Schlagwort-Archive: Host Provider

OLG Frankfurt: Keine Begehungsgefahr bei Host Provider, der nach Kenntnis von Rechtsverletzung angegriffenen Inhalt entfernt und ankündigt, den Sachverhalt zu prüfen

Ich möchte nur kurz auf einen aktuellen Beschluss des OLG Frankfurt am Main (Beschl. v. 18.6.2015 – 16 W 29/15; vorgehend LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 13.5.2015 – 2-03 O 198/15) hinweisen:

Im zugrundeliegenden Fall hatte sich die Antragstellerin wegen persönlichkeitsrechtsverletzender Inhalte eines Nutzers an gegen eine Bewertungsplattform gewandt. Der Betreiber der Bewertungsplattform entfernte daraufhin den Inhalt und teilte mit, dass er den Sachverhalt prüfen werde. Das werde ca. 2-3 Wochen in Anspruch nehmen.

Nach Ablauf dieser Frist beantragte die Antragstellerin beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach Ablauf dieser Frist und begründete dies u.a. damit, dass eine Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr vorliege, da jederzeit drohe, dass der Host Provider den Inhalt erneut einstellen werde.

Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main wiesen dieses Ansinnen zurück.

Die Haftung des Host Providers als Störer konnte erst entstehen, wenn die Antragsgegnerin den Inhalt nicht entfernt und/oder kein Prüfungsverfahren durchführt (vgl. BGH GRUR 2012, 311 – Blog-Eintrag). Mit anderen Worten: Zum Zeitpunkt der Anzeige der Rechtsverletzung haftete der Host Provider noch nicht als Störer, so dass insbesondere keine Wiederholungsgefahr indiziert wird. Durch die Entfernung des angegriffenen Inhalts fehlte es damit an einer die Haftung begründenden Rechtsverletzung durch den Host Provider.

LG und OLG sahen auch bei Ablauf der vom Host Provider angegebenen Frist keine (neu entstehende) Erstbegehungsgefahr. Eine konkrete Absicht des Host Providers, den Beitrag nach der Prüfung wieder online zu stellen, sei nicht zu erkennen gewesen.

Anmerkung zu OLG Hamburg, Urt. v. 21.11.2013 – 5 U 68/10: Keine Sperrpflichten für Access Provider

Das OLG Hamburg hat Ende letzten Jahres zur Störerhaftung des Access Providers Stellung genommen (Urt. v. 21.11.2013 – 5 U 68/10 – 3dl.am). Dem Urteil ging eine Entscheidung des LG Hamburg voraus (Urt. v. 12.3.2010 – 308 O 640/08).

1. Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Sachverhalt ist schnell erzählt: Die GEMA verlangte von der Beklagten, den Zugriff auf die nach ihrem Vortrag rechtsverletzende Webseite 3dl.am zu sperren. Dabei formulierte sie ihren Antrag offen, es sollte also im Wesentlichen dem verklagten Access Provider obliegen, die richtigen Maßnahmen zur Sperrung zu wählen. Diskutiert wurden URL-Sperren über Zwangsproxy, IP-Sperren, DNS-Sperren und Filter.

Schon das LG Hamburg hatte die Klage abgewiesen und festgestellt, dass Sperren von Access Providern nicht verlangt werden können.

2. Kernaussagen und Bewertung

Das OLG Hamburg hat die Entscheidung des LG Hamburg bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. In einem langen, ausführlichen Urteil hat es dabei gründlich die Bewertung von Sperrmaßnahmen durchexerziert.

a. Grundsätze der Störerhaftung, Kausalität

Das OLG Hamburg hat zunächst die Grundsätze und die Anwendbarkeit der Störerhaftung auf Access Provider behandelt. Dabei stellt es fest, dass auch Access Provider der Störerhaftung unterliegen können und stützt sich hierfür auch auf das Urteil „LSG vs. Tele2“ des EuGH (EuGH GRUR 2009, 579 Rn. 46 – LSG/Tele2). Die Haftungsprivilegierungen der §§ 8 – 10 TMG hingegen seien nicht unmittelbar auf Access Provider anwendbar. Aber sie finden im Rahmen der Beurteilung der einem möglichen Störer abzuverlangenden Pflichten Berücksichtigung.

Mit dieser Linie folgt das OLG Hamburg der derzeitigen Rechtsprechung des BGH. Während der BGH früher durchgehend Unterlassungsansprüche von §§ 8 – 10 TMG ausgenommen hatte, was vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH fraglich ist, wendet der BGH die Haftungsprivilegierungen gleichsam auf der Rechtsfolgenseite doch auf Access Provider an, indem er sie bei der Bewertung der aus der Störerhaftung möglicherweise resultierenden Prüf- und Überwachungspflichten einbezieht.

Quasi im Wege eines (wohl durch die Parteien angeregten) Exkurses geht das OLG Hamburg im Übrigen auch auf die verwaltungsrechtliche Bewertung der §§ 8 – 10 TMG ein. Es stellt fest, dass im Verwaltungsrecht ein anderer Störerbegriff gelte. Dennoch spricht sich das OLG Hamburg in Bezug auf § 59 Abs. 4 RStV quasi für eine einheitliche Auslegung aus:

Im Sinne einer einheitlichen Rechtsordnung dürften allerdings auch die in § 59 Abs. 4 RStV sowie der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Ausdruck kommenden Wertungen bei der Frage der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Access-Providers im Rahmen der Störerhaftung Berücksichtigung zu finden haben; es ist aber nicht ersichtlich, dass dies zu einem anderen Ergebnis führen würde als die nach den vorstehenden Ausführungen ohnehin erforderliche Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertungen der §§ 7-10 TMG.

Ganz wesentlich ist an dem Urteil, dass das OLG feststellt, dass die Pflichten eines Access Providers anders zu bewerten sind als diejenigen eines Host Providers. Der Access Provider betreibe nämlich ein „ohne Einschränkung gebilligtes Rechtsmodell“. Die Rechtsprechung zu eBay & Co. kann daher auf Access Provider nicht übertragen werden, es gelten ganz andere Grundsätze:

Die Rechtsprechung des BGH zur möglichen Inanspruchnahme von Host-Providern nach den Grundsätzen der Störerhaftung ist auf den vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres übertragbar. … Im Gegensatz zu dem – jedenfalls teilweise auf die Begehung von Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodellen von Sharehosting-Diensten – ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit und Zumutbarkeit von Prüfpflichten der hiesigen Bekl. aber zu berücksichtigen, dass diese ohne jeden Zweifel ein von der Rechtsordnung ohne Einschränkung gebilligtes Geschäftsmodell betreibt, welches in weit überwiegendem Umfang zu rechtmäßigen Zwecken genutzt wird.

Anschließend geht das OLG Hamburg auf die Frage der adäquaten Kausalität ein. Mit der wohl h.M. dürfte der Access Provider adäquat-kausal an der Rechtsverletzung seiner Endnutzer mitwirken, indem er den Zugang zu den Webseiten herstellt. Anders hatte dies 2008 noch das OLG Frankfurt gesehen (OLG Frankfurt, Urt. v. 1.7.2008 – 11 U 52/07 m. Anm. Mantz/Gietl, PDF).

b. Wirksamkeit von Sperrmaßnahmen

Das OLG Hamburg hinterfragt auch die Wirksamkeit von Sperrmaßnahmen. Dabei stellt es zunächst fest, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die von der Klägerin verlangten Sperrmaßnahmen allesamt grundsätzlich technisch möglich, aber auch relativ leicht zu umgehen sind. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass Internetsperren leicht zu umgehen seien, was sich am – mittlerweile wieder aufgehobenen – Zugangserschwerungsgesetz zeige (vgl. BT-Drs. 17/6644, 7).

Zuletzt hatte der niederländische Gerechtshof Den Haag Stellung zur Wirksamkeit von Sperrmaßnahmen genommen (Urt. v. 28.1.2014 – 200.105.418/01). Der Gerechtshof hatte dabei – unter Bezugnahme auf die sog. „Baywatch“-Studie (Poort et al., Baywatch: Two approaches to measure the effects of blocking access to The Pirate Bay, PDF) – festgestellt, dass DNS-Sperren (hier zur Sperre von The Pirate Bay) unwirksam seien. Schon auf dieser Grundlage hatte der Gerechtshof Den Haag die Verpflichtung zu Sperrmaßnahmen als unzulässig angesehen: Was nicht wirksam sei, könne auch nicht verlangt werden (ebenso die hiesige Vorinstanz LG Hamburg, Urt. v. 12.3.2010 – 308 O 640/08).

Das OLG stützt diese Auffassung ausdrücklich, nimmt aber – auf tatsächlicher Ebene – selbst zur Wirksamkeit der Sperrmaßnahmen dennoch keine Stellung (Hervorhebung durch Verfasser):

Der Senat selbst vermag indes die Frage der Effektivität der angesprochenen Sperrmethoden nicht abschließend zu beurteilen. Auch wenn die Einschätzung des LG, nach der gerade junge, internetaffine Menschen über hinreichende Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um die jeweiligen Sperrmaßnahmen innerhalb kurzer Zeit zu umgehen, vom Senat geteilt wird und sich zahlreiche Anleitungen hierzu im Internet finden, handelt es sich hierbei letztlich um (komplexe) technische Vorgänge. Es kann nicht eingeschätzt werden, wie viele der potenziellen Nutzer der streitgegenständlichen Website einen derartigen Umweg in Kauf nähmen, um an die rechtsverletzenden Links zu gelangen.

Nach Auffassung des Senats kann diese Frage jedoch auch dahinstehen. Sollte es sich so verhalten, dass die Auffassung der Bekl. zutrifft, nach der die genannten Sperrmöglichkeiten letztlich weitgehend unwirksame, weil leicht zu umgehende Mittel sind, wäre ihr die von der Kl. begehrte Zugangsverhinderung bzw. Zugangserschwerung bereits aus diesem Grunde nicht zumutbar. Eine Inanspruchnahme der Bekl. scheitert jedoch selbst dann an der Zumutbarkeit, wenn es sich – wie von der Kl. vertreten – bei den Sperrmöglichkeiten um äußerst effektive Mittel handelte.

Es ist wichtig, sich diese Unterscheidung deutlich zu machen: Es ist im Ergebnis egal, ob Sperrmaßnahmen wirksam sind oder nicht. Selbst wenn man unterstellt, dass Sperrmaßnahmen „äußerst effektiv“ sind, sind sie trotzdem unzulässig.

c. Unzulässigkeit von Sperrmaßnahmen ohne gesetzliche Grundlage

Der Kernpunkt der Entscheidung des OLG Hamburg ist denn auch die Bewertung von Sperrmaßnahmen – namentlich URL-Sperren durch Zwangsproxy, IP-Sperren, URL-Sperren und Filter. Diese sieht das OLG Hamburg ohne gesetzliche Grundlage vollständig als unzulässig an.

aa. Overblocking

Zunächst adressiert das OLG die Frage des Overblocking. Durch die Sperren könnte auch der Zugriff auf rechtmäßige Inhalte blockiert werden.

Overblocking geht mit Sperrmaßnahmen praktisch zwangsläufig einher. Wenn eine IP-Adresse gesperrt wird, werden alle Webseiten und alle Server unter dieser Adresse gesperrt. Wird eine URL gesperrt, können auf der URL rechtmäßige und rechtsverletzende Werke enthalten sein. Auch kann sich der Inhalt unter der URL ändern.

So führt das OLG Hamburg aus, dass urheberrechtlich geschützte Werke  gemeinfrei geworden sein und deshalb rechtmäßig auf der Webseite verfügbar sein könnten. Diese Argumentation kann durchaus noch dadurch erweitert und gestützt werden, dass auf einer geblockten Webseite Werke unter einer freien Lizenz, z.B. der GPL oder einer Creative Commons-Lizenz, angeboten werden könnten.

Overblocking kann im Übrigen praktisch zwangsläufig auch zu Schadensersatzansprüchen führen:

Erfolgte gleichwohl eine Sperrung dieser Angebote, so hätte dies eine nachhaltige Beeinträchtigung der Rechte Dritter zur Folge. Die Bekl. setzte sich in derartigen Fällen unter Umständen sogar Schadensersatz- sowie Unterlassungsansprüchen von Dritter Seite aus.

bb. Sperrmaßnahmen als Eingriff in Grundrechte

Das OLG Hamburg sieht denn auch in Sperrmaßnahmen einen klaren Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen. Dabei subsummiert es im Ergebnis nur unter das in Art. 10 GG und §§ 88 ff. TKG geregelte Fernmeldegeheimnis, stellt aber auch die Möglichkeit von Eingriffen in Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit), Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) und Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsfreiheit) in den Raum.

Nach richtiger Auffassung des OLG Hamburg gehören alle mit dem Übertragungsvorgang zusammenhängenden Daten zu den Umständen der Telekommunikation und unterfallen daher dem Schutzbereich von Art. 10 GG. Dabei sieht das OLG Hamburg keinerlei Unterschied darin, ob der Zugriff manuell oder automatisiert geschieht. Die Ausführungen sind vermutlich entsprechendem Vortrag der Klägerin geschuldet. Immer wieder wird (insbesondere in den USA) behauptet, dass eine automatisierte Verarbeitung von Daten nicht zu einer Rechtsverletzung führen könne. Jedenfalls in Deutschland dürfte diese Auffassung kaum zu halten sein. Schon im Rahmen des Volkszählungsurteils hatte das Bundesverfassungsgericht die automatisierte Verarbeitung von Daten als besonders gefährlich bezeichnet. Es kann auch für den Betroffenen nicht darauf ankommen, ob seine Daten von einem Mensch oder einer Maschine zur Kenntnis genommen werden. Eine solche Einschränkung des Schutzbereichs sieht das auch das Gesetz nicht vor:

Dass ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis ausgeschlossen sein soll, wenn die dem Schutz der Norm unterliegenden Informationen lediglich im Rahmen automatisierter Vorgänge zur Erschwerung des Zugriffs auf ein Internetangebot genutzt werden, vermag der Senat der gesetzlichen Regelung des § 88 Abs. 3 TKG nicht zu entnehmen. Auch die Gesetzesbegründung zu § 82 TKG aF ist zu diesem Gesichtspunkt unergiebig (BT-Drs. 13/3609, 53).

Weiter führt das OLG Hamburg aus, dass dies zudem der Auffassung des Gesetzgebers entspreche, der bei DNS-Sperren ausweislich der Gesetzesformulierung von einem Eingriff in das Fernmeldegeheimnis ausgegangen sei.

Die Filterung von Datenverkehr sieht das OLG Hamburg übrigens als einen unmittelbaren Eingriff in den Kernbereich von Art. 10 GG. Die Filterung ist daher besonders sensibel.

Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt eine Verpflichtung der Bekl. zur Filterung des Datenverkehrs erst recht nicht in Betracht. Denn dabei müsste die Bekl. nicht nur Kenntnis von Informationen über Umstände eines Telekommunikations-Vorgangs nehmen, sondern – darüber hinausgehend – auch von dessen Inhalt. Eine solche Maßnahme ginge mithin noch weiter als die dargestellten Sperrmaßnahmen und würde einen unmittelbaren Eingriff in den Kernbereich der durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Vertraulichkeit der Telekommunikation darstellen.

Es ist vor diesem Hintergrund fraglich, ob die Auferlegung einer Pflicht zur Filterung des Datenverkehrs überhaupt gerechtfertigt werden kann. Diesen Abschnitt im Urteil des OLG Hamburg sollten alle Telekommunikationsdiensteanbieter, die sich der sog. Deep Packet Inspection bedienen, also der automatisierten Analyse von Paketinhalten, berücksichtigen. Er könnte dafür sprechen, dass der Einsatz von Deep Packet Inspection grundsätzlich unzulässig ist und jedenfalls ohne ausdrückliche Einwilligung des Nutzers nicht vorgenommen werden darf. Da die Kenntnisnahme von Inhalten des Telekommunikations-Datenverkehrs höchst sensibel ist, lässt sich nicht ausschließen, dass sich Telekommunikationsdiensteanbieter mit solchem Verhalten einem erheblichen Schadensersatzrisiko aussetzen. Wenn für die Durchführung einer Videoüberwachung heutzutage schon erhebliche Beträge an Schmerzensgeld angemessen sind, dann dürften ähnliche, wenn nicht höhere Beträge auch bei Einblick in den Datenverkehr auszusprechen sein. Auch eine außerordentliche Kündigung durch den Nutzer könnte mit dem Einsatz von Deep Packet Inspection beim Anbieter durchaus begründet werden.

cc. Rechtfertigung des Eingriffs nur durch Gesetz – nicht durch die Störerhaftung

Da die Verpflichtung zur Einrichtung von Sperrmaßnahmen wie dargestellt in Grundrechte der Nutzer eingreift, bedarf es nach richtiger Auffassung des OLG Hamburg einer gesetzlichen Grundlage für solche Maßnahmen. Eine gesetzliche Regelung müsste insbesondere mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Voraussetzungen einer Maßnahme im Einzelnen bestimmen.

Die Störerhaftung – begründet auf §§ 1004 BGB, 97 UrhG – stellt jedenfalls keine solche taugliche Grundlage dar.

3. Europarechtlicher Kontext

Die Entscheidung ist auch im Lichte der Entscheidung des EuGH, Urt. v. 27.3.2014 – C-314/12 – UPC vs. Constantin, zu sehen. In dieser Entscheidung hatte der EuGH die grundsätzliche Rechtmäßigkeit von Sperrmaßnahmen zu bewerten. Der EuGH hat entschieden dass die europäischen Grundrechte einer Anordnung von Sperrmaßnahmen gerade nicht grundsätzlich entgegen stehen. Dabei hat der EuGH insbesondere festgestellt, dass allein die Unwirksamkeit einer Maßnahme nicht dazu führt, dass sie nicht angeordnet werden darf. Schon die Erschwerung des Zugangs reiche hierfür aus.

Im Ergebnis kommt aber auch der EuGH zu dem Ergebnis, dass Sperrmaßnahmen im konkreten Einzelfall aufgrund nationaler Regelungen erfolgen müssen (EuGH, Rn. 43 ff.). Es ist nämlich Sache der Mitgliedsstaaten kollidierende Grundrechte miteinander in Einklang zu bringen (EuGH, Rn. 46). Dabei hat der EuGH interessanterweise auf Seiten der Internetnutzer nur auf die Informationsfreiheit, nicht aber auf das Fernmeldegeheimnis abgestellt (EuGH, Rn. 47, 56).

Eine solche Gesetzesgrundlage müsste zudem auch Rechte der betroffenen Internetnutzer vorsehen, Sperrmaßnahmen angreifen zu können. Auch hier gilt also: Ohne Gesetz keine Sperrmaßnahme – in einer Linie mit der Entscheidung des OLG Hamburg.

4. Ausblick

Das OLG Hamburg hat die Revision zugelassen, da Fragen grundsätzlicher Bedeutung berührt seien. Der BGH wird sich also möglicherweise demnächst zu diesen Fragen äußern. Die Revision ist beim BGH unter dem Az. I ZR 3/14 anhängig.

Der BGH wird daher endlich den Fall eines Access Providers verhandeln und entscheiden und hoffentlich zur (Nicht-)Anwendbarkeit der Rechtsprechung zur Störerhaftung des Host Providers auf den Access Provider Stellung nehmen.

Es lässt sich verständlicherweise nur schwer vorhersagen, wie der BGH urteilen wird. Allerdings hat der BGH wiederholt die Rechte der Internet Service Provider nach §§ 7 ff. TMG hoch bewertet – und in Ausgleich mit den Interessen der betroffenen Rechteinhaber zu stellen versucht. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der BGH der Linie des OLG Hamburg folgt und für Sperrmaßnahmen eine gesetzliche Grundlage verlangt. Das Tauziehen um eine solche gesetzliche Grundlage dürfte dann erst richtig losgehen, ähnliche Kämpfe sind aus den vielen Reformen im Urheberrecht ja bekannt.

Die Entscheidung des EuGH in Sachen UPC vs. Constantin dürfte im Übrigen auf das zu erwartende Urteil des BGH keinen wesentlichen Einfluss haben. Denn zum einen verlangt auch der EuGH eine gesetzliche Grundlage für Sperranordnungen, zum anderen stützt das OLG Hamburg seine Entscheidung gerade nicht darauf, dass die verlangten Sperrmaßnahmen technisch ineffektiv sind. Und letztlich hat der EuGH in seiner Entscheidung das Fernmeldegeheimnis überhaupt nicht thematisiert. Der BGH wird dieses aber – auch aufgrund der starken Vorarbeit des OLG Hamburg – in seine Abwägung mit einbeziehen müssen.

 

Update: Zu dem Urteil hat auch Dr. Carlo Piltz in seinem Blog eine Anmerkung verfasst.

OLG Hamburg zu den Anforderungen der Störerhaftung des Host Providers – OLG Hamburg, Urt. v. 29.9.2010 – 5 U 9/09 (Sevenload)

Über das Urteil des OLG Hamburg zur Haftung des  Videobetreibers „Sevenload“ für Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer wurde in den letzten Tagen bereits berichtet (Volltext; Kurzmeldung von RA Stadler). Einigen Umfang nahm dabei die Frage ein, ob Sevenload sich die Inhalte der Nutzer nach § 7 TMG „zu Eigen gemacht“ hatte und damit auf Schadensersatz haftet.

Ich möchte das Augenmerk ein wenig auf die Ausführungen des OLG Hamburg zur Störerhaftung richten, da diese insbesondere im Hinblick auf die Betrachtungen zu den Prüfungs- und Überwachungspflichten durchaus interessant sind. Sie sind auf den Access Provider (§ 8 TMG) natürlich nicht ohne weiteres übertragbar, da es sich bei  Sevenload um einen Host Provider (§ 10 TMG) handelt. Dennoch zeigt sich daran, welche Überlegungen das Gericht generell bei Internet Service Providern anstellt und dann eventuell auf andere Fälle überträgt.

Zunächst die relevanten Textstellen. Das OLG Hamburg schreibt:

… Nach ständiger Rechtsprechung kann bei Verletzung absoluter Rechte als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung als Störer die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (zuletzt BGH GRUR 1010, 633 Rn. 19 – Sommer unseres Lebens).
Nach der Rechtsprechung des BGH ist es einem Unternehmen, welches im Internet eine Plattform für Fremdversteigerungen betreibt, nicht zuzumuten, jedes Angebot vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen, weil dies das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Erst dann, wenn der Betreiber eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wird, muss er das konkrete Angebot unverzüglich sperren und dafür Vorsorge tragen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kommt (GRUR 2004, 860, 864). … Vorliegend handelt es sich um ein vergleichbares Geschäftsmodell. Die Antragsgegnerin hat … täglich mehr als 50.000 Uploads von Nutzern zu bewältigen. Ohne konkrete Anhaltspunkte, die für die streitgegenständlichen Musikvideos nicht vorgetragen sind, war sie nicht verpflichtet, diese Datenmengen proaktiv auf Rechtsverletzungen  hin zu untersuchen. …
Nachdem die Antragsgegnerin in der Abmahnung auf die streitgegenständlichen Videos hingewiesen worden ist, hat sie diese unstreitig unverzüglich gesperrt. Die Antragsstellerin hat keine neuen Verletzungshandlungen für die streitgegenständlichen Musiktitel vorgetragen. Daher stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht die Frage, ob die Antragsgegnerin hinreichend Vorsorge gegen weitere Rechtsverletzungen getroffen hat und ggf. nunmehr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Schließlich gibt es auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin ein von der Rechtsordnung nicht gebilligtes Geschäftsmodell betreiben würde und schon deshalb auf Unterlassung haftet. Hierzu hat die Antragsstellerin für das vorliegende Eilverfahren nicht ausreichend vorgetragen und macht dies auch erstmals im Schriftsatz vom 20.8.2010 im Berufungsverfahren geltend, … Soweit sie in diesem Schriftsatz mehrfach darauf abstellt, dass die Antragsgegnerin es den Nutzern ermögliche, anonym Inhalte hochzuladen, ist dies ausweislich der Anlage 8 gerade nicht der Fall und von der Antragsstellerin bislang auch nicht glaubhaft gemacht worden. Auch hat die Antragsgegnerin … glaubhaft gemacht, dass bei jedem Upload-vorgang neben den im Registrierungsformular geforderten Angaben die IP-Adressen der Nutzer archiviert würden. Es ist damit nicht ausreichend ersichtlich, dass das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin darauf angelegt wäre, Rechtsverletzungen im Schutz der Anonymität zu begehen.

Wie man sieht, stützt das Gericht seine Argumentation bezüglich der Prüfungs- und Überwachungspflichten auf drei Punkte:

1. Zumutbarkeit

Generell stellt das Gericht Zumutbarkeitserwägungen bezüglich der Menge der hochgeladenen Dateien an. Damit geht es auf die faktische Möglichkeit der Verhinderung von Rechtsverletzungen ein, die es hier als zu aufwändig und damit unzumutbar ansieht.

Allerdings führt das Gericht aus, dass der Antragsgegnerin auch keine „konkreten Anhaltspunkte“ zur Fahndung nach Rechtsverletzungen an die Hand gegeben wurden. Wie sich das Gericht verhalten würde, wenn solche „konkreten Anhaltspunkte“ bestehen, ist unklar. Hier könnte allerdings mit dem BGH (Internetversteigerungs-Entscheidungen) das OLG Hamburg bei eingrenzbaren Rechtsverletzungen auch Filtersysteme als zumutbar ansehen, z.B. indem die Titel von Videos auf Markennamen geprüft werden o.ä. (wie z.B. bei den bekannten „Rolex-Plagiaten“).

Darauf deutet auch hin, dass das Gericht ausdrücklich feststellt, dass die Antragsstellerin nicht zu erneuten (wohl kerngleichen) Rechtsverletzungen vorgetragen hat, und daher auf die Möglichkeit der Verhinderung zukünftiger kerngleicher Rechtsverletzungen konkret nicht eingegangen werden musste.

2. Geschäftsmodell

Der zweite Punkt, den das OLG Hamburg adressiert, ist die Frage der Verfolgung eines Geschäftsmodells. Die Überlegungen des OLG Hamburg zum Thema „Geschäftsmodell“ bewegen sich hierbei grob auf einer Linie mit dem BGH: Prüfungs- und Überwachungspflichten sollen ein Geschäftsmodell nicht gefährden (s. z.B. BGH GRUR 1977, 114, 116 – VUS; BGH NJW 2004, 2158, 2159 – Schöner Wetten; BGH MMR 2004, 668, 671 – Internetversteigerung I). Das OLG Hamburg hebt allerdings wiederholt hervor, dass es nur solche Geschäftsmodelle als schutzwürdig ansieht, die „von der Rechtsordnung gebilligt werden“, also wohl solche, die nicht gerade in der Beförderung bzw. dem Ausnutzen der Rechtsverletzungen der Nutzer bestehen. Diese Linie verfolgt das OLG Hamburg schon länger (s. z.B. OLG Hamburg, Urt. v. 4.2.2009 – 5 U 167/07 – Haftung des Forenbetreibers; dazu Anmerkung Mantz, JurPC Web-Dok. 69/2009; zu den verschiedenen Betrachtungsweisen bzgl. des Geschäftsmodells anhand des Beispiels Rapidshare s. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2010 – I-20 U 166/09 – rapidshare; sowie OLG Hamburg, 02.07.2008 – 5 U 73/07).

3. Anonymität der Nutzer und das Geschäftsmodell

Interessant wird es im letzten Abschnitt, in dem das Gericht sich mit der Frage der Anonymität beschäftigt – und diese ganz konkret mit dem Merkmal „Geschäftsmodell“ in Zusammenhang bringt. Die Antragsgegnerin hatte hier die IP-Adressen der hochladenden Nutzer protokolliert und von daher gerade nicht der Anonymität Vorschub geleistet. Soweit nichts Neues.

Allerdings ist die Verknüpfung von Anonymität und Geschäftsmodell hier relevant. Man könnte aus den Ausführungen nämlich folgern, dass Anonymität im einzelnen Fall gerade nicht zur Störerhaftung führt und sogar generelle Anonymität nur dann die Störerhaftung begründen kann, wenn sich der Anbieter gerade der Anonymität seiner Nutzer bedient, um sein Geschäftsmodell zu verfolgen. Mit anderen Worten nur dann, wenn es dem Anbieter gerade darauf ankommt, dass seine Nutzer anonym Rechtsverletzungen begehen können, und er selbst hieraus einen (im Geschäftsmodell manifestierten) Nutzen zieht. Darin läge ein erheblicher Unterschied zu Überlegungen, ob schon die (eventuell sogar unbewusst oder zwangsläufig hergestellte) Anonymität im Einzelfall aufgrund der Eröffnung einer Gefahrenquelle die Störerhaftung begründen könnte (dazu eingehend Mantz, JurPC Web-Dok. 95/2010, Abs. 11-19). Dies hatte das OLG Hamburg bereits zuvor abgelehnt (OLG Hamburg, Urt. v. 4.2.2009 – 5 U 167/07; Mantz, JurPC Web-Dok. 69/2009, Abs. 9 mwN).

4. Fazit

Das Urteil des OLG Hamburg reiht sich in bisherige Entscheidungen weitgehend ein. Eine Übertragbarkeit auf Access Provider ist schwierig, denn bei diesen sind Kontroll- und Überprüfungsmöglichkeiten deutlich geringer. Dennoch finden sich im Urteil durchaus Ansatzpunkte, die für das Geschäftsmodell „Offene Netze“ eher als positiv zu werten sein dürften.

Links:

Wichtige Punkte im Urteil des OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2010 – I-20 U 166/09 – rapidshare

Das OLG Düsseldorf hat sich in einem Urteil zum Dienst Rapidshare gegen die bisherigen Entscheidungen der OLGs Köln und Hamburg gewendet (s. den Volltext unten, Besprechung von damm-legal hier).

Dabei hat das OLG Düsseldorf zwei sehr relevante Punkte aufgegriffen, die auch die Literatur in der Diskussion um die Störerhaftung immer wieder aufwirft, die aber von den Gerichten nur teilweise in die Ueberlegungen einbezogen werden:

1. Zur Haftung als Teilnehmer: Überwiegende Legalität des Angebots

Zur nicht mit der Störerhaftung zu verwechselnden Haftung als Teilnehmer heißt es im Urteil des OLG Düsseldorf:

„Wie das OLG Köln (Urteil vom 21.09.2007, Az. 6 U 86/07) zu Recht feststellt, sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich (anderer Ansicht ohne nähere Begründung OLG Hamburg, Urteil vom 02.07.2008, Az. 5 U 73/07, GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009, Az. 5 U 111/08, MMR 2010, 51 = WRP 2010, 155 mit der Redeweise von dem „von der Rechtsordnung nicht gebilligtem Geschäftsmodell”, da ihm die Gefahr innewohne, für eine (massenhafte) Begehung von Urheberrechtsverletzungen genutzt zu werden). In der Literatur wird daher nahezu einhellig betont, daß die Dienste der Antragsgegnerin in weiten Teilen legal sind und es sich insofern um ein von der Rechtsordnung durchaus gebilligtes Geschäftsmodell handelt (so etwa Rössel, ITRB 2008, 6, 7; Raitz von Frentz/Masch, ZUM 2007, 930, 931; Klinger, jurisPR-ITR 3/2008 Anm. 4; Breyer, MMR 2009, 14) Denn hierbei kommt der Schutz eines für sich betrachtet neutralen Angebots zum Tragen. Auch wenn die Weitergabe von Informationen zwangsläufig die abstrakte Möglichkeit von Urheberrechtsverletzungen enthält, so ist nicht festgestellt, zu welchem konkreten Anteil die Nutzung von Speicherdiensten illegal erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass die weit überwiegende Zahl von Nutzern die Speicherdienste zu legalen Zwecken einsetzen und die Zahl der missbräuchlichen Nutzer in der absoluten Minderheit ist. Soweit das Angebot daher legal genutzt werden kann, genügt es nicht, dass der Anbieter mögliche Urheberrechtsverletzungen mit der Eröffnung seines Angebots allgemein in Kauf nimmt.“

Damit stellt das Gericht fest, dass vor einer Verurteilung auch zu untersuchen ist, ob der Dienst nicht auch legal genutzt werden kann und genutzt wird.

2. Störerhaftung: Auswirkungen der Prüfungspflichten auf das Geschäftsmodell

Im Urteil des OLG Düsseldorf heisst es:

„Die Haftung der Antragsgegnerin hängt entscheidend davon ab, ob sie nach Kenntnis der Rechtsverletzungen das ihr Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen vorgenommen hat. Dies setzt eine umfangreiche Prüfung der technischen Möglichkeiten zur Sperrung ähnlicher Fälle voraus. Insbesondere ist zu fragen, inwieweit tatsächlich effektive Möglichkeiten der Vorbeugung, Verhinderung und nachträglichen Beseitigung inklusive Verhinderung einer Wiederholung der Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material bei „Rapidshare” bestehen. Soweit das Geschäftsmodell selbst nicht auf der Nutzung der Rechtswidrigkeit eingestellter Inhalte beruht, ist dem Provider nicht zuzumuten, auf Grund der Prüfpflichten sein gesamtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen (Willmer, NJW 2008, 1845).“

Damit stellt das Gericht klar, dass bei der Beurteilung der Pflichten auch darauf zu achten ist, welche Folgen bestimmte Prüfungs- und Überwachungspflichten haben können. Wenn ein an sich legales Geschäftsmodell vollständig geändert werden muss, sind die Pflichten wohl nicht als zumutbar anzusehen.

Hier besteht eine Parallele zum Fall des offen betriebenen Netzwerks (soweit sich die Haftung des Host Providers auf den Access Provider übertragen lässt): Die Einstellung des Betriebs als (un)mittelbare Folge der Störerhaftung deutet auf ein zu weitgehendes Pflichtenprogramm hin.

Links:

————————————

Das Urteil im Volltext:

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung


gegen

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22.03.2010 durch … für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des am 09.09.2009 verkündeten Urteils der 12. Zivilkammer des Land- gerichts Düsseldorf und unter Aufhebung des Beschlusses vom 09.06.2009 der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

A.

1.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung [Der Verfasser: LG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2009, Az. 12 O 221/09] Bezug genommen. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung, die Filme „An American Crime”, „My name is Bruce”, „The Fall”, „Eagle vs. Shark”, „Unter der Sonne Australiens” und „Insomnia” zugänglich zu machen.

Die Antragsgegnerin ist eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft, welche Speicherplatz im Internet (Webspace) zur Verfügung stellt. Hierzu wählt der Nutzer aus seinem eigenen Dateibestand auf dem heimischen Computer die Datei aus, welche auf dem Speicherplatz im Internet abgelegt werden soll. Die entsprechende Datei wird dann mit einem einzigen Klick auf die Seite www.rapidshare.com hochgeladen. Die Antragsgegnerin übermittelt dem Nutzer daraufhin einen Download-Link, mit dem dieser die abgelegte Datei jederzeit über seinen Browser abrufen kann. Durch Weitergabe des entsprechenden Links hat der Nutzer die Möglichkeit, die hochgeladene Datei auch Dritten zugänglich zu machen. Da ein Erraten der Adresse ohne Kenntnis des Download-Links nahezu unmöglich ist, ist das Abrufen der Datei ohne Kenntnis des Links nicht realistisch. Im Übrigen fehlen beim Dienst der Antragsgegnerin entsprechende Inhaltsverzeichnisse über vorhandene Dateien ebenso wie Suchfunktionalitäten.

In der Vergangenheit wurden von Nutzern des klägerischen Dienstes mehrfach Dateien mit urheberrechtlich geschütztem Material hochgeladen. Dabei handelt es sich unter anderem um digitalisierte Filme, bezüglich derer die Nutzungsrechte auf die Antragstellerin übertragen worden waren. Die Download-Links wurden im Internet an verschiedenen Stellen öffentlich bekannt gegeben. Auf so genannten Link-Resources finden sich umfangreiche Sammlungen von links, mit denen unter anderem auch unter „Rapid Share” gespeicherte Werke aufgefunden werden können.

Das Landgericht Düsseldorf hat unter weitgehender Bestätigung einer Beschlussverfügung vom 09.06.2009 die Antragsgegnerin mit Urteil vom 09.09.2009 verurteilt, es zu unterlassen, die Filme „An American Crime”, „My name is Bruce”, „The Fall”, „Eagle vs. Shark”, „Unter der Sonne Australiens” (Originaltitel „ Romulus, my Father”) und „Insomnia” im Internet, insbesondere über von der Antragsgegnerin betriebenen Server für das Internetangebot www.RapidShare.com vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen oder diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen, jedoch nur
a) soweit die Filmdateien mit einem Dateinamen, welche den Titel des Films enthält, auf den Servern der Antragsgegnerin gespeichert sind, oder
b) soweit bei Eingabe des Filmtitels in der Suchanfrage in den Linksammlungen www.raidrush.org, www.rapidlibary.com, www.rapidshare-searcher.com, alivedownload.com oder onmovie.tv Hyperlinks ausgeworfen werden, die auf die Filmdateien verweisen, welche auf den Servern der Antragsgegnerin gespeichert sind, oder
c) soweit bei Eingabe des Filmtitels in die Suchmaschine Google Hyperlinks ausgeworfen werden, die auf die Filmdateien verweisen, welche auf den Servern der Antragsgegnerin gespeichert sind.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Abänderung des am 09.09.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf  – Az. 12 O 221/09 – zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass im einleitenden Teil seines Antrags das Wort „insbesondere” hinter dem Wort „Server” erscheinen solle.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien zweiter Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da es der Antragstellerin nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ihr ein Unterlassungsanspruch gem. § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG in Verbindung mit § 19a UrhG gegen die Antragsgegnerin zusteht.

a)
Grundsätzlich trifft die Darlegungs- und Beweislast für alle anspruchsbegründenden Merkmale in § 97 Abs. 1 UrhG den Anspruchssteller (von Wolff, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2. Auf., § 97 Rn. 2), hier also die Antragstellerin. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin ihre Aktivlegitimation durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführer der Antragstellerin (Anlage Ast 19) glaubhaft gemacht hat. Die Antragstellerin hat auch eine Rechtsverletzung im Sinne des § 97 UrhG glaubhaft gemacht, da unstreitig über den Internetdienst der Antragsgegnerin illegal Kopien der streitgegenständlichen Filme zum Download angeboten werden. Dadurch, dass dies durch die Zur-Verfügung-Stellung der technischen Voraussetzungen für einen schnellen Internetzugang durch die Verfügungsbeklagte geschieht, ist sie jedenfalls an dieser Rechtsverletzung beteiligt.

b)
Wie schon das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 21.09.2007, Az. 6U 86/07, GRUR-RR 2008, 35 = MMR 2007, 786) zur Antragstellerin herausgearbeitet hat, ist die Antragsgegnerin nicht als Täterin oder Teilnehmerin der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzungen anzusehen (anders Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 2.Juli 2008 – 5U 73/07, NJOZ 2008, 4927 = GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009 – 5 U 111/08, MMR 2010, 51). Indem sie die Nutzung ihres Dienstspeicherplatzes zum Hochladen beliebiger Dateien zur Verfügung stellt und den Hochladern durch Mitteilung des Download-Links die Möglichkeit gibt, auch anderen Nutzern Zugriff auf die gespeicherten Daten zu verschaffen, nimmt sie selbst keine Veröffentlichungen des Inhaltes vor, so dass ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß ausscheidet.

Über die Bekanntgabe des Download-Links und damit über das öffentliche Zugänglichmachen der Datei und ihres Inhaltes entscheidet nicht die Antragsgegnerin, sondern der Nutzer selbst. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Antragsgegnerin selbst ein Verzeichnis mit Download-Links zu den auf ihren Servern gespeicherten Daten bereithalten würde.

Auch eine Haftung als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen der Nutzer kommt nicht in Betracht. Die Teilnehmerhaftung setzt zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 148, 13,17 = GRUR 2001, 1038 – Ambiente.de). Von einem solchen Vorsatz kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Es ist dem Geschäftskonzept der Antragsgegnerin inhärent, dass sie von dem Inhalt der gespeicherten Daten weder vorher noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zu der vom Nutzer veranlassten Bekanntgabe der Download-Links an Dritte Kenntnis hat. Die Hinweise, dass die Antragsgegnerin es darauf anlege, die Raubkopierszene zur Nutzung ihres Dienstes einzuladen, entspricht einem Generalverdacht gegen Sharehoster-Dienste und ihre Nutzer, der so nicht zu rechtfertigen ist. Solange daher die illegalen Nutzungszwecke nicht überwiegen oder von der Antragsgegnerin beworben werden und sich besonders das Inkaufnehmen durch die Antragsgegnerin, wie hier, nicht nachweisen lässt, ist ein Gehilfenvorsatz nicht anzunehmen.

Wie das OLG Köln (Urteil vom 21.09.2007, Az. 6 U 86/07) zu Recht feststellt, sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich (anderer Ansicht ohne nähere Begründung OLG Hamburg, Urteil vom 02.07.2008, Az. 5 U 73/07, GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009, Az. 5 U 111/08, MMR 2010, 51 = WRP 2010, 155 mit der Redeweise von dem „von der Rechtsordnung nicht gebilligtem Geschäftsmodell”, da ihm die Gefahr innewohne, für eine (massenhafte) Begehung von Urheberrechtsverletzungen genutzt zu werden). In der Literatur wird daher nahezu einhellig betont, daß die Dienste der Antragsgegnerin in weiten Teilen legal sind und es sich insofern um ein von der Rechtsordnung durchaus gebilligtes Geschäftsmodell handelt (so etwa Rössel, ITRB 2008, 6, 7; Raitz von Frentz/Masch, ZUM 2007, 930, 931; Klinger, jurisPR-ITR 3/2008 Anm. 4; Breyer, MMR 2009, 14) Denn hierbei kommt der Schutz eines für sich betrachtet neutralen Angebots zum Tragen. Auch wenn die Weitergabe von Informationen zwangsläufig die abstrakte Möglichkeit von Urheberrechtsverletzungen enthält, so ist nicht festgestellt, zu welchem konkreten Anteil die Nutzung von Speicherdiensten illegal erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass die weit überwiegende Zahl von Nutzern die Speicherdienste zu legalen Zwecken einsetzen und die Zahl der missbräuchlichen Nutzer in der absoluten Minderheit ist. Soweit das Angebot daher legal genutzt werden kann, genügt es nicht, dass der Anbieter mögliche Urheberrechtsverletzungen mit der Eröffnung seines Angebots allgemein in Kauf nimmt.

Ebensowenig wird durch den Begriff „Rapidshare” die Rechtswidrigkeit dieses Dienstes indiziert, wie das Landgericht meint. Der Wortbestandteil „Share” verweist darauf, daß „Rapidshare” zu den sog. Sharehostern zählt. Mit diesem technischen Begriff werden Dienste bezeichnet, die zu einer Übertragung größerer Dateien an bestimmte Personen genutzt werden können. Auf diese Weise können vielfältige legale Funktionalitäten eingeführt werden, wie die Verbreitung von Softwareupdates an Kunden oder der Zugriff auf umfangreiche Kanzleidaten innerhalb einer Anwaltssozietät.

Insofern kommt nur eine Inanspruchnahme der Antragsgegnerin als Störerin in Betracht. Der Bundesgerichtshof bejaht eine Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen für diejenigen, die ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Gutes beitragen (BGHZ 148,13,17 – Ambiente.de; BGH WRP 2002, 532 = GRUR 2002,618, 619 – Meißner Dekor). Ist das Verhalten des vermeintlichen Störers in irgendeiner Weise mitursächlich für die Rechtsverletzung geworden, richtet sich die Beurteilung der Adäquanz danach, ob der Verursachungsbeitrag allgemein und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstände geeignet ist, den konkreten Erfolg herbeizuführen. Werden im Internet fremde, die Rechte Dritter verletzende Inhalte durch einzelnde Anbieter auf vorhandenen Internetplattformen verbreitet oder zugänglich gemacht, so kann in der Zurverfügungstellung von Speicherplatz und eines bestimmten Rahmens, in dem die Inhalte präsentiert werden, ein adäquat-kausaler Beitrag des Betreibers dieser Internetplattform gesehen werden. Eine Störerhaftung ist dann grundsätzlich in Betracht zu ziehen (Ensthaler, WRP 2010, 309). Hinsichtlich der Einstufung der Antragsgegnerin als Mitstörerin ist seit der Entscheidung „Internetversteigerung I” und der Entscheidung „Internetversteigerung II” des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 236 = GRUR 2004, 860 = CR 2004, 763 m. Anm. Volkmann = MMR 2004, 668 m. Anm. Hoeren; BGHZ 172, 119 = GRUR 2007, 708) davon auszugehen, dass die Haftungsprivilegierungen der §§ 710 TMG nicht auf den allgemeinen verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch anzuwenden sind. Vielmehr gilt für den Unterlassungsanspruch die allgemeine Störerhaftung (§§ 823, 1004 BGB analog).

Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auszudehnen, setzt eine solche Verantwortlichkeit die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich nach allgemeinen Zumutbarkeitsüberlegungen richtet. Eine erhöhte Prüfungspflicht besteht insbesondere dann, wenn der Störer vom Recht der Inhaber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist. In einem solchen Fall muss er nicht nur den Zugang zu der konkreten Datei unverzüglich sperren, sondern darüber hinaus zumutbare Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (siehe BGHZ 158, 26236, 251 f. – Internetversteigerung I; BGH GRUR 2007, 708, 712 – Internetversteigerung II).

c) Allerdings hat die Antragstellerin im Streitfall die Anspruchsvoraussetzungen der allgemeinen Störerhaftung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Haftung der Antragsgegnerin hängt entscheidend davon ab, ob sie nach Kenntnis der Rechtsverletzungen das ihr Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen vorgenommen hat. Dies setzt eine umfangreiche Prüfung der technischen Möglichkeiten zur Sperrung ähnlicher Fälle voraus. Insbesondere ist zu fragen, inwieweit tatsächlich effektive Möglichkeiten der Vorbeugung, Verhinderung und nachträglichen Beseitigung inklusive Verhinderung einer Wiederholung der Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material bei „Rapidshare” bestehen. Soweit das Geschäftsmodell selbst nicht auf der Nutzung der Rechtswidrigkeit eingestellter Inhalte beruht, ist dem Provider nicht zuzumuten, auf Grund der Prüfpflichten sein gesamtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen (Willmer, NJW 2008, 1845).

(1)
In Bezug auf die zu untersagenden Benutzungshandlungen bestehen Unklarheiten. Die Antragsgegnerin selbst nimmt keine „Vervielfältigungen” von Filmen vor; dies macht der Nutzer. Dessen Beitrag wird im Antrag aber nicht fixiert. Die Antragsgegnerin selbst macht auch kein Filmmaterial öffentlich zugänglich. Ein öffentliches Zugänglichmachen liegt vor, wenn Internetdienste Daten zum Download anbieten, die nach ihrer Bestimmung öffentlich zugänglich sind (Wandtke/Bullinger, § 19a Rn. 23.). Zur Öffentlichkeit nach § 15 UrhG gehört danach jeder, „der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit anderen Personen, mit denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist” (Wandtke/Bullinger, § 15 Rn. 14.). Bedient man sich des Intranets zu einem Vergleich, so lässt sich feststellen, dass Daten eines Intranets (wie Firmenintranet), nur dann „öffentlich zugänglich” gemacht werden, wenn die Daten „Außenstehenden” bestimmungsgemäß zugänglich sind (Wandtke/Bullinger, § 19a Rn. 25.) Da die Antragsgegnerin ihrem Geschäftsmodell zufolge gerade auf die Vertraulichkeit der gespeicherten Daten setzt und nicht eine Verbreitung der Daten durch systematische Ermöglichung des Zugangs bewirbt, fehlt es am Merkmal der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit (so allgemein zu Sharehostern auch Willmer, NJW 2008, 1845, 1847.). Vielmehr ist zu beachten, dass bei der besonderen Konstellation von „RapidShare” nur der Nutzer, der das Material in Wege des Upload auf den Rechner gebracht hat, einen nur ihm bekannten Link mit den Zugriffsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt. Eine Linksammlung auf der Seite von der Antragsgegnerin existiert nicht. Aus der Sicht der Antragsgegnerin besteht nur ein internes, vertragliches Verhältnis zum jeweiligen Nutzer, nicht aber zur Internetöffentlichkeit. Die Öffentlichkeit kommt nur dadurch ins Spiel, dass der Nutzer seinerseits die entsprechenden Linkreferenzen ins Netz stellt und öffentlich zugänglich macht. Diese Handlungen werden zwar vom dritten Tatbestand scheinbar umfasst („diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen”). Die Antragsgegnerin „lässt” aber nicht – wie im Unterlassungsantrag geltend gemacht – Urheberrechtsverletzungen vornehmen (so auch Breyer, MMR 2009, 14, 18). Vielmehr ist es die eigene und von der Antragsgegnerin nicht gesteuerte Entscheidung jedes Nutzers, seine Linkreferenz ins Netz zu stellen. Es gibt keine Form der Mitteilung über die Inhalte der gespeicherten Daten durch den Provider an Dritte. Alleine der Kunde bestimmt, an wen er den Link zu den Dateien weiterleitet. Insofern kann von einer öffentlichen Wiedergabe durch den Provider nicht gesprochen werden, da diese im Verantwortungsbereich des Nutzers liegt, der sowohl über Dateiname, als auch über Dateiinhalte und Dateilinks exklusiv verfügt. Da bei Systemen wie dem der Antragsgegnerin keine Listing-Möglichkeiten angeboten werden, hängt es alleine von der Initiative der speichernden Kunden ab, ob und wie leicht Dritte auf den Servern der Provider gespeicherte Inhalte abrufen können. Welche Daten vom Kunden des Systems eingegeben werden, entzieht sich der Kenntnis des Anbieters, da vom Kunden keinerlei zutreffende Qualifikation der Dateien erfolgen muss. Denn es bleibt dem Nutzer überlassen, welchen Titel er seiner Datei gibt, in welchem Format sie gespeichert wird und wem er sie durch Weitergabe des Links wieder zugänglich macht. Die Antragsgegnerin selbst hat keinen freien Zugriff und keine generelle Einsichtnahmemöglichkeit in die bei ihm gespeicherten Dateien (Willmer, NJW 2008, 1845).

Das bloße „Zulassen” eines Verhaltens Dritter, dessen Merkmale im Antrag im übrigen nicht mehr bestimmt werden, kann der Antragsgegnerin nicht untersagt werden.

Im übrigen soll es – nach dem Unterlassungsantrag – verboten sein, Filmdateien mit einem Dateinamen, welcher den Titel des Films enthält, auf den Servern der Antragsgegnerin zu speichern. Der Kernvorwurf bei den hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzungen liegt aber nicht darin, dass Filmtitel als solche gespeichert werden. Der Titel des Films ist als solcher kein Gegenstand des Urheberrechts und damit auch als Name einer Datei rechtmäßig speicherbar. Ein Wortfilter funktioniert im übrigen nur bei Dateien, bei denen schon im Dateinamen Hinweise auf einen urheberrechtlich geschützten Inhalt existieren. Hier erweisen sich die streitgegenständlichen Filmtitel als im wesentlich zu banal und damit ungeeignet für eine Wortfilterung. „The Fall” ist der englische Ausdruck für den Herbst, für einen Wasserfall oder allgemein einen Sturz. Der Begriff entspricht dem englischen Titel einer Novelle von Albert Camus ebenso wie Titel zahlreicher Musikstücke, wie ein Blick in das Internet-Lexikon Wikipedia zeigt. „Insomnia” ist der englische Begriff für „Schlaflosigkeit”, der Titel zahlreicher Musikstücke und eines weiteres Remake-Films aus den USA. Ähnlich generisch sind Titel wie „Unter der Sonne Australiens” oder „An American Crime”.

Gerade geschütztes Material wird ferner oft unter „falschem” Namen eingestellt, um die Wortfilter zu umgehen (so ausführlich OLG Hamburg, Urteil vom 02.07.2008, Az. 5U 73/07 = GRUR-RR 2009, 95; Urteil vom 30.09.2009, Az. 5 U 111/08, MMR 2010, 51 = WRP 2010, 155). Dazu kommt, dass ein Textfilter auch mit ausreichend vielen Schlüsselwörtern versehen sein muss, damit möglichst viele geschützte Werke erkannt werden können. Eine fehlerhafte Erkennung kann übrigens auch dann stattfinden, wenn eine nicht-urheberrechtlich geschützte Datei ein oder mehrere Schlüsselworte des Filters enthält. Beispielsweise könnte die Datei „Mein_Office_2007_Erfahrungsbericht.txt” aufgrund der Schlüsselwörter „Office” und „2007? als geschütztes Material erkannt und gelöscht werden, obwohl nur ein persönlicher Erfahrungsbericht vorläge ( Breyer, MMR 2009, 14.) Daher schränkt die Sperrung ganzer Begriffe auch die Meinungsfreiheit unangemessen ein. Der Text-Filter für Dateinamen ist also für einen effektiven Ausschluss von geschütztem Material ungeeignet.

Eine Sperrung bestimmter Dateinamen erscheint ungeeignet. Denn Dateinamen sind jederzeit veränderbar. Aus diesem Grund scheidet auch eine Sperrung aller Dateinamen, die bestimmte Begriffe enthalten, aus. Im Übrigen sind die Nutzer selbst nicht auf den Dateinamen zum Auffinden der gesuchten Datei angewiesen, da sie die Datei über einen externen Link abrufen, welcher auf einer anderen Internetseite mit dem entsprechenden Begriff versehen und dadurch auffindbar ist.

Die Forderung nach einer menschlichen, gezielten Überprüfung von Inhalten, bei denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für Rechtverletzungen besteht, lässt sich wegen des damit verbundenen Personalaufwands in der Praxis regelmäßig nicht realisieren. Sie führt lediglich dazu, dass die zu prüfenden Dateien oder Nutzerkonten ohne menschliche Überprüfung automatisiert gelöscht werden. Als Anknüpfungspunkt dienen nur bestimmte Schlüsselwörter im Dateinamen. Angesichts der Vielzahl der Dateien und der Mehrdeutigkeit der einzelnen Begriffe, sowie der leichten Umgehbarkeit steht eine manuelle Überprüfung nicht im Verhältnis zum Erfolg.

Eine Anknüpfung an IP-Adressen ist abzulehnen, da eine IP-Adresse regelmäßig von so vielen verschiedenen Personen genutzt wird, dass die Wahrscheinlichkeit, eine weitere Rechtsverletzung festzustellen, unverhältnismäßig gering ist. Aus diesem Grund ist auch eine Sperrung von IP-Adressen nicht wirkungsvoll.

Zu beachten ist, daß man im Internet einer Filmdatei nicht ansehen kann, daß sie eine Filmdatei ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert, daß für ihn die Verwendung einer Endkennung „.rar” ein wichtiges Indiz für eine Filmdatei sei. Dies ist unzutreffend. RAR ist ein allgemeines Dateiformat zur Datenkompression, um den Speicherbedarf von Dateien für die Archivierung und Übertragung zu verringern. Mit Filmdateien hat das unmittelbar nichts zu tun.

Wie Gerhard Schneider aus technischer Sicht beschrieben hat (Schneider: Sperren und Filtern im Internet, MMR 2004, 18 ff.), kann selbst der Betreiber eines Rechners (z.B. ein Content-Provider) nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, welche Information sich hinter einer Bitfolge verbirgt, die ein Benutzer auf diesem Rechner abgelegt hat. Dies gilt selbst dann, wenn man filmspezifische Suffixe verwendet (wie zB .mov, .avi, .mpeg, .divx). So kann in Microsoft-Betriebssystemen problemlos durch den Benutzer eingestellt werden, dass .jpg-Dateien mit dem ASCII-Editor, .txt-Dateien jedoch mit einer Bildbetrachtungssoftware zu öffnen sind. Es besteht für den Nutzer folglich kein Zwang, überhaupt ein Suffix zu benutzen, oder sich an diese Bequemlichkeitsstandards zu halten.

Ferner ist auch eine inhaltliche Kontrolle der auf den Servern der Antragsgegnerin gespeicherten Daten in der Regel ausgeschlossen. Urheberrechtlich geschützte Inhalte werden von Nutzern vor dem Upload meist
verschlüsselt, so dass der Inhalt für den Serverbetreiber ohne den Schlüssel nicht mehr erkennbar ist. Wie in der Literatur beschrieben, sind Daten, die mit modernen Verschlüsselungsprogramme verschlüsselt wurden, mit heutigen Entschlüsselungstechniken nicht zu „knacken” (Gercke: Die Bekämpfung der Internetkriminalität als Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden, MMR 2008, 291 ff,).

(2) Über die Einschränkung des Antragsteils b) verliert der Unterlassungsantrag weiter an Zumutbarkeit. Auch die Variante b) des Unterlassungsantrags ist zu unbestimmt. Hiernach soll unterbunden werden, dass die Antragsgegnerin eine Suchanfrage in verschiedenen Linksammlungen ermögliche. Diese Linksammlungen haben aber nichts mit der Antragsgegnerin zu tun, sondern sind externe, auch sachlich selbständig organisierte Dienstleistungen. Insofern ist es der Antragsgegnerin unmöglich, die externen Linksammlungen und deren Konfiguration zu beeinflussen. Pflichten eines Sharehosters fremde Inhalte auf Rechtsverletzungen zu überprüfen, Inhalte zu durchsuchen oder sonst vorsätzliche Rechtsverletzungen Dritter, von denen der Anbieter keine positive Kenntnis hat, scheiden aus (Breyer, MMR 2009, 14, 19.) Die Links zu den von der Antragstellerin genannten Filmdateien auf den Servern der Antragsgegnerin werden in der Regel über sogenannte Linksammlungen oder Link-Resourcen verbreitet. Ohne eine Geschäftsbeziehung zwischen Sharehoster und den Linkservern , bei denen der Sharehoster an den Erfolgen Letzterer beteiligt ist, kann eine manuelle Suche nicht verlangt werden (Willmer, NJW 2008, 1845). Das OLG Köln stellte aber bereits fest (Urteil vom 21.09.2007 – MMR 2007, 786), dass die regelmäßige Kontrolle einer dreistelligen Zahl von Link-Resourcen im Internet die einem Dienstanbieter zumutbaren Überprüfungsmöglichkeiten übersteigt. Lediglich für eine kleine Anzahl einschlägiger Link-Resourcen sei es zumutbar, eine Überprüfung bezüglich genannter Werke durchzuführen.

(3) Ähnliches gilt für den Antragsteil c), wo es um den Verantwortlichkeitsbereich im Hinblick auf die Eingabe des Filmtitels in die Suchmaschine Google geht. Letztlich kann der Antragsgegnerin nur verboten werden, dass Nutzer des Dienstes der Antragsgegnerin das streitgegenständliche Filmmaterial auf deren Servern speichern. Allerdings kommt man dann in weitere Schwierigkeiten, da das Abspeichern von Filmmaterial durch die Nutzer der streitgegenständlichen Dienste durchaus den Bereich der Privatkopierfreiheit berühren kann. Nach § 53 Absatz 1 Urheberrechtsgesetz ist es niemandem verwehrt, einer rechtmäßig erworbenen Filmkopie auf externen Servern zu privaten Zwecken zu speichern. Er darf dann aber seinerseits nicht den entsprechenden „Standort” in der Öffentlichkeit preisgeben. Diese Entscheidung wird aber seinerseits nicht von der Antragsgegnerin beeinflusst oder gesteuert.

Die Kosten des Verfahrensstreits sind der Antragstellerin gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuerlegen. Gegen Berufungsurteile im einstweiligen Rechtsschutz findet gemäß 542 Abs. 2 ZPO eine Revision nicht statt. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist mithin nicht veranlasst.

LG Hamburg: Störerhaftung des Webhosters

LG Hamburg, Urteil v. 31.07.2009, Az. 325 O 85/09

Das LG Hamburg hat wieder einmal seine strikte Linie bei der Störerhaftung unter Beweis gestellt (s. dazu schon hier). Mit Urteil vom 31.7.2009 – Az. 325 O 85/09 hat es zur Störerhaftung des Webhosting Providers Stellung genommen und ihn im Grunde verpflichtet, bei jeder Mitteilung einer Rechtsverletzung durch (tatsächliche oder behauptete) Rechtsinhaber für eine Sperrung zu sorgen.

Das Urteil geht viel zu weit. Denn das LG Hamburg hat u.a. festgestellt:

„Ohne größeren technischen Aufwand lässt sich durch eine Firewall oder einen Proxyserver, Einrichtungen, die die Server der Beklagten vor unerlaubten Zugriffen von außen schützen, der Abruf bestimmter Internet-Seiten verhindern. So lässt sich auch der Zugriff auf die Seite verhindern, die das streitgegenständliche Urteil des Amtsgerichts Kassel enthält bzw. enthielt. Hierzu wäre anhand einer einzurichtenden technischen Regel (z. B. in einer access list) der Abruf der das streitgegenständliche Urteil enthaltenden Internet-Seite zu verhindern, indem — technisch ausgedrückt — der http-request, mit dem die Seite aufgerufen wird, nicht zu dem die Seite bereit haltenden Server durchgelassen, sondern etwa mit einer Fehlermeldung beantwortet wird.“

Mit anderen Worten ist nach Ansicht des LG Hamburg neuerdings jeder Provider verpflichtet, ALLE Maßnahmen zu ergreifen, um eine Störung zu verhindern. Das LG Hamburg erlegt also dem mittelbaren Störer die gleichen Pflichten auf wie dem unmittelbaren Störer. Das widerspricht aber der Rechtsprechung des BGH (s. insb. BGH Internetversteigerung I-III), der nur ZUMUTBARE Maßnahmen – in Form von Prüfungs- und Überwachungspflichten – verlangt.

Vorliegend wäre es wohl ausreichend gewesen, dass der Webhoster seinem Kunden die Abmahnung des Klägers weitergeleitet und ihn zur Beachtung aufgefordert hätte. Denn dem Kläger wäre es ohne weiteres möglich gewesen, den unmittelbaren Störer auf Entfernung der beanstandeten Inhalte (hier eines gerichtlichen Urteils mit dem Namen des Klägers im Klartext) in Anspruch zu nehmen. Das geht bei Gericht über eine einstweilige Verfügung (bei entsprechender Rechtslage) innerhalb 1-3 Tagen.

Das LG Hamburg sorgt mit dieser Rechtsprechung dafür, dass zum einen die rechtliche Prüfung, die ansonsten den Gerichten obliegt, voll und ganz auf den Provider übergeht und dieser zum anderen – schon aufgrund des Haftungsrisikos und ökonomischer Zwänge (s. dazu bei Telemedicus) immer die Inhalte entfernen wird – unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage.

Damit zwingt das LG Hamburg den Provider aber, sich zu entscheiden: Sperrt er die Inhalte, ohne dass dafür ein rechtlicher Grund besteht, verhält er sich gegenüber seinem Kunden vertragswidrig und macht sich schadensersatzpflichtig. Sperrt er nicht, riskiert er eine kostenpflichtige Abmahnung. Da sich der Schadensersatzanspruch des Kunden in aller Regel auf nur geringe Beträge beziffern dürfte (falls er überhaupt nachweisbar ist), und im konkreten Fall selbst eine Jahresgebühr für das Webhosting deutlich unter den drohenden Anwaltskosten für die Abmahnung liegen dürften, wird sich der Provider immer gegen seinen Kunden entscheiden, auch wenn er damit dessen Kündigung riskiert.

Damit zwingt das LG Hamburg den Provider mit dieser Rechtsprechung in den Vertragsbruch – das kann nicht gewollt sein.

Weitere Besprechungen:

Volltext mit Leitsätzen bei JurPC und Telemedicus.