Flattr und andere Zahlungsdienste in Blogs – Rechtliche Implikationen?

Derzeit verwenden einige Blogs Micropayment-Systeme, wie z.B. flattr. Mein erster Eindruck – ohne es selbst zu verwenden – ist, dass eine gute Idee ist, um eine (freiwillige) Bezahlung fuer Bloginhalte zu etablieren.

Die Entscheidung, ein solches Bezahlsystem zu nutzen, muss jeder Blogger selber treffen. Dabei ist es sicher gerade fuer den privaten Blogger gut, wenn er fuer seine Muehe eine Art Anerkennung erhaelt, so gering sie auch sein mag. Durch Flattr & Co. wird zu der „Anerkennung“ durch wiederkehrende Besucher oder steigende Besucherzahlen etc. ein zusaetzliches Element geschaffen.

Dabei sollte man allerdings nicht aus dem Auge verlieren, dass solche Zahlsysteme auch Konsequenzen fuer das eigene Blog haben koennen, die ich hier kurz aufgreifen moechte, wobei dies sicher keine vollstaendige Aufzaehlung darstellt. Allerdings sollte dieser Beitrag nicht als Votum „gegen“ Flattr & Co verstanden werden. Er soll lediglich fuer einige moegliche rechtliche Implikationen sensibilisieren.

1. Nutzung von Creative Commons-Inhalten und kommerzielle Nutzung

Wer immer mal wieder fremde Inhalte ins eigene Blog uebernimmt, ohne sich auf Schranken wie z.B. das Zitatrecht berufen zu koennen, sollte auf Creative Commons-Lizenzen achten, die die Verwendung zur kommerziellen Nutzung untersagen (non-commercial, „NC“). Denn der Einsatz von Flattr & Co und damit die Generierung von Einnahmen koennte das eigene Blog zu einem „kommerziellen“ Angebot in der Terminologie der Creative Commons-Lizenz machen.

In der CC-BY-NC (deutsch), Ziff. 4 b) lautet die Formulierung:

„You may not exercise any of the rights granted to You in Section 3 above in any manner that is primarily intended for or directed toward commercial advantage or private monetary compensation.“

bzw.

„Die Rechteeinräumung gemäß Abschnitt 3 gilt nur für Handlungen, die nicht vorrangig auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine geldwerte Vergütung gerichtet sind („nicht-kommerzielle Nutzung“, „Non-commercial-Option“).“

Durch die Formulierung soll die an eine Gegenleistung geknüpfte vertragliche, also rechtlich qualifizierte Verpflichtung, die durch die Ausübung der erteilten Nutzungsrechte erfüllt wird, verhindert werden. Damit ist im Grunde jedes Ansinnen des Nutzers, das Werk in irgendeiner Form kommerziell zu nutzen, untersagt (Mantz, in: Spindler, Leitfaden Open Access, S. 55, 61 f.; Möller, in: Lutterbeck/Bärwolff/Gehring (Hrsg), Open Source Jahrbuch 2006, 271, 276).

Nun ist der Begriff „nicht-kommerziell“ schwammig und wird unterschiedlich verstanden. Die Creative Commons Foundation hat hierzu sogenannte Guidelines entwickelt und anschließend eine Studie zum Verständnis von „non-commercial durchgeführt (s. hier).

In der Studie heißt es u.a. (S. 72 ff.):

„A commercial use is defined by 7 in 10 of all respondents as a use that makes money. … More than a three-quarter majority of both groups agrees that it is  “definitely” a commercial use if money is made from the use of a work in some way, including  directly from the sale of a copy of a work, or from online advertising around or in connection with the work, where the user makes money from the ads. Further, 6  in 10 of all respondents evaluate uses in connection with online advertising as “definitely” commercial, even if only enough money would be made to cover the cost of website hosting. More than 6 in 10 creators and users also consider use by a not-for-profit organization “definitely” commercial.“

Dem folgend ist es zumindest nicht ausgeschlossen, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass die Verwendung von Flattr & Co als „commercial“ eingestuft werden würde, auch wenn es sich um Einkünfte handelt, die eher mit Spenden vergleichbar sind.Der Fakt, dass Geld fließt, ist hier ein starkes Indiz.

Dementsprechend ist bei Verwendung von Flattr & Co anzuraten, eher keine Inhalte mehr zu verwenden, die unter einer CC-NC-Lizenz stehen oder aber das Einverständnis des Urhebers einzuholen.

2. Pflichten eines kommerziellen Angebotsbetreibers

Weiter können allgemeine Pflichten für Betreiber eingreifen. Von Bedeutung ist beispielsweise die Impressumspflicht nach § 5 TMG. Darin heisst es:

„Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen … verfügbar zu halten …“

a. Geschäftsmäßigkeit

Geschäftsmäßig handelt ein Diensteanbieter, wenn er Telemedien auf Grund einer nachhaltigen Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht erbringt (OLG Düsseldorf MMR 2008, 682). Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet ist und sich nicht auf einen Einzelfall beschränkt (Spindler/Schuster-Micklitz, § 5 TMG Rn. 8).

Ein Blog ist ein Telemediendienst. Dieses duerfte auch ueber einen laengeren Zeitraum angeboten werden, also nachhaltig. Damit ist der Betrieb eines Blogs in der Regel als geschaeftsmaessig anzusehen.

b. In der Regel gegen Entgelt

Die Impressumspflicht des § 5 TMG greift allerdings nur, wenn das Angebot „in der Regel gegen Entgelt“ erbracht wird. Bei einem privat betriebenen Blog ohne Werbung duerfte dies unproblematisch sein.

Allerdings koennte sich dies durch den Einsatz von Flattr etc. aendern.

Zum Merkmal der Entgeltlichkeit schreibt Waldenberger in Spindler/Schuster, Presserecht, Rn. 35:

„Das Merkmal der Entgeltlichkeit setzt eine wirtschaftliche Gegenleistung voraus. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Informationsangebote, die keinen wirtschaftlichen Hintergrund haben wie z. B. ausschließlich private Hompages, Blogs, Web-Tagebücher etc., nicht den wirtschaftsbezogenen Informationspflichten des TMG unterliegen.“

Fraglich ist, ob Zahlungen über flattr & Co eine solche Gegenleistung iSd TMG darstellen. So schreibt Ott, MMR 2007, 354, 355 zur Erzielung von Einnahmen durch Werbung:

„Jeder Verdienst über Werbung auf der eigenen Website führt zur Entgeltlichkeit und damit zur Anwendbarkeit von § 5 TMG .“

Werbeeinnahmen und Flattr-Einnahmen sind zwar nicht zwingend vergleichbar, aber in der Tendenz laesst sich jedenfalls nicht ausschliessen, dass Entgeltlichkeit iSd TMG vorliegt. Gegen eine Vergleichbarkeit spricht, dass es sich eher um Spenden, denn um ein Entgelt handelt. Die Einrichtung einer Spendeninfrastruktur ohne gemeinnützigen Verwendungszweck wie sie Flattr & Co darstellen deutet hingegen auf Entgeltlichkeit hin (vgl. zum Beispiel Waldenberger, in: Möhring/Nicolini, UrhG, § 52 Rn. 13).

Es ist daher dem Blogger, der Flattr & Co nutzt, anzuraten, in Zukunft ein Impressum auf seiner Seite vorzuhalten – und dieses mit den noetigen Mindestangaben zu fuellen.

3. Steuern

Ohne hier weiter auf Steuerrecht einzugehen, duerften Einnahmen ueber Flattr steuerpflichtig sein. Die Praxis mancher Blogger, das per Flattr eingenommene Geld direkt wieder „weiterzuverteilen“, indem man es auf den eigenen Flattr-Account aufbucht, aendert hieran nichts, da das „flattrn“ fuer Beitraege in aller Regel dem Privatbereich zuzuordnen sein duerfte.

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