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BGH, Google, Thumbnails und die Anwendung der Privilegierungen der §§ 7-10 TMG auf Unterlassungsansprüche

RA Stadler hat in seinem Blog Internet-Law eine kurze Einschätzung zum Urteil des BGH zur Google-Bildersuche abgegeben. Die Urteilsbegründung (Volltext hier) war mit Spannung erwartet worden, da nicht ganz klar war, wie der BGH es konstruieren wuerde, dass jemand, der ein Werk ins Internet einstellt, Google nicht rechtlich in Anspruch nehmen darf, wenn Google das Werk in seiner Suchmaschine nutzt.

RA Stadler weist auf einen sehr interessanten Punkt in der Urteilsbegründung hin: Der BGH setzt nämlich fuer sein Urteil auch an der Privilegierung des Art. 14 der E-Commerce-Richtlinie an, der in Deutschland in  § 10 TMG umgesetzt wurde, also der Haftungsprivilegierung fuer Host Provider:

„Der BGH geht dann noch einen Schritt weiter und erläutert, dass Google das Urheberrecht auch dann nicht verletzt, wenn die Bilder nicht mit Zustimmung des Urhebers ins Netz gelangt sind, zumindest solange Google nicht auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist. Der BGH stützt sich hierbei auf die Rechtsprechung des EuGH zu Google-AdWords und nimmt Bezug auf Art. 14 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie.“

Das ist relevant, da der BGH in ständiger Rechtsprechung (s. nur BGH Internetversteigerung I-III, s. hier) die Privilegierungen er §§ 7-10 TMG (also auch diejenige des Access Providers) nicht auf Unterlassungsansprueche wie z.B. die Störerhaftung anwendet, was in der juristischen Literatur Kritik erfahren hat.

Im vorliegenden Fall war Google aber gerade auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. Der Antrag im Berufungsverfahren vor dem OLG Jena hatte gelautet (im offiziellen Text der BGH-Entscheidung sind die Anträge nicht enthalten):

„Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu €  250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, Abbildungen von Kunstwerken der Klägerin zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder  über das Internet zugänglich zu machen und oder zu bearbeiten oder umzugestalten, wie es in Form sogenannter thumbnails im  Rahmen der Bildersuchmaschine der Beklagten geschehen ist.“

Mit anderen Worten könnte man das Urteil des BGH nun so lesen, dass die Haftungsprivilegierungen eben doch auf Unterlassungsansprüche anwendbar sind. Vermutlich war sich der BGH dieses Widerspruchs aber nicht bewusst, wie auch RA Stadler meint. Allerdings zeigt dieses Urteil, dass auch der BGH bei einer kurzen Durchsicht eher davon ausgeht, dass die Privilegierung auch für Unterlassungsansprüche anwendbar sein soll.

Gedanken zu den Auswirkungen des BGH Urteils zur Sicherung von WLANs, BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08

Ich habe eben die Beiträge zum BGH-Urteil (Pressemitteilung, erste Besprechung und Links hier) auf ard.de gesehen, dabei den Tagesschau-Beitrag mit einem Interview mit Patrick Breyer vom AK Vorratsdatenspeicherung und den Tagesthemen-Beitrag mit einem Interview mit Christian Solmecke.

In letzterem Beitrag wurde auch das Problem des Cafe-Inhabers angesprochen, der auf Nachfrage sein Passwort an seine Kunden herausgibt. Dieser sagte sinngemäß zum BGH-Urteil: „Sagt mir, was ich in Zukunft machen soll, und ich mache es.“

Und genau darin steckt das Problem der BGH-Entscheidung – wenigstens solange die Urteilsbegründung nicht vorliegt.

Denn ohne Urteilsbegründung wissen wir nicht, was der Betreiber des Cafes machen muss. Ob es reicht, dass er

  • ein nicht generisches Passwort verwendet und dieses an seine Kunden weiterreicht (diese Interpretation des Urteils ist bisher ohne weiteres möglich, der Cafe-Inhaber müsste also gar nichts ändern), oder ob er
  • täglich das Passwort wechseln muss (was nur gegen Rechtsverletzungen der Kunden der vorigen Tage hilft),
  • ob er den Dienst einstellen muss (was kaum gewollt sein kann),
  • ob er sich den Ausweis zeigen lassen muss und sich den Namen notieren muss (wobei dann unklar ist, wie er später feststellen soll, dass dieser Nutzer die Tat begangen hat, da er vom Rechtsinhaber nur die externe IP-Adresse erhält), oder ob er
  • eine umfangreiche Authentifizierungsinfrastruktur einbauen muss – was in vielen Fällen zur Einstellung des Dienstes führen dürfte.

Mit anderen Worten: Das Urteil ist genau so hilfreich wie die vielen Urteile des LG Hamburg und anderer Instanzgerichte, die immer nur eine bestimmte Handlung als nicht ausreichend für die Erfüllung der Prüfungs- und Überwachungspflichten beurteilt haben. Das ist zwar in einem Urteil auch ausreichend, da nur über den aktuellen Fall geurteilt wird. Aber beim LG Hamburg ist die Linie schon lange klar: So lange Filesharing betrieben wird, muss einer irgendwie haften. Ob wir dieses Spiel auch mit dem BGH mitmachen müssen?

Genau verhält es sich mit den Auswirkungen des Urteils für Freifunk, Universitäten etc. Der Sachverhalt ist kaum vergleichbar, deshalb muss erst die Urteilsbegründung abgewartet werden.

Rechtsanwalt Solmecke hat dazu gesagt, dass Anbieter, die offene WLANs haben, nachrüsten müssen. Das ist allerdings meiner Meinung nach noch nicht klar.

Wozu das Urteil des BGH führen könnte ist, dass Cafe-Betreiber in Zukunft eine Umgehungsstrategie verwenden und VPN-Anbieter im Ausland verwenden, die keine Daten speichern. Dass der BGH das gewollt haben soll, glaube ich kaum.

BGH entscheidet zur Haftung des Betreibers eines WLAN

Die lang erwartete Entscheidung des BGH zur Haftung des privaten Betreibers eines WLAN-Internetzugangs ist heute gefallen (s. Pressemitteilung hier). Der Volltext liegt noch nicht vor, eine endgültige Analyse des Urteils ist also noch nicht möglich.

Die Pressemitteilung verrät uns drei Dinge:

1. Störerhaftung

Der BGH hat die Störerhaftung des Beklagten angenommen. Dabei hat er angenommen, dass eine Pflicht zur Sicherung des WLAN besteht:

„Auch privaten Anschlussinhabern obliegt aber eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes kann jedoch nicht zugemutet werden, ihre Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Ihre Prüfpflicht bezieht sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen.“

Dabei fällt nur wenig ins Gewicht, dass die einmalige Einrichtung der Sicherung ausreicht. Denn nach Auffassung des BGH muss überhaupt eine Sicherung eingeführt werden.

Wie der BGH die Störerhaftung im Einzelnen begründet, dazu enthält die Pressemitteilung keine Hinweise. Ob also eine „Gefahrenquelle“ vorliegt, oder sich die Pflichten aus anderen Gesichtspunkten ergeben, bleibt der Begründung vorbehalten. Es ist zu hoffen, dass sich der BGH in seiner Begründung ausführlich mit der Meinung in der Literatur auseinandersetzt und die einzelnen Haftungselemente ausführlich diskutiert.

Interessant ist auch, dass der BGH zur Stärke des zu wählenden Passworts Stellung nimmt. Ein zu kurzes, also leichter zu knackendes Passwort hätte ihm vermutlich nicht gereicht.

„Er hatte es bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers belassen und das Passwort nicht durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort ersetzt.“

Welche Folgen dieser Teil der Entscheidung hat, lässt sich derzeit – ohne Lektüre der Urteilsgründe – noch nicht wirklich absehen. Zumindest die Pressemitteilung geht allerdings auf das viel größere Problem der offenen Netze, Internet-Cafes etc. überhaupt nicht ein. Für Private im Allgemeinen ist die Rechtsfolge aber zunächst eindeutig: Verschlüsselung ist Pflicht. Ob dies auch für gewollt offene Netze gilt, muss sich noch zeigen.

2. § 97a Abs. 2 UrhG

Sehr interessant ist, was der BGH zu § 97a Abs. 2 UrhG gesagt hat:

„Der Beklagte haftet deshalb nach den Rechtsgrundsätzen der sog. Störerhaftung auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten (nach geltendem, im Streitfall aber noch nicht anwendbaren Recht fallen insofern maximal 100 € an).“

Im vorliegenden Fall sieht der BGH § 97a Abs. 2 UrhG und damit die Kostendeckelung also als anwendbar an. Damit hat er wenigstens zur Kostendeckelung bei Filesharing-Fällen entschieden.

3. Deliktische Haftung und Privilegierung

Nicht überraschend ist, dass die deliktische Haftung ausscheidet. Allerdings enthält die Pressemitteilung keinen Hinweis auf §§ 7 ff. TMG, also die Privilegierungstatbestände für Provider. Ob der BGH den Privaten also als Access Provider angesehen hat, bleibt zunächst noch offen. Das OLG Frankfurt hatte in seiner Entscheidung dazu ebenfalls kein Wort verloren.

4. Fazit

Das Urteil des BGH ist nach bisherigem Stand sehr unbefriedigend. Im Hinblick auf die deliktische Haftung geht es nicht weiter als das Urteil des OLG Frankfurt. Eine andere Entscheidung war hier auch nicht denkbar.

Die Annahme der Störerhaftung hingegen kann erhebliche Auswirkungen haben. Dies lässt sich aber erst endgültig sagen, wenn die Begründung vorliegt.

Links und Besprechungen:

Die Haftung des Betreibers eines WLAN-Zugangs für die Handlungen seiner Nutzer, JurPC Web-Dok. 95/2010

In eigener Sache:

In der JurPC ist heute ein Aufsatz mit dem Titel „Die Haftung des Betreibers eines WLAN-Zugangs für die Handlungen seiner Nutzer“ (JurPC Web-Dok. 95/2010) erschienen.

Darin werden im Hinblick auf die anstehende Entscheidung des BGH noch einmal die Argumente zur Haftung des Inhabers eines WLAN-Zugangs behandelt.

Links:

AG Frankfurt: Umschwenken von Pauschalpreis zu Abrechung nach RVG bei der Beauftragung zur Abmahnung geht zu Lasten des Abmahnenden, Urt. v. 29.1.2010 – 31 C 1078/09-78

(AG Frankfurt, Urteil vom 29.01.2010, Az. 31 C 1078/09-78) – Volltext

Das AG Frankfurt hat in einem Urteil vom 29.1.2010 einen interessanten Kniff bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit der Forderung von Anwaltsgebühren für Abmahnungen bei Filesharing gefunden:

Der Rechtsinhaber eines Musikwerks hatte generell einen Pauschalpreis für die Abmahnung vereinbart. Im Prozessfalle sollte dann nach RVG abgerechnet werden:

Aus dem Tatbestand:

Die Klägerin hat mit ihren Bevollmächtigten einen Beratungsvertrag abgeschlossen, im Rahmen dessen nach Aufwand abgerechnet wird. Im Rahmen dieses Vertrages werden die außergerichtlichen Abmahnungen vorgenommen, bei denen gleichzeitig ein Vergleichsangebot entsprechend der oben beschriebenen Form unterbreitet wird. In dem Fall, dass dieses Vergleichsangebot von der Gegenseite nicht angenommen wird, berichtigen die Bevollmächtigten dieses an die Klägerin. In einigen Fällen entscheidet sich die Klägerin sodann zur Klageerhebung. In diesen Fällen beauftragt die Klägerin ihre Bevollmächtigten Rechtsanwaltskosten gemäß einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 einzuklagen. Über diese Gebühr wird sodann der Klägerin eine Rechnung erstellt.

Die Klägerin behauptet,
dass ihr ein Schaden an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 651,80 entstanden sei. Ihre Bevollmächtigten hätten eine entsprechende Vergütung in Rechnung gestellt und diese Rechnung sei von der Klägerin auch bezahlt worden. Die Klägerin erachtet des Weiteren einen Schadensersatz in Höhe von EUR 150,00 nach § 97 Abs. 2 UrhG für angemessen.

Aus diesem Grund hat das AG Frankfurt als Schaden nur die vereinbarte Pauschale angenommen. Alles, was darüber hinausginge, sei von der Vereinbarung nicht abgedeckt und daher ein freiwilliges Vermögensopfer – und damit kein Schaden, da dieser nur unfreiwillige Vermögenseinbußen beinhaltet. Da die Klägerin die Höhe dieses Pauschalpreis trotz Bestreiten des Beklagten nicht dargelegt hat, verliert sie ganz:

Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist nicht gegeben.
Es kann insoweit dahinstehen, ob die Klägerin an ihre Bevollmächtigten tatsächlich Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 651,80 gezahlt hat, denn selbst im Falle einer entsprechenden Zahlung würde der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung in entsprechender Höhe zustehen.
Der Klägerin wäre auch im Falle einer entsprechenden Zahlung kein erstattungsfähiger Schaden in entsprechender Höhe entstanden.
Ein Schaden ist eine unfreiwillige Einbuße. Insoweit die Klägerin an ihre Bevollmächtigten eine Zahlung von Rechtsanwaltskosten gemäß einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 geleistet haben mag, so würde es sich jedoch nicht um eine unfreiwillige Einbuße handeln.
Gemäß dem Vorbringen der Klägerin besteht eine Vereinbarung, wonach für die außergerichtliche Abmahntätigkeit ein Pauschalhonorar vereinbart ist. Nur in Höhe der sich hiernach ergebenden Kosten für die hier gegenständliche Abmahnung ist der Klägerin ein Schaden in Form einer unfreiwilligen Einbuße entstanden. Die auf Basis dieses Vertrages erbrachte außergerichtliche Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin war bereits vollumfänglich abgeschlossen und den Bevollmächtigten der Klägerin stand ein Honoraranspruch aus der geschlossenen Vereinbarung zu. Insoweit sich die Klägerin im Anschluss hieran entschieden hat, einen Klageauftrag zu erteilen, in der Klage eine 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 geltend zu machen und nunmehr (nach Abschluss jeglicher Tätigkeit) entsprechend ein Honorar in Höhe einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 zu zahlen, so handelt es sich um eine freiwillige Entscheidung der Klägerin. Den Bevollmächtigten der Klägerin stand kein entsprechender Honoraranspruch zu. Gemäß dem Vortrag der Klägerin bestand insbesondere auch keine grundsätzllche Vereinbarung dahingehend, dass den Bevollmächtigten der Klägerin im Falle der Klageerhebung eine entsprechende Gebühr zusteht, sondern die Entscheidung über die Geltendmachung und etwaige Zahlung einer entsprechenden Gebühr wird ausschließlich durch die Klägerin getroffen.
Eine entsprechende Geltendmachung gegenüber dem Beklagten kommt nach alledem nicht in Betracht. Die Klägerin ist vielmehr darauf verwiesen, ihren Schaden gemäß der sich aus dem geschlossenen Beratungsvertrag ergebenden Vermögenseinbuße zu berechnen und geltend zu machen.
Zur Höhe des sich hiernach ergebenden Schadens mangelt es jedoch an jeglichem Vortrag, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.
Nachdem der Beklagte seit Prozessbeginn bestritten hat, dass der Klägerin ein Schaden in Höhe einer 1,3 RVG-Gebühr aus einem Streitwert von EUR 10.000,00 entstanden ist, mehrfach behauptet hat, dass es eine abweichende Honorarvereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Bevollmächtigten geben muss, auch im Termin vom 18.01.2010 abschließend nochmals darauf hinwies, dass die Klägerin wenn überhaupt nur gemäß der tatsächlich getroffenen Honorarvereinbarung einen Schadensersatzanspruch geltend machen kann und diese Frage auch Gegenstand der umfassenden Erörterungen im Termin vom 18.01.2010 war, bedurfte es diesbezüglich keines weiteren gerichtlichen Hinweises.

Bestätigt hat das AG Frankfurt die Tendenz, dem mutmaßlichen Verletzer im Rahmen der sekundären Beweislast für Schadensersatzansprüche die Darlegung aufzuerlegen, warum nicht er, sondern ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat:

Der Beklagte trägt die sekundäre Darlegungslast zur Angabe der Person, welche in unberechtigter Weise auf seinen Internetanschluss zugegriffen hat bzw. eine Zugriffsmöglichkeit hatte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, Az.: 11 W 58/07, zu finden in juris). Dieser Darlegungslast ist der Beklagte nicht nachgekommen. Die pauschale Behauptung, dass Dritte Personen am Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss hatten, ist unsubstantiiert und eine konkrete Benennung bzw. ein Beweisangebot liegt mit der Benennung von Zeugen N.N. nicht vor.
Nachdem der Beklagte hierauf von der Klägerin umfassend unter Bezugnahme auf Rechtsprechungshinweise hingewiesen wurde, bedurfte es insoweit keines weiteren Hinweises des Gerichts.

(via Wilde, Beuger & Solmecke)

s. auch:

Lesetipp: Graf, Urheberrechtsfibel – nicht nur für Piraten, PiratK-UrhG

Klaus Graf, bekannt insbesondere durch sein Blog „Archivalia“ und seine Kommentare und Beschreibungen rund um Open Access und Open Content, hat einen kritischen Urheberrechtskommentar veröffentlicht: „Urheberrechtsfibel – nicht nur für Piraten„, kurz Piratenkommentar-Urheberrecht.

Graf kommentiert in dem Werk gut verständlich und mit Beispielen das gesamte UrhG. Die Vorgehensweise der Kommentierung beschreibt er in der Einleitung:

„In den meisten Fällen wird ein Beispiel, das ich konstruiert habe oder das einem realen Fall entspricht, die Vorschrift veranschaulichen.

Nach einer knappen Erläuterung des Inhalts der Norm folgt die – bewusst pointierte oder sogar polemische – Kritik. In einem Nachwort fasse ich meine Änderungsvorschläge systematisierend zusammen. Ich möchte allerdings bereits jetzt dringend davor warnen, die Originalität meiner Vorschläge, auch wenn sie in Ich-Form als subjektive Sicht präsentiert werden, zu überschätzen. Viele meiner Kommentare nehmen kritische Anregungen des juristischen „Schrifttums“ auf, andere ergeben sich zwanglos aus der Befürwortung einer „digitalen Allmende“ oder etwa den oben angeführten Forderungen der Piratenpartei, ohne dass ich dies im einzelnen nachweisen kann. Hier wie auch sonst gilt die alte Wissenschaftsmetapher: Als Zwerge stehen wir auf den Schultern von Riesen.“

Graf geht jeweils kurz auf Sinn und Zweck sowie (im weitesten Sinne) netzpolitische Bedeutung jedes Paragraphen ein. Er stellt kurz anschauliche Urteile und/oder Literaturansichten dar, wobei er sich meist (verständlicherweise) auf die bekannten Urheberrechtskommentare beschränkt und auf Literaturübersichten oder die erschöpfende Behandlung der publizierten Ansichten verzichtet. Die Kommentierungen sind nicht vollständig, erheben diesen Anspruch aufgrund der Kürze aber auch nicht.

Der Kommentar greift aktuelle Rechtsprechung auf, z.B. die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt zu § 52b UrhG (2-06 O 172/09, dazu auch die Anmerkung von Graf hier; ferner von Jani, K&R 2009, 514, dazu Eintrag von Steinhauer) oder des LG Köln zu § 97a Abs. 2 UrhG vom 13.5.2009 (s. dazu hier).

Zur Störerhaftung und offenen WLANs schreibt Graf (§ 97, S. 197):

„Im obigen Fall geht es um die sogenannte Störer-Haftung. Nicht der wahre Täter (ein minderjähriges Kind) wird belangt, sondern ein Störer, also jemand, der in irgendeiner Weise kausal an der Urheberrechtsverletzung mitgewirkt hat. Er muss bestimmte Prüf- und Sorgfaltspflichten verletzt haben, sonst könnten ja beliebige Dritte zur Rechenschaft gezogen werden. Störer kann auch jemand sein, der durch ein nicht abgesichertes offenes WLAN einem Filesharer die Urheberrechtsverletzung unwissentlich ermöglicht hat.

Ähnlich wie das Abmahnwesen ist auch die „kaugummiartige“ Störerhaftung von Übel und muss beseitigt werden. Wenn Rechteinhaber den wahren Verletzer nicht dingfest machen können oder von diesem nichts zu holen ist, greifen sie sich einen Dritten, der weder Täter noch Mittäter ist. Mit Gerechtigkeit hat die Störerhaftung für mich nichts zu tun, zumal die angesetzten Schadenshöhen vielfach rein fiktiv sind. Tauschbörsennutzer würden keine Lizenzen für die öffentliche Zugänglichmachung erwerben.

Es hilft wenig, dass im Bereich der sogenannten Forenhaftung die Pflicht einer Vorabkontrolle der von den Benutzern eingebrachten Inhalte überwiegend abgelehnt wird. Es ist immer möglich, dass ein Landgericht das im Einzelfall anders sieht.“

Seinen Abschluss findet der Kommentar in einer Abhandlung mit dem Titel „Abrüstung des Urheberrechts!“.

Man sollte bei der Lektüre im Hinterkopf behalten, dass Graf kein Jurist ist. Das hat den Vorteil, dass er die Normen für Nichtjuristen sicher besser erklären kann, als dies einem Juristen möglich wäre. Allerdings erklärt sich aus diesem Umstand auch, dass er häufig mit seiner Ansicht nicht der herrschenden Meinung in der juristischen Literatur und der Rechtsprechung entspricht – einem kritischen Urheberrechtskommentar angemessen.

Insgesamt wird der Kommentar dem Titel mehr als gerecht: Eine kritische Darstellung des Urheberrechts aus Sicht von Open Access, Open Content und neuen Medien auf runden 280 Seiten.

Der Kommentar kann unter http://ebooks.contumax.de/nb für 19,90 EUR in Buchform bestellt oder unter einer Creative Commons CC-BY-SA 3.0-Lizenz heruntergeladen werden.