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LG Köln: Creative Commons „NonCommercial“ umfasst nur rein private Nutzung

Wie Till Jaeger für das iFrOSS berichtet, hat das LG Köln mit Urteil v. 5.3.2014 (28 O 232/13) als wohl erstes deutsches Gericht zur Frage des Begriffs „NonCommercial“ bei Creative Commons-Lizenzen Stellung genommen. Dabei hat das LG Köln offenbar nicht auf die von der Community entwickelte Definition abgestellt (Studie dazu hier; s. auch Mo?ller, in: Lutterbeck/Ba?rwolff/Gehring, Open Source Jahrbuch 2006, 271), sondern formuliert:

Nach dem objektiven Erklärungswert  ist unter der Bezeichnung „nicht kommerzielle Nutzung“ eine rein private Nutzung zu verstehen.

Auch die von der Creative Commons-Community entwickelte Definition hat ihre Untiefen und Schwächen, aber eine solch enge Auslegung dürfte dem Begriff „NonCommercial“ dennoch kaum gerecht werden.

Der Volltext ist bisher noch nicht veröffentlicht worden. Till Jaeger hat aber eine interessante und informative Besprechung des Urteils verfasst.

Die Entwicklung ist jedenfalls spannend. Im Zusammenhang mit meiner Anmerkung zur Entscheidung des LG Hamburg zur GPLv2 (dazu hier) hatte ich (zur GPL) formuliert:

Offene Lizenzen schaffen dadurch Rechtssicherheit für Urheber und Nutzer, gerade in Zeiten eines stetigen Wandels der urheberrechtlichen Nutzungsgewohnheiten. Interessanterweise wird es trotz der diese Auffassung immer wieder bestätigenden Entscheidungen nicht still um offene Lizenzen. Es darf mit Spannung erwartet werden, welche Konstellation die Gerichte das nächste Mal beschäftigen wird.

Es zeigt sich, dass nicht mehr die „großen Fragen“ im Zusammenhang mit offenen Lizenzen, u.a. den Creative Commons-Lizenzen, sondern eben die Einzelheiten und Begrifflichkeiten noch ihrer (gerichtlichen) Klärung harren. In diesem Sinne kann auch das Urteil des LG Köln einen Beitrag leisten.

Wenn der Volltext verfügbar ist, werde ich hier berichten.

Update: Der Volltext ist (mit Leitsätzen von mir) jetzt verfügbar.

Erste gerichtliche Entscheidung zu Creative Commons-Lizenzen (LG Berlin, Beschl. v. 8.10.2010 – 16 O 458/10)

Das LG Berlin hat als erstes Gericht in Deutschland eine Entscheidung zur Wirksamkeit der Creative Commons-Lizenz gefällt (LG Berlin, Beschl. v. 8.10.2010 – 16 O 458/10, Volltext bei ifross.org).

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren hatte der Antragsgegner ein Foto, das unter der Creative Commons-Lizenz „Attribution ShareAlike 3.0 Unported“ (Lizenztext hier) stand, ohne entsprechende Urhebernennung und Hinweis auf den Lizenztext auf einer Webseite verwendet.

Das Gericht befand dazu:

Da der Antragsgegner das Foto in seiner Internetseite unter Verletzung der genannten Lizenzbedingungen einstellte, handelte es sich um eine nicht von einer Genehmigung der Antragstellerin gedeckte und damit im Sinne des § 97 Abs. 1 UrhG widerrechtliche Verwendung.

Der Unterlassungstenor lautet dementsprechend:

… wird untersagt, die folgende Fotografie zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, ohne dass entsprechend den Lizenzbedingungen der Creative Commons-Lizenz „Attribution ShareAlike 3.0 Unported“ eine Urhebernennung erfolgt und der Lizenztext oder dessen vollständige Internetadresse in Form des Unified-Resource-Identifiers beigefügt wird.

(Unterstreichung durch Verfasser)

Mit dem Beschluss liegt die erste gerichtliche Entscheidung für CC-Lizenzen in Deutschland vor. Ein vorheriges Verfahren vor dem AG Berlin war vergleichsweise beigelegt worden (dazu hier). Bisher lagen Urteile in Deutschland nur zu den teilweise sehr ähnlichen Klauseln der GPL vor (LG München I MMR 2004, 693; LG Frankfurt a.M. CR 2006, 729; LG Berlin CR 2006, 735; LG München I, Urt. v. 24.7.2007 – 7 O 5245/07). Im Ausland gab es schon eine Reihe Entscheidungen zur Wirksamkeit von Creative Commons-Lizenzen, s. dazu Mantz, Creative Commons-Lizenzen im Spiegel internationaler Gerichtsverfahren, GRUR Int. 2008, 20, außerdem hier.

Meines Erachtens sind drei Dinge an dem (ansonsten sehr kurzen) Beschluss beachtlich:

1. Das Gericht hat – sogar für ein Verfügungsverfahren eher untypisch – mit Ausnahme des oben zitierten Satzes praktisch keine rechtlichen Ausführungen gemacht. Für das Gericht stand daher ganz offensichtlich außer Frage, dass die Creative Commons-Lizenz wirksam vereinbart worden und für sich wirksam sind. Die Lizenzbedingungen sind dementsprechend einzuhalten.

2. Weiter hat sich das Gericht – ohne dies explizit zu betonen – offenbar der herrschenden Meinung zur GPL (s.o.) angeschlossen, dass die in der Lizenz vereinbarte auflösende Bedingung ebenfalls wirksam ist. Nach dieser Bedingung entfällt die Berechtigung zur Verwendung des Werks bei Verstoß gegen die Lizenzbedingungen. Da das Gericht eine Verletzung von § 97 UrhG angenommen hat, weist es den Anforderungen der Creative Commons-Lizenz daher nicht nur schuldrechtliche Wirkung zu.

3. Letztlich ist spannend, dass das Gericht über eine „unported“-Version der Lizenzbedingungen zu befinden hatte. Diese ist an die speziellen deutschen rechtlichen Anforderungen nicht angepasst. Dennoch sind auch diese Lizenzbedingungen offenbar wirksam.

 

Der Beschluss wird auch auf iFrOSS.org besprochen. Vielen Dank für den Hinweis zum Beschluss an Dr. Till Jaeger.

S. auch: