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Streit um LGPL vor dem LG Bochum endet mit Vergleich: LGPL wirksam

Wie heise.de berichtet, ist ein Verfahren um die Verletzung der GNU LGPL mit einem Vergleich beendet worden (s. dazu auch die Pressemitteilung der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Bahr).

1.
Zu Grunde lag dem, dass in der ZDF-Bürosoftware WISO Mein Büro 2009 das Open-Source-Programm FreeadhocUDF der adhoc dataservice GmbH implementiert worden, ohne dass hierauf (wie es die LGPL in Ziffern 3-5 verlangt) hingewiesen worden wäre. Da FreeadhocUDF unter der LGPL stand, hätte hierauf hingewiesen werden müssen. 

Dem Vergleich vorausgegangen war nach dem Bericht ein Urteil des LG Bochum vom 20.01.2011 – I-8 O 293/09 (Volltext). Das Urteil war das Ergebnis einer sogenannten Stufenklage nach § 254 ZPO, bei der der Kläger zunächst nur Auskunft verlangt, um später seinen Schadensersatzanspruch beziffern zu können. Das LG Bochum hatte im Jahr 2011 nur über diese erste „Stufe“ entschieden und den Auskunftsanspruch zuerkannt. Mit der Entscheidung über den Auskunftsanspruch hatte das LG Bochum aber bereits darüber entschieden, dass überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt und damit klargestellt, dass die LGPL wirksam (und wirksam vereinbart worden) ist:

Eine Verletzung der der Klägerin insoweit zustehenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte liegt allein deshalb vor, weil das Programm „G“ in die Software für das Programm „N“ implementiert ist, wie das Schreiben der für die Programmierung zuständigen Fa. E vom 27.03.2009 (Anlage K 15 a zum Schriftsatz der Klägerin vom 11.01.2010 ) zeigt. In diesem Schreiben gesteht die Fa. E zu, daß mit der Folge urheberzivilrechtlicher Ansprüche die streitgegenständliche Software in das Programm „N“ eingefügt und nicht wieder entfernt worden ist. Ob die streitgegenständliche Software innerhalb des Programms „N“ funktionslos ist, ist angesichts dessen unerheblich; die urheberrechtlich relevante Handlung stellt bereits das Einfügen dieser Software in das Programm „N“ dar. Ohnehin folgt die Funktionslosigkeit der von der Klägerin vertriebenen Software nicht allein daraus, daß das Programm der Beklagten auch ohne diese Software uneingeschränkt lauffähig sein soll. Die Bedingungen der Lesser General Public License hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten, so daß eine unberechtigte Nutzung vorliegt.

2.
Die Wirksamkeit von Open Source- (GPL, LGPL etc.) und Open Content-Lizenzen (Creative Commons, DPPL etc.) ist durch deutsche Gerichte immer wieder bestätigt worden (LG München I MMR 2004, 693; LG Frankfurt a.M. CR 2006, 729; LG Berlin CR 2006, 735; LG München I, Urt. v. 24.7.2007 – 7 O 5245/07LG Bochum MMR 2011, 474; LG Berlin GRUR-RR, 2012, 107; s. weiter Mantz, in: Open Source Jahrbuch 2007, S. 413 ff.) . Es liegen auch mehrere Urteile ausländischer Gerichte hierzu vor (s. nur Mantz, GRURInt 2008, 21; Efroni, GRURInt 2011, 282; Liebenson, Meldung vom 21.1.2001). 

3.
Zusätzlich hatte der Kläger im Verfahren vor dem LG Bochum Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe verlangt. Diese Ansprüche hatte das LG Bochum allerdings abgelehnt, da die Beklagte  eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und gegen diese nach Auffassung des LG Bochum nicht verstoßen hatte.

4.
Das Verfahren hat – wohl nach Erteilung der Auskunft – nun mit einer Zahlung der Beklagten an den Urheber der LGPL-Software von 15.000,- EUR geendet. Dieser Ausgang zeigt, dass die Verletzung von Open Source-Lizenzen durchaus wirksam durchgesetzt werden kann und auch mit entsprechendem Schadensersatz bei Verletzung zu rechnen ist.

In eigener Sache: Anmerkung zu LG Berlin, Urteil v. 8.11.2011 – 16 O 255/10: Surfsitter, Open Source-Sammelwerke, GRUR-RR 2012, 107

In eigener Sache:

Im aktuellen Heft der Zeitschrift GRUR-RR ist die Anmerkung von Marcus Schreibauer und mir zu einem Urteil des LG Berlin zur Wirkung der GPL auf Sammelwerke erschienen (GRUR-RR 2012, 107).

Das Urteil wurde auch von Fabian Schäfer besprochen, die Anmerkung in der K&R 2012, S. 124, findet sich hier.