das Problem ist aber grundsätzlicher Natur.

Generell ist die IP-Adressermittlung auch nach den vielen Entscheidungen des BGH (z.B. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14, GRUR 2016, 176 – Tauschbörse I) noch immer eine große Unbekannte. Hier hat sich das Kammergericht aber festgelegt und – wie auch viele andere Gerichte – die Auffassung vertreten, dass es für seine Überzeugungsbildung ausreicht, wenn der Film hier an zwei unterschiedlichen Tagen von der selben IP-Adresse heruntergeladen worden ist.

Die Frage mit dem Reseller ist derzeit in der Rechtsprechung umstritten (s. z.B. OLG Köln, Beschluss vom 27.11.2012 – 6 W 181/12, GRUR-RR 2013, 137; AG Koblenz, Beschluss vom 02.01.2015 – 153 C 3184/14, CR 2015, 190), darauf möchte ich hier aber nicht näher eingehen.

Ergebnis: Die Rechtsverletzung ist (aus Sicht des KG) vom Anschluss des Freifunkers und damit vom Freifunknetz ausgegangen. Dementsprechend muss ein Nutzer dieses Anschlusses den Film angeboten haben.

  1. Täterschaft des Freifunkers

Bei der Haftung für Filesharing muss man immer zwischen der Haftung als Täter und der Haftung als Störer unterscheiden. Täter ist in der Regel, wer die Tat selbst begeht. Täter haften dem Rechteinhaber unproblematisch auf Unterlassung und Schadensersatz. Anders ist es bei der Störerhaftung. Der Störer kann nur auf Unterlassung (und ggf. Ersatz von Abmahnkosten) in Anspruch genommen werden.

Das Kammergericht war sich hier sicher, dass der Freifunker selbst nicht Täter der Rechtsverletzung war. Dafür ist wohl Beweis erhoben worden und das reichte dem Kammergericht. Zur Beweisaufnahme selbst kann ich nichts sagen, aber dass der Freifunk-Betreiber Täter ist, ist in der Regel unwahrscheinlich.

Damit war der Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers schon mal vom Tisch, wobei das für das Kammergericht in der Kostenentscheidung entsprechend § 92 Abs. 2 ZPO (geringfügiges Unterliegen) unbeachtlich war. Grund dafür ist, dass der Schadensersatzanspruch vom Streitwert des Gesamtverfahrens her in der Regel gering ist. Hier ging es um einen Streitwert von EUR 16.000,-, wobei der Schadensersatz vermutlich wenige hundert Euro ausmachte.

 

  1. Störerhaftung des Klägers

Jetzt kommt der spannende Teil und der hält sowohl Positives wie Negatives für Freifunker bereit.

a. Prüfpflichten

Das KG sagt im Wesentlichen, dass im Lichte der „McFadden“-Entscheidung des EuGH (EuGH EUZW 2016, 821 – McFadden; dazu eingehend hier und Mantz, EuZW 2016, 817) den Betreiber eines Freifunk-Netzwerks Prüfungspflichten treffen. Das ist die schlechte Nachricht, die ist aber nach dem EuGH-Urteil nicht mehr überraschend.

In diesem Urteil hatte der EuGH insbesondere eine „Sicherung des Netzwerks“ inklusive Identifizierung des Nutzers als zumutbar erachtet (dazu eingehend hier und Mantz, EuZW 2016, 817).

b. Unterlassung und der neue § 8 TMG

An diesem Punkt von Interesse: Das KG sieht Prüfpflichten „auch nach der jüngsten Änderung des § 8 TMG bei richtlinienkonformer Auslegung“ als zumutbar an. Wir erinnern uns: Die Große Koalition hatte vollmundig behauptet, dass die Störerhaftung bei WLANs mit ihrer Änderung in § 8 TMG abgeschafft würde. Das hatte sie aber nicht in den Gesetzestext reingeschrieben, sondern nur in die Entscheidungsgründe. Meine Prognose war, dass die Rechtsprechung dies nicht ausreichen lassen wird (s. hier und Mantz, EuZW 2016, 817). So ist es nun gekommen. Das KG hat sich damit nicht intensiv befasst (was bei Entscheidungen nach § 91a ZPO nicht ungewöhnlich ist), hat aber ausdrücklich trotz der Neuregelung einen Unterlassungsanspruch nicht ausgeschlossen.

c. Inhalt der Prüfpflichten

In der Folge wird es aber noch einmal richtig interessant: Das KG sagt nämlich trotz des EuGH-Urteils, dass der Freifunker nicht zwingend einen Passwortschutz einrichten musste oder dass eine Registrierung der Nutzer erforderlich wäre, wie das der EuGH ja nahe gelegt hat. Wenn es dies anders gesehen hätte, dann hätte der Kläger hier die Kosten voll tragen müssen, weil er – da er auf ein Passwort oder eine Identifizierung verzichtet hat – als Störer gehaftet hätte.

Nach meinem Kenntnisstand hatte der Freifunker das Zapp-Script installiert. Das ist ein kleines Script, das auf dem WLAN-Router läuft und – stark vereinfacht – im Grunde genommen die Anzahl der von einem Nutzer aufgebauten Verbindungen beobachtet. Nutzt jemand Filesharing, werden in kurzer Zeit viele Verbindungen aufgebaut. Wenn das Script das erkennt, wird der Nutzer wohl gesperrt oder ähnliches.

Das KG hat nun gesagt, dass es über die Frage, ob der Kläger „sonstige Sicherungsmaßnahmen“, die „Rechtsverletzungen zumindest hinreichend erschwert hätten“ (so hatte das der EuGH formuliert) Beweis erheben muss.

Damit positioniert sich das KG so, dass es es für möglich hält, dass das Zapp-Script als eine solche Maßnahme ausreichend sein kann, wobei dies vom eingestellten Schwellwert abhängen könnte.

Dass das KG auf diese Grundlage dem Kläger nur 1/3 der Kosten auferlegt hat, deutet zudem darauf hin, dass das KG es für wahrscheinlich gehalten haben könnte, dass die Beweisaufnahme eine solche hinreichende Erschwerung von Rechtsverletzungen durch das Zapp-Script erbracht hätte und deshalb der Rechteinhaber keinen Anspruch gegen den Freifunker gehabt hätte.

Mit anderen Worten: Ich verstehe das KG so, dass ein ordentlich eingerichtetes Zapp-Script, das Rechtsverletzungen durch Filesharing erschwert, die Störerhaftung des Freifunkers entfallen lassen kann. Das ist die positive Nachricht.

Eine „Unwägbarkeit“ im Hinblick auf die durchzuführende Beweisaufnahme und damit quasi eine Begründung dafür, warum der Freifunker überhaupt einen Teil der Kosten tragen muss, hat das KG darin gesehen, dass der Zeuge R auch „größere Datenmengen“ heruntergeladen hat. Ich weiß nicht, was das bedeutet, weil ich nicht weiß, was der Zeuge R gemacht und was er in der Beweisaufnahme ausgesagt hat. Wenn der Zeuge R im Freifunknetz des Klägers Filesharing ausprobiert hat und dieses durch das Zapp-Script hätte verhindert werden sollen, aber nicht wurde, dann hätte das KG vielleicht eine Störerhaftung des Klägers angenommen. Wenn der Zeuge R aber einfach nur irgendwo per http oder ftp „größere Datenmengen“ (mit „Ruckeln“) heruntergeladen haben sollte, dann hätte das Zapp-Script ja gar nicht anspringen können/müssen, deshalb kann ich diesen Punkt nicht so gut einschätzen.

Fazit

Die Entscheidung des KG ist zum einen für Freifunker (eher) positiv. Denn es macht deutlich, was von Freifunkern verlangt werden kann, um die Anforderungen des EuGH zu erfüllen, ohne dass gleich eine Verschlüsselung und Identifizierung der Nutzer erfolgen muss. Es wäre schön gewesen, wenn der EuGH zum Zapp-Script auch gleich Stellung hätte nehmen können, das war aber vor dem Landgericht München I (dazu hier und Mantz/Sassenberg, MMR 2015, 85) nicht Thema und deshalb war diese Frage an den EuGH auch nicht gerichtet worden. Problematisch ist an dem Ganzen natürlich, dass das Zapp-Script so eingestellt sein muss, dass es Rechtsverletzungen tatsächlich erschwert. Das ist für den Freifunker sicher nicht ganz einfach zu beantworten.

Die Entscheidung des KG stellt zum anderen meiner Meinung nach einen wichtigen Beitrag zur Auslegung der EuGH-Entscheidung dar. Denn sie macht klar, dass das „Verschlüsseln und Registrieren“-Mantra nicht zwingend ist.

Bedauerlich ist – unabhängig von der Entscheidung des KG -, dass die Änderung in § 8 TMG im Grunde keine Verbesserung gebracht hat. Hier müsste wohl auf europäischer Ebene nachgebessert werden.

WLAN: TMG-Änderungsgesetz soll kommen – Haftungsprivilegierung ohne Wenn und Aber

Wie mittlerweile bekannt geworden ist, ist der Streit um das TMG-Änderungsgesetz, das insbesondere eine Klarstellung und Neuregelung der Haftung für Betreiber von öffentlich zugänglichen WLANs bringen sollte, nun endlich beigelegt. Nachdem der EuGH-Generalanwalt sehr deutlich formuliert hatte, dass erzwungene Sicherungsmaßnahmen für WLANs europarechtswidrig sein dürften, hat die Regierungskoalition darum gerungen, ob nicht doch bestimmte Maßnahmen, ggf. nur für Private, verlangt werden sollen.

Kanzlerin Merkel soll letzte Woche ein Machtwort gesprochen haben, damit das Thema endlich vom Tisch kommt – allerdings ohne eine Richtung vorzugeben.

Nun sollen sich die Regierungskoalitionen darauf geeinigt haben, dass die Klarstellung in § 8 Abs. 3 TMG-Entwurf kommen soll, also WLAN-Betreiber (wie nach bisheriger Rechtslage) den „klassischen“ Access Providern gleichgestellt werden. Die in § 8 Abs. 4 TMG-Entwurf (und in einem früheren Entwurf für „nicht geschäftsmäßige“ Anbieter in § 8 Abs. 5 TMG-Entwurf) vorgesehenen „angemessenen Maßnahmen“, insbesondere Verschlüsselung und die Einholung einer Rechtstreueerklärung des Nutzers sollen entfallen.

Spiegel-Online gibt die Einigung wie folgt wieder:

„Der Kompromiss: Nun sollen auch private und nebengewerbliche Anbieter (wie ein Café-Betreiber) das sogenannte Providerprivileg der gewerblichen Anbieter genießen. Sie müssen, anders als von Gabriel geplant, ihr WLAN nun nicht mit einer Vorschaltseite oder mit einem Passwort sichern. Tatsächlich offene Hotspots werden damit möglich.“

Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil hat die Einigung über Twitter bestätigt.

Die Änderungen sollen in der nächsten Sitzungswoche im Parlament beschlossen werden. Eventuell tritt das TMG-Änderungsgesetz damit bereits ab Herbst in Kraft.

Die geplante Regelung ist aus meiner Sicht durchweg zu begrüßen. Sie beseitigt die bisher vorherrschende Rechtsunsicherheit und entspricht dem, was Experten durchweg gefordert hatten.

 

Bisherige Beiträge zu dem Thema:

LG Berlin: Dritter Erfolg vor Gericht für Freifunk?

Das LG Berlin hat am 30.6.2015 ein Urteil in einem Verfahren gesprochen, in dem es um die Haftung eines Freifunkers für seinen WLAN-Knoten ging (LG Berlin, Urt. v. 30.6.2015 – 15 0 558/14 Volltext).

Grundlage des Rechtsstreits war die negative Feststellungsklage eines Freifunkers, der zuvor wegen des angeblichen Angebots des Downloads eines Films abgemahnt worden war. Anders als bei „typischen“ Filesharing-Fällen war also der Inhaber der WLAN-Anschlusses hier Kläger und der Rechteinhaber Beklagter.

Ähnliche Konstellationen haben schon das AG Berlin-Charlottenburg und das LG München I beschäftigt. Diese beiden Verfahren dürften als Erfolg (AG Charlottenburg) bzw. „Sieg nach Punkten“ (LG München I) für die Freifunk-Community zu betrachten sein: Das AG Charlottenburg hatte zu Gunsten des Freifunkers die Privilegierung des § 8 TMG angenommen und dementsprechend die Klage zugesprochen. Das LG München I auf der anderen Seite hat genau die Frage der Anwendbarkeit von § 8 TMG dem EuGH zur Prüfung vorgelegt (näher dazu hier und Mantz/Sassenberg, MMR 2015, 85). Andererseits hat das LG München I aber zu erkennen gegeben, dass es dazu tendiert, ebenso wie das AG Charlottenburg die Privilegierung des § 8 TMG anzunehmen.

Nun hatte das  LG Berlin also Freifunk-Fall Nr. 3 vorliegen, die Entscheidung war (nachdem das Verfahren zunächst vom Amtsgericht an das Landgericht verwiesen worden war) lange erwartet worden. Bereits in der mündlichen Verhandlung sah es nach einem dritten Erfolg für Freifunk aus. So kam es dann auch: Der Freifunker hatte mit der negativen Feststellungsklage Erfolg!

… es kommt häufig ein Aber und hier ist es:

Das LG Berlin hat sich mit den für die Freifunk-Community relevanten Fragen leider praktisch gar nicht befasst bzw. befassen müssen. Es ist nämlich schon vorher an einer anderen Stelle abgebogen und hat deshalb insbesondere § 8 TMG überhaupt nicht mehr geprüft bzw. prüfen müssen. Der Anspruch des Abmahnenden ist nämlich schon daran gescheitert, dass das LG Berlin es nicht als hinreichend dargelegt und erwiesen angesehen hat, dass überhaupt die IP-Adresse, die zu dem Anschluss des Freifunkers geführt hat, korrekt und zuverlässig ermittelt worden ist.

Das Urteil des LG Berlin ist für diese konkrete Frage, nämlich die Ermittlung der IP-Adresse lesenswert und spannend. Denn diese Frage ist tatsächlich bei der Bewertung von Filesharing-Fällen hochrelevant. Auch der BGH hat sich kürzlich mit der Problematik befasst allerdings liegen die Gründe noch nicht vor (BGH, Urt. v. 11.6.2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III, Pressemitteilung). Das LG Berlin ist jetzt bei dieser Frage jedenfalls – als nach meinem Wissen erstes Gericht – mit einer sehr strengen Auffassung in Erscheinung getreten.

Für das, was Freifunkern auf dem Herzen liegt, enthält das Urteil aber dementsprechend (leider) keine neuen Erkenntnisse.

Von daher:

  • Erfolg für den Einzelfall und damit für Freifunk insgesamt?  – Ja.
  • Erfolg für die Zukunft bzw. eventuelle weitere Verfahren? – Eher nein.

Die Vorlageentscheidung des LG München I zur Haftung bei WLANs zum EuGH in der Analyse – MMR 2015, 85

Mit Beschluss vom 18.9.2014 hat das LG München I mittels Vorlagebeschluss dem EuGH verschiedene Fragen zur Haftung des Betreibers eines gewerblichen WLANs dem EuGH vorgelegt (LG München I, Beschluss vom 18.09.2014 – 7 O 14719/12; Volltext hier).

Die Entscheidung des LG München I habe ich hier im Blog schon analysiert. Nun ist in der Zeitschrift MMR der Aufsatz von Dr. Thomas Sassenberg und mir mit dem Titel „Verantwortlichkeit des Access-Providers auf dem europäischen Prüfstand – Neun Fragen an den EuGH zu Haftungsprivilegierung, Unterlassungsanspruch und Prüfpflichten des WLAN-Betreibers“ erschienen. In diesem Beitrag haben wir die Entscheidung näher analysiert, legen die Rahmenbedingungen einer möglichen Entscheidung des EuGH dar und versuchen eine Prognose (MMR 2015, S. 85 ff. – Heft 2/2015).

Aus dem Beitrag:

Das LG München I hat über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Verantwortlichkeit für einen öffentlichen WLAN-Hotspot geht. Mit Beschluss v. 18.9.2014 hat das LG nun dem EuGH neun Fragen vorgelegt (MMR 2014, 772), deren Beantwortung wesentliche Auswirkungen auf die Verantwortlichkeit nach den Grundsätzen der Störerhaftung haben wird. Inhaltlich und von der Bedeutung her betrifft die Entscheidung nicht nur die Prüfungs- und Überwachungspflichten des Betreibers eines WLAN-Hotspots, sondern stellt auch das Verhältnis der Haftungsprivilegierung nach dem Telemediengesetz einerseits und hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs andererseits auf den Prüfstand. Der nachfolgende Beitrag stellt die Vorlagefragen sowie die zu Grunde liegende nationale Rechtsprechung dar und geht diesen nach.
I. Hintergrund
Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Verbreitung von öffentlichen WLAN-Hotspots in Deutschland eher gering. zur Fussnote 1 Als Hemmnis für den Ausbau werden immer wieder die bestehende Rechtslage, insbesondere die Frage der Verantwortlichkeit sowie die regulatorischen Pflichten angeführt. Folgerichtig hat die derzeitige Bundesregierung im Rahmen ihres Koalitionsvertrags festgehalten, dass eine Klarstellung zu den Haftungsregelungen für WLAN-Hotspots dringend geboten sei. Nachdem es nicht zu dem noch für August 2014 von der Bundesregierung angekündigten Gesetzesentwurf gekommen ist, wurde die Opposition aktiv und legte im November 2014 einen eigenen Entwurf vor. Obwohl seitens der CDU auf ihrem Parteitag Anfang Dezember 2014 noch einmal beschlossen wurde, dass die Haftungsrisiken in Form der „Störerhaftung” für gewerbliche und nicht-gewerbliche WLAN-Betreiber abzubauen seien, liegt ein entsprechender Gesetzesentwurf bisher nicht vor.

Auf europäischer Ebene ist die Frage der Verantwortlichkeit des WLAN-Betreibers von eher untergeordneter Bedeutung. Gleichwohl hat sich die EU-Kommission ausdrücklich zu WLAN bekannt („Europe loves Wi-Fi”). Wie der Entwurf der Telecom Single Market-Verordnung zeigt, stehen im Fokus jedoch primär der Abbau regulatorischer Hemmnisse und die Sicherstellung der Realisierung (z.B. durch Aggregation von Endkundenanschlüssen, also die Zulässigkeit des WLAN-Sharing bei typischen Endkundenanschlüssen).

Nun könnte der nationale Wunsch, die Frage der Verantwortlichkeit des WLAN-Betreibers klarzustellen, durch die Vorlage des LG München I an den EuGH hinfällig werden. Der EuGH soll für einen nicht-kommerziellen WLAN-Hotspot klären, welche Anforderungen an die Diensteanbietereigenschaft zu stellen sind, wann von einem Anbieten i.S.d. Legaldefinition nach Art. 2 lit. b der sog. E-Commerce-Richtlinie (ECRL) auszugehen ist und wann ein Fall der Zugangsvermittlung vorliegt, damit die Privilegierung des Art. 12 ECRL bzw. § 8 TMG zur Anwendung kommt. …

 

CDU will (doch) Privilegierung von WLANs in § 8 TMG aufnehmen

Die CDU plant unter der Überschrift „Digitale Infrastruktur 2030: Breitband für ganz Deutschland“ (PDF) (möglicherweise), sich auf dem 27. Parteitag vom 8.-10.12.2014 für eine Ausweitung der Privilegierung des § 8 TMG stark zu machen, so dass auch der Betrieb eines WLANs (eindeutig) darunter fällt (s. PDF, Antrag C12, S. 27):

Die WLAN-Störerhaftung verhindert einen flächendeckenden, allgemein verfügbaren und kostengünstigen Internetzugang. Die Vielzahl neuer Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe, zur Fortbildung und zum zivilgesellschaftlichen Engagement, welche die Informationsgesellschaft eröffnet, bleibt daher zahlreichen Menschen in Deutschland verschlossen. Insbesondere Personen mit geringem Einkommen und solche, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, können sich häufig keinen Internetzugang leisten. Die bestehende Rechtslage ist daher weder zukunftsorientiert noch sozial ausgewogen. Die Bundesregierung muss Haftungsrisiken für gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber von WLAN-Netzen abbauen. Nur so ist es den Betreibern möglich, ihre Zugänge für Dritte zu öffnen, ohne sich der Gefahr von Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen sowie der damit verbundenen Abmahnkosten auszusetzen.

Die CDU fordert die Bundesregierung auf, sich an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zu halten. Mobiles Internet über WLAN muss in deutschen Städten für jeden verfügbar sein. Das sogenannte Providerprivileg des § 8 TMG, welches bisher nur Zugangsprovider von der Haftung für Rechtsverletzungen ihrer Kunden freistellt, muss auf die Betreiber von Drahtlosnetzen ausgeweitet werden.

Die Empfehlung der Antragskommission lautet dann (S. 28, rechte Spalte):

O?ffentliches WLAN

Die WLAN-Sto?rerhaftung verhindert einen fla?chendeckenden, allgemein verfu?gbaren und kostengu?nstigen Internetzugang. Die Bundesregierung muss Haftungsrisiken fu?r gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber von WLAN-Netzen abbauen. Nur so ist es den Betreibern mo?glich, ihre Zuga?nge fu?r Dritte zu o?ffnen, ohne sich der Gefahr von Schadensersatz- und Unterlassungsanspru?chen sowie der damit verbundenen Abmahnkosten auszusetzen. Mobiles Internet u?ber WLAN muss in deutschen Sta?dten fu?r jeden verfu?gbar sein. Das sogenannte Providerprivileg des § 8 TMG, welches bisher nur Zugangsprovider von der Haftung fu?r Rechtsverletzungen ihrer Kunden freistellt, muss auf die Betreiber von Drahtlosnetzen ausgeweitet werden.

Das ist natürlich interessant, da die große Koalition ja gerade dieses Vorhaben, das LINKE und Grüne kürzlich (wieder) eingebracht hatten, abgelehnt hat. Wir werden sehen, ob es doch bald einen Gesetzesentwurf gibt, der die weiterhin bestehenden Unsicherheiten beseitigt.

Die Vorlage des LG München I zum EuGH zur Haftung bei WLANs in der Kurzanalyse

Mit Beschluss vom 18.9.2014 hat das LG München I mittels Vorlagebeschluss dem EuGH verschiedene Fragen zur Haftung des Betreibers eines gewerblichen WLANs dem EuGH vorgelegt (LG München I, Beschluss vom 18.09.2014 – 7 O 14719/12; Volltext hier).

Im folgenden Beitrag sollen die Hintergründe kurz erläutert werden. Insbesondere aber sollen die Fragen gekürzt bzw. „übersetzt“ und (ganz) kurz analysiert werden.

1.

In dem Verfahren geht es um das WLAN eines Münchener Piraten, der im Wege des sog. Piratenfreifunk sein WLAN öffentlich angeboten hatte. Nachdem einer seiner Nutzer ein urheberrechtlich geschütztes Werk abgerufen und angeboten hatte, war er abgemahnt worden. Er erhob (nach vorheriger Gegenabmahnung) negative Feststellungsklage vor dem Landgericht München I gegen den Rechteinhaber mit dem Ziel festzustellen, dass er für die Rechtsverletzung seines Nutzers auch nicht als Störer hafte. Die Beklagte hatte daraufhin Widerklage erhoben.

Hilfsweise hatte der Kläger beantragt, das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 AEUV die Fragen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Grund hierfür ist, dass die in Rede stehenden Haftungsprivilegierungen in §§ 8-10 TMG (Telemediengesetz) auf Art. 12-15 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG beruhen. Wenn es also Auslegungsprobleme gibt, die auch die zu Grunde liegende Richtlinie betreffen, sieht Art. 267 AEUV vor, dass jedes Gericht Fragen zur Auslegung dem EuGH vorlegen kann – nur das letztinstanzliche Gericht muss auch vorlegen. Der EuGH entscheidet dann allein über die Auslegung des europäischen Rechts.

Allein der Umstand, dass das LG München I die Fragen dem EuGH vorgelegt hat, zeigt schon, dass es nach Sicht des LG München I auf die Auslegung ankommt. Dabei tendiert das LG München I wohl grundsätzlich dazu, eine Haftung des Betreibers eines offenen WLANs anzunehmen. Es hat aber erkannt, dass es sich mit einer solchen Entscheidung gegen die Haftungsprivilegierung des § 8 TMG und damit der zu Grunde liegenden E-Commerce-Richtlinie stellen würde.

Insgesamt soll der EuGH im Verfahren nach Art. 267 AEUV neun Fragen beantworten (zu den Fragen s. Volltext hier http://s100026103.ngcobalt84.manitu.net/offenenetze.de/2014/10/08/lg-muenchen-i-legt-frage-der-haftung-bei-offenen-wlans-dem-eugh-vor-volltext/). Die Fragen betreffen allerdings bei Weitem nicht nur die Haftung für WLANs. Die Antworten des EuGH könnten vielmehr auch die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Störerhaftung im Internet generell beeinflussen.

Die Fragen lassen sich ganz grob in drei Bereiche unterteilen: Voraussetzungen von § 8 TMG, Umfang der Privilegierung, Pflichten beim Betrieb von WLANs.

2. Voraussetzungen von § 8 TMG

Zunächst möchte das LG München I vom EuGH wissen, welche Voraussetzungen generell vorliegen müssen, damit sich ein Betreiber eines gewerblichen WLANs auf die Privilegierung berufen kann. Dies sind zunächst die Fragen 1-3, die ich hier gekürzt/umformuliert und unter Zuhilfenahme der Begründung des LG München I darstelle:

a. Frage 1: Wie ist das aus Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 E-Commerce-Richtlinie stammende Merkmal „in der Regel gegen Entgelt“ bedeutet auszulegen? Muss die konkret betroffene Person, die sich auf die Diensteanbietereigenschaft beruft, diese konkrete Dienstleistung in der Regel entgeltlich anbietet, oder müssen überhaupt Anbieter auf dem Markt sein , die diese Dienstleistung oder vergleichbare Dienstleistungen gegen Entgelt anbieten, oder muss die Mehrheit dieser oder vergleichbarer Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden.

b. Frage 2: Reicht es für das Tatbestandsmerkmal „Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk zu vermitteln“ aus, dass der Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk (z. B. dem Internet) vermittelt wird – oder muss es irgendeine Form von Rechtsverhältnis zwischen dem Anbieter und dem Nutzer geben.

c. Frage 3: Ist für das Tatbestandsmerkmal „Anbieten“ mehr erforderlich, als das rein tatsächliche Zur-Verfügung-Stellen, oder ist z. B. darüber hinaus auch ein „Anpreisen“ erforderlich?

d. Frage 7: Erschöpfen sich die Anforderungen an den Diensteanbieter darin, dass ein Dienst der Informationsgesellschaft angeboten wird. Oder könnte eine zusätzliche Voraussetzung sein, dass das WLAN mit dem ursprünglichen Geschäftszweck in Zusammenhang stehen muss?

e. Frage 8: Wenn Frage 7 verneint wird, was ist zusätzlich erforderlich?

3. Umfang der Privilegierung

Im nächsten Komplex (Fragen 4 bis 6) möchte das LG München I wissen, ob die Privilegierung auch Unterlassungsansprüche umfasst. Die Antwort auf diese Frage dürfte in Rechtswissenschaft und Praxis mit größter Spannung erwartet werden. Denn in ständiger Rechtsprechung des BGH finden die Privilegierungen der §§ 8-10 TMG *nicht* auf Unterlassungsansprüche Anwendung. Das war zu Beginn dieser Rechtsprechung noch heftig umstritten, mittlerweile wird darüber aber kaum noch diskutiert. Der BGH hat seine Rechtsprechung allerdings seit 2013 modifiziert. Zwar lehnt er eine Anwendung von §§ 8-10 TMG auf Unterlassungsansprüche weiter ab, wendet aber nunmehr die Grundsätze der §§ 8-10 auf der „Rechtsfolgenseite“ bei der Bewertung der Prüfungs- und Überwachungspflichten an (eingehend Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 215 m.w.N.).

Frage 4 lautet gekürzt:

Bedeutet „nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich“ in Art. 12 der E-Commerce-RL, dass etwaige Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Zahlung der Abmahnkosten und Gerichtsgebühren des aufgrund einer Urheberrechtsverletzung Betroffenen gegen den Zugangs-Provider grundsätzlich oder jedenfalls in Bezug auf eine erste festgestellte Urheberrechtsverletzung ausgeschlossen sind?

Frage 5: Kann gegen den Zugangs-Provider eine Unterlassungsanordnung der Form erlassen werden, dass dieser es künftig zu unterlassen hat, es Dritten zu ermöglichen, über einen konkreten Internetanschluss ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk über Internet-Tauschbörsen zum elektronischen Abruf bereitzustellen?

Frage 6 geht anschließend auf den Kenntnisstand des Anbieters ein: Ab wann haftet der Anbieter als Störer? Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH soll eine Haftung erst greifen können, wenn der Anbieter Kenntnis von der konkreten Rechtsverletzung hat (eingehend Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 217 m.w.N.). Damit ist eine Haftung vor der Abmahnung praktisch ausgeschlossen. Dies stellt das LG München I in Frage und möchte eine Entscheidung des EuGH:

Frage 6: Haftet der Anbieter erst ab Kenntnis der konkreten Rechtsverletzung?

4. Pflichten beim Betrieb von WLANs

Der dritte Fragenkomplex (Frage 9 a und b) betrifft den Umfang der sog. Prüfungs- und Überwachungspflichten. Das LG München I sieht hier die mit dem Betrieb eines offenen WLANs einhergehende Anonymität als gefährlich an (s. zum Internet als Gefahrenquelle Mantz, JurPC 95/2010) und fragt, ob vom Betreiber eines offenen WLANs überhaupt Maßnahmen verlangt werden können – und welche.

Frage 9: Kann der Zugangs-Provider kostenpflichtig dazu verurteilt werden, es künftig zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, über einen konkreten Internetanschluss ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk oder Teile daraus über Internet-Tauschbörsen zum elektronischen Abruf bereitzustellen, wobei es dem Zugangs-Provider freigestellt bleibt, welche technischen Maßnahmen er konkret ergreift, um dieser Anordnung nachzukommen? Gilt dies auch, wenn er den Internetanschluss stilllegen oder mit Passwortschutz versehen oder sämtliche darüber laufende Kommunikation filtern und untersuchen müsste?

5. Fazit

Was folgt nun aus dem Beschluss des LG München I? Zunächst, dass es die Rechtslage anders beurteilt als das AG Hamburg kürzlich (s. dazu hier), das die Privilegierung des § 8 TMG auf ein WLAN ohne Wenn und Aber angewandt hatte. Denn dann hätte es die Klage einfach zugesprochen und die Widerklage abgewiesen.

Jedenfalls ist dem Verfahren hohe Bedeutung für die zukünftige Bewertung der mit dem Betrieb eines WLANs einhergehenden Rechtsfragen zuzuweisen. Denn der EuGH wird eine Reihe von Fragen (hoffentlich) endgültig entscheiden. Und daran müssen sich die nationalen Gerichte dann orientieren. Insofern ist eine Klarstellung durch den EuGH zu begrüßen. Allerdings ist mit einer Entscheidung frühestens Ende 2015, eventuell deutlich später zu rechnen. Bis dahin bleibt es vermutlich bei der bisherigen – durch den Vorlagebeschluss des LG München I auch nicht näher aufgeklärten – Rechtslage. Zumindest steht zu vermuten, dass der deutsche Gesetzgeber jetzt auf die Entscheidung des EuGH wartet, und nicht zwischendurch eine nationale Regelung vorlegt …

 

S. zum Vorlagebeschluss des LG München I auch

Update: Kleine Korrektur bei Frage 9. Danke an den Korrekturleser!

KG Berlin, Urt. v. 16.04.2013 – 5 U 63/12: § 10 TMG ist auf Unterlassungsansprüche anwendbar (Volltext)

Mittlerweile ist für das Urteil des KG Berlin v. 16.04.2013 – 5 U 63/12 der Volltext verfügbar. Eine kurze Besprechung des Urteils (anhand von Meldungen ohne Volltext) findet sich hier.

Leitsätze (des Verfassers):

1. Nach der Rechtsprechung des EuGH, der einzelne Senate des BGH zu folgen scheinen, finden die Privilegierungen in §§ 8-10 TMG (resp. Art. 12-15 E-Commerce-RL) auch auf Unterlassungsansprüche Anwendung.

2. Die Haftungsprivilegierung gilt auch für ausländische Unternehmen.

3. Der Einsatz von Wortfiltern zum Auffinden von Beleidigungen, Schmähkritik etc., einschließlich der Überprüfung der angezeigten Suchergebnisse durch Mitarbeiter der Beklagten, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte das Haftungsprivileg verliert.

4. Die Grenze zumutbarer Überwachungspflichten im Hinblick auf einen Wortfilter ist jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen.

Volltext:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Februar 2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin – 52 O 159/11 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

A.

Die Klägerin betreibt in Berlin in der Nähe des Ostbahnhofs ein Hostel.

Die Beklagte bietet unter verschiedenen Domains, unter anderem unter „… .de“, neben den Diensten eines Online-Reisebüros ein Bewertungsportal an, in das jedermann Berichte über Beherbergungsbetriebe etc. einstellen und die Betriebe hinsichtlich verschiedener Kriterien in eine Skala von einer bis sechs Sonnen einordnen kann.

Nach Abgabe der Bewertung wird die bei der Bewertung anzugebende E-Mail-Adresse überprüft. Der Inhaber der Adresse erhält eine E-Mail der Beklagten mit der Aufforderung, einen Link anzuklicken.

Zudem durchläuft jede Bewertung vor ihrer Veröffentlichung bei der Beklagten ein automatisiertes Prüfungsverfahren, das gegebenenfalls zu einer „manuellen Tiefenrecherche“ durch Mitarbeiter der Beklagten führt. Andernfalls wird die Bewertung automatisch freigeschaltet.

Mitte Juli 2010 entdeckte die Klägerin in dem Portal der Beklagten die durch die Anlage K 11 zur Klageschrift wiedergegebene Bewertung von „S. „ mit der Überschrift „Für 37,50€ pro Nacht u. Kopf im DZ gabs Bettwanzen“.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie unter anderem zur Beseitigung der Bewertung von „S. „ auf.

Die Beklagte entfernte daraufhin die beanstandete Bewertung am 14. Juli 2010.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem am 16. Februar 2012 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es wird insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen, und zwar auch hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien.

Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2012 – 52 O 159/11 – zu ändern und die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2012 – 52 O 159/11 – zu ändern und die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten,

soweit die Aussagen zu Ziffer a) bis g) nicht erweislich wahr sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat die Akten des vorangegangenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Landgericht Berlin 52 O 229/10 = Kammergericht 5 U 193/10) beigezogen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

I.

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (Lugano-Übereinkommen).

II.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese es unterlässt, auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

Dies gilt auch hinsichtlich der nunmehr als Hilfsantrag geltend gemachten Modifikation, die darauf gerichtet ist, der Beklagten untersagen zu lassen, auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Beklagten betriebenen … Berlin Mitte im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff,

b) sauber war nur das Badezimmer,

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen,

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

h) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten,

soweit die Aussagen zu Ziffer a) bis g) nicht erweislich wahr sind.

1. Im vorliegenden Fall ist deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar, obwohl der Sitz der Beklagten in der Schweiz ist.

Nach Art. 6 Abs. 1 Rom-II-Verordnung findet auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates Anwendung, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.

Da das beanstandete Wettbewerbsverhalten aber ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, nämlich der Klägerin, beeinträchtigt, ist hier jedoch nach Art. 6 Abs. 2 Rom-II-Verordnung Art. 4 Rom-II-Verordnung einschlägig.

Gemäß Art. EWG_VO_864_2007 Artikel 4 Abs. EWG_VO_864_2007 Artikel 4 Absatz 1 Rom-II-VO ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Der nach der Darstellung der Klägerin durch das beanstandete Verhalten eingetretene Schaden, der Ansehensverlust des Unternehmens der Klägerin, tritt in Deutschland ein, da die Beklagte sich mit dem Internetauftritt unter www…. .de zumindest vornehmlich an den Verkehr in Deutschland richtet.

§ 3 TMG spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da er keine Kollisionsregel enthält (vgl. BGH GRUR 2012, 850, Rn. 30).

2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 4 Nr. 8 UWG, auf den die Klägerin sich stützt.

a) Es bestehen keine Zweifel daran, dass das Vorhalten einer Bewertungsplattform für Beherbergungsbetriebe unter einer Domain, unter der auch die Dienstleistungen eines Reisebüros angeboten werden, eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist.

Der Betrieb des Portals der Beklagten ist nicht uneigennützig darauf gerichtet, Verbraucher zu informieren und ihnen ein Forum für Meinungsaustausch zu bieten. Er ist vielmehr darauf gerichtet, das Reisebürounternehmen der Beklagten in den interessierten Kreisen bekannt und attraktiv zu machen und damit den Absatz der Dienstleistungen zu fördern, mit denen die Beklagte Einkünfte erzielt.

b) Das Landgericht hat die Parteien zu Recht als Mitbewerber angesehen.

c) Die Beklagte hat im vorliegenden Fall den Tatbestand des § 4 Nr. 8 UWG nicht verwirklicht. Jedenfalls kann sie sich aber auf die Beschränkung der Haftung eines Host-Providers in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen.

aa) Alle beanstandeten Äußerungen sind der „Hotelbewertung“ einer sich „S“ nennenden Internetnutzerin in dem von der Beklagten betriebenen Bewertungsportal „…“ entnommen. Es gibt auch im Vorbringen der Klägerin weiterhin keinen Anhaltspunkt für die Annahme, es könne sich um eigene Tatsachenbehauptungen der Beklagten handeln.

bb) Die Beklagte hat sich die Äußerungen von „S. „ auch nicht zu Eigen gemacht.

(1) Es reicht hierfür nicht aus, dass die Beklagte im Internet ein Bewertungssystem installiert hat, die eingehenden Bewertungen Privater zu einem Durchschnittswert und einer Weiterempfehlungsrate auswertet und dieses geschäftlich nutzt (so aber: Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4, Rn. 8.9a).

Die Beklagte hätte sich die Bewertungen von „S. „ dann zu Eigen gemacht, wenn sie sich aus der objektiven Sicht des verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände mit der fremden Äußerung so identifiziert hätte, dass sie als ihre eigenen Äußerungen erscheinen. (vgl. BGH GRUR 2009, 1093 – Rn. 19; BGH GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de, Rn. 23; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8, Rn. 2.27).

Die Bewertung von „S. „ war seinerzeit eine von 46 Bewertungen des Hostels der Klägerin.

Neben den Bewertungen wurden im Portal der Beklagten schon in der Übersicht der Beiträge Informationen wie „Juni 11, Dennis, Alter 14-18, Freunde“ oder „Mai 11, Helena, Alter 19-25“ vorgehalten, in denen aus der objektiven Sicht des verständigen Durchschnittsnutzers Reisezeit, Vornamen, Alter und Reisebegleitung des Bewerters zu erkennen sind, so dass die Beiträge konkreten Personen zugeordnet werden, die durch diese Informationen individualisiert werden. Rief man die vollständigen Beiträge auf, wurden diese Informationen um weitere Details ergänzt.

Die vorgehaltenen Informationen mögen nicht genügen, um die Verfasser der einzelnen Beiträge zu identifizieren. Dem verständigen und durchschnittlich informierten Internetnutzer ist jedoch bekannt, dass Beiträge in Internetforen, Bewertungsportalen etc. in aller Regel nicht unter Klarnamen verfasst werden, zumindest nicht unter dem vollständigen Namen des Verfassers, sondern häufig unter Pseudonymen, sogenannten „nicks“.

Die Vorstellung, dass der Portalbetreiber im vorliegenden Fall durch die Berechnung einer Weiterempfehlungsquote von 80% und einer durchschnittlichen Bewertung mit dem Wert 3,9 nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die einzelnen Beiträge übernehmen wollte, erscheint dem verständigen und durchschnittlich informierten Internetnutzer fernliegend.

Das statistische Auswerten der eingegangenen Bewertungen und das Errechnen dieser Durchschnittswerte hat die Beklagte erkennbar als Außenstehende vorgenommen. Indem sie diese Werte veröffentlicht hat, hat die Beklagte jedenfalls die Stellungnahmen in Frage gestellt, die extrem von den Mittelwerten abweichen, da die Mittelwerte dem Besucher des Portals deutlich zeigen, dass und in welchem Umfang die Meinungen und subjektiven Einschätzungen Einzelner von den Bewertungen der Mehrheit abweichen.

Zeigt die Beklagte dem Besucher der Seite auf, dass die eingegangenen Beiträge in ihrem System bislang durchschnittlich eine Bewertung des Beherbergungsbetriebs der Klägerin mit 3,5 von 6 „Sonnen“ ergeben haben, spricht nichts dafür, dass die Beklagte sich mit der von „S.“ vorgenommenen Bewertung des Betriebs mit einer „Sonne“ nebst den beanstandeten Äußerungen identifizieren und sie sich damit zu Eigen machen will.

(2) Die Erklärung „Nun durchläuft Ihre Bewertung ein aufwändiges TÜV-zertifiziertes Prüfungsverfahren.“ ist Bestandteil der E-Mail, die die Beklagte dem Einsender einer Bewertung zuschickt. Da derjenige, der nur die Bewertungen liest, von dieser Erklärung nichts erfährt, ist sie im Rahmen der hier durchzuführenden Gesamtbetrachtung nicht relevant.

cc) Allein indem die Beklagte Internetnutzern die Möglichkeit bietet, unter ihrem Vornamen oder Pseudonymen Bewertungen von Beherbergungsbetrieben auf ihrer Seite „… .de“ zu veröffentlichen, erfüllt die Beklagte die objektiven Voraussetzungen des Verbreitens von Tatsachenbehauptungen im Sinne des § UWG § 4 Nr. 8 UWG nicht.

Verbreiten im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Täter Dritten die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH GRUR 1995, 427 – Schwarze Liste). Eine konkrete, der Beklagten zuzurechnende menschliche Handlung, die dieses Tatbestandsmerkmal ausfüllt und als geschäftliche Handlung im Sinne des § UWG § 2 Abs. UWG § 2 Absatz 1 Nr. 1 UWG qualifiziert werden könnte, ist jedenfalls für den Zeitraum nach dem Eingang der Hotelbewertung der sich „S.“ nennenden Nutzerin bei der Beklagten dann nicht zu erkennen, wenn der Beitrag automatisch freigeschaltet worden ist.

Nach dem Vorbringen der Beklagten geschieht dies, wenn in einem automatisierten Prüfungsverfahren, das alle Bewertungen durchlaufen, die bei der Beklagten eingehen, keine Auffälligkeiten festgestellt worden sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es auch nach dem Urteil des BGH GRUR 1995, 247 – Schwarze Liste, für ein Verbreiten der Tatsachenbehauptungen Dritter nicht, dass ein anderer auf welchem Wege auch immer von den beanstandeten Äußerungen Kenntnis erhält.

Der BGH führt dort aus:

„Verbreiten im Sinne des § 14 UWG ist die Weitergabe einer fremden Tatsachenbehauptung; diese muss sich die verbreitende Person nicht zu Eigen gemacht haben (Baumbach/Hefermehl a. a. O. § 14 Rdn. 16; GroßkommUWG/Messer, § 14 Rdn. 103). Es muss lediglich einem Dritten die Möglichkeit verschafft worden sein, von dem Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen. Diese Voraussetzungen sind auch nach dem Vortrag der Beklagten erfüllt. Der Beklagte zu 2 hat den Mitarbeiter der Firma S. nicht nur über die Existenz der Liste und die Tatsache informiert, dass darin Unternehmen namentlich aufgeführt sind, welche nicht kreditwürdig erscheinen, sondern es dem Mitarbeiter der Firma S. im Zusammenhang mit dieser Information weiter ermöglicht, auf welchem Wege auch immer, sich eine im Besitz der Beklagten befindliche Liste anzueignen. Diese vom Beklagten zu 2 zu verantwortende Möglichkeit der Kenntnisnahme von der sogenannten „Schwarzen Liste“ durch Dritte erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Verbreitens im Sinne des § 14 UWG.“

Die Entscheidung BGH GRUR 1995, 247 – Schwarze Liste (= NJW 1995, 1965) wird in der Kommentarliteratur vielmehr als Beleg für folgende Definition des Verbreitens angeführt: „ein Verhalten, das bewusst die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der anderweit aufgestellten Tatsachenbehauptung verschafft, ohne dass sich der Handelnde mit ihr identifiziert“ (Sprau in: Palandt, BGB, 72. Aufl., § 824, Rn. 5).

Wird eine Hotelbewertung am Ende eines automatisierten Prüfungsverfahrens in das Portal der Beklagten eingestellt, ist ein positives Tun, das der Beklagten zuzurechnen wäre und als von der Beklagten zu verantwortende Möglichkeit der Kenntnisnahme bezeichnet werden könnte, nicht zu erkennen. Darüber, ob eine Hotelbewertung ins Netz gestellt wird, entscheidet nicht die Beklagte, sondern allein der Verfasser der Bewertung.

Die technischen Vorgänge, die die Beklagte organisiert, stellen kein Verbreiten im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG dar (vgl. auch Wagner in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 824, Rn. 30).

dd) Die Beklagte hat zwar in diesem Rechtsstreit die Darstellung der Klägerin nicht bestritten, die von der Beklagten verwendete Filtersoftware habe dazu geführt, dass der Beitrag von „S. „ von einem Mitarbeiter der Beklagten geprüft und anschließend freigegeben worden ist. Auch in der Freigabe ist jedoch kein Verbreiten im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG zu sehen (a.A. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4, Rn. 8.18).

Derjenige, der lediglich verschiedene Meinungen und Standpunkte zu einem bestimmten Thema zusammen- und gegenüberstellt, damit den Meinungsstand zu diesem Thema dokumentiert und gleichsam einen „Markt der Meinungen“ eröffnet, wird von der Haftung als Verbreiter grundsätzlich ausgenommen (vgl. BGH GRUR 1969, 624 – Hormoncreme; BGH NJW 1976, 1198; BGH NJW 1996, 1131; BVerfG NJW-RR 2010, 470).

Die Beklagte wahrt die erforderliche Distanz zu den veröffentlichten Bewertungen, wenn sie – wie bereits ausgeführt – als erkennbar Außenstehende die eingegangenen Bewertungen statistisch auswertet und mit der Darstellung der Durchschnittswerte jedenfalls die Stellungnahmen in Frage stellt, die extrem von den Mittelwerten abweichen.

Der Beklagten war eine Verletzung der Rechte der Klägerin jedenfalls vor der Anzeige der Klägerin auch nicht bekannt (vgl. hierzu: BGH NJW 2007, 2558). Die von der Beklagten verwendete Filtersoftware ist nur darauf ausgerichtet, Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelbetreibern aufzufinden. Die Prüfung der durch die Software herausgefilterten Bewertungen, die Mitarbeiter der Beklagten vornehmen, erfasst die inhaltliche Richtigkeit der Bewertungen und Berichte nicht.

Im Übrigen wird auf die folgenden Ausführungen unter ee) (2) (b) verwiesen.

ee) Sieht man die Beklagte hingegen als Verbreiterin von Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG, stellt sich weiter die Frage, ob die Beklagte sich auf die Haftungsbeschränkungen in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen kann.

Die Frage ist hier zu bejahen.

Diensteanbieter sind nach den genannten Bestimmungen für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich. Sie sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Das Landgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass die Beklagte als Betreiberin des Portals „h… .de“ Diensteanbieterin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 TMG ist.

(1) Der I. Zivilsenat des BGH hat allerdings zumindest früher die Auffassung vertreten, dass dieses Haftungsprivileg auf Unterlassungsansprüche keine uneingeschränkte Anwendung findet (vgl. BGH GRUR 2011, 152 – Kinderhochstühle im Internet, Rn. 26, m. w. N.).

Dem steht die Rechtsprechung des EuGH gegenüber, der bei der Auslegung von Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG, deren Umsetzung § 10 Satz 1 TMG § 7 Abs. 2 TMG dienen, gerade nicht zwischen der Haftung auf Schadensersatz und Unterlassung unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2010, GRUR Jahr 2010 Seite 445 – Google France und Google, Rn. 114 ff; EuGH GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 107, 108, 139).

Nachdem der BGH (I. Zivilsenat) nunmehr ebenfalls die Haftungsprivilegierung gemäß Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG im Rahmen von Unterlassungsansprüchen erörtert hat (vgl. BGH GRUR 2011, 1038 – Stiftparfum, Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, Rn. 28), wird zum Teil davon ausgegangen, dass der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festhalten will (so: Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8, Rn 2.28; Lorenz jurisPR-itr 6/2012, Anm. 4; von Ungern-Sternberg GRUR 2012, 312, 327).

Dies erscheint einleuchtend.

Die Voraussetzungen für die Feststellung der Verantwortlichkeit eines Vermittlers von Diensten der Informationsgesellschaft sind dem nationalen Recht zu entnehmen. Art. 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG schränken die nach nationalem Recht bestehende Verantwortlichkeit ein. (vgl. EuGH GRUR 2010,  445 – Google France und Google, Rn. 107; EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 107).

Dementsprechend hat der BGH in den oben genannten Fällen nach der Feststellung bzw. der Erörterung der Verantwortlichkeit der jeweiligen Beklagten nach den Grundsätzen der Störerhaftung (vgl. BGH GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1038 – Stiftparfum, Rn. 20, BGH Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, Rn. 19) in einem zweiten Schritt überprüft, ob dieses Ergebnis mit den Maßstäben des EuGH in dessen Urteil vom 12. Juli 2011 (GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1025 – L’Oréal/eBay) in Einklang steht (vgl. BGH GRUR 2011, GRUR Jahr 2011 Seite 1038 – Stiftparfum, Rn. 22; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, Rn. 19).

Der 6. Zivilsenat des BGH geht jedoch unzweifelhaft weiter davon aus, dass die Haftungsbeschränkung in § TMG § 10 Satz 1 TMG für Unterlassungsansprüche nicht gilt (vgl. BGH GRUR 2012, 311, Rn. 19; BGH GRUR 2012, 751, Rn. 9).

(2) Die Klägerin wirft zu Recht die Frage auf, ob die Beklagte sich angesichts der Verbindung des Bewertungsportals mit dem Betrieb eines Online-Reisebüros auf die Haftungsprivilegierung in § 10 Satz 1, § TMG § 7 Abs. 2 TMG berufen kann.

Der Umstand, dass die vom Betreiber eines mit einem Internetreisebüro verbundenen Hotelbewertungsportals erbrachte Dienstleistung die Speicherung von Informationen umfasst, die ihm von Dritten übermittelt werden, reicht nicht aus, um darauf zu schließen, dass diese Dienstleistung unter allen Umständen in den Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG fällt. Diese Bestimmung ist nämlich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs und der Ziele auszulegen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 111).

Wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Anbieter eines Internetdienstes vom Anwendungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG erfasst werden kann, besteht darin, dass er „Vermittler“ in dem vom Gesetzgeber im Rahmen von Kapitel II Abschnitt 4 dieser Richtlinie gewollten Sinne ist (vgl. EuGH GRUR 2010, 445 – Google France und Google, Rn. 114; EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 112).

(a) Dies ist nicht der Fall, wenn der Anbieter des Dienstes, anstatt sich darauf zu beschränken, diesen mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen, eine aktive Rolle spielt, die ihm eine Kenntnis dieser Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte (EuGH GRUR 2010, 445 – Google France und Google, Rn. 114 und 120; EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 113).

Mit den Tatsachen, dass der Betreiber eines Online-Marktplatzes die Verkaufsangebote auf seinem Server speichert, die Modalitäten für seinen Dienst festlegt, für diesen eine Vergütung erhält und seinen Kunden Auskünfte allgemeiner Art erteilt, lässt sich jedenfalls nicht begründen, dass die in der Richtlinie 2000/31/EG hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen auf ihn keine Anwendung finden (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 115).

Auch die Beklagte leistet denjenigen, die sich in ihrem Portal äußern wollen, jedenfalls keine Hilfestellung, die der Unterstützung der als Verkäufer auftretenden Kunden eines Online-Marktplatzes bei der Präsentation ihrer Angebote oder ihrer Werbung vergleichbar ist und dazu führen könnte, dass sie im Verhältnis zwischen den Verfassern der Beiträge auf ihrem Portal und deren Lesern eine neutrale Stellung verlässt, und sich daher nicht mehr auf die in Art. EWG_RL_2000_31 Artikel 14 der Richtlinie 2000/31/EG genannte Ausnahme im Bereich der Verantwortlichkeit berufen kann. (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025 – L’Oréal/eBay, Rn. 116)

Allein mit dem Betrieb eines Internetreisebüros lässt sich nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen des EuGH entgegen der Auffassung der Klägerin nicht begründen, dass die Beklagte die Rolle einer neutralen Vermittlerin verlassen habe. Wie bereits ausgeführt, wahrt die Beklagte als Portalbetreiberin eine erkennbar distanzierte Position zu den abgegeben Bewertungen, insbesondere zu solchen, die sich als „Ausreißer“ darstellen.

(b) Der Einsatz von Wortfiltern zum Auffinden von Beleidigungen, Schmähkritik etc., einschließlich der Überprüfung der angezeigten Suchergebnisse durch Mitarbeiter der Beklagten, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte das Haftungsprivileg verliert.

Die Richtlinie 2000/31/EG lässt die Möglichkeit unberührt, dass die Mitgliedstaaten von Diensteanbietern, die von Nutzern ihres Dienstes bereitgestellte Informationen speichern, verlangen, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (vgl. Erwägungsgrund 48 der Richtlinie).

Geht man davon aus, dass die Beklagte aufgrund nationaler zivil- und strafrechtlicher Vorschriften, die etwa dem Schutz der Persönlichkeitsrechte Dritter dienen, zumindest verpflichtet war, den eingesetzten Wortfilter zu installieren und gegebenenfalls weitere Überprüfungen durch ihre Mitarbeiter ausführen zu lassen, kann die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht automatisch zum Verlust des Haftungsprivilegs führen. Die Folgen der Freigabe eines Beitrages nach der Anzeige eines auf eine Beleidigung oder einer Schmähkritik hindeutenden Wortes müssen auf den geschuldeten Prüfungsumfang beschränkt sein. Die Freigabe eines Beitrags, der z. B. das Wort „Fußmarsch“ enthält und der infolge der letzten fünf Buchstaben dieses Wortes in einem auf das entsprechende Schmähwort ausgerichteten Wortfilter hängen geblieben ist, kann nicht dazu führen, dass der Portalbetreiber dafür einzustehen hat, dass alle in diesem Beitrag aufgeführten Tatsachen erweislich wahr sind. Andernfalls wird das von der Richtlinie 2000/31/EG gewollte Haftungsprivileg durch die nach Erwägungsgrund 48 der Richtlinie möglichen nationalen Vorschriften vollständig ausgehöhlt.

Das Landgericht führt zu Recht aus, es sei widersinnig, das Haftungsprivileg nur demjenigen zugute kommen zu lassen, der keinerlei Schutzmaßnahmen vorsehe, nicht aber demjenigen, der durch den Einsatz von Wortfiltern Vorkehrungen gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter treffe.

Die obigen Ausführungen gelten entsprechend, soweit die Beklagte Wortfilter einsetzt, die dazu dienen sollen, sogenannte „Fake-Bewertungen“ auszuschließen, insbesondere Eigenbewertungen von Hotelbetreibern und Bewertungen von Konkurrenten, da diese Maßnahmen nicht nur dazu dienen, Authentizität und Attraktivität des Portals zu sichern, sondern auch, um Wettbewerbsverstöße (§ 4 Nr. 7 und 8, § 5 UWG) zu verhindern.

(c) Es ist nicht davon auszugehen, dass der nationale Gesetzgeber – wie aber die Klägerin meint – mit § 4 Nr. 8 UWG von der ihm nach der Richtlinie 2000/31/EG offen gebliebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, für spezifische Fälle Überwachungspflichten einzuführen.

Nach Erwägungsgrund 47 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten nur gehindert, den Diensteanbietern Überwachungspflichten aufzuerlegen, wenn diese Pflichten allgemeiner Art sind. Den allgemeinen Überwachungspflichten werden dort Überwachungspflichten in spezifischen Fällen gegenüber gestellt, die von dem Verbot nicht erfasst sind und für die beispielhaft Anordnungen genannt werden, die von einzelstaatlichen Behörden nach innerstaatlichem Recht getroffen werden.

Überwachungspflichten in spezifischen Fällen sind danach etwa die Maßnahmen, die der Diensteanbieter auszuführen hat, wenn gegen ihn nach dem konkreten Hinweis auf einen Wettbewerbsverstoß, den er nicht abgestellt hat, ein Unterlassungsurteil ergangen ist, um künftig identische und kerngleiche Verstöße zu verhindern. Den allgemeinen Überwachungspflichten stellt Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG mithin anlassbezogene Überwachungspflichten gegenüber. (vgl. Nieland NJW 2010, 1494, 1497).

Die von der Klägerin gewünschte Überwachungspflicht, die darauf gerichtet ist, bei jeder einzelnen Bewertung zu erfassen, ob es sich um im Hinblick auf § 4 Nr. 8 UWG unbedenkliche positive Bewertungen, Meinungsäußerungen oder um unternehmensbezogene, zur Schädigung geeignete Tatsachendarstellungen handelt, legt dem Diensteanbieter eine allgemeine Überwachungspflicht auf. Der Diensteanbieter müsste nach den Vorstellungen der Klägerin jede einzelne Bewertung darauf überprüfen, ob sie – unterstellt sie sei nicht erweislich war – im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG unlauterer Wettbewerb wäre.

Ungeachtet der mehr als zweifelhaften Frage, ob sich eine derartige Prüfung mit dem Einsatz eines Wortfilters überhaupt bewerkstelligen lässt, ist dem entgegen zu halten, dass von einem Host-Provider wie der Beklagten bereits ein präventives System der Filterung der von den Nutzern ihrer Dienste auf ihrem Server gespeicherten Informationen, das unterschiedslos auf alle diese Nutzer anwendbar ist, grundsätzlich nicht verlangt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012, C-360/10 – Sabam).

Die hier vertretene Auffassung stellt Hotelbetreiber wie die Klägerin auch nicht rechtlos.

Um eine Beschränkung der Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen zu können, muss der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von Information besteht, unverzüglich tätig werden, sobald ihm rechtswidrige Tätigkeiten bekannt werden, um die betreffende Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 TMG, Art. 14 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 2000/31/EG, Erwägungsgrund 46 dieser Richtlinie).

(d) Der Auffassung der Klägerin, die Beklagte sei nicht Diensteanbieter im Sinne von § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG, weil sie fremde Informationen nicht nur vorübergehend speichere, ist nicht zu folgen.

Die Legaldefinition des Diensteanbieters findet sich in § 2 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. TMG. Diensteanbieter ist danach jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Weder hier noch in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG findet sich eine Differenzierung nach der Dauer der Speicherung (fremder) Informationen (vgl. auch § 9 TMG).

Auch aus der Legaldefinition des Dienstes der Informationsgesellschaft in Art. 2 lit. a) der Richtlinie 2000/31/EG oder Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG ergibt sich eine derartige Differenzierung nicht.

Die Klägerin stützt ihre Auffassung auf den Erwägungsgrund 42 der Richtlinie 2000/31/EG:

„Die in dieser Richtlinie hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen decken nur Fälle ab, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben und den Zugang zu diesem zu vermitteln, über das von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen übermittelt oder zum alleinigen Zweck vorübergehend gespeichert werden, die Übermittlung effizienter zu gestalten. Diese Tätigkeit ist rein technischer, automatischer und passiver Art, was bedeutet, dass der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt.“.

Die Klägerin verkürzt die dort genannten Ausnahmen, wenn sie ausschließlich darauf abstellt, ob „die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen zum alleinigen Zweck vorübergehend zu speichern, die Übermittlung effizienter zu gestalten“.

Die zweite Alternative im ersten Satz des Erwägungsgrundes 42 „Fälle …, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben … oder zum alleinigen Zweck vorübergehend gespeichert werden, die Übermittlung effizienter zu gestalten, betrifft nur das in Art. 13 der Richtlinie 2000/31/EG geregelte Caching (vgl. auch § 9 TMG).

Das Betreiben eines Hotelbewertungsportals gehört hingegen zu den Fällen, „in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft auf den technischen Vorgang beschränkt ist, ein Kommunikationsnetz zu betreiben und den Zugang zu diesem zu vermitteln, über das von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen übermittelt … werden.“

(e) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach der Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/31/EG auf ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen wie die Beklagte stellt sich nicht.

Diese Richtlinie hat der nationale Gesetzgeber mit dem TMG umgesetzt, ohne hinsichtlich der Haftungsprivilegierung zwischen Diensteanbietern aus Mitgliedstaaten und Drittstaaten zu unterscheiden.

Anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG oder § 3 TMG.

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG ist ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch die die sachlich-rechtlichen Ergebnisse des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert werden (EuGH NJW 2012, 137, Rn. 68).

Dementsprechend enthält auch § 3 TMG nur ein sachrechtliches Beschränkungsverbot (BGH GRUR 2012, 850, Rn. 30).

Inwieweit der Erwägungsgrund 58 der Richtlinie 2000/31/EG, nach dem die Richtlinie keine Anwendung auf Dienste von Anbietern finden soll, die in einem Drittland niedergelassen sind, Schweizer Unternehmen von den Haftungsprivilegien in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG ausschließen soll, ist nicht nachzuvollziehen.

Dementsprechend ist auch der BGH in seinem Urteil vom 12. Juli 2012, I ZR 18/11 – Alone in the Dark, offensichtlich davon ausgegangen, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG für eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz gilt und auch in dieser Konstellation an Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG und der Rechtsprechung des EuGH zu messen ist (vgl. dort Rn. 1, 19, 20).

3. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 3 UWG.

Der Klägerin ist ohne weiteres zuzugestehen, dass die Beklagte im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schafft, wenn sie jedwedem Internetnutzer die Möglichkeit bietet, sich (wertend) über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Ihr ist weiter zuzugestehen, dass diese Gefahrenlage sich noch verschärft, wenn die Beklagte Internetnutzern die Möglichkeit gibt, sich unerkannt, d. h. unter einem Pseudonym, zu äußern.

Trotz dieser Ausgangslage haftet die Antragsgegnerin aber auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht als Täterin eines Wettbewerbsverstoßes.

Aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind, ist grundsätzlich abzuleiten, dass derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die Gefahr schafft, dass Dritte wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen anderer verletzen, dazu verpflichtet ist, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 22, 36; BGH GRUR 2008, 530 – Nachlass bei der Selbstbeteiligung, Rn. 21).

Die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht eines Telediensteanbieters hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte konkretisiert sich als Prüfungspflicht. Voraussetzung einer Haftung des Telediensteanbieters ist daher eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Damit wird einer unangemessenen Ausdehnung der Haftung für Rechtsverstöße Dritter entgegengewirkt. (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 38)

Der Beklagten dürfen keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. In diesem Zusammenhang ist nicht nur die Regelung des § 7 Abs. 2 TMG zu beachten (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 39). Zugunsten der Beklagten fällt auch ins Gewicht, dass die Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die unter dem vollständigen, bürgerlichen Namen einer Person abgegeben werden, mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist (vgl. BGH NJW 2009, 2888, Rn. 38, sowie  § 13 Abs. 6 TMG).

a) Die Grenze zumutbarer Überwachungspflichten ist jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen (vgl. BGH GRUR 2007, 708 – Internetversteigerung II, Rn. 47).

Betrachtet man die beanstandeten Aussagen

a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff

b) sauber war nur das Badezimmer

c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen

d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,

e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,

f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,

g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50,- € gezahlt werden müssten.

ist zumindest bei den Aussagen a), b), d) f) und g) nicht erkennbar, welche Wörter in einem Wortfilter zur Anzeige eines problematischen Inhalts der Bewertung hätten führen sollen.

Das Wort „Bettwanzen“ in der Aussage c) erscheint zur Eingabe in ein Suchsystem ebenfalls nicht geeignet, da nicht nachzuvollziehen ist, warum damit letztendlich jede Erwähnung von Ungeziefer zur Folge haben muss, dass der Portalbetreiber vor der Veröffentlichung der Bewertung die Beweisbarkeit der Aussage sicherstellen und damit letztendlich die Wahrheit der Darstellung überprüfen müsste.

Entsprechendes gilt für das Wort „verseuchten“ in der Aussage e), da damit auch ein starker Verschmutzungsgrad beschrieben werden kann.

Beleidigenden Charakter, wie etwa häufig die Begriffe „Schmeißfliege“ oder „Zecke“, haben die Begriffe „Bettwanze“ und „verseucht“ jedenfalls nicht.

b) Das berechtigte Interesse der Beklagten an Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen kann nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten führen, jede Bewertung vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Dem entspricht die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 TMG, die eine entsprechende Verpflichtung ausschließt. (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn. 41).

Die von der Klägerin gewünschte Überwachungspflicht, die darauf gerichtet ist, bei jeder einzelnen Bewertung zu erfassen, ob es sich um im Hinblick auf § 4 Nr. 8 UWG unbedenkliche positive Bewertungen, Meinungsäußerungen oder um unternehmensbezogene, zur Schädigung geeignete Tatsachendarstellungen handelt, führt aber dazu, dass die Beklagte -wie bereits ausgeführt – jede einzelne Bewertung darauf überprüfen müsste, ob diese – unterstellt sie sei nicht erweislich wahr – im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG unlauterer Wettbewerb wäre.

Eine Beschränkung der Prüfungspflicht auf „schlechte“ Bewertungen ist nicht nur wegen des unbestimmten Maßstabs ungeeignet, den Prüfungsumfang auf das Zumutbare zu beschränken. Ob ein Erfahrungsbericht eine schlechte Bewertung eines Hostels enthält, lässt sich auch nur dann feststellen, wenn Mitarbeiter der Beklagten jede einzelne Bewertung durchlesen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da zum einen die Frage, ob sich der Betreiber eines mit dem Betrieb eines Internetreisebüros verbundenen Bewertungsportals die Bewertungen der Portalnutzer zu Eigen macht, wenn er einen Wortfilter einsetzt und im Fall einer Anzeige nach Prüfung durch Mitarbeiter freigibt, von grundsätzlicher Bedeutung sein dürfte.

Dies gilt aber auch für die Frage, ob sich ein solcher Unternehmer (gegenüber Unterlassungsansprüchen) auf die Haftungsprivilegierung in § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen kann.

KG Berlin, Urt. v. 16.04.2013 – 5 U 63/12: § 10 TMG ist auf Unterlassungsansprüche anwendbar

Die Kanzlei Dr. Bahr bericht über ein Urteil des KG Berlin, Urt. v. 16.04.2013 – 5 U 63/12, in dem eine Haftung der Bewertungsplattform Holidaycheck.com für unwahre Tatsachenbehauptungen abgelehnt worden sein soll.

Update: Mittlerweile liegt der Volltext vor.

Der Volltext der Entscheidung liegt leider noch nicht vor. Dr. Bahr berichtet zum Inhalt aber u.a. folgendes:

Darüber hinaus komme die Beklagte in den Genuss der Haftungsprivilegierung des § 10 TMG. Obgleich nach der (älteren) Rechtsprechung des BGH diese Norm auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung finde, bejaht das KG Berlin im vorliegenden Fall dessen Gültigkeit.

Das Urteil des KG Berlin ist aus diesem Grunde hochspannend. Denn seit dem Jahr 2004 hat der BGH in ständiger Rechtsprechung die Anwendung der Privilegierungsnormen auf Unterlassungsansprüche abgelehnt. Dies war in der Literatur mehrfach kritisiert worden (z.B. durch Spindler, GRUR 2011, 101, 102), wobei insbesondere in Frage stand, ob die Rechtsprechung des BGH mit Art. 15 E-Commerce-RL (bzw. § 7 Abs. 2 TMG) vereinbar ist.

Wohl auch als Folge der EuGH-Entscheidung L’Oréal vs. eBay (EuGH, Urt. v. 12.7.2011, GRUR 2011, 1025 Rn. 139) hat der BGH zuletzt auch im Rahmen der Prüfung von Unterlassungsansprüchen Stellung zur Anwendung der Privilegierungsregelungen genommen (BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 18/11, NJW 2013, 784 Rn. 21 ff.  – Alone in the Dark; BGH, Urt. v. 17.8.2011 – I ZR 57/09, GRUR 2011, 1038 Rn. 22; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 Rn. 39 – Vorschaubilder I; BGH, Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08, MMR 2010, 565 Rn. 24 – Sommer unseres Lebens), was er in den vorhergegangenen Entscheidungen jeweils nicht getan hatte. Ausdrücklich ist der BGH aber von seiner bisherigen Linie nicht abgerückt.

Die Entscheidung des KG Berlin könnte daher diese Tendenzen in der Rechtsprechung des BGH aufgegriffen und konsequent weitergeführt haben. Damit hätte das KG Berlin als (nach meinem Dafürhalten) erstes deutsches Gericht diese Abkehr vollzogen.

Es bleibt abzuwarten, was dann im Volltext des Urteils steht…

Lesetipp: Stadler, Das Ende der Störerhaftung im Internet?, AnwZert ITR 21/2010, Anm. 2

Im AnwaltZertifikat Online ist ein Aufsatz von Thomas Stadler mit dem Titel „Das Ende der Störerhaftung im Internet?“ erschienen, der zumindest noch kurze Zeit auch online abrufbar ist.

Darin beschäftigt sich Stadler mit der neuerdings wieder diskutierten Frage, ob die Haftungsprivilegierungen der §§ 7 ff. TMG (bzw. deren Grundlage Art. 12-15 E-Commerce-RL) auf Unterlassungsansprüche und dort insbesondere die Störerhaftung anwendbar sind. Der BGH hatte 2004 in seiner Internetversteigerungsentscheidung die Auffassung vertreten, dass die Privilegierung keine Anwendung findet (BGH MMR 2004, 668 – Internetversteigerung I; BGH MMR 2007, 507 – Internetversteigerung II; Bleisteiner, 207; Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 8 UWG Rn. 2.28; Gercke, CR 2006, 210, 214; Lotze in: Hasselblatt, § 31 Rn. 307 f.; Hoffmann, MMR 2002, 284, 286; Spindler in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, § 5 TDG Rn. 140 ff.; Sessinghaus, WRP 2005, 697, 702; Spindler, NJW 2002, 921, 922; Stadler, Haftung für Informationen im Internet, Rn. 26; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Anspruüche und Verfahren, Kap. 14. Rn. 9a; Volkmann, Der Störer im Internet, 101; Volkmann, CR 2004, 767, 769; a.A. OLG Düsseldorf MMR 2004, 315, 316 – Rolex/ebay; LG Düsseldorf MMR 2003, 120, 123; Hoeren, Recht der Access Provider, Rn. 613; Köcher/Kaufmann, MMR 2005, 61; wohl auch Rücker, CR 2005, 347, 354 f.; zumindest fu?r § 10 TMG (früher § 11 TDG) LG Potsdam MMR 2002, 829; LG Berlin CR 2003, 773; Leible/Sosnitza, NJW 2004, 3225, 3226; Burkhardt in: Wenzel, Kap. 10 Rn. 237). Dies ist viel kritisiert worden, allerdings hat der BGH diese Ansicht immer wieder bestätigt.

Dazu Stadler:

Die Ansicht des BGH erscheint angesichts des Gesetzeswortlauts zwar durchaus vertretbar, führt allerdings dazu, dass die Privilegierungstatbestände im Bereich des Zivilrechts praktisch weitgehend leerlaufen, nachdem die überwiegende Zahl der Rechtsstreitigkeiten auf Unterlassung gerichtet ist. Insoweit kann man in der Tat die Frage stellen, ob dieses Ergebnis noch dem Sinn und Zweck der E-Commerce-Richtlinie entspricht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 23.03.2010 – C-236/08 – AdWords) hat erkennen lassen, dass eine solche Auslegung richtlinienwidrig sein könnte.

Der EuGH ist insoweit zunächst der Ansicht, dass Google AdWords als Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie anzusehen ist. Die Anwendung der Haftungsprivilegierung der ECRL hält der EuGH ausdrücklich für möglich. Die Rechtsprechung des EuGH kann nur dahin gehend verstanden werden, dass die Verantwortlichkeitsprivilegierungen der Richtlinie umfassend gelten sollen und damit, entgegen der Rechtsprechung des BGH, auch Unterlassungsansprüche einschließen.

Der BGH hat (möglicherweise als Folge dessen) in einigen Entscheidungen der letzten Zeit seine bisherige Position weniger scharf formuliert. Diese Ansätze bespricht Stadler in seinem Aufsatz.

Der BGH scheint das Problem bereits erkannt zu haben, da er in den Entscheidungen „Vorschaubilder“ und „Sommer unseres Lebens“ eine Anwendbarkeit der Regelungen der Haftungsprivilegierungen nach der ECRL andeutet, ohne allerdings seine bisherige abweichende Rechtsprechung zu thematisieren.

Bei den Auswirkungen auf die Praxis geht Stadler näher auf das WLAN-Urteil des BGH (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens) ein:

Allein die breite rechtswissenschaftliche Diskussion des Themas hätte die Notwendigkeit begründet, dass sich der BGH mit § 8 TMG befasst, zumal er nicht nur über Unterlassungs-, sondern auch über Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche zu befinden hatte.

Man könnte nunmehr allenfalls noch in Erwägung ziehen, eine Anwendung von § 8 TMG deshalb abzulehnen, weil der Betreiber eines privaten WLANs nur wegen des Missbrauchs seines Internetzugangs zu einer Art unfreiwilligem Access-Provider wird. Aber auch insoweit wird in der Literatur eine Anwendung von § 8 TMG befürwortet. Es wäre angesichts von Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung auch nur schwer nachvollziehbar, wenn man den Betreiber eines unbewusst ungeschützten WLANs schlechter stellen würde als denjenigen, der an einem so genannten Hotspot in Flughäfen, Hotels, o.ä. bewusst ein offenes WLAN unterhält. …

Die Anwendung der Vorschrift von § 8 TMG auf den Sachverhalt, der dem Urteil „Sommer unseres Lebens“ zugrunde lag, hätte dazu geführt, dass der beklagte Betreiber des WLAN-Routers als für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu betrachten wäre. Denn § 8 TMG enthält eine Haftungsfreistellung. Die Entscheidung des BGH hätte damit anders ausfallen müssen.

S. zu dieser Diskussion auch schon: