Schlagwort-Archive: Abwägungskriterien

Lesetipp: Breyer, Die Haftung für Mitbenutzer von Telekommunikationsanschlüssen, NJOZ 2010, 1085

Ganz frisch ist in der NJOZ ein Aufsatz von Patrick Breyer mit dem Titel „Die Haftung für Mitbenutzer von Telekommunikationsanschlüssen“ erschienen (in: Neue Juristische Online Zeitschrift, NJOZ 2010, 1085 – noch nicht online verfügbar).

Darin setzt sich Breyer ebenfalls mit der Haftung des WLAN-Inhabers auseinander und bereitet noch einmal wesentliche Argumente mit einer speziellen Sicht auf die telekommunikationsrechtlichen Gegebenheiten auf.

So wie Oliver Garcia in Telepolis (dazu hier) setzt sich Breyer mit der grundrechtlichen Komponente auseinander:

„Die skizzierte Rechtsprechung zur Überlassung von Telekommunikationsanschlüssen setzt sich leider kaum mit der Werteordnung des Grundgesetzes auseinander und begegnet diesbezüglich durchgreifenden Bedenken. So ist schon im Ausgangspunkt ungeklärt, ob es mit dem grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt in Einklang zu bringen ist, im Wege des nachkonstitutionellen Richterrechts ohne gesetzliche Grundlage weitreichende Verkehrspflichten wie eine Pflicht zur Hinderung anderer an der vorsätzlichen Begehung von Straftaten zu schaffen.“

Auch setzt er sich mit anschaulichen Beispielen mit dem „Gefahrenquelle“-Begriff auseinander.

Seit Fazit lautet:

„In Anbetracht der bisherigen deutschen Rechtsprechung zur Überlassung von Telekommunikationszugängen an Mitbenutzer liegt es an dem BGH, dem BVerfG und dem Gesetzgeber, einen ausgewogenen und freiheitsgerechten Ausgleich der einschlägigen Interessen auf diesem Gebiet herbeizuführen.“

Leider ist der Artikel erst kurz nach dem Urteil des BGH am 12.5.2010 (dazu hier, hier und hier) erschienen, so dass der Beitrag am Ergebnis des Urteils nichts ändern kann. Es bleibt aber zu hoffen, dass der BGH die Argumente wenigstens aufgreift und Klarheit schafft, inwiefern diese für andere Betreiber verfangen.

Die Haftung des Betreibers eines WLAN-Zugangs für die Handlungen seiner Nutzer, JurPC Web-Dok. 95/2010

In eigener Sache:

In der JurPC ist heute ein Aufsatz mit dem Titel „Die Haftung des Betreibers eines WLAN-Zugangs für die Handlungen seiner Nutzer“ (JurPC Web-Dok. 95/2010) erschienen.

Darin werden im Hinblick auf die anstehende Entscheidung des BGH noch einmal die Argumente zur Haftung des Inhabers eines WLAN-Zugangs behandelt.

Links:

OLG Zweibrücken: Keine proaktiven Überwachungspflichten des Forenbetreibers

OLG Zweibrücken, Urteil vom 14.05.2009 – Az. 4 U 139/08

Leitsätze und Volltexte bei Medien, Internet und Recht, http://medien-internet-und-recht.de/dok/1961.html

Insgesamt zeichnet sich im Bereich der Störerhaftung derzeit eine Rückbesinnung auf diejenigen Grundsätze der Störerhaftung ab, die der BGH in den letzten Jahren ausgearbeitet hat. Insbesondere das Verbot der proaktiven Überwachungspflichten (das der BGH allerdings zuletzt teilweise eingeschränkt hat, s. nur BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei Ebay) findet mehr Beachtung, und speziell die oberinstanzlichen Gerichte gehen dazu über, detaillierte Einzelfallbetrachtungen und die gebotene Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen.

S. dazu auch:

Fällt die strikte Linie des LG Hamburg im Bereich der Störerhaftung? -Anmerkung zu OLG Hamburg, Urt. v. 4.2.2009 – 5 U 167/07 – Haftung des Forenbetreibers

In eigener Sache:

In der JurPC ist heute eine Anmerkung zum Urteil des OLG Hamburg v. 4.2.2009 – Az. 5 U 167/07 erschienen (JurPC Web-Dok. 69/2009, s. dazu schon Artikel bei heise), das im Bereich der Störerhaftung eine Entscheidung des LG Hamburg aufgehoben hat. Das OLG Hamburg hat die bisherige Linie des LG Hamburg in sehr deutlicher Form kritisiert.

Volltext des Urteils

Zur Anmerkung hier.

Offene Netze und Förderung von „Community Media“ durch das EU-Parlament

Das EU-Parlament hat einen Entwurf zur Förderung von „Community Media“ veröffentlicht, der durch das EU-Parlament verabschiedet werden soll.

Interessant ist dies z.B. im Hinblick auf die Abwägung bezüglich der Prüfungs- und Überwachungspflichten im Rahmen der Störerhaftung (s. Diss, S. 257 ff.). Dort ist einer der wesentlichen Gesichtspunkte die Funktion und Aufgabenstellung des Intermediärs (insb. für die Gesellschaft). Wenn also das EU-Parlament deutlich herausstellen sollte, dass „Community Media“ eine wichtige Rolle für die Gesellschaft spielt und im nächsten Gedankenschritt Offene Netze wie z.B. Freifunk als „Community Media“ einzustufen sind, spricht das erneut und umso mehr für eine starke Privilegierung und in der Folge für einen Ausschluss u.a. der Störerhaftung.

Markus von Netzpolitik sieht offene Netze als erfasst an, die Definition des Entwurfs (in Nr. 12, sowie in der Präambel und im Explanatory Statement) weist auch in diese Richtung:

a) non-profit, engaging primarily in activities of public or private interest without any commercial or monetary profit;
b) accountable to the community which they seek to serve, which means that they are to inform the community about their actions and decisions, to justify them, and to be penalised in the event of any misconduct;
c) open to participation in the creation of content by members of the community.

Allerdings ist es nicht ganz eindeutig und das EU-Parlament scheint doch teilweise auf Web 2.0 und inhaltsbasierte Dienste wie Blogs etc. abzustellen – was aber auch daran liegen kann, dass sie offene Netze einfach nicht so recht „auf dem Schirm“ haben, so dass evtl. doch von einer Übertragung ausgegangen werden kann. Im Explanatory Statement ist diese Ausrichtung dann auch nicht mehr ganz so deutlich.