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OLG Köln: Urt. v. 23.12.2009 – Az. 6 U 101/09 – Haftung des Internet-Anschlussinhabers für Rechtsverletzungen Dritter

Das OLG Köln hat am 23.12.2009 zur Störerhaftung des Internetanschlussinhabers geurteilt und ist dabei u.a. von einer sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers ausgegangen, der also die Identität des jeweiligen Nutzers offenbaren soll (Az. 6 U 101/09).

Übersicht Rechtsprechung und Literatur zum Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG

In diesem Beitrag möchte ich eine Sammlung von Entscheidungen und Aufsätzen zu § 101 UrhG mit Links und/oder Fundstellen anlegen. Diese wird nach Möglichkeit erweitert. Hinweise auf weitere Urteile, Literatur und Blogs bitte in den Kommentaren (Danke.).

Stand: 23.6.2016 (neu: Beschluss OLG Köln)

Rechtsprechung

1. Bundesverfassungsgericht

2. Bundesgerichtshof

3. Oberlandesgerichte


4. Landgerichte

5. Amtsgerichte

  • AG Koblenz, Beschl. 02.01.2015 – 153 C 3184/14: Gibt der Reseller Auskunft, obwohl sich der Gestattungsbeschluss auf den TK-Anbieter bezieht, dessen Leistungen er vermittelt, greift ein Beweisverwertungsverbot für die herausgegebenen Daten

6. Weitere Urteile

Literatur

Permalink: http://www.retosphere.de/offenenetze/101urhg

Lesetipp: Stadler, Das gewerbliche Ausmaß i.S.v. § 101 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG

In AnwaltszertifikatOnline hat Thomas Stadler einen Aufsatz mit dem Titel „Das gewerbliche Ausmaß i.S.v. § 101 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG“ veröffentlicht.

Thomas Stadler setzt sich darin kritisch mit den Entscheidungen der Instanzgerichte zum gewerblichen Ausmaß nach § 101 UrhG und den Folgen dieser Entscheidungen auseinander.

S. dazu auch den Blog-Eintrag im Blog von Thomas Stadler hier.

LG Kiel, Urt. v. 02.09.2009 – 2 O 221/09: Gewerbliches Ausmaß nach § 101 UrhG

(LG Kiel, Urt. v. 02.09.2009 – 2 O 221/09)

1. Keine „Rasterfahndung“ auf Grundlage von § 101 Abs. 9 UrhG.

2. Ein einmaliges Herunter- und Hochladen von Dateien kann für sich allein unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Rechtsverletzungen nie ein „gewerbliches Ausmaß“ iSv § 101 Abs. 1 und 2 UrhG begründen, und zwar auch dann nicht, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht.

Die Rechtsprechung zu § 101 UrhG bleibt spannend – und kontrovers, wie das folgende Urteil des LG Kiel zeigt (s. dazu zuletzt Hoffmann, MMR 2009, 655; Otten (RiLG Köln), GRUR-RR 2009, 369; zuvor Mantz, K&R 2009, 21; Jüngel/Geißler, MMR 2008, 787).

1. Keine „Rasterfahnung“ aufgrund von § 101 UrhG

„Selbst wenn diese Voraussetzungen (Glaubhaftmachung der Rechtsverletzung) vorlägen, fehlte es an der Glaubhaftmachung, dass die jeweiligen Anschlussinhaber „in gewerblichem Ausmaß“ tätig geworden sind. Zwar trifft die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes (Beschluß vom 13.8.2009, Aktenzeichen 6 W 15/09) zu, dass das Anliegen des Gesetzgebers, das Recht des Urhebers in Fällen wie dem vorliegenden, weitgehend leer laufen würde, wenn die Gestattung der Auskunft aufgrund dieser Möglichkeit, die nie auszuschließen sei, solange die Auskunft nicht erteilt ist, abzulehnen wäre. Dies rechtfertigt aber nicht, contra legem auf die zwingende Voraussetzung eines Bestehens der Auskunftsverpflichtung, dass der Betroffene nämlich an einer urheberrechtsverletzenden Handlung im Sinne des § 101 Abs. 1 und/oder 2 UrhG beteiligt ist, von vornherein zu verzichten. Abs. 9 dieser Vorschrift erlaubt zweifelsfrei keine grundrechtsverletzende „Rasterfahndung“, wer aus der Menge der Anschlussinhaber möglicherweise Urheberrechte in gewerblichem Ausmaß verletzt haben könnte.“

2.Erforderlicher Vortrag des Antragsstellers

Das LG Kiel hat sich im Ergebnis auch mit der Beweisführung auseinandergesetzt, indem es ausführt, dass nicht nachgewiesen sei, dass nicht nur Bruchteile der Stücke (wenn überhaupt) angeboten worden seien:

„Die Anzahl der Rechtsverletzungen können vorliegend die Annahme eines Handelns in „gewerblichem Ausmaß“ nicht rechtfertigen. In welchem Umfange die jeweiligen Inhaber der IP-Adressen den oder die Musiktitel, an denen der Antragsteller Rechte besitzt, auf ihre Computer geladen oder an andere Internet-Nutzer übermittelt haben, ergibt sich aus seinem Vortrag nicht. Er hat zu der Anzahl der „Down“- und/oder „Uploads“ der einzelnen Anschlußinhaber nichts vorgetragen. Unter diesen Umständen kann nicht einmal ausgeschlossen werden, dass unter den aufgeführten IP-Adressen zu den genannten Zeitpunkten nur einzelne Bruchteile des geschützten Musikalbums geladen – und damit auch allenfalls in diesem Umfange angeboten – worden sind. Für eine Planmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit des Handelns der Anschlussinhaber sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Damit bleibt offen, ob es sich jeweils um ein einmaliges, rein privates Transfergeschehen handelt. Ein einmaliges Herunter- und Hochladen von Dateien kann für sich allein unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Rechtsverletzungen nie „gewerbliches Ausmaß“ begründen, und zwar auch dann nicht, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht. Zudem besteht – wovon die Kammer aus eigener Sachkunde Kenntnis hat – jedenfalls bei einigen Softwareprodukten die Möglichkeit, durch entsprechende Konfiguration des Clientprogrammes auf dem Rechner des Anschlussinhabers oder durch eine entsprechende Systemkonfiguration das Hochladen von Daten gänzlich zu unterbinden, was von vornherein die Annahme eines Handelns in „gewerblichem Ausmaß“ ausschlösse.“

S. zur Beweisführung näher Gietl, Mantz, CR 2008, 810.

3. Kein gewerbliches Ausmaß

„Handlungen, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden, fallen in der Regel nicht unter diesen Begriff. Er ist deshalb einschränkend dahin auszulegen, dass eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität vorliegen muss. Durch diese Einschränkung ist zumindest klargestellt, dass bei illegalen Kopien und Verbreitungen im Internet über Tauschbörsen ein Umfang erreicht werden muss, der über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entspräche (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.10.2008, Aktenzeichen 3 W 184/08; Beschluss vom 2.2.2009, Aktenzeichen 3 W 195/08). Vorliegend spricht nichts für eine Einnahmeerzielungsabsicht oder eine nach außen deutlich werdende Teilnahme der Anschlussinhaber am Erwerbsleben.“

Anschluss an die Rechtsprechung des OLG Zweibrücken:

„Die Schwere der behaupteten Rechtsverletzung ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Wert des geschützten Albums, dessen Wert etwa 20,- € betragen mag. Auch nach der Legaldefinition des gewerblichen Ausmaßes (§ 101 Abs. 1 S. 2 UrhG) fällt es schwer, einen einmaligen Download eines derartigen Albums als derart schwere Rechtsverletzung zu bewerten, dass von einem gewerblichen Ausmaß gesprochen werden könnte (OLG Oldenburg, Beschluss vom 1.12.2008, Aktenzeichen 1 W 76/08). Das Oberlandesgericht Oldenburg hat dabei ausdrücklich nicht verkannt, dass der Rechtsausschuss des Bundestages offenbar die Vorstellung hatte, dass dies bereits eine besondere Schwere der Rechtsgutsverletzung begründen könne. Zu Recht weist das Gericht aber darauf hin, dass damit der äußerste Wortsinn als Grenze jeder Auslegung überschritten sei und der einmalige Download eines Musikalbums nicht als schwere Rechtsverletzung mit gewerblichem Ausmaß anzusehen sei (so auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.10.2008, Aktenzeichen 3 W 184/08).“

Volltext: Medien Internet und Recht)

(via http://www.peter-kehl.de/2009/11/01/lg-kiel-schrankt-privatermittlung-gegen-filesharer-ein/)

LG Hamburg, Urt. v. 11.03.2009 – 308 O 75/09 – Vorhalten von Verkehrsdaten „auf Zuruf“

LG Hamburg, Urt. v. 11.03.2009 – 308 O 75/09 – Vorhalten von Verkehrsdaten „auf Zuruf“

Leitsätze und Volltext finden sich in der JurPC, Web-Dok. 124/2009.

Wieder einmal ein Urteil, das an der (Rechts-)Wirklichkeit vorbei geht. Insbesondere die Figur eines „gesetzlichen Schuldverhältnisses“ zwischen Access Provider und Rechtsinhaber, aufgrund dessen gespeichert werden soll, ist überhaupt nicht gesetzlich begründbar. Ganz im Gegenteil: Nach meiner Auffassung resultiert diese Ansicht gerade in einer Umkehr der gesetzlichen Regelungen in TKG und BDSG, nach denen eine Speicherung nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage und nicht aufgrund eines wie auch immer gearteten gesetzlichen Schuldverhältnisses gespeichert werden darf (zur fehlenden Verpflichtung zur Erhebung von Daten bei Access Providern, die ähnlich der Pflicht zur Datenspeicherung zu bewerten ist s. auch eingehend Mantz, Rechtsfragen offener Netze, S. 273 ff., Download hier). Selbst wenn man ein solches gesetzliches Schuldverhältnis annehmen würde, würde die Speicherung vermutlich trotzdem unter dem Vorbehalt der Einwilligung nach §§ 4, 4a BDSG stehen, denn ein „gesetzliches Schuldverhältnis“ ist noch lange keine „gesetzliche Regelung“ i.S.d. § 4 BDSG.

S. dazu auch:

Auszug aus dem Urteil:

a) Der Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 UrhG und damit das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem Verletzten und dem Provider als Grundlage der Pflicht der Antragsgegnerin zur Vorhaltung der Verbindungsdaten über das Verbindungsende hinaus entsteht bereits mit der rechtsverletzenden Verbindung über eine von dem Provider einem Kunden zugewiesene IP-Adresse und sie konkretisiert sich auch für den Provider mit der Kenntniserlangung von der Verletzung; so dass dieser von dem Zeitpunkt an verpflichtet ist, entsprechend der vorstehenden Ausführungen die Daten für eine Auskunft vorzuhalten, um der Auskunftspflicht auch nachkommen zu können. Dass die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten – und damit die Überprüfung aller Anspruchsvoraussetzungen – einem Richtervorbehalt unterliegt, ändert daran nichts. Denn dadurch soll einerseits der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verkehrsdaten bei der Verwendung gegenüber Dritten im Zusammenhang mit der Auskunft Rechnung getragen werden und andererseits sollen Internet-Provider und Telekommunikationsunternehmen von Anspruchsprüfung entlastet werden (BT-Drucks. 16/5048, S. 40). Eine konstitutive Bedeutung für das Entstehen des Auskunftsschuldverhältnisses kommt dem Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG damit nicht zu.

b) Die begehrte Vorhaltung der Verkehrsdaten ist datenschutzrechtlich zulässig. Zwar sind Verkehrsdaten grundsätzlich gemäß § 96 Abs. 2 Satz 2 TKG nach Beendigung einer Verbindung zu löschen. Hier besteht aber eine Ermächtigung zur weiteren Vorhaltung der Daten zum Zwecke der Auskunft gemäß § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG i.V.m. § 101 Abs. 2, 9 UrhG.

aa) Die datenschutzrechtlichen Regeln des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sind grundsätzlich anwendbar, da die Antragsgegnerin einen reinen Zugangsdienst anbietet (vgl. § 1 Abs. 1 Telemediengesetz). Ferner stellt nach Auffassung der Kammer nicht nur die dynamische IP-Adresse als solche ein Verkehrsdatum im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG dar, sondern auch die Verknüpfung der dynamischen IP-Adresse (zu einem bestimmten Zeitpunkt) mit Namen und Adressen der Kunden (Bestandsdaten) unterfällt den Regeln über Verkehrsdaten (siehe hierzu Fromm/Nordemann/Czychowski, a.a.O., § 101 Rn. 66).

bb) Nach § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG dürfen diese Daten über das Ende der Verbindung hinaus verwendet werden, soweit sie zum Aufbau weiterer Verbindungen oder für die in den §§ 97, 99, 100und 101 TKG genannten oder für die durch andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zwecke erforderlich sind. Bei der Auskunftserteilung nach § 101 Abs. 2 i.V.m. Abs. 9 UrhG handelt es sich um einen solchen durch eine andere gesetzliche Vorschrift begründeten Zweck. Dementsprechend enthält § 101 Abs. 10 UrhG auch den aufgrund des Zitiergebots des Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG erforderlichen ausdrücklichen Hinweis, dass durch § 101 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 9 das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) eingeschränkt wird. Dieses Verständnis der Regelungen des § 101 UrhG wird bestätigt durch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zur Parallelvorschrift des § 140b PatG (BT-Drucksache 16/5048 Seite 39 f). Dort wird zunächst dargestellt, dass die Verkehrsdaten nach bisheriger Rechtslage aufgrund des einfachgesetzlich (§ 88 TKG) und verfassungsrechtlich (Art. 10 Absatz 1 GG) geschützten Fernmeldegeheimnisses trotz bestehenden Bedürfnisses von Rechtsinhabern keinen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegen einen Accessprovider ermöglichten. Die Regelung des Absatzes 9 mit dem Richtervorbehalt wird dann als Lösung dargestellt, die allen beteiligten Interessen am besten gerecht wird, wobei abschließend ausdrücklich auf die damit verbundene Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses hingewiesen wird.

cc) Soweit § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG dem Wortlaut nach nur bereits nach § 96 Abs. 1 TKG für eigene Zwecke gespeicherte Verkehrsdaten erfasst, steht das der weiteren Vorhaltung nicht entgegen.

Wenn die Verwendung von für eigene Zwecke gespeicherter Daten für die Beauskunftung nach § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG i.V.m. § 101 Abs. 2 i.V.m. Abs. 9 UrhG datenschutzrechtlich zulässig ist, dann muss dies erst recht für solche Daten gelten, die zwar nicht schon für eigene Zwecke vorgehalten werden, die aber zur Erfüllung der gesetzlichen Auskunftspflicht erhoben werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Speicherung der Daten gegenüber der Verwendung der Daten für eigene Zwecke des Access-Providers für sich genommen eine deutlich geringere datenschutzrechtliche Relevanz hat (vgl. BVerfG MMR 2008, 303, 304: „Ein besonders schwerwiegender und irreparabler Nachteil […] liegt in der Datenspeicherung allein nicht.“).

Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass eine kurzzeitige Speicherung für eigene Zwecke nach § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG nach Auffassung der Kammer ohnehin generell zulässig ist (so zutreffend auch AG Bonn MMR 2008, 203). Demgemäß speichern mehrere Diensteanbieter die Daten noch sieben Tage nach Verbindungsende. Es kann nicht zu Lasten der Auskunftsberechtigten gehen, dass die Antragsgegnerin von dieser zulässigen Möglichkeit keinen Gebrauch macht.

Im übrigen verkennt die Antragsgegnerin bei ihrer Argumentation, dass die Verbindungsdaten im Zeitpunkt des weiteren Speicherbegehrens auf Zuruf bereits während der laufenden rechtverletzenden Verbindung jedenfalls für technische Zwecke, nämlich zur Aufrechterhaltung der Verbindung, rechtmäßig für eigene Zwecke vorgehalten werden.

dd) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Kunden der Antragsgegnerin steht nicht entgegen. Dieses Recht steht hier in einem Spannungsverhältnis mit dem Eigentumsrecht der Rechteinhaber (Fromm/Nordemann/Czychowski, a.a.O., § 101 Rn. 71). Das Urheberrecht ist als geistiges Eigentum gemäß Art. 14 GG geschützt. Diese Eigentumsposition darf den Rechteinhabern nicht dadurch faktisch entzogen werden, dass sie sich mangels Kenntnis der konkreten Verletzer nicht gegen Rechtsverletzungen im Internet zur Wehr setzen können. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Nutzer, denen die IP-Adresse jeweils zugeordnet wird, muss demgegenüber zurücktreten. Dies folgt zum einen daraus, dass die Verwendungsmöglichkeiten der Information, wem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen worden ist, sehr beschränkt sind. Zum anderen macht derjenige, der seinen Anschluss der Öffentlichkeit zugänglich macht, auch die ihm für diesen Zeitraum zugewiesene IP-Adresse öffentlich, so dass sein Schutzbedürfnis auch aus diesem Grund als gering zu bewerten ist (OLG Köln, GRUR-RR 2009, 9, 10 f. – Ganz anders ).

ee) Eine ausufernde Speicherung von Verkehrsdaten wird über das Erfordernis einer „offensichtlichen Rechtsverletzung“ verhindert.

ff) Eine weitergehende datenschutzrechtliche Ermächtigung zur Speicherung der Verkehrsdaten ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht erforderlich. Aus § 111 TKG und § 113 a TKG folgt nicht, dass Diensteanbieter nur aufgrund einer besonderen gesetzlichen Anordnung zur Speicherung von Verkehrsdaten zwecks Erfüllung gesetzlich normierter Auskunftsansprüche Dritter verpflichtet sind. Beide Regelungen betreffen nämlich Auskünfte gegenüber Behörden und nicht gegenüber Privaten. Im Verhältnis zwischen Staat und Diensteanbieter muss eine öffentlichrechtliche Pflicht zur Speicherung aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes erst durch Gesetz geschaffen werden. Vorliegend besteht aber eine zivilrechtliche Speicherpflicht bereits aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis des § 101 Abs. 2 UrhG. Aus diesem Grund sind auch die von der Antragsgegnerin zitierten Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.10.2003, Az.: 6 C 23.02, MMR 2004, 114 ff.) auf die hier zu beurteilende Fallgestaltung nicht unmittelbar anwendbar. So hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung zu § 90 Abs. 1 TKG a.F., der eine Pflicht der Diensteanbieter zur Führung von Kundendateien vorsah, maßgeblich darauf gestützt, dass § 90 Abs. 1 TKG a.F. gerade nicht das Verhältnis der Diensteanbieter zu ihren Kunden anspreche, sondern die Beziehung zwischen dem Diensteanbieter und dem Staat (MMR 2004, 114, 116).

gg) Dem Gesetzgebungsverfahren zu § 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG kann auch nicht entnommen werden, dass eine Speicherpflicht dem Willen des Gesetzgebers widerspricht. Der Rechtsausschuss hat lediglich eine Verwendung von allein nach § 113 a TKG gespeicherten Daten im Rahmen von Bestandsdatenauskünften abgelehnt und insofern klargestellt, dass die Verwendung von diesen gespeicherten Daten grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften für hoheitliche Zwecke beschränkt bleiben soll (BT-Drucks. 16/6979, S. 46). Ausschließlich in diesem Zusammenhang ist auch der Verweis der Rechteinhaber auf ein Vorgehen nach § 406 e StPO i.V.m. §§ 161, 163 StPO i.V.m. § 113 TKG (BT-Drucks. 16/6979, S. 46) zu sehen. Die Frage, ob sich eine Berechtigung zur Speicherung auch aus anderen Normen als § 113 a TKG ergeben kann, wird demgegenüber vom Rechtsausschuss nicht erörtert.

hh) Schließlich steht die Speicherung der Daten selbst – anders als die Übermittlung der Daten – nicht unter dem Richtervorbehalt des § 101 Abs. 9 UrhG. Der Richtervorbehalt bezieht sich nach der insoweit klaren Regelung des § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG auf die Verwendung der Verkehrsdaten für die Auskunft nach § 101 Abs. 2 UrhG. Das setzt, wie die Antragsgegnerin an anderer Stelle zutreffend argumentiert, vielmehr das Vorhandensein der Verkehrsdaten voraus, also deren Speicherung, dessen Sicherung für das Auskunftsverfahren gerade Gegenstand dieses Verfahrens ist.

ii) § 96 Abs. 2 Satz 1 TKG i.V.m. §§ 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG stellt somit eine datenschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage zur Speicherung der für die Auskunft nötigten Verkehrsdaten dar.

Lesetipp: Maaßen, Urheberrechtlicher Auskunftsanspruch und Vorratsdatenspeicherung, MMR 2009, Heft 8, S. 511

In der aktuellen MMR (Heft 8 ) ist ein sehr interessanter Aufsatz von Stefan Maaßen mit dem Titel „Urheberrechtlicher Auskunftsanspruch und Vorratsdatenspeicherung“ erschienen.

Auf den urheberrechtlichen Auskunftsanspruch (hier) und die Problematik der Vorratsdatenspeicherung (hier) wurde schon des öfteren in diesem Blog hingewiesen.

Maaßen analysiert zunächst den aktuellen Stand der Rechtsprechung und weist auf die unterschiedlichen von den Gerichten angelegten Maßstäbe hin (dazu s. auch schon hier; ferner Mantz, K&R 2009, 21 m.w.N.; weitere Aufsätze zum Thema hier).

  • Datenschutzrecht

Anschließend geht der Autor auf die datenschutzrechtliche Problematik ein.

„Entscheidend ist insoweit, dass in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Datenerhebungsinteresse und den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen zu erfolgen hat. Die Praxis der Rechteinhaber, die IP-Adressen in einem automatisierten, softwaregestützten Verfahren zu erheben, genügt diesen Anforderungen schon deswegen nicht, weil eine Einzelfallabwägung nicht erfolgt. I.Ü. dürften die schutzwürdigen Belange des Dritten überwiegen. Denn zum Zeitpunkt der Erhebung ist nicht bekannt, ob der Anschlussinhaber als Verletzer oder Störer einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann. So ist denkbar, dass es sich bei dem Anschlussinhaber um den Betreiber eines Hot Spots oder den Inhaber eines unbefugt genutzten nicht-öffentlichen Internetzugangs handelt, die nicht Störer i.S.d. Urheberrechts sind. Die bloße Möglichkeit, dass die Datenerhebung zur Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche erforderlich ist, vermag einen von privater Stelle initiierten und automatisiert durchgeführten Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Anschlussinhabers jedenfalls nach gegenwärtiger Gesetzeslage nicht zu rechtfertigen und könnte sogar ein zivilprozessuales Beweisverwertungsverbot zur Folge haben.“

  • Vorratsdatenspeicherung

Zudem schließt sich der Autor der wohl mittlerweile h.M. an, dass eine Herausgabe von Daten, die nur für die Vorratsdatenspeicherung und zu keinem anderen Zweck (insb. nicht § 96 TKG wg. einer Flatrate) gespeichert wurden, *nicht* herausgegeben werden dürfen.

„Wenn der Provider keine auch nur kurzfristige Speicherung von Verkehrsdaten für eigene Zwecke vornimmt, sondern allein seiner Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung aus § 113a TKG nachkommt, ist die Erfüllung des urheberrechtlichen Auskunftsanspruchs rechtlich unmöglich.“

S. zu dieser Thematik auch Gietl/Mantz, CR 2008, 810; Jenny, CR 2008, 82; Hoeren, NJW 2008, 3099.

  • Speicherung auf Zuruf (LG Hamburg)

Interessant sind weiter die Ausführungen zu einem Urteil des LG Hamburg zur Speicheranordnung zum Zweck späterer Auskunftserteilung (LG Hamburg, Urteil vom 11.03.2009 – 308 O 75/09, JurPC Web-Dok. 124/2009). Dieses hatte eine Verpflichtung des Provider zur Speicherung „auf Zuruf“ angenommen und mit einem gesetzlichen Schuldverhältnis begründet, das durch die rechtsverletzende Inanspruchnahme des Providers zwischen Rechteinhaber und Provider entstehen soll. Nach meiner Auffassung resultiert diese Ansicht gerade in einer Umkehr der gesetzlichen Regelungen in TKG und BDSG, nach denen eine Speicherung nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage und nicht aufgrund eines wie auch immer gearteten gesetzlichen Schuldverhältnisses gespeichert werden darf (zur fehlenden Verpflichtung zur Erhebung von Daten bei Access Providern, die ähnlich der Pflicht zur Datenspeicherung zu bewerten ist s. auch eingehend Mantz, Rechtsfragen offener Netze, S. 273 ff., Download hier). Selbst wenn man ein solches gesetzliches Schuldverhältnis annehmen würde, würde die Speicherung vermutlich trotzdem unter dem Vorbehalt der Einwilligung nach §§ 4, 4a BDSG stehen, denn ein „gesetzliches Schuldverhältnis“ ist noch lange keine „gesetzliche Regelung“ i.S.d. § 4 BDSG.
Maaßen steht dieser Lösung des LG Hamburg ebenfalls kritisch gegenüber und bezweifelt weiter, ob eine Umsetzung dieses „Hamburger Modells“ überhaupt verfassungsrechtlich zulässig wäre.

  • Schluss

Im Fazit schließlich verweist Maaßen darauf, dass ohne eine gesetzliche Regelung nichts geht.

„Um den berechtigten Interessen der Rechteinhaber an einer effektiven Durchsetzung ihrer Ansprüche Rechnung zu tragen, sind gesetzliche Vorgaben erforderlich, welche den Umgang mit IP-Adressen auf eine tragfähige datenschutzrechtliche Grundlage stellen. Eine Ausweitung des § 113b TKG dürfte aus verfassungsrechtlichen Gründen als Lösung ausscheiden.“

LG Frankenthal: Beweisführung beim Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG

LG Frankenthal, Beschl. v. 6.3.2009 – 6 O 60/09

Das LG Frankenthal hat ausführlich zum Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG Stellung genommen (Volltext s.u.). Interessant ist, dass es auch auf die Beweisführung eingegangen ist (s. dazu eingehend Gietl/Mantz, CR 2008, 810, 815 ff., BibTex-Eintrag hier) und sich näher mit Hash-Werten beschäftigt hat.

Ein weiterer sehr interssanter Gesichtspunkt ist, dass das Angebot einer unvollständigen Datei (was beim Filesharing sehr häufig passiert, solange man selber noch herunterlädt) nach Auffassung des LG Frankenthal richtigerweise gegen das Vorliegen eines gewerblichen Ausmaßes spricht. Denn auch im Geschäft würde man sich ja nur mit dem ganze Produkt, nicht aber nur einzelnen Teilen davon zufrieden geben.

S. auch: Weitere Meldungen zu § 101 UrhG

Hier das Urteil im Volltext:

Leitsätze (nicht amtlich):

  1. Das gewerbliche Ausmaß nach § 101 UrhG einer Rechtsverletzung ist in jedem Einzelfall zu prüfen.
  2. Wird nur ein Bruchteil einer Datei angeboten, spricht dies gegen das Vorliegen eines gewerblichen Ausmaßes.
  3. Zur Beweisführung mit Hash-Werten von Dateien.
  4. Die gesamten Kosten des Verfahrens nach § 101 UrhG trägt (zunächst) der Antragssteller.

Tenor

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist ein auf Marketing und Vertrieb von Computerspielen spezialisiertes Unternehmen; bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um einen bekannten Internet-Provider.

Die Antragstellerin macht geltend, die ausschließlichen Nutzungsrechte an einem von einem US-Amerikanischen Unternehmen (G. Entertainment) entwickelten, seit 6. Februar 2009 im Handel erhältlichen Computerspielprogramm namens „X.“ zu besitzen. Das sog. „Anti-Piracy-Unternehmen“ L. AG aus der Schweiz hat im Auftrag der Antragstellerin festgestellt, dass am 19. bzw. 20. Februar 2009 drei verschiedene Internetnutzer unter den in dem als Anlage AS 3 vorgelegten Datenblatt (Bl. 29 d.A.) angeführten IP-Adressen eine als „www.torrent.to…X…“ bezeichnete Datei bzw. Bruchteile hiervon über eine sog. Tauschbörse anderen Nutzern des Internets zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht haben.

Die Antragstellerin trägt vor, dass es sich bei der genannten Datei um eine Version des oben näher bezeichneten Spieleprogrammes handle. Dies stehe aufgrund des von der L. AG ermittelten „Hashwertes“ fest, der aufgrund einer mathematischen Funktion die eindeutige Identifizierung der Datei ermögliche. Der Umstand, dass die in der Anlage AS 3 aufgelisteten Hashwerte teilweise nicht identisch seien, lasse sich damit erklären, dass auch der jeweilige Inhalt der Dateien aufgrund marginaler Änderungen unterschiedlich, das „Endprodukt“ jedoch dasselbe sei.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass ihr ein Auskunftsanspruch gegen die Antragsgegnerin aufgrund der Vorschrift des § 101 Abs. 9 iVm Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG zustehe. Die Rechtsverletzung sei offensichtlich, wobei es im Rahmen der hier begehrten Auskunft nicht darauf ankomme, ob diese durch die Inhaber der jeweiligen Internetanschlüsse erfolgt sei. Die sich hinter den mitgeteilten IP-Adressen verbergenden Nutzer hätten zudem – sofern dies für den von ihr geltend gemachten Anspruch überhaupt Voraussetzung sei – in gewerblichem Ausmaß gehandelt, indem sie die eingangs genannte Datei anderen Internetnutzern zum Download zur Verfügung gestellt hätten. Das ergebe sich hier aus dem Umstand, dass es sich bei der zum Herunterladen bereit gestellten Datei um ein besonders umfangreiches, erst vor kurzem veröffentlichtes Programm handle und die Verletzung ihrer Rechte daher besonders schwer wiege.

Die Antragstellerin beantragt, der Beteiligten zu 2) zu gestatten, der Antragstellerin unter Verwendung der vorhandenen Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 TKG Auskunft zu erteilen über Vorname, Name, Straße, Hausnummer sowie Postleitzahl und Ort derjenigen Internetnutzer, denen zur angegebenen Zeit die angegebene IP-Adresse zugewiesen war:

89.13.10.192 19.02.2009 22:31:39 MEZ …

77.188.166.205 19.02.2009 22:47:05 MEZ …

93.128.31.234 20.02.2009 02:41:06 MEZ …

und zwar in geordneter Form.

Die Beteiligte zu 2) beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie trägt vor,

Ein Urheber- oder Lizenzrecht der Antragstellerin an einer eventuell existierenden russischen Version des Spieles bestehe nicht; aufgrund der von ihr angestellten Recherchen stehen derartige Rechte neben der G. E. Inc. vielmehr einer Z. E. AG zu. Weiter sei unklar, ob es sich bei den von der Antragstellerin in ihrem Antrag wiedergegebenen IP-Adressen überhaupt um solche handle, die von der Beteiligten zu 2) vergeben worden seien. Die von der L. AG eingesetzte Software arbeite nicht immer korrekt; Fehler, Fehlbedienungen und Manipulationen seien vielmehr nicht auszuschließen, was insbesondere auch für die ermittelten Zeiten der zugewiesenen IP-Adressen gelte. Die Identifizierung von in Tauschbörsen angebotenen Dateien über den sog. „Hash-Wert“ sei nicht sicher möglich. Zudem könne bei Einstellung einer Datei in ein Tauschbörsenprogramm jeder Nutzer selbst das Herunterladen dieser Datei durch entsprechende Vorkehrungen technisch verhindern, so dass nicht automatisch davon ausgegangen werden könne, dass das Programm in den genannten Fällen tatsächlich zum Herunterladen zur Verfügung stand. Selbst wenn ein Download im Einzelfall – unter Umständen sogar ohne Wissen des jeweiligen Nutzers – möglich gewesen sein sollte, könne dieser sich auch lediglich auf einen geringfügigen und für sich genommen wertlosen Teil der Datei beziehen. Im Übrigen gebe es bei Nutzung eines Internetzugangs durch Dritte keine geeigneten Schutzmöglichkeiten, die Installation und Benutzung einer Tauschbörsensoftware zu verhindern. Eine Vermutung für die konkrete Nutzung des Zugangs durch den jeweiligen Anschlussinhaber gebe es nicht. Ferner seien keine Anhaltspunkte vorhanden, die auf ein Handeln in gewerblichem Ausmaß hindeuten könnten, zumal die Nutzung, d.h. Up- und Download von Daten in Tauschbörsen für alle Beteiligten stets kostenfrei erfolge. Die Auslegung des vom Gesetzgeber nicht näher definierten Begriffs des gewerblichen Ausmaßes habe im Lichte von Verfassungs- und Europarecht zu erfolgen. Schließlich dürfe auf gespeicherte Verkehrsdaten nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts derzeit nur bei Verdacht auf Vorliegen einer Straftat nach § 100a Satz 2 StPO zugegriffen werden.

II.

1. Der Antrag ist nach § 101 Abs. 9 UrhG zulässig, insbesondere statthaft.

Bei den zur Ermittlung von Namen und Anschriften der jeweiligen Internetnutzer notwendigen dynamischen IP-Adressen handelt es sich um Verkehrsdaten im Sinne des § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG; davon, sowie von einem den Richtervorbehalt des § 101 Abs. 9 UrhG erforderlich machenden, durch Auskunft unter Verwendung dieser Daten stattfindenden Grundrechtseingriff gehen Gesetz (§ 101 Abs. 10 UrhG) und Gesetzgeber (vgl. BT-Drs. 16/5048 S. 39) offensichtlich aus (ebenso statt vieler OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2009, 12; LG Frankenthal K&R 2008, 467; Kitz, NJW 2008, 2374, 2376 [Fn. 52] jew. m.v.w.N.; offen gelassen allerdings bei OLG Zweibrücken MMR 2009, 45, 46 mit krit. Anm. Höfinger, ZUM 2009, 75). Da es maßgeblich auf die Verwendung der Verkehrsdaten ankommt, ist es unerheblich, dass die von der Beteiligten zu 2) im Ergebnis begehrte Auskunft sich lediglich auf Name und Anschrift bestimmter Personen bezieht, weil diese nur durch Zuordnung zu der mitgeteilten IP-Adresse ermittelt werden können.

2. Der Antrag führt jedoch in der Sache nicht zu dem mit ihm erstrebten Erfolg, weil die Voraussetzungen für den Erlass eine Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht vorliegen.

a) Aus dem Vorbringen der Antragstellerin lässt sich bereits nicht entnehmen, an welcher konkreten Version der Unterhaltungssoftware „X.“ die Klägerin Urheberrechte geltend macht. Der Kammer ist aus einem früheren Verfahren (Az. 6 O 374/08) bekannt, dass mehrere unterschiedliche, für verschiedene Märkte produzierte und zum Teil unter anderem Namen („O.“) vertriebene Versionen dieses Spielprogrammes existieren. Ob die Antragstellerin ausschließliche Nutzungsrechte an sämtlichen dieser Versionen für alle in Frage kommenden Märkte behauptet und von wem sie diese Rechte in welcher Weise übertragen bekommen hat, geht weder aus ihrem Vortrag, noch aus der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers vom 20. Februar 2009 (Bl. 25 d.A.) hervor. Insbesondere hat sie auch auf ausdrückliche Anfrage der Kammer vom 23. Februar 2009 in ihrer Stellungnahme vom 2. März 2009 hierzu nicht weiter vorgetragen. Hinzu kommt, dass nach Überprüfung der Kammer vom heutigen Tag auf der deutschsprachigen Internetseite des Spieles (http://www.x. …) das Unternehmen G. E. Inc. und die Z. E. AG aus Karlsruhe als Rechteinhaber an dem Programm genannt werden, wobei die Z. E. AG ausweislich des Impressums auch für die Internetseite selbst verantwortlich zeichnet. Dagegen findet die Antragstellerin in diesem Zusammenhang keine Erwähnung. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Antragstellerin Urheber- oder Nutzungsrechte an einer oder mehreren konkreten Version(en) der Software zustehen.

b) Weiter ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den von der Antragstellerin genannten IP-Adressen, von denen sie wissen möchte, welchen Internetnutzern sie zu den aufgelisteten Zeitpunkten zugewiesen waren, um solche handelt, die zu den fraglichen Zeitpunkten Kunden der Beteiligte zu 2) zugeordnet waren und zu denen diese mithin überhaupt Auskünfte erteilen kann. Zweifel daran sind insbesondere vor dem Hintergrund angezeigt, dass die Antragstellerin selbst hierzu ebenso wenig ausgeführt hat, wie der Mitarbeiter der L. AG W. in seinen eidesstattlichen Versicherungen vom 5. Februar 2009 (also rund 14 Tage vor der Erfassung der verfahrensgegenständlichen Daten; Bl. 26 f. d.A.) und 2. März 2009 (Bl. 92 f. d.A.), während der Geschäftsführer der Antragstellerin in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 20. Februar 2009 (Bl. 25 d.A.) ausdrücklich von der Identifizierung solcher IP-Adressen spricht, die der H. T. GmbH zuzuordnen seien.

c) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragstellerin unterstellte, dass sie Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an der aktuell in Deutschland vertriebenen Version des Computerprogrammes „X.“ wäre, kann ferner nicht festgestellt werden, dass unter den ermittelten IP-Adressen zu den mitgeteilten Zeitpunkten im Internet aktive Kunden eine Datei zum Herunterladen zur Verfügung gestellt haben, an der die Antragstellerin Rechte geltend macht. Zwar ist es technisch grundsätzlich möglich, mittels der „Hash-Funktion“ zu ermitteln, ob zwei zu vergleichende Dateien (höchstwahrscheinlich) gleich oder (mit Sicherheit) verschieden sind, wobei das Risiko von als „Kollisionen“ bezeichnete Fehlidentifikationen zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, durch den Einbau bestimmter mathematischer Mechanismen aber minimiert werden kann. Ob der dabei von der L. AG verwendete Algorithmus – wie die Beteiligte zu 2) meint – im Hinblick auf derartige Kollisionen besonders fehleranfällig ist, kann dahinstehen. Die Antragstellerin hat nämlich trotz entsprechender Aufforderung der Kammer vom 23. Februar 2009 nicht dargelegt, welchen „Hashwert“ diejenige Version des Spielprogramms aufweist, an dem sie Rechte geltend macht und damit einen Vergleich mit dem von der L. AG ermittelten Hashwerten der zum Download angebotenen Dateien nicht ermöglicht. Im Übrigen ist nach den durch die Erläuterungen des Mitarbeiters der L. AG W. in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 2. März 2009 gestützten Darlegungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom gleichen Tag ohnehin äußerst fraglich, inwieweit dem ermittelten, in ihrer Antragsschrift noch als „genetischer Fingerabdruck“ der Datei bezeichneten Hashwert überhaupt eine Aussagekraft für Verfahren der vorliegenden Art zukommt. Danach genügen nämlich bereits geringfügigste Änderungen an einer Datei (etwa die Hinzufügung eines Satzzeichens bei einer viele Millionen Zeichen enthaltenden Programmdatei), um einen völlig anderen Hashwert zu erhalten.

d) Offen bleiben kann, ob hier von einer offensichtlichen Rechtsverletzung durch die zu ermittelnden Inhaber der jeweiligen Internetanschlüsse im Sinne des § 101 Abs. 2 Satz 1 UrhG auszugehen und ob dies Voraussetzung für einen Anspruch nach § 101 Abs. 9 UrhG ist.

Nach der auch von der Antragstellerin zitierten Auffassung erfordert das Gesetz lediglich das Vorliegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung, nicht aber, dass die Rechtsverletzung offensichtlich durch den Inhaber des jeweiligen Anschlusses begangen wurde, bezüglich dessen die Auskunft vom Provider begehrt wird, weil der Zweck der Regelung des § 101 Abs. 2 UrhG ansonsten vollkommen leer laufe (OLG Köln, GRUR-RR 2009, 9, 10). Diese ergebnisorientierte Argumentation lässt sich nach Auffassung der Kammer mit dem Wortlaut der Regelung durchaus in Einklang bringen, erscheint im Hinblick auf den bereits mit der Erteilung der Auskunft verbundenen, nicht rückgängig zu machenden Eingriff in die Grundrechte Anschlussinhabers, der möglicherweise weder Verletzer noch Störer ist, aber dennoch nicht unbedenklich (zum besonderen verfassungsrechtlichen Schutz von Verkehrsdaten vgl. OLG Oldenburg, OLGR 2009, 109).

Am Vorliegen einer (offensichtlichen) Rechtsverletzung durch die Anschlussinhaber selbst bestehen jedenfalls schon deshalb nicht unerhebliche Zweifel, weil diese mit den potentiellen Verletzern keineswegs zwingend identisch sein müssen. Zwar treffen den Inhaber eines Anschlusses nach der Rechtsprechung gewisse Prüf- und Überwachungspflichten, sofern er seinen Internetzugang auch Dritten (etwa Familienmitgliedern) zugänglich macht, so dass er für eventuelle Rechtsverletzungen Dritter unter Umständen als Störer einzustehen hat (vgl. etwa LG Mannheim, MMR 2007, 267). Dies kann nach Auffassung der Kammer allerdings nicht uneingeschränkt gelten. So haften Inhaber eines (drahtlosen) WLAN-Anschlusses im privaten Bereich jedenfalls nicht generell wegen der abstrakten Gefahr eines Missbrauchs von außen als Störer, sondern erst, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen derartigen Missbrauch bestehen (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2008, 279). Nichts anderes kann für die immer zahlreicher werdenden Betreiber eines öffentlichen WLAN- oder WiFi-Anschlusses (sog. „HotSpots“), wie Internet-Cafés, Flughäfen, Hotels, Büchereien, Gemeinden etc. gelten. Gerade bei diesen vermag auch das Argument, es sei dem Anschlussinhaber technisch möglich und wirtschaftlich zuzumuten, seinen Anschluss durch Verschlüsselung zu schützen, nicht zu verfangen, da das Wesen dieser „HotSpots“ gerade darin besteht, jedermann – je nach Ausgestaltung unentgeltlich oder gegen Bezahlung – einen Internetzugang für einen gewissen Zeitraum zur Verfügung zu stellen, ohne auf das individuelle Surf- oder Downloadverhalten des jeweiligen Nutzers maßgeblichen Einfluss nehmen zu können.

e) Zudem sind in den von der Antragstellerin vorgetragenen konkreten Einzelfällen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die jeweils zu ermittelnden Nutzer möglicherweise urheberrechtlich geschütztes Material in gewerblichem Ausmaß zum Herunterladen anbieten bzw. angeboten haben.

Die Voraussetzungen des Merkmals des gewerblichen Ausmaßes im Zusammenhang mit dem urheberrechtlichen Auskunftsanspruch ist unklar und vom Gesetzgeber nicht näher umrissen oder gar definiert worden (vgl. ausführlich Braun, jurisPR-ITR 17/2008 Anm. 4 unter D., der die Regelung des § 109 Abs. 2 UrhG aus diesem Grunde sogar für verfassungswidrig hält). Lediglich § 109 Abs. 1 Satz 2 weist darauf hin, dass sich ein derartiges Ausmaß sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen, als auch aus deren Schwere ergeben könne. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung, der insoweit noch vom „geschäftlichen Verkehr“ sprach, ist in diesem Zusammenhang von einer wirtschaftlichen Betätigung die Rede, mit der in Wahrnehmung oder Förderung eigener oder fremder Geschäftsinteressen am Erwerbsleben teilgenommen wird (vgl. BT-Drs. 16/5408, S. 49 iVm S. 44). Damit scheint an eine Anknüpfung an den handels- und zivilrechtlichen Gewerbebegriff gedacht worden zu sein, wonach unter gewerblichem Handeln jede rechtlich selbständige, planmäßig und auf Dauer angelegte, mit der Absicht der Gewinnerzielung oder laufender Einnahmen ausgeübte und äußerlich erkennbar auf zumindest einem Markt hervortretende Tätigkeit zu verstehen ist (vgl. etwa Staudinger/Weick, BGB [2004] § 13 Rn. 51; MK-BGB/Micklitz, 5. Aufl. § 14 Rn. 18). Bezogen auf sog. „Internet-Piraterie“, also mittels des Internets begangener Urheberrechtsverletzungen, hat sich in der Praxis der Generalstaatsanwaltschaften als Kriterium für die Annahme eines Handelns im gewerblichen Ausmaß im Wesentlichen die Anzahl der zum Herunterladen zur Verfügung gestellten Dateien unter Berücksichtigung der Art (z.B. einzelne Musiktitel, ganze Alben, vollständige Filme) und der Aktualität und damit des Marktwertes (z.B. Kinofilm vor Start in deutschen Lichtspielhäusern) der jeweiligen Werke herausgebildet. Danach wird ein gewerbliches Handeln etwa ab einer Anzahl von etwa 3.000 Musikstücken oder 200 Filmen – und damit einem Marktwert von ca. 3.000.- € – angenommen (Braun aaO mwN).

Unabhängig davon, dass diese Zahlen nach Ansicht der Kammer nur allgemeine Orientierungswerte darstellen können, die eine Überprüfung im Einzelfall nicht entbehrlich machen, kann in den vorliegenden Fällen ein gewerbliches Ausmaß der Zurverfügungstellung von urheberrechtlich geschützten Daten durch die sich hinter den mitgeteilten IP-Adressen verbergenden Internetnutzern nicht angenommen werden. Weder für eine Planmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit des Handelns der Betroffenen, noch für eine Gewinn- oder Einnahmeerzielungsabsicht oder eine nach außen deutlich werdende Teilnahme am Erwerbsleben sind irgendwelche Anhaltspunkte aufgezeigt worden oder sonst erkennbar. Solche ergeben sich insbesondere weder aus der Anzahl und Art der zur Verfügung gestellten Datei (hier: eine Computerspieldatei), noch aus der Schwere des beanstandeten Verstoßes, obwohl es sich um eine in Deutschland erst kürzlich veröffentlichte Software handelt, wobei der bloße, in Byte gemessene Umfang des Programms von vornherein als Kriterium für eine besondere Schwere ungeeignet erscheint. Es ist nicht erkennbar, weshalb ein Programm ab einer bestimmten Größe schützenswerter sein soll, als eine Software, welche nur einen geringeren Umfang aufweist.

Aus dem Gesetzgebungsverfahren lässt sich ein Wille des Gesetzgebers dahingehend, dass bei Zurverfügungstellung bereits einer beliebigen urheberrechtlich geschützten Datei in Internet-Tauschbörsen das Erfordernis des gewerblichen Ausmaßes der Tätigkeit als gegeben anzusehen sein soll, nicht entnehmen. Im Gegenteil hat der Bundesrat in seiner im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens abgegebenen Stellungnahme zu § 101 Abs. 2 UrhG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die meisten Teilnehmer einer Internet-Tauschbörse gerade nicht am Erwerbsleben teilnehmen und damit die Gefahr bestehe, dass die neue Regelung weitgehend leer laufe (BT-Drs. 16/5048, S. 59). Er hat daher angeregt, auf das Erfordernis des Handelns in gewerblichem Ausmaß ganz zu verzichten, weil ein derart eingeschränkter Auskunftsanspruch weder wirksam noch abschreckend wäre (BT-Drs. 16/5048, S. 59/60). Dies zur Kenntnis nehmend hat die Bundesregierung dennoch bewusst am Merkmal des gewerblichen Ausmaßes festgehalten; nicht zuletzt deshalb, weil man damit einen Gleichlauf mit den anderen Gesetzen zum Schutz geistigen Eigentums erreichen wollte, die ebenfalls nicht greifen, „wenn nur eine nichtgeschäftliche Verletzung durch einen Endverbraucher vorliegt“ (BT-Drs. 16/5048 S. 65). Somit hat der Gesetzgeber nicht lediglich „übersehen“, dass im Urheberrecht ansonsten auch kein gewerbliches Handeln oder ein Handeln im geschäftlichen Verkehr erforderlich ist (so aber Czychowski, GRUR-RR 2008, 265, 267), sondern letztlich zielgerichtet eine eindeutige Entscheidung zu Gunsten privater Nutzer von Tauschbörsen getroffen, gegenüber denen der neu geschaffene Anspruch häufig oder gar regelmäßig nicht greifen wird. Solange mithin nur feststeht, dass ein Internetnutzer lediglich ein einziges urheberrechtlich geschütztes Werk zum Download zur Verfügung gestellt hat kann von einem gewerblichen Ausmaß im Sinne der Norm grundsätzlich nicht ausgegangen werden (vgl. OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2009, 12; OLG Oldenburg, OLGR 2009, 109). Ein Ausnahmefall, in dem nach Auffassung der Kammer schon das Anbieten nur einer Datei einen besonders schweren Verstoß und damit ein Indiz für ein Handeln in gewerblichem Ausmaß darstellen kann (vgl. B. der Kammer v. 3. November 2008 – 6 O 374/08) – sofern es sich nämlich etwa um ein (in Deutschland) noch gar nicht veröffentlichtes Werk handelt – ist hier unzweifelhaft nicht gegeben.

Hinzu kommt hier zumindest bezüglich der beiden zu den fraglichen Zeitpunkten unter den mitgeteilten IP-Adressen 89.13.10.192 und 93.128.31.234 am Internetverkehr teilnehmenden Nutzer, dass diese nach der auf Anfrage der Kammer erfolgten, durch die eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters der L. AG vom 2. März 2009 bestätigten Mitteilung der Antragstellerin lediglich einen Bruchteil von jeweils rd. 20% der fraglichen Datei zum Download angeboten hatten. Bei einem solch unvollständigen Bruchteil eines Softwareprogramms handelt es sich jedoch um eine für sich genommen unbrauchbare, weil nicht selbständig lauffähige Ansammlung von Daten. Dies steht der Annahme eines besonders schweren Verstoßes sowie einem Rückschluss auf ein gewerbliches Handeln der anbietenden Internetnutzer unmittelbar entgegen. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Ausführungen der Antragstellerin, wonach diese Nutzer nach Feststellung der L. AG die Datei „im Nachgang“ weiter heruntergeladen haben sollen, weil sich aus diesem Vorbringen gerade nicht ergibt, dass das fragliche Werk von diesen Nutzern überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt in nutzbarer Form zum Download zur Verfügung gestellt worden ist.

f) Da bereits das Vorliegen eines Anspruchs nach § 101 Abs. 9 iVm Abs. 2 UrhG nicht festgestellt werden kann, kommt es auf die Frage, ob ein solcher Anspruch im konkreten Einzelfall möglicherweise unverhältnismäßig wäre (§ 101 Abs. 4 UrhG) – wofür etwa sprechen könnte, dass hier nur eine Programmdatei bzw. ein für sich genommen unbrauchbarer Teil davon zum Herunterladen angeboten wurde, deren Marktwert sich nach Recherchen der Kammer in der neuen, spielbaren und deutschsprachigen Verkaufsversion (mit Verpackung und Zubehör) auf etwa 40.- € beläuft – nicht entscheidend an.

Gleichfalls kann offen bleiben, ob unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. MMR 2008, 303) Verkehrsdaten zur Ermittlung von Personendaten auch dann nur bei Verdacht auf Vorliegen einer Katalogtat des § 100a StPO genutzt werden dürfen, wenn sie nicht im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung, sondern im eigenen Interesse des Providers (zur Entgeltabrechnung) gespeichert wurden (vgl. dazu Braun aaO; OLG Zweibrücken aaO) und ob bei Verneinung dieser Frage eine entsprechende Einschränkung hinsichtlich des von der Antragstellerin begehrten Auskunftsanspruchs zu machen wäre. Dass diese Daten unabhängig vom Anlass ihrer Speicherung nur aufgrund vorheriger richterlicher Anordnung zum Zwecke der Erteilung von Auskünften genutzt werden dürfen, ist durch die Einführung des § 101 Abs. 9 und 10 UrhG jedenfalls als geklärt anzusehen (so bereits LG Frankenthal aaO).

g) Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Für die Gerichtskosten gilt dies bereits nach der allgemeinen Regelung des § 2 KostO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten folgt die vom Erfolg des Antrags unabhängige Kostentragungspflicht der Antragstellerin aus § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG, der als Spezialregelung der Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG und dem ansonsten im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, vorgeht. Zwar trifft § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG seinem Wortlaut nach nur eine Regelung für den Fall der Anordnung der Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten, während der Fall der Zurückweisung des Antrags nicht ausdrücklich erwähnt wird. Aus den gesetzgeberischen Erwägungen folgt jedoch, dass es Ziel der Kostenregelung in § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG ist, den nicht als potentiellen Störer anzusehenden, möglicherweise zur Auskunft Verpflichteten nicht mit Verfahrenskosten zu belasten, sondern diese – jedenfalls zunächst – dem Anspruchsberechtigten aufzubürden (BT-Drs. 16/5048, S. 49 iVm S. 40). Mit dieser Absicht wäre es nur schwer zu vereinbaren, wenn derjenige, der die Auskunft erteilen soll, die jeweils schon allein durch seine Beteiligung an dem vom Antragsteller veranlassten Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hätte (vgl. B. der Kammer v. 26.9.2008 – 6 O 340/08).

Rechtsprechung zum neuen Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG

Seit dem 1.9.2008 enthalten UrhG, PatG, MarkenG etc. Auskunftsansprüche gegenüber Dritten. Rechtsinhaber können also insbesondere gegen Access Provider nach § 101 UrhG vorgehen.

Mittlerweile liegen die ersten (divergierenden) Entscheidungen der Landes- und Oberlandesgerichte vor. Mit Einführung des neuen Auskunftsanspruchs zum 1.9.2008 haben die von den Rechtsinhabern beauftragten Kanzleien sofort bei verschiedenen Gerichten Anträge eingereicht.

Nach § 101 UrhG ist für den in Abs. 2 geregelten Auskunftsanspruch gegen Dritte, also insbesondere Access Provider, eine offensichtliche, in „gewerblichem Ausmaß“ vorgenommene Rechtsverletzung notwendig. Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten nach § 3 Nr. 30 TKG erteilt werden, ist nach § 101 Abs. 9 UrhG zwingend eine richterliche Anordnung notwendig.

Den nunmehr eingereichten Anträgen nach § 101 UrhG haben das OLG Köln, LG Köln, LG Oldenburg, LG Düsseldorf (Beschl. v. 12.09.2008 – 12 O 425/08), LG Nürnberg-Fürth (Beschl. v. 22.09.2008 – 3 O 8013/08) und LG Frankfurt stattgegeben.  Zurückgewiesen haben die Anträge das LG Frankenthal sowie das OLG Zweibrücken.

Diese Rechtsprechung wird eingehend untersucht in einem demnächst erscheinenden Beitrag in der K&R, Heft 12/2008. Auf Telemedicus ist ebenfalls eine kurze Besprechung erschienen. Der Beitrag hier wird dementsprechend die Probleme nur anreißen.

1. Gewerbliches Ausmaß

Besonderes problematisch ist, wann der Nutzer, der etwas über ein Filesharing-Netzwerk herunterlädt und i.d.R. damit gleichzeitig zum Download anbietet, in „gewerblichem Ausmaß“ nach § 101 Abs. 2 UrhG handelt. Der Begriff war schon im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Der Großteil der Gerichtsentscheidungen geht davon aus, dass in gewerblichem Ausmaß handelt, wer ein Musikalbum kurz nach der Veröffentlichung in Tauschbörsen anbietet. Der Nutzer könne und wolle nicht mehr kontrollieren, wer das Album herunterlade und in welchem Umfang von seinem Angebot Gebrauch gemacht werde.

Das LG Frankenthal hingegen sieht ein gewerbliches Ausmaß erst im Angebot von min. 3000 Musikstücken oder 200 Filmen.  Das OLG Zweibrücken  hingegen legt den Begriff europarechtlich aus und nimmt an, dass gewerbliches Ausmaß dadurch gekennzeichnet sei, dass die Rechtsverletzung zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen wird. Deshalb müsse auch bei der Verbreitung über Tauschbörsen ein Ausmaß erreicht werden, das über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entsprechen würde. Das OLG Zweibrücken will offenbar insbesondere eine Kriminalisierung von großen Bevölkerungsteilen, speziell gutgläubigen Nutzern verhindern.

Die Auslegung des Begriffs durch die stattgebenden Gerichte ist zu weit. Bei der Verbreitung von kleinen Mengen, wie bei der Großzahl der angeführten Entscheidungen, ist ein „gewerbliches“ Ausmaß kaum anzunehmen. Es fällt jedenfalls schwer, sich einen Musikladen mit nur einem Produkt vorzustellen.  Der Wortlaut lautet schließlich „gewerblich“ und zwingt damit zu einer Abgrenzung zum privaten Bereich (näher dazu eingehende Besprechung in K&R, Heft 12/2008).

Mal sehen, wie die Gerichte hier in Zukunft agieren. Mit zunehmender Fallzahl könnten die Gerichte nämlich dazu übergehen, den Arbeitsaufwand durch eine andere Auslegung des gewerblichen Ausmaßes zu beschränken.

2. Keine Vorwegnahme der Hauptsache

Das OLG Köln nimmt zusätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache an, wenn der Provider direkt zur Herausgabe der Daten verpflichtet würde. Im einstweiligen Verfügungsverfahren muss also die Verfügung dahingehend abgeändert bzw. beantragt werden, dass dem Access Provider die Löschung der Daten vorläufig untersagt wird. In der Hauptsache nach § 101 Abs. 2 UrhG kann dann die Auskunft verlangt werden.

3. Erlaubnistatbestand für Datenherausgabe

Das OLG Köln ist weiter der Auffassung, dass § 101 Abs. 9 UrhG einen (notwendigen) Erlaubnistatbestand zur Herausgabe enthält (krit. dazu Diss, S. 304 ff.; Spindler ZUM 2008, 640; Spindler, GRUR 2008, 574; Bäcker, ZUM 2008, 391, 393; Hoeren, NJW 2008, 3099, 3100).

4. Gegenstandswert

Den Gegenstandswert wollte das LG Köln mit EUR 200,- pro IP-Adresse ansetzen (so wohl auch die Praxis des LG Frankfurt), das OLG Köln nimmt nun pauschal EUR 3.000,-.

Insgesamt alles noch spannend und hochumstritten. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.