AG Mainz: Ist unklar, wer eine Datei per Filesharing angeboten hat, ist der Anschlussinhaber freizusprechen

(AG Mainz, Urteil vom 24.9.2009 – 2050 Js 16878/07.408ECs)

Ein Urteil des AG Mainz (Strafgericht) vom 24.9.2009 (Az. 2050 Js 16878/07.408ECs, erschienen in Heft 2/2010 der MMR (S. 117) mit Anmerkung von Jan Peter Müßig) zeigt deutlich die Unterschiede der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Beurteilung von Filesharing-Fällen auf. Während die Zivilgerichte derzeit den Einwand des Anschlussinhabers, er habe die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen bzw. angeboten über die sekundäre Beweislast des Anschlussinhabers zu seinen Lasten entschieden wird, ist im Strafverfahren wegen einer Strafbarkeit nach §§ 106, 108 UrhG dieser Einwand aufgrund des Grundsatzes in dubio pro reo beachtlich.

Aus dem Volltext:

Die Angekl. war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Die Angekl. ließ sich dahingehend ein, dass am … genannten Tag drei weitere Personen, namentlich ihr Ehemann sowie die Söhne der Angekl. Zugang zum Internetanschluss hatten. Ferner sei sie am betreffenden Tag um die betreffende Uhrzeit nicht zu Hause, sondern auf ihrer Arbeitsstelle gewesen. Auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht nicht mit für eine Verurteilung ausreichender Sicherheit fest, dass zum Tatzeitpunkt ausschließlich die Angekl. Zugang zum Internetanschluss hatte und die Musiktitel zum Download angeboten hatte.
Der Zeuge X bekundete, dass insgesamt vier Computer bei der Angekl. beschlagnahmt und sichergestellt worden seien. Drei der Computer hätten sich im Arbeitszimmer der Angekl. befunden. Auf allen drei Computern hätte sich eine Shareware befunden, wobei eine Freigabe zum Download von Dateien nur auf Asservat 1 und 3 gespeichert gewesen sei. Ferner hätten sich ausschließlich auf dem Asservat 3 Dateien im Freigabeordner befunden. Der Zugang zum Asservat 3 sei durch ein Passwort geschützt gewesen. Das konkrete Passwort konnte jedoch nicht ermittelt werden. Außerdem seien im Freigabeordner ausschließlich vier Musikdateien vorhanden gewesen.
Auf Grund dessen steht nicht mit Bestimmtheit fest, dass ausschließlich die Angekl. Zugang zu diesem Computer, dem Asservat 3, hatte. Da das Passwort nicht ermittelt werden konnte, kann nicht festgestellt werden, ob es sich hierbei um ein derart spezielles Passwort handelte, welches nur der Angekl. bekannt gewesen sein könnte. Es besteht daher die Möglichkeit, dass das Passwort den weiteren Familienangehörigen weitergegeben wurde und diese daher auch Zugang zum Internet hatten.
Ferner steht die vom Zeugen X festgestellte Anzahl der Musikdateien im Freigabeordner des Asservats 3 im Widerspruch zu der vom Zeugen Y festgestellten Anzahl. Dieser hatte – als er den oben näher bezeichneten Titel heruntergeladen hatte – insgesamt 3.780 Musikdateien festgestellt. Der Zeuge X hatte lediglich vier Dateien feststellen können.
Insgesamt konnte daher nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Angekl. … den Titel … zum Download angeboten hatte. Als Täter kommen auch die Familienangehörigen der Angekl. in Betracht. Die Angekl. war daher aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. …

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